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  • 18.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145819

    Verwaltungsgericht Münster: Urteil vom 01.10.2015 – 4 K 433/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Verwaltungsgericht Münster

    4 K 433/13

    Tenor:

    Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 1.700,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 4/5 und das beklagte Land zu 1/5.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    Tatbestand

    2

    Der Kläger steht als Beamter im Dienst des Beklagten. Er rügt eine Altersdiskriminierung durch seine nach dem Besoldungsdienstalter bemessene Besoldung und beansprucht die Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 7. September 2009.

    3

    Im Zeitpunkt der Klageerhebung bezog er eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 14, Stufe 10.

    4

    Mit Schreiben vom 4. Dezember 2012, eingegangen bei dem Beklagten am 6. Dezember 2012, beantragte er rückwirkend zum Zeitpunkt seines Dienstantritts am 7. September 2009 die Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen der ihm tatsächlich gezahlten Besoldung und der Besoldung nach Endstufe seiner Besoldungsgruppe. Zugleich legte er Widerspruch gegen die Besoldungsberechnung durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung ein. Zur Begründung führte er aus, dass die stufenweise Besoldung nach Besoldungsdienstalter eine unzulässige Altersdiskriminierung sei.

    5

    Mit seiner am 27. Dezember 2012 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf erhobenen Klage wiederholt der Kläger im Wesentlichen seine Rechtsauffassung, dass die ihm nach dem Besoldungsdienstalter gezahlte Besoldung gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoße. Solange die Altersdiskriminierung nicht durch eine Modifikation des Besoldungsrechts behoben sei, komme nur eine besoldungsrechtliche „Angleichung nach oben“ in Betracht, also eine Besoldung nach dem Grundgehalt der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Besoldungsgruppe.

    6

    Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

    7

    das beklagte Land zu verurteilen, ihm für den Zeitraum ab dem 7. September 2009 die Differenz zwischen der ihm jeweils tatsächlich gezahlten Besoldung und der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe zu zahlen, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro monatlich, und die nachzuzahlenden Gehaltsdifferenzen mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und jeweiliger Fälligkeit zu verzinsen.
    8

    Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

    9

    die Klage abzuweisen.

    10

    Die Klage sei unzulässig, weil der Kläger sie entgegen der Bestimmung des § 75 VwGO vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung seines Antrags anhängig gemacht habe. Überdies habe der Kläger seinen Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht.

    11

    Mit Beschluss vom 31. Januar 2013 hat sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen.

    12

    Mit Beschluss vom 23. August 2013 ist mit Blick auf die beim Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aktenzeichen C-506/12 und die beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 6.13 anhängig gewesenen Verfahren das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.

    13

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

    14

    Entscheidungsgründe

    15

    I. Die am 27. Dezember 2012 erhobene Klage, über die trotz des Ausbleibens der ordnungsgemäß geladenen Beteiligten vom Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 - VwGO), ist zulässig, obwohl der Kläger seinen Antrag auf höhere Besoldung erst am 6. Dezember 2012 gestellt hat. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen die Voraussetzungen der Untätigkeitsklage gemäß § 75 Satz 1 VwGO i.V.m. § 54 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008 (BeamtStG) i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 21. April 2009 (LBG NRW) vor, weil der Beklagte den Antrag des Klägers noch nicht beschieden hat (vgl. § 75 Satz 2 VwGO).

    16

    II. Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat aufgrund von § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (AGG) wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von jeweils 100,00 Euro pro Monat (1.). Des Weiteren spricht ihm die Kammer für das gesamte Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Zahlungsanspruch aufgrund des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu (2.). Weitergehende Zahlungsansprüche wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot stehen dem Kläger nicht zu (3.). Der geltend gemachte Zinsanspruch besteht im Hinblick auf die ihm zustehende Entschädigung (4.).

    17

    1. Der Kläger hat einen Entschädigungsanspruch gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG. Hiernach kann die Beamtin oder der Beamte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

    18

    a) Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und einen dadurch verursachten ersatzfähigen immateriellen Schaden voraus. Auf ein Verschulden des Beklagten kommt es nicht an.

    19

    Anders als der Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG ist der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG verschuldensunabhängig. Er setzt nicht in direkter oder analoger Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG voraus, dass der Arbeitgeber die Pflichtverletzung in Gestalt des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten hat.

    20

    BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, BVerwGE 150, 234 (Rn. 34); Adomeit/Mohr, AGG, 2. Aufl. 2011, § 15 Rn. 29.

    21

    § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG enthält eine Rechtsfolgenbestimmung, die hinsichtlich des Rechtsgrundes - des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot - mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG verzahnt ist. Das Tatbestandsmerkmal des Vertretenmüssens (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG) ist von dieser Verknüpfung aber nicht erfasst. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Klarstellung, „dass der materielle Schadensersatzanspruch - anders als bei der Entschädigung - nur entsteht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung zu vertreten hat.“ Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG wiederum soll „die Forderungen der Richtlinien sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber“ erfüllen.

    22

    BT-Drs. 16/1780, S. 38.

    23

    Hinzu tritt, dass der von § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG angeordnete Schadensersatz regelmäßig wesentlich höher ausfallen wird als der sich aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ergebende Entschädigungsanspruch. Vor diesem Hintergrund entspricht es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (Art. 17 Satz 2 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - RL 2000/78/EG), nur den Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG unter die Voraussetzung des Vertretenmüssens des Arbeitgebers zu stellen. Denn es wiegt ungleich schwerer und bedarf stärkerer Sanktion, wenn ein Arbeitgeber den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten oder sogar absichtlich begangen hat.

