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  • 20.01.2016 · IWW-Abrufnummer 146183

    Verwaltungsgericht Aachen: Urteil vom 03.12.2015 – 6 K 1400/15

    Löschung aus dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge wegen eines parallel zur Ausbildung zur Pferdewirtin durchgeführten Studiums.


    Verwaltungsgericht Aachen

    6 K 1400/15

    Tenor:

    Der Löschungsbescheid der Beklagten vom 30. Juni 2015 wird aufgehoben.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.

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    Tatbestand:

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    Die Beigeladene (geb. 00.00.0000) schloss am 31. Oktober 2013 einen Berufsausbildungsvertrag (Ausbildungsberuf: Pferdewirtin - Fachrichtung Pferdezucht) mit der Klägerin. Deren Inhaber ist der Stiefvater der Beigeladenen. Die Arbeitszeit wird im Ausbildungsvertrag auf 8 h täglich und 40 h wöchentlich festgelegt. Die Ausbildung wurde am 1. Dezember 2013 begonnen und sollte am 30. November 2015 enden. Die Zwischenprüfung erfolgte am 4. März 2015. Am Berufsschulunterricht hat die Beigeladene zuletzt am 26. November 2014 teilgenommen.

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    Nachdem die Beklagte Kenntnis davon erhalten hatte, dass die Klägerin parallel zu ihrer Ausbildung zur Pferdewirtin an der Universität Maastricht („European Law School“) einen Bachelorstudiengang absolviert, erfolgte nach Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen mit Bescheid vom 30. Juni 2015 die Löschung des Ausbildungsvertrags rückwirkend zum 1. Dezember 2013 aus dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse.

    4

    Die Klägerin hat am 30. Juli 2015 Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:

    5

    Eine Löschung nach § 35 BBiG sei unzulässig, da keiner der genannten Löschungsgründe vorliege. Das Studium, welches die Beigeladene in ihrer Freizeit absolviere, sei kein Löschungsgrund. Die Präsenzzeit des Bachelorstudiengangs in Maastricht betrage lediglich 8 h und sei auf 2 Tage verteilt. Die Anwesenheit in den Seminaren und Vorlesungen sei jedoch nicht zwingend. Die Beigeladene sei höchstens 4 h wöchentlich bei den Studienveranstaltungen anwesend; die restlichen Seminare / Vorlesungen könne sie im Internet anschauen. Prüfungen fänden nur alle 7 Wochen statt. Durch die bislang erbrachten Leistungen zeige sich, dass die Ausbildung durch das Studium nicht leide. Die im Studium erworbenen Kenntnisse benötige sie im elterlichen Betrieb. Dieser verkaufe Pferde u.a. ins europäische und außereuropäische Ausland. Zudem erfolge ein Teil der praktischen Ausbildung am Wochenende.

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    Die Klägerin beantragt,

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    den Löschungsbescheid der Beklagten vom 30. Juni 2015 aufzuheben.

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    Die Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

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    Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen sei nur zum Schein ein Berufsausbildungsvertrag geschlossen worden. Dieser sei daher gemäß § 117 BGB nichtig. Das von der Beigeladenen absolvierte Studium sei nach einer Auskunft des Direktors des Studienprogramms mit einem wöchentlichen Arbeitsaufwand von 40 h verbunden. Der Ausbildungsvertrag sehe aber ebenfalls eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 h vor. Die beiden Ausbildungen könnten daher nicht vereinbart werden. Zudem sei festgestellt worden, dass die Beigeladene nur selten im Ausbildungsbetrieb anzutreffen sei. Aufgrund der Nichtigkeit des Ausbildungsvertrags seien die Eintragungsvoraussetzungen entfallen.

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    Darüber hinaus verstoße der streitige Ausbildungsvertrag gegen § 1 Abs. 3 BBiG. Zweck der Ausbildung sei es auch, die Auszubildende mit den täglichen Betriebsabläufen möglichst wirklichkeitsnah vertraut zu machen. Das sei aber nur möglich, wenn die Ausbildung weitgehend der im Betrieb geltenden Arbeitszeit angeglichen sei. Nur so werde die Auszubildende daran gewöhnt, bestimmte Arbeitszeit einzuhalten. Dieses Ausbildungsziel ergebe sich letztlich auch aus § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BBiG. Die Berufsausbildung nach dem BBiG sei als Vollzeitausbildung angelegt und Auszubildende im weiteren Sinne Arbeitnehmer. Damit unvereinbar sei es, wenn die Ausbildung neben einem Hochschulstudium betrieben werde, welches im Grundsatz ebenfalls als Vollzeitausbildung angelegt sei. Zu berücksichtigen seien insoweit nicht nur die Präsenzzeiten an der Hochschule, sondern auch der Aufwand des Selbststudiums und für Prüfungen (Vorbereitung, Anfertigung von Prüfungsarbeiten). Bei der Beigeladenen komme hinzu, dass die Ausbildung aufgrund bestehender Vorkenntnisse bereits auf zwei Jahre verkürzt worden sei. Die Unvereinbarkeit von Ausbildung und Studium zeige sich auch in der seltenen Anwesenheit der Beigeladenen im Ausbildungsbetrieb und darin, dass sie nach dem 26. November 2014 die Berufsschule überhaupt nicht mehr besucht habe. Es liege auch nicht im Ermessen des Ausbilders, von einer täglichen Anwesenheit des Auszubildenden im Ausbildungsbetrieb abzusehen.

