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  • 27.11.2018 · IWW-Abrufnummer 205775

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 30.10.2018 – 9 Ta 192/18

    1. Wird eine Stelle im öffentlichen Dienst offen für ein Beamtenverhältnis und für ein Arbeitsverhältnis ausgeschrieben, ist für die Bestimmung des Rechtswegs maßgeblich, ob sich die Bewerbung auf die Übernahme in ein Beamtenverhältnis oder auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages richtet.

    2. Lässt sich der Bewerbung selbst keine eindeutige Präferenz entnehmen, kommt für die Bestimmung des Rechtswegs dem Umstand, dass der Bewerber aufgrund seines Alters nicht in ein Beamtenverhältnis übernommen werden darf, maßgebliche Bedeutung zu. Denn der Wille des Bewerbers kann in einem solchen Fall bei lebensnaher Betrachtung nur auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet sein.


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 02.08.2018 - 6 Ca 3860/18 - abgeändert.

    Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.



    Gründe



    I.



    Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch.



    Die beklagte technische Hochschule ist eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts. Der am 1961 geborene, schwerbehinderte Kläger (GdB 70) bewarb sich mit Schreiben vom 19.10.2017 auf eine von der Beklagten ausgeschriebene W2-Professur für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Unternehmensführung. In dem Bewerbungsschreiben verwies er auf seinen Schwerbehindertenausweis. Ohne den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben, teilte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 25.04.2018 mit, dass das Auswahlverfahren in der Fakultät abgeschlossen und er leider nicht in die dem Präsidium zur Beschlussfassung vorliegende Vorschlagsliste aufgenommen worden sei.



    Mit seiner am 07.06.2018 bei dem Arbeitsgericht Köln eingereichten und der Beklagten am 16.06.2018 zugestellten Klage begehrt der Kläger eine Entschädigung iHv. drei Bruttomonatsgehältern (18.294,21 EUR). Er vertritt die Auffassung, dass die Beklagte die ihr auferlegten Regeln für den Ablauf eines Bewerbungsverfahrens mit schwerbehinderten Bewerbern in vorwerfbarer Weise verletzt habe und deshalb zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sei.



    Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 02.08.2018 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die W2-Professur, auf die sich der Kläger beworben habe, nicht zivilrechtlich durch Begründung eines Arbeitsverhältnisses übertragen werde, sondern durch Ernennung nach den öffentlich-rechtlichen Vorgaben des Hochschulrechts in Nordrhein-Westfalen. Für Ansprüche wegen einer Benachteiligung aus Anlass der Bewerbung auf eine ausgeschriebene Beamtenstelle ergebe sich eine Rechtswegzuweisung an die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus § 54 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz.



    Der Beschluss ist dem Kläger am 07.08.2018 zugestellt worden. Mit seinem als "Sofortige Beschwerde innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen" bezeichneten Schriftsatz vom 10.08.2018, der am selben Tag per Telefax bei dem Arbeitsgericht einging, vertritt der Kläger die Auffassung, dass das Arbeitsgericht Köln zuständig sei. Er erklärt, die angesprochene Problematik der Zuständigkeit nicht abschließend beurteilen zu können. In der Ausschreibung sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ein Beamtenverhältnis begründet werden solle. Professoren könnten auch im öffentlich-rechtlichen Angestelltenverhältnis beschäftigt werden.



    II.



    Die sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet. Denn es handelt sich vorliegend um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst c) ArbGG, für die die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig sind. Hingegen handelt es sich nicht um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis, für die gemäß § 54 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz der Verwaltungsrechtsweg gegeben wäre.



    1.) Für die Bestimmung des einschlägigen Rechtswegs und die Abgrenzung zwischen § 2 Abs. 1 ArbGG und § 54 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz kommt es maßgeblich auf den geltend gemachten Anspruch und den dadurch bestimmten Streitgegenstand an (Schütz/Maiwald/Eck, § 54 BeamtenstatusG, Rn. 20). Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, der durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck gebrachten Rechtsfolgen sowie durch den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist (BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 15/10 -, BVerwGE 140, 290-300, Rn. 20; BVerwG, Beschluss vom 14. November 2007 - 8 B 81/07 -, Rn. 5, juris).



    2.) Um eine Klage aus dem Beamtenverhältnis handelt es sich daher stets dann, wenn der geltend gemachte Anspruch auf einer dem Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlage beruht (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1996 - 2 C 12/94 -, BVerwGE 100, 280-287, Rn. 21; VG München, Beschluss vom 10. September 2018 - M 5 E 18.1131 -, Rn. 8, juris). Das ist hier aber nicht der Fall. Der Kläger macht einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG geltend. § 15 AGG ist keine Vorschrift des Beamtenrechts. Die Norm gilt unmittelbar für Arbeitnehmer und gemäß § 24 Nr. 1 AGG nur entsprechend für Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Die Norm hilft daher bei der Abgrenzung der gesetzlichen Rechtswegzuweisungen in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst c) ArbGG und § 54Abs. 1 Beamtenstatusgesetz allein nicht weiter.