    24

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 35.

    25

    Dieses Regelungsanliegen und das daraus folgende Normverständnis von der Verschuldensunabhängigkeit des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG stehen nicht im Widerspruch zum Wortlaut oder zur Systematik des § 15 Abs. 1 und 2 AGG.

    26

    b) Das solchermaßen von § 15 Abs. 1 und 2 AGG gebildete, abgestufte Sanktionensystem für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG ist mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den Vorgaben des Art. 17 der RL 2000/78/EG vereinbar.

    27

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33 f.

    28

    c) Entschädigungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG sind für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 wegen altersdiskriminierender Besoldung entstanden. Für die Zeit danach verstößt seine Besoldung nicht gegen das Benachteiligungsverbot.

    29

    aa) Der Kläger ist als Beamter gemäß § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung seiner besonderen Rechtsstellung Berechtigter des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG.

    30

    bb) Der von § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AGG vorausgesetzte, den Kläger betreffende Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot in Gestalt einer Benachteiligung aus Gründen des Alters gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG lag bis einschließlich 31. Mai 2013 in Gestalt der Zahlung einer an das Besoldungsdienstalter anknüpfenden Besoldung des Klägers vor. Für die Zeit seit dem 1. Juni 2013 war und ist die Besoldung nach Erfahrungsstufen mit Blick auf das Benachteiligungsverbot nicht zu beanstanden.

    31

    (1) Die vom Beklagten geschuldete Besoldung des Klägers beruhte bis einschließlich 31. Mai 2013 auf einer gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßenden gesetzlichen Grundlage.

    32

    (a) Bis zu diesem Zeitpunkt richtete sich die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Beklagten nach den §§ 27, 28 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BBesG a.F.). Diese Bestimmungen galten nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Landes auf die Länder gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) zunächst als Bundesrecht fort. Die in §§ 27, 28 BBesG a.F. angeordnet gewesene Besoldung der Beamtinnen und Beamten in Abhängigkeit von ihrem Lebensalter führte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) i.V.m. Art. 1 der RL 2000/78/EG und § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG.

    33

    EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. -, NVwZ 2014, 1294 (Rn. 50 ff.) - „Specht u.a.“; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015 - BVerwG 2 A 9.13 -, juris, Rn. 10; Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13 -, juris, Rn. 36 - „Unland” (bzgl. des die Besoldung der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte betreffenden § 38 Abs. 1 BBesG a.F.).

    34

    (b) Der in Anwendung dieses legislativen Unrechts erfolgte administrative Vollzugsakt der Besoldungszahlung verstößt aus demselben Grund gegen das Diskriminierungsverbot.

    35

    (c) Der am 18. August 2006 in Kraft getretene § 7 Abs. 2 AGG, wonach Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam sind, steht dem nicht entgegen. Er erfasst lediglich Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn. Auf gesetzliche Vorschriften, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, findet er keine Anwendung.

    36

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 17.

    37

    (2) Seit dem 1. Juni 2013 verstößt der Beklagte mit seiner monatlich an den Kläger geleisteten Besoldung hingegen nicht mehr gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG. Seither zahlt er die Besoldung aufgrund des am 1. Juni 2013 in Kraft getretenen Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013 (ÜBesG NRW). Die darin angeordnete Besoldung nach Erfahrungsstufen verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) i.V.m. Art. 1 der RL 2000/78/EG und § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG.

    38

    (a) Auf der Grundlage des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen werden die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen und der nordrhein-westfälischen Gemeinden nicht mehr nach dem Prinzip des Besoldungsdienstalters besoldet. Stattdessen bemisst sich ihr Grundgehalt, soweit die Besoldungsordnung nicht feste Gehälter vorsieht, nach Erfahrungsstufen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 ÜBesG NRW). Zu diesem Zweck wird nach § 27 Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW im Geltungsbereich dieses Landesgesetzes mit der ersten Ernennung in ein Beamtenverhältnis mit Anspruch auf Dienstbezüge ein Grundgehalt der ersten mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsgrundgehalt) festgesetzt, soweit nicht berücksichtigungsfähige Zeiten anerkannt werden. Das Lebensalter der Beamtin oder des Beamten ist für diese Festsetzung unerheblich. Ausgehend von der solchermaßen vorgenommenen Grundgehaltsfestsetzung erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 ÜBesG NRW nach bestimmten Zeiten mit dienstlicher Erfahrung und der Leistung. Bis zur fünften Stufe steigt das Grundgehalt der Beamtinnen und Beamten im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren (§ 27 Abs. 3 Satz 1 ÜBesG NRW).

    39

    Diese Vorschriften stehen mit den höherrangigen Vorgaben der RL 2000/78/EG und mit dem einfachgesetzlich geregelten Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG in Einklang, weil sie keine Benachteiligung wegen des Alters bewirken.

    40

    VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015 - 3 K 3407/13 -, juris, Rn. 83; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015 - 12 K 3414/12 -, juris, Rn. 86 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 55 ff. (zum Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz); BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 65 ff. (zum Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt) und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, BVerwGE 150, 255 (Rn. 67 f.; zum Sächsischen Besoldungsgesetz).

    41

    (b) Eine mit der RL 2000/78/EG und mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG unvereinbare Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters ab dem 1. Juni 2013 ergibt sich nicht aus den Vorschriften des Gesetzes zur Überleitung der vorhandenen Beamtinnen, Beamten, Richterinnen, Richter, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger in die neuen Grundgehaltstabellen vom 16. Mai 2013 (BeamtuaGrGTÜG NRW).