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    Zu berücksichtigen seien schließlich die Wertungen des Arbeitszeitgesetzes. Bei gleichzeitiger Absolvierung der Ausbildung zur Pferdewirtin und des Studiums in Maastricht sei von einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 11 h - unter Zugrundelegung einer 5 Tage-Woche sogar von 16 h täglich - auszugehen. Das stehe mit dem in § 3 ArbZG postulierten Gesundheitsschutz nicht in Einklang.

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    Das Argument der Klägerin, der Beigeladene bleibe es überlassen, wie sie ihre Freizeit außerhalb der Ausbildung gestalte, überzeuge nicht. Das Ausbleiben bei bestimmten universitären Pflichtveranstaltungen führe ab einer bestimmten Häufigkeit in der Regel zur Nichtanerkennung der betreffenden Veranstaltung.

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    Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht schriftlich zur Sache geäußert.

    15

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

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    Entscheidungsgründe:

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    Die zulässige Klage ist begründet.

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    Der angefochtene Löschungsbescheid vom 30. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Löschung des mit der Beigeladenen abgeschlossenen Ausbildungsvertrags aus dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ist zu Unrecht erfolgt.

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    Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) ist die Eintragung eines Berufsausbildungsverhältnisses im Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse i.S.v. § 34 BBiG zu löschen, wenn die Eintragungsvoraussetzungen nicht vorliegen und der Mangel nicht behoben wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Weder handelt es sich bei dem in Rede stehenden Ausbildungsvertrag um ein sog. Scheingeschäft i.S.v. § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) (hierzu 1.) noch widerspricht er den Anforderungen des §§ 1 Abs. 3, 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG (hierzu 2.).

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    (1.) Nach § 117 Abs. 1 BGB ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, nichtig. Ein solches Scheingeschäft liegt vor, wenn Erklärender und Erklärungsempfänger einvernehmlich zwar den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts erzeugen wollen, die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten sollen; ein Rechtsbindungswille fehlt. Kein Scheingeschäft liegt demgegenüber vor, wenn der von den Parteien bezweckte Erfolg gerade die Gültigkeit des Geschäfts voraussetzt.

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    Vgl. Arnold, in: Erman, BGB-Kommentar, 14. Auflage 2014, § 117, Rn. 5 f.

    22

    Nach diesen Grundsätzen spricht vorliegend nichts dafür, dass der Klägerin und der Beigeladenen bei Abschluss des Ausbildungsvertrags am 31. Oktober 2013 ein Rechtsbildungswille fehlte. Die Beigeladene hat sich erst mehr als ½ Jahr später für das Studium an der Universität Maastricht entschlossen und dieses erst im September 2014 aufgenommen. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Klägerin und Beigeladene bei Vertragsabschluss wegen des zu diesem Zeitpunkt wohl überhaupt noch nicht geplanten Studiums tatsächlich kein Ausbildungsverhältnis begründen wollten. Selbst wenn im Übrigen bei Vertragsabschluss von vornherein festgestanden hätte, dass die Beigeladene ihre Verpflichtungen aus dem Ausbildungsvertrag - insbesondere bzgl. der festgelegten Arbeitszeit - nicht vollumfänglich erfüllen kann bzw. will, läge ein Scheingeschäft nicht vor. Es steht nämlich außer Frage - und wird auch nicht von Beklagtenseite bestritten -, dass die Beigeladene die Ausbildung erfolgreich abschließen will. Dafür ist aber der Abschluss eines wirksamen Ausbildungsvertrags erforderlich.

    23

    (2.) Im Ergebnis kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das streitige Ausbildungsverhältnissen den Anforderungen des §§ 1 Abs. 3, 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG widerspricht.