    3.) Zur Abgrenzung wird in einem solchen Fall, der sich vor Begründung eines Arbeits- oder Beamtenverhältnisses abspielt, maßgeblich darauf abgestellt, ob der Bewerber die Einstellung in ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis oder die Anstellung als Beamter begehrt hatte (VG München, Beschluss vom 10. September 2018- M 5 E 18.1131 -, Rn. 8, juris). Sachlicher Anknüpfungspunkt ist dafür zunächst das Stellenbesetzungsverfahren (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2007 - 2 F 10596/07 -, Rn. 3 - 4, juris; VG Ansbach, Urteil vom17. Januar 2017 - AN 1 K 16.00995 -, Rn. 25, juris).



    a) Das Stellenbesetzungsverfahren gibt hier aber keine weiteren Aufschlüsse. Die Berufung von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern erfolgt gemäß §§ 37,38 Hochschulgesetz NRW unabhängig davon, ob damit die Ernennung zum Beamten oder der Abschluss eines Arbeitsvertrages erfolgen soll.



    b) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts lässt sich der Stellenausschreibung nicht entnehmen, dass es ausschließlich um die Besetzung einer Beamtenstelle ging. Der Begriff "W2-Professur" gibt das allein nicht her. Zwar regelt die Besoldungsordnung W die Amtsbezüge der Hochschullehrer. "W2" bedeutet im Rahmen der vorliegenden Stellenausschreibung allerdings nicht, dass ausschließlich eine Beamtenstelle ausgeschrieben war. Mit "W2" soll vielmehr nur die Höhe der Bezüge angegeben werden. Die Beklagte selbst stellt auf ihrer Homepage klar, dass auch die Einstellung in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis (Angestelltenverhältnis) erfolgen kann und die Vergütung dann analog W2 gezahlt wird (www.th-koeln.de/hochschule/w-besoldung_8662.php).



    4.) Wird eine Stelle im öffentlichen Dienst - wie hier - offen für ein Beamtenverhältnis und für ein Arbeitsverhältnis ausgeschrieben, ist daher maßgeblich, worauf sich das Klagebegehren bezieht (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 02. Januar 2018 - 3 Ta 51/17 -, juris). Entscheidend ist, ob der Bewerbung eine Präferenz für ein bestimmtes Rechtsverhältnis entnommen werden kann (Tiedemann, jurisPR-ArbR 16/2018Anm. 4 zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom02. Januar 2018 - 3 Ta 51/17 -).



    a) Weder das Bewerbungsschreiben des Klägers, noch seine Klage und auch nicht seine sofortige Beschwerde enthalten aber eine eindeutige Aussage dazu, ob der Kläger die Ernennung zum Beamten oder die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses anstrebte. Denn er hatte sich schlicht um eine Professur unabhängig von dem zu Grunde liegenden Anstellungsverhältnis beworben.



    b) Gleichwohl muss davon ausgegangen werden, dass es dem Kläger nur um die Begründung eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses gehen konnte und dass darauf seine Präferenz lag. Denn die Ernennung des Klägers zum Beamten wäre rechtlich gar nicht zulässig gewesen. Nach § 39a Abs. 1 Hochschulgesetz NRW darf als Hochschullehrer in ein Beamtenverhältnis grds. nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Schwerbehinderte Menschen wie der Kläger dürfen gemäß § 39a Abs. 3 Hochschulgesetz NRW auch dann eingestellt oder übernommen werden, wenn sie das 53. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Der Kläger hatte jedoch im Zeitpunkt seiner Bewerbung schon das 56. Lebensjahr vollendet. Mit ihm wäre daher nur die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zulässig gewesen. Das war auch der Beklagten völlig klar, die auf ihrer Homepage selbst darauf hinweist, dass Verbeamtungen nach Vollendung des 50. Lebensjahres in der Regel nicht möglich sind und dass die Einstellung dann zwingend in einem Angestelltenverhältnis erfolgen muss(www.th-koeln.de/hochschule/w-besoldung_8662.php). Angesichts dessen konnte die Präferenz des Klägers bei lebensnaher Betrachtung trotz des offen formulierten Bewerbungsschreibens nur auf der einzig zulässigen Möglichkeit zur Erlangung der Professur, nämlich der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, liegen.



    c) Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von den Fallgestaltungen, in denen sich ein Bewerber, der aufgrund seines Alters nicht in ein Beamtenverhältnis übernommen werden kann, gleichwohl - etwa aus Unkenntnis des Ernennungshindernisses - ausdrücklich um eine Beamtenstelle bewirbt. In diesen Fällen wird man von einer Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgehen müssen, weil die Präferenz des Bewerbers - anders als im vorliegenden Fall - eindeutig nicht auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet ist und der Umstand, nicht zum Beamten ernannt werden zu können, nur die Erfolgsaussichten der Bewerbung, nicht aber die Frage des zulässigen Rechtswegs betrifft (dazu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. April 2011- 4 S 1078/11 -, Rn. 4, juris;; Tiedemann, jurisPR-ArbR 16/2018 Anm. 4 zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 02. Januar 2018- 3 Ta 51/17 -).

    Vorschriften§ 54 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz, § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst c) ArbGG, § 2 Abs. 1 ArbGG, § 15 Abs. 2 AGG, § 7 AGG, § 15 AGG, § 24 Nr. 1 AGG, § 54Abs. 1 Beamtenstatusgesetz, §§ 37, 38 Hochschulgesetz NRW, § 39a Abs. 1 Hochschulgesetz NRW, § 39a Abs. 3 Hochschulgesetz NRW