    42

    Dieses Gesetz perpetuiert die unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters, weil die darin angeordnete Überleitung in das System der Besoldung nach Erfahrungsstufen für im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bereits vorhandene Beamtinnen und Beamte an die nach altem Recht und damit auf der Grundlage des Lebensalters zugewiesene Besoldungsstufe anknüpft.

    43

    VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 90 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 68 f. und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, a.a.O., Rn. 69 f.

    44

    Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BeamtuaGrGTÜG NRW werden Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnung A den Stufen des Grundgehalts der Anlage IV Nr. 1 des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt nach Satz 2 dieser Vorschrift jeweils zu der Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe, die der Nummerierung der Stufe des Grundgehalts am 31. Mai 2013 entspricht. Mit der Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe beginnt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 BeamtuaGrGTÜG NRW das Aufsteigen in den Stufen nach § 27 Abs. 3 ÜBesG NRW. Bereits in einer entsprechenden Stufe verbrachte Zeiten mit Anspruch auf Dienstbezüge ab dem Monat, in dem die Beamtin oder der Beamte das 21. Lebensjahr vollendet hat, werden angerechnet (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BeamtuaGrGTÜG NRW).

    45

    Die darin angelegte Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters ist aber mit Blick auf die vom nordrhein-westfälischen Gesetzgeber beabsichtigte Besitzstandswahrung der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bereits vorhandenen Beamtinnen und Beamten,

    46

    LT-Drs. 16/1625, S. 69,

    47

    sowie im Interesse der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. In Anbetracht der hohen Zahl von Beamtinnen und Beamten, der unterschiedlichen Länge des jeweils betroffenen Zeitraums, der Verschiedenheit der jeweiligen Laufbahnen und der Schwierigkeiten, die sich bei der Bestimmung der Vordienstzeiten ergeben könnten, wäre eine nicht an die aufgrund des Lebensalters zugewiesene Besoldungsstufe anknüpfende Überleitung übermäßig kompliziert und in erhöhtem Maß fehleranfällig gewesen.

    48

    VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 95 ff.; im Ergebnis auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 83; vgl. auch EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 37 ff. und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 64 ff. (beide zum Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz); BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 70 ff. und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, a.a.O., Rn. 71 ff.

    49

    cc) Den gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ersatzfähigen immateriellen Schaden, der dem Kläger durch den bis einschließlich 31. Mai 2013 begangenen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entstanden ist, muss er nicht konkret nachweisen. Ein solcher Schaden liegt bereits im Falle einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe vor.

    50

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 45, m.w.N.

    51

    dd) Verpflichteter der sich aus der gesetzeskonformen Zahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 ergebenden Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 24 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG das beklagte Land in seiner Funktion als Dienstherr des Klägers.

    52

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 58; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015 - 1 K 1462/13 -, Rn. 33 ff.; Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 55.

    53

    Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte als Dienstherr gemäß §§ 27, 28 BBesG a.F. i.V.m. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG zur lebensalterabhängigen Besoldung verpflichtet war und er diese Vorschriften lediglich rechnerisch korrekt vollzogen hat.

    54

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 36.

    55

    Die Haftungsverantwortlichkeit des Beklagten als Dienstherrn folgt daraus, dass er selbst durch die Zahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen hat. Als Besoldungsschuldner, der sich zur Festsetzung und Auszahlung der Besoldung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Landesbesoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 17. Februar 2005 (LBesG NRW a.F.) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung zur Bestimmung der Besoldungsfestsetzungsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen vom 27. November 1979 (BesZVO) des Landesamtes für Besoldung und Versorgung bedient, hat das beklagte Land seinen Beamtinnen und Beamten eine diskriminierungsfreie Besoldung vorenthalten und dadurch eine gegen § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG verstoßende Benachteiligung wegen des Alters bewirkt.

    56

    Der Umstand, dass diese Benachteiligung in Vollzug einer gesetzlichen Bestimmung erfolgt ist und der Beklagte als Dienstherr wegen des im Besoldungsrecht geltenden strikten Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG a.F.) - vorbehaltlich eines Anwendungsvorrangs des Unionsrechts - zum Vollzug des legislativen Unrechts sogar verpflichtet war, steht seiner Haftungsverantwortlichkeit nicht entgegen. Seine Pflicht zum Gesetzesvollzug ist allein im Rahmen des von der „Täterschaft“ zu unterscheidenden Vertretenmüssens des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot erheblich. Auf dieses kommt es bei dem Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG aber aus den dargelegten Gründen gerade nicht an.

    57

    d) Seine Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 4. Dezember 2012 formgerecht gegenüber dem Beklagten geltend gemacht.

    58

    Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG schriftlich geltend gemacht werden. Ausgehend vom Sinn und Zweck des Erfordernisses der schriftlichen Geltendmachung, den Arbeitgeber bzw. Dienstherrn über etwaige Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Kenntnis zu setzen und ihm die rechtzeitige Prüfung der Ansprüche, die Beweissicherung und Rücklagenbildung zu ermöglichen,

    59

    BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 49,

    60

    genügt es für das Geltendmachen nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG, wenn die oder der Anspruchsberechtigte den Entschädigungsanspruch nach dem Lebenssachverhalt individualisiert und der ungefähren Höhe nach angibt; einer konkreten Bezifferung der Anspruchshöhe bedarf es nicht.

    61

    BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 - BVerwG 2 B 145.11 -, juris, Rn. 14; BAG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 -, NZA 2011, 737 (Rn. 23); Deinert, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 3. Aufl. 2013, § 15 Rn. 112.