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    Ein Ausbildungsvertrag ist nur dann in das Verzeichnis des Berufsausbildungsverträge einzutragen, wenn er den Anforderungen des BBiG und der Ausbildungsordnung entspricht (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG). Insbesondere hat der Ausbildungsvertrag einen geordneten Ausbildungsgang zu gewährleisten und dabei den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrung zu ermöglichen.

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    Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat hierzu mit Urteil vom 25. Februar 1982 - 5 C 1.81 - (Rn. 20 ff. in juris) u.a. ausgeführt:

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    „Ziel der Berufsausbildung ist, wie sich aus dem Zusammenhang der Regelungen des Berufsbildungsgesetzes und dessen gesetzgeberischem Zweck ergibt, nicht nur die Vermittlung der für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse. Diese kann sich der Auszubildende je nach Begabung und Fleiß vielfach auch ohne Einhaltung einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und ohne Mitwirken an den täglichen Betriebsabläufen in dem Umfang aneignen, wie dies für das Bestehen der Abschlussprüfung erforderlich ist. Die Abschlussprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf beschränkt sich nämlich, wie § 35 BBiG klarstellt, auf die Feststellung, ob der Prüfling die erforderlichen Fertigkeiten beherrscht, die notwendigen praktischen und theoretischen Kenntnisse besitzt und mit dem ihm im Berufsschulunterricht vermittelten, für die Berufsausbildung wesentlichen Lehrstoff vertraut ist. In der Vermittlung des Prüfungsstoffs für die Abschlussprüfung erschöpft sich jedoch nicht die Berufsausbildung. Gleichwertig tritt daneben der Zweck, den Auszubildenden mit den täglichen Betriebsabläufen möglichst wirklichkeitsnah vertraut zu machen.

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    28

    Die im vorliegenden Fall getroffene Vereinbarung einer Berufsausbildung, die neben dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule stattfinden soll, gewährleistet nicht den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen in einem geordneten Ausbildungsgang, zumal die Beigeladene nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht einmal die vereinbarte tägliche Ausbildungszeit von vier Stunden im ersten Ausbildungsjahr regelmäßig während der allgemeinen Arbeitszeit im Betrieb verbracht hat. Der Beklagten ist darin beizutreten, dass die Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz als Vollzeitausbildung angelegt ist. Auszubildende sind im weiteren Sinne Arbeitnehmer, mit der Besonderheit, dass sie zu ihrer Ausbildung beschäftigt werden. Sie haben, wie aus den in § 9 BBiG umschriebenen Pflichten hervorgeht, an ihrer Ausbildung aktiv mitzuwirken und sich zu bemühen, unter Anspannung ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten das Ausbildungsziel zu erreichen. Damit unvereinbar ist es, wenn der Auszubildende seine Berufsausbildung neben dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule betreibt und sie danach ausrichtet, inwieweit ihm nach Erfüllung seiner schulischen Verpflichtungen noch Zeit hierfür verbleibt. Das Schulsystem der Bundesrepublik Deutschland ist, was den Besuch weiterführender allgemeinbildender Schulen anbelangt, seinerseits so ausgerichtet, dass die Unterrichtsgestaltung die Arbeitskraft des Schülers regelmäßig voll in Anspruch nimmt. Dies wird etwa im Bereich der Ausbildungsförderung dadurch anerkannt, dass gemäß §§ 2 Abs. 5 Satz 1, 10 Abs. 1 BAföG bei Besuch von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen Ausbildungsförderung ab Klasse 10 geleistet werden kann. Auch dieser Regelung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Arbeitskraft eines Schülers der Oberstufe durch die Schulausbildung regelmäßig so in Anspruch genommen wird, dass er daneben keiner Berufstätigkeit nachgehen kann. Umso weniger bleibt ihm Gelegenheit, neben der Schulausbildung in einem geordneten Ausbildungsgang eine Ausbildung zu einem Beruf zu durchlaufen. Beide Ausbildungsgänge schließen sich gegenseitig aus.

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    Im vorliegenden Fall geht es darum, daß eine die volle Arbeitskraft des Auszubildenden beanspruchende Berufsausbildung neben dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule, die ihrerseits die Arbeitskraft des Auszubildenden voll in Anspruch nimmt, durchgeführt werden soll. Ein solches Nebeneinander von Schul- und Berufsausbildung ist, wie bereits ausgeführt, mit dem Ziel der Berufsausbildung und einem geordneten Ausbildungsgang unvereinbar. Die Vereinbarung eines Berufsausbildungsvertrags, der die Ausbildung in die dem Auszubildenden nach Erledigung seiner schulischen Verpflichtungen noch verbleibende Freizeit verlegt, verstößt deshalb gegen das Berufsbildungsgesetz, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, welche Dauer der täglichen Ausbildungszeit die Vertragsschließenden vereinbart haben und ob der Auszubildende diese Zeit auch tatsächlich einhält. …“