    62

    Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012, obwohl er darin weder ausdrücklich Sekundäransprüche geltend gemacht noch sich auf die Anspruchsgrundlage des § 15 Abs. 1 oder 2 AGG berufen hat. Eine Auslegung am Maßstab des im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGB), wonach der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist, ergibt, dass der Kläger in einem weit verstandenen Sinne sämtliche Ansprüche auf Geldleistung wegen der altersdiskriminierenden Besoldung geltend machen wollte. Im Ausgangspunkt hat er unter Bezugnahme auf die dazu ergangene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung die von seiner Besoldung ausgehende Altersdiskriminierung beanstandet. Daran anknüpfend hat er einen finanziellen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Besoldung und der Besoldung, die sich aus der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ergibt, verlangt. Es ist erkennbar, dass er damit nicht allein einen auf die Zahlung einer höheren Besoldung gerichteten Primäranspruch geltend machen wollte. Er hat sich insoweit lediglich im Sinne eines rechtlichen Anstoßes an den bis dahin ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen orientiert und erkennbar alle rechtlichen Optionen offenhalten wollen.

    63

    Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 49; OVG Sachs.-Anh., Urteil vom 11. Dezember 2012 - 1 L 9/12 -, juris, Rn. 3; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015 - 6 K 1378/14 -, juris, Rn. 30, das lediglich verlangt, „dass die Geltendmachung in irgendeiner Form auf die gerügte Diskriminierung abhebt“.

    64

    e) Mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom 4. Dezember 2012 hat der Kläger seine Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 fristgemäß geltend gemacht.

    65

    Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, - was hier nicht einschlägig ist - die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung - wie sie hier inmitten stehen - zu dem Zeitpunkt, in dem die oder der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

    66

    In Fällen der vorliegenden Art, in denen die Beamtin oder der Beamte Entschädigungsansprüche wegen einer altersdiskriminierenden Besoldung erhebt, bezieht sich der einzelne Entschädigungsanspruch auf den jeweiligen Besoldungsmonat. Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG erhält die Beamtin oder der Beamte dabei grundsätzlich im Zeitpunkt des Erhaltens der jeweiligen Monatsbesoldung, also am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist. Ausgehend davon muss der auf den jeweiligen Besoldungsmonat bezogene Entschädigungsanspruch gemäß § 188 Abs. 2 i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB bis zum Monatsersten des übernächsten Monats geltend gemacht werden, es sei denn, der Monatserste ist ein Sonn- oder Feiertag oder ein Sonnabend. In diesen Fällen tritt an die Stelle des Monatsersten der nächste Werktag (§ 193 BGB).

    67

    A.A. VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 29, wonach mit einem am 28. Dezember 2012 erhobenen Widerspruch Ansprüche für den Zeitraum ab Oktober 2012 rechtzeitig geltend gemacht worden seien.

    68

    Der Entschädigungsanspruch muss nur einmal geltend gemacht werden; ein entsprechender Antrag oder Widerspruch wirkt für die Zukunft fort.

    69

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 54.

    70

    aa) Die zum Untergang der Ansprüche des Klägers aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG hinsichtlich des Zeitraums vor dem 1. November 2012 führende materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG steht mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG in Einklang.

    71

    BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - III ZR 4/15 -, juris, Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 48, m.w.N.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - C-246/09 -, NJW 2010, 2713 (Rn. 34 ff.) - „Bulicke“.

    72

    bb) Eine teleologische Reduktion der Fristbestimmung des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG dergestalt, dass sie nach ihrem Sinn und Zweck in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen ein Entschädigungsanspruch wegen einer altersdiskriminierenden Besoldungszahlung geltend gemacht wird, ausnahmsweise nicht anwendbar ist und stattdessen der Geltendmachung des Anspruchs lediglich die Einrede der Verjährung oder der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung finanzieller Ansprüche entgegensteht, kommt nicht in Betracht.

    73

    Wenn eine Vorschrift nach ihrem Wortsinn Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll, sind Gerichte befugt, den Wortlaut der Vorschrift zu korrigieren, und ist eine überschießende Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen.

    74

    BVerwG, Urteil vom 7. Mai 2014 - BVerwG 4 CN 5.13 -, NVwZ 2014, 1170 (Rn. 14).

    75

    Ausdrücklich äußern sich die Gesetzesmaterialien hinsichtlich des Normzwecks nur dahingehend, dass es dem Arbeitgeber angesichts der in § 22 AGG geregelten Beweislastverteilung nicht zugemutet werden solle, „Dokumentationen über Einstellungsverfahren etc. bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen.“

    76

    BT-Drs. 16/1780, S. 38.

    77

    In einer vergleichbaren Situation befindet sich der Beklagte nicht. Hier steht nicht die Dokumentation über ein Einstellungsverfahren oder Ähnliches in Rede, sondern ein besoldungsrechtlicher Vorgang. Die Frage der Zumutbarkeit der Aufbewahrung diesbezüglicher Vorgänge stellt sich nicht in der in den Gesetzmaterialien angesprochenen Weise. Der Beklagte ist aufgrund § 50 BeamtStG und § 84 LBG NRW zur Dokumentation aller besoldungsrelevanten Angelegenheiten in der Personalakte seiner Beamtin oder seines Beamten verpflichtet. Die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG dient aber neben dem in den Gesetzesmaterialien genannten besonderen Anliegen hinaus in einem allgemeinen Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Dienstherr soll, wie bereits ausgeführt, über etwaige Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Kenntnis gesetzt und ihm die rechtzeitige Prüfung der Ansprüche, die Beweissicherung und Rücklagenbildung ermöglicht werden.

    78

    BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 48 f.; Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 92.

    79

    cc) Der fristgebundene „Anspruch“ im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist hier kein einmalig entstandener Entschädigungsanspruch. Stattdessen stehen der Beamtin oder dem Beamten mehrere monatsweise entstandene Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zu. Die altersdiskriminierende Besoldung ist eine monatlich wiederkehrende Benachteiligung mit der Folge, dass für jeden monatlich wiederkehrenden, in sich geschlossenen Diskriminierungsakt ein einzelner, auf den jeweiligen Monat bezogener Entschädigungsanspruch entsteht.

    80

    Vgl. Adomeit/Mohr, a.a.O, Rn. 108 (bzgl. regelmäßig zu zahlender Entgelte); LAG Hamm, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 Sa 942/13 -, juris, Rn. 22 (bzgl. des Entschädigungsanspruchs einer Verwaltungsangestellten wegen einer altersdiskriminierenden Reduzierung der Arbeitszeit nach Altersstufen auch bei Teilzeitbeschäftigung).

    81

    Die Wahrung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG des jeweiligen Entschädigungsanspruchs ist dementsprechend für jeden einzelnen Monat des geltend gemachten Gesamtzeitraums gesondert zu beurteilen.

    82

    So im Ergebnis auch VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 28 f.; vgl. auch BAG, Urteil vom 26. Oktober 1994 - 5 AZR 404/93 -, NZA 1995, 858 (859), bzgl. eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall; LAG Hamm, Urteil vom 30. Januar 2014, a.a.O., Rn. 22 (bzgl. des Entschädigungsanspruchs einer Verwaltungsangestellten wegen einer altersdiskriminierenden Reduzierung der Arbeitszeit nach Altersstufen auch bei Teilzeitbeschäftigung); LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2011 - 5 Sa 208/11 -, juris, Rn. 180; Adomeit/Mohr, a.a.O, Rn. 108 (bzgl. regelmäßig zu zahlender Entgelte).

    83

    (1) Eine wiederkehrende Benachteiligung ist anzunehmen, wenn mehrere jeweils in sich geschlossene, vom jeweils vorangegangenen oder nachfolgenden Vorgang logisch trennbare Vorgänge mit jeweils einer eigenständig generierten und nicht bloß nachwirkenden Benachteiligung vorliegen.

    84

    Dies folgt im Umkehrschluss aus der Begriffsbestimmung des diskriminierenden Dauertatbestandes. Ein solcher ist gegeben, wenn fortlaufend neue Tatsachen eintreten und es sich um einen noch nicht abgeschlossenen, länger währenden Zustand auf der Grundlage eines einheitlichen Tatentschlusses handelt. Die einzelnen Benachteiligungshandlungen müssen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, so dass ein Aufspalten dieses einheitlichen Lebenssachverhalts künstlich wäre. Dagegen liegt ein Dauerzustand nicht vor, wenn die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge bereits abgeschlossen sind und lediglich nachwirken.

    85

    BAG, Urteil vom 24. September 2009, - 8 AZR 705/08 -, NZA 2010, 387 (Rn. 59 f.); LAG Hamm, Urteil vom 1. Juni 2012 - 18 Sa 683/11 -, juris, Rn. 127; Hess. LAG, Urteil vom 7. Februar 2012 - 2 Sa 1411/10 -, juris, Rn. 51; Bauer, AGG, 4. Aufl. 2015, § 15 Rn. 52; Sponer/Steinherr, TVöD Gesamtausgabe, 146. Update 08/15, § 15 AGG Rn. 81.

    86

    (2) Die an das Lebensalter anknüpfende monatliche Besoldung erfüllt die Begriffsmerkmale einer wiederkehrenden Benachteiligung. Die von ihr ausgehende Diskriminierung ist nicht auf den einleitenden Akt der am Lebensalter orientierten Zuordnung zur Grundgehaltstabelle begrenzt.

    87

    A.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, RiA 2015, 103 (108).

    88

    Das nach §§ 27, 28 BBesG a.F. in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besoldungsdienstalter bildet den Anknüpfungspunkt für die erstmalige administrative Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze, von wo aus das Grundgehalt der Beamtin oder des Beamten aufgrund bestimmter Kriterien ansteigt.

    89

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14.

    90

    Der altersdiskriminierende Effekt, dass sich deshalb das Grundgehalt, das zwei gleichzeitig ernannte Beamtinnen oder Beamte mit der gleichen oder vergleichbaren Berufserfahrung, aber unterschiedlichem Lebensalter erhalten, allein aufgrund ihres Lebensalters zum Zeitpunkt ihrer Ernennung unterscheidet,

    91

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14,

    92

    erschöpft sich aber weder in dem Setzen des legislativen Unrechts in Gestalt der §§ 27, 28 BBesG a.F. noch in dem einleitenden Vollzugsakt der der Beamtin oder dem Beamten gemäß § 28 Abs. 4 BBesG a.F. mitzuteilenden Festsetzung des Besoldungsdienstalters und der hierauf gestützten erstmaligen Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze. Den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, an die die hier in Rede stehenden Entschädigungsansprüche gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG anknüpfen, hat dieser erst durch den administrativen Vollzug des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung in Gestalt der Auszahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung bewirkt.

    93

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 36, 57.

    94

    Dieser diskriminierende Akt war kein einmaliger Vorgang und keine bloße - naturgemäß mit zunehmendem Zeitablauf „verblassende“ - Nachwirkung der erstmaligen Bestimmung des Besoldungsdienstalters im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers. Er hatte auf der Grundlage des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung keinen einmaligen Anspruch auf Besoldung für den Gesamtzeitraum des Bestehens des Dienstverhältnisses zwischen ihm und dem Beklagten. Stattdessen hatte er einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, nämlich einen Anspruch auf Besoldung für grundsätzlich jeden vollen Kalendermonat (§ 3 Abs. 4 BBesG a.F.).