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    Dieser - zur Vereinbarkeit von Schulbesuch und Ausbildung ergangenen - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lässt aber - anders als die Beklagte wohl meint - nicht den Schluss zu, dass die Absolvierung eines Studiums parallel zu einer Ausbildung in jedem Fall unvereinbar wäre. Anders als bei dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule, bei der aufgrund der Schulpflicht (vgl. §§ 34 ff. Schulgesetz NRW) eine Anwesenheitspflicht besteht, kann ein Studium - auch in den eher „verschulten“ Bachelorstudiengängen - wesentlich freier geplant werden. Da eine Anwesenheit bei Pflichtveranstaltungen regelmäßig nur in einem geringen Umfang besteht und das Selbststudium ohne Weiteres auf die Abendstunden und/oder das Wochenende gelegt werden kann, ist es nicht ausgeschlossen, dass parallel zum Studium eine ordnungsgemäße (Vollzeit-)Ausbildung stattfindet.

    32

    Eine Löschung des Ausbildungsvertrages wegen Nichtgewährleistung eines geordneten Ausbildungsgangs kommt daher nur in Betracht, wenn im konkreten Einzelfall davon auszugehen ist, dass der Auszubildende aufgrund seiner mit dem Studium verbundenen Anwesenheits- und sonstigen Pflichten objektiv nicht in der Lage ist, parallel dazu eine geordnete Ausbildung (im Sinne einer Vollzeitausbildung) zu absolvieren. Im Zweifelsfall trägt die das Verzeichnis führende Behörde hierfür die Darlegungs- und Beweislast.

    33

    Ausgehend hiervon steht vorliegend nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass das Studium der Beigeladenen an der Universität Maastricht die ordnungsgemäße Ausbildung zur Pferdewirtin bei der Klägerin tatsächlich wesentlich beeinträchtigt. Die Beigeladene hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass sie lediglich 2 x wöchentlich an Studienveranstaltungen teilnehmen. Diese Veranstaltungen dauerten jeweils 2 h, so dass sie nur etwa zwei halbe Tage in der Woche in Maastricht sei. Weitere Vorlesungen etc. könne sie über das Internet verfolgen; das Selbststudium erfolge abends und am Wochenende.

    34

    Diese Darstellung der Beigeladenen zu ihrer zeitlichen Belastung durch das Studium ist nicht von vornherein unglaubhaft, zumal sie durch die von der Beklagten eingeholte Stellungnahme des Dr. B. von der Universität Maastricht im Wesentlichen bestätigt wird. Die Beklagte ist dem nicht substantiiert entgegengetreten. Unerheblich ist insbesondere der Verweis auf den trotz Schulpflicht unterbliebenen Besuch der Berufsschule (nach November 2014). Denn zum einen hat die Beigeladene der Berufsschule wohl ärztliche Atteste vorgelegt, wonach sie aus medizinischen Gründen eine sitzende Tätigkeit nicht ausüben könne. Zum anderen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Fernbleiben von der Berufsschule gerade durch das Studium bedingt war. Soweit die Beklagte noch auf Angaben einer Praktikantin zur (unzureichenden) Anwesenheit der Beigeladenen auf dem Gestüt verweist, sind diese viel zu pauschal, als dass ihnen eine hinreichende Aussagekraft zukommen könnte.

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    Ausgehend von der Darstellung der Beigeladenen ist die Vereinbarkeit von Studium und Ausbildung aber nicht ausgeschlossen, weil die Beigeladene im Regelfall ihren Verpflichtungen aus dem Ausbildungsvertrag - insbesondere was die Arbeitszeit betrifft - wird nachkommen können. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Arbeitszeiten auf einem Gestüt weniger stark fixiert sein dürften als etwa in einem Industriebetrieb.

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    Kann somit nicht nachgewiesen werden, dass der Ausbildungsvertrag der Klägerin mit der Beigeladenen einen geordneten Ausbildungsgang nicht gewährleistet und insbesondere den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrung nicht ermöglicht, fehlt es an den Voraussetzungen für eine Löschung aus dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse und ist der angefochtene Löschungsbescheid daher aufzuheben.

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    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sie sich somit nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO hat, entsprach es nicht der Billigkeit ihre außergerichtlichen Kosten der Beklagtenseite aufzuerlegen.

    RechtsgebietBerufsausbildungsvertrag; Löschung; StudiumVorschriftenBBiG § 35 Abs 2