    95

    Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2008 - 21 A 660/07 -, juris, Rn. 16.

    96

    Auch wenn die Dienstbezüge grundsätzlich ohne vorhergehenden Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheid, sondern unmittelbar auf der Grundlage des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung gewährt wurden,

    97

    BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2008 - BVerwG 2 B 72.07 -, juris, Rn. 6; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 13. August 2008 - 1 A 157/07 -, juris, Rn. 42,

    98

    musste der Anspruch auf Besoldung monatlich dem Grunde und der Höhe nach geprüft und erfüllt werden. So war monatsweise unter anderem zu prüfen, ob der Beamtin oder dem Beamten im Vergleich zum vorangegangenen Monat etwa wegen einer Teilzeitbeschäftigung lediglich ein Anspruch auf ein gekürztes Grundgehalt zustand (§ 6 Abs. 1 BBesG a.F.). Auch die Entscheidung darüber, ob die Beamtin oder der Beamte inzwischen die nächsthöhere Besoldungsstufe erreicht und damit einen Anspruch auf ein höheres Grundgehalt hat, musste die Zahlstelle monatsweise unter anderem unter Heranziehung des Besoldungsdienstalters treffen. Denn nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F. bestimmte sich das Aufsteigen in den Besoldungsstufen neben der Leistung gerade nach dem an das Lebensalter anknüpfende Besoldungsdienstalter. Damit hing der monatsweise zu prüfende und der Beamtin oder dem Beamten zumindest faktisch entgegenzuhaltende Aufstieg oder Nichtaufstieg in die nächsthöhere Besoldungsstufe stets vom altersdiskriminierenden Element des lebensalterabhängigen Besoldungsdienstalters ab.

    99

    Dieser den Kläger diskriminierende Umstand, dass er im Vergleich zu einem am selben Tag eingestellten lebensälteren Beamten allein wegen seines Alters eine vergleichsweise niedrigere Besoldung erhalten hat, war eine sich monatsweise erneuernde Perpetuierung jener „Anfangsdiskriminierung“. Denn war die konkrete Höhe des monatlichen Besoldungsanspruchs (§ 3 Abs. 4 BBesG a.F.) jeweils auch von dem an das Lebensalter anknüpfenden Besoldungsdienstalter abhängig (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F.), wurde die altersdiskriminierende Folge der §§ 27, 28 BBesG a.F. jeden Monat mit den Kläger jedes Mal erneut belastender, weil ihn wegen seines Alters stets ein weiteres Mal zurücksetzender Auswirkung in Gang gesetzt. Vor diesem Hintergrund war die Auszahlung der nach dem Lebensalter bemessenen Besoldung kein bloßer diskriminierungsfreier Reflex der lebensalterabhängigen Festsetzung der Besoldungsstufe. Stattdessen hat der Administrativakt der Zahlung der nach dem Lebensalter bemessenen Besoldung jeden Monat erneut und damit wiederkehrend eine selbstständige, in sich geschlossene und von der jeweils vorangegangenen oder nachfolgenden monatlichen Bezügezahlung trennbare und selbstständig wirkende Benachteiligung aufgrund des Alters bewirkt.

    100

    In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht betont, „[d]ie ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers wegen seines Lebensalters manifestierte sich regelmäßig in der monatlichen Auszahlung seiner Bezüge“, und insofern von „einer wiederkehrenden Benachteiligung“ gesprochen.

    101

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 54.

    102

    Auf dieser Grundlage hat es den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG auch nicht an das legislative Unrecht des Erlasses der §§ 27, 28 BBesG a.F. oder an den singulären Administrativakt der anfänglichen Festsetzung des für die Zuordnung zur Grundgehaltstabelle maßgeblich gewesenen Besoldungsdienstalters geknüpft und einen allein darauf bezogenen Entschädigungsanspruch zugesprochen. Stattdessen ist es von mehreren „monatsweise entstandenen Entschädigungsansprüchen“ ausgegangen und hat dem Kläger des Revisionsverfahrens keinen einmaligen, sondern einen monatlich berechneten Pauschalbetrag als Entschädigung zugesprochen.

    103

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 60 f., 74.

    104

    dd) Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG hatte der Kläger jeweils am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist, frühestens aber seit dem 8. September 2011.

    105

    (1) Grundsätzlich hat die oder der Beschäftigte gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG Kenntnis von der Benachteiligung, wenn sie oder er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass sie oder er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren und unzweifelhaften Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann erst mit der objektiven Klärung der Rechtslage durch eine höchstrichterliche Entscheidung.

    106

    BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 12; Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 51.

    107

    (2) Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG hatte die Beamtin oder der Beamte grundsätzlich am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist, weil das Grundgehalt gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BBesG a.F. monatlich im Voraus gezahlt wurde. In dem Zeitpunkt, in dem die Beamtin oder der Beamte die Monatsbezüge erhalten hatte - also am letzten Bankwerktag des jeweiligen Vormonats - wusste sie oder er, dass sie oder er tatsächlich auch in diesem Monat unter Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Lebensalters besoldet wurde. Das in den letzten Bankwerktag des dem Besoldungsmonat vorausgehenden Monats fallende Ereignis der Bezügezahlung markiert gemäß § 187 Abs. 1 BGB den Beginn der zweimonatigen materiellen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG.

    108

    (3) Die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG begann hier aber frühestens mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011.

    109

    (a) Erst mit dieser Entscheidung ist die hinsichtlich der Vereinbarkeit der lebensalterbezogenen Besoldung von Beamtinnen und Beamten mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG und damit auch mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG bis dahin unklare und unsichere Rechtslage geklärt worden.

    110

    BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 13 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52 f.; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 21; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 36; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015 - 3 A 78/12 -, juris, Rn. 27; VG Arnsberg, Urteil vom 5. Juni 2015 - 13 K 308/13 -, juris, Rn. 16; a.A. OVG Saarl., Urteil vom 6. August 2015 - 1 A 290/14 -, juris, Rn. 40 ff.; Tiedemann, RiA 2015, 97 (100).

    111

    In diesem Urteil hat der Gerichtshof der Europäischen Union betreffend das dem Besoldungssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F. vergleichbare Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages entschieden, dass die Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG dahin auszulegen sind, dass sie einer in einem Tarifvertrag vorgesehenen Maßnahme entgegenstehen, wonach sich innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe die Grundvergütung eines Angestellten im öffentlichen Dienst bei dessen Einstellung nach seinem Alter bemisst.

    112

    EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - C‑297/10, C-298/10 -, NZA 2011, 1110 (Rn. 78) - „Hennigs und Mai”.

    113

    (b) Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob der Kläger die nach § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG für den Beginn des Fristlaufs erforderliche Kenntnis von seiner Benachteiligung bereits ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 hatte,

    114

    so BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 13 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104,

    115

    oder erst ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Entscheidung in einem periodisch erscheinenden Druckerzeugnis.

    116

    Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39 ff.; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 32 ff.

    117

    Auf den Zeitraum, für den der Kläger seinen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, hat diese Rechtsfrage keinen Einfluss.

    118

    Das am 6. Dezember 2012 bei dem Beklagten eingegangene Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012 hätte im letztgenannten Fall weder den gesamten geltend gemachten Zeitraum - seit September 2009 - noch einen im Vergleich zur Anknüpfung an die Urteilsverkündung längeren Zeitraum abgedeckt. Er wahrt die Frist in beiden Fällen lediglich ab dem Monat November 2012. Den gesamten geltend gemachten Zeitraum hätte das Schreiben nur dann erfasst, wenn er innerhalb von zwei Monaten seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 - sei es seit dessen Verkündung oder dessen Publikation - bei dem Beklagten eingegangen wäre. Beides ist nicht der Fall.

    119

    (aa) Knüpft der Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG an die Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011, begann die Frist erstmals am 9. September 2011 (§ 187 Abs. 1 BGB) zu laufen und endete erstmals mit dem Ablauf des 8. November 2011 (§ 188 Abs. 2 BGB). Das Schreiben des Klägers ist aber erst nach diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten eingegangen.

    120

    (bb) Nichts anderes würde für den Fall gelten, wenn der Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG an die Veröffentlichung des besagten Urteils in einem periodisch erscheinenden Druckerzeugnis anzuknüpfen wäre. Abzustellen wäre dann auch nach Auffassung der Kammer nicht auf die Publikation in einer privatwirtschaftlich herausgegebenen, wenn auch auflagenstarken Fachzeitschrift wie etwa in Heft 8/2012 der Neuen Juristischen Wochenschrift (S. 512), erschienen am 16. Februar 2012, oder einem anderen einschlägigen Fachblatt. Stattdessen wäre der Zeitpunkt der am 22. Oktober 2011 erfolgten Veröffentlichung des Urteils im Amtsblatt der Europäischen Union,

    121

    ABl. EU 2011, Nr. C 311, S. 12 f.,

    122

    entscheidend. Die am 23. Oktober 2011 erstmals beginnende Frist wäre dann erstmals am 22. Dezember 2011 abgelaufen.

    123

    Im Ergebnis auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 32 ff.

    124

    Die Kammer lehnt sich insoweit an die Regelungen in Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG und in § 31 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BVerfGG) an. Nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG werden die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte verkündet. Nach § 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG muss das Bundesministerium der Justiz die Entscheidungsformel des Bundesverfassungsgerichts im Bundesgesetzblatt veröffentlichen, soweit in der betreffenden Entscheidung des Gerichts ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird.

    125

    Diese vom Grundgesetz und vom Bundesgesetzgeber der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt zugesprochene hinreichende Publizität erreicht auch die Publikation im Amtsblatt der Europäischen Union, das in seiner Funktion dem Bundesgesetzblatt vergleichbar ist.

    126

    Hiergegen spricht nicht, dass ein Rechtsunkundiger das Amtsblatt der Europäischen Union regelmäßig nicht lesen wird. Abgesehen davon, dass dieser Einwand auch im Hinblick auf das Bundesgesetzblatt unbehelflich ist, wäre eine tatsächliche Kenntnisnahme des Urteils ebenso wenig im Falle einer Veröffentlichung in einer periodisch erscheinenden juristischen Fachzeitschrift gewährleistet.

    127

    Auf die Veröffentlichung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in einer Fachzeitschrift wäre auch nicht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzustellen. Zwar hat der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem die Bankenhaftung bei kreditfinanzierter Kapitalanlage betreffenden Urteil für den Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Veröffentlichung einschlägiger Urteile des Bundesgerichtshofs in der Neuen Juristischen Wochenschrift abgestellt.

    128

    BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 -, NJW-RR 2009, 547 (Rn. 19).

    129

    Eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach im Falle der Klärung einer unsicheren Rechtslage die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB stets erst ab Veröffentlichung der klärenden höchstrichterlichen Entscheidung in einer periodisch erscheinenden Fachzeitschrift beginnt, ist aber nicht ersichtlich.

    130

    VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere mit zutreffendem Zitat des Urteils vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 -, NJW 1999, 2041 (2043), wo der Bundesgerichtshof auf den „Erlaß des Senatsurteils“ abstellt.

    131

    Überdies verbietet sich ein Vergleich der Publikationspraxis des Bundesgerichtshofs mit der des Gerichtshofs der Europäischen Union insoweit schon deshalb, weil Entscheidungen des Bundesgerichtshofs - anders als die des Gerichtshofs der Europäischen Union oder des Bundesverfassungsgerichts - prinzipiell weder im Bundesgesetzblatt noch im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.

    132

    (c) Der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, wonach die unsichere Rechtslage erst durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. - geklärt worden sei,

    133

    OVG Saarl., Urteil vom 6. August 2015 a.a.O., Rn. 40 ff. (die hiergegen eingelegte Revision ist unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 20.15 anhängig),

    134

    folgt die Kammer nicht.

    135

    Der Gerichtshof der Europäischen Union hat einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung speziell für die Konstellation der aufgrund des Besoldungsdienstalters gemäß §§ 27, 28 BBesG a.F. geleisteten Besoldung von Beamtinnen und Beamten erst mit dem Urteil in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 festgestellt. Daraus folgt aber nicht, dass der Kläger die gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG für den Fristbeginn erforderliche Kenntnis von seiner Benachteiligung erst durch dieses Urteil erlangt hat.

    136

    Hinsichtlich der Frage, wann die oder der Betroffene von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt.

    137

    BAG, Urteil vom 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 -, juris, Rn. 60.

    138

    § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlangt die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen. Der Verjährungsbeginn setzt danach grundsätzlich nicht voraus, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Jedoch ist die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers erst vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Schuldner eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung in einem Maße Erfolgsaussicht hat, dass sie zumutbar ist. Völlig risikolos im dem Sinne, dass die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in seinem konkreten Fall keinen vernünftigen Zweifeln unterliegt, muss die Klage nicht sein.

    139

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 51, m.w.N; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13 -, NJW 2014, 3713 (Rn. 49).

    140

    Das Geltendmachen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Gestalt der Besoldung nach dem Lebensalter war auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in Sachen Hennigs und Mai hinreichend aussichtsreich. Aus den Entscheidungsgründen ließ sich hinreichend verlässlich entnehmen, dass nicht nur das in dieser Entscheidung beurteilte Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages mit der RL 2000/78/EG unvereinbar war, sondern auch das System der an das Lebensalter der Beamtinnen und Beamten anknüpfenden Besoldung. Das Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages war mit dem Besoldungssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F. in diesem entscheidenden Punkt der Lebensaltersbezogenheit strukturell vergleichbar und die Argumentation des Gerichtshofs der Europäischen Union damit auf das Recht der Beamtenbesoldung übertragbar. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem die Beamtenbesoldung betreffenden Urteil vom 19. Juni 2014 seine Aussage, die bei der Einstellung einer Beamtin oder eines Beamten stattfindende Einstufung in eine Grundgehaltsstufe anhand des Lebensalters gehe über das hinaus, was zur Erreichung des legitimen Ziels der Berücksichtigung der Berufserfahrung erforderlich sei, damit einleitet, dass er eben diese Feststellung bereits in seinem Urteil vom 8. September 2011 getroffen habe.

    141

    EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 51.

    142

    Überdies hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 19. Juni 2014 betont, dass die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem Bundesbesoldungsgesetz alter Fassung obliegenden Verpflichtung bereits mit der „Verkündung“ seines Urteils in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 erläutert und verdeutlicht worden sei.

    143

    EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104.

    144

    Von dieser Feststellung ist der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 9. September 2015 nicht abgerückt, wenngleich er darin für die Feststellung, dass die in § 38 Abs. 1 BBesG a.F. angeordnet gewesene Besoldung der Richter nach ihrem Lebensalter gegen Art. 2, 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG verstoßen habe, lediglich auf sein Urteil in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 rekurriert.

    145

    EuGH, Urteil vom 9. September 2015, a.a.O, Rn. 33 f.

    146

    Waren die den Bundes-Angestelltentarifvertrag betreffenden Entscheidungsgründe des Urteils vom 8. September 2011 abstrahierbar und wegen der strukturellen Vergleichbarkeit beider Systeme auf die Beamtenbesoldung übertragbar, bestand schon auf der Grundlage dieses Urteils eine hinreichende, das Geltendmachen eines Anspruchs aus § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG zumutbar machende Aussicht auf Erfolg.

    147

    ee) Der Auffassung, wonach die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erst in dem Zeitpunkt begonnen habe, zu dem der Besoldungsgesetzgeber die altersdiskriminierende Anknüpfung an das Lebensalter durch eine Besoldung nach Erfahrungsstufen ersetzt hat - hier also mit Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen am 1. Juni 2013 -,

    148

    Tiedemann, a.a.O., S. 100; vgl. auch LAG Rh.-Pf., Urteil vom 13. August 2014 - 4 Sa 517/13 -, juris, Rn. 37 (bzgl. einer geschlechterdiskriminierenden Arbeitnehmervergütung),

    149

    folgt die Kammer nicht.

    150

    Im Ergebnis auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, a.a.O., S. 108.

    151

    Die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG beginnt nur dann erst mit der zeitlich letzten Handlung, wenn es sich bei der Benachteiligung um einen Dauertatbestand handelt.

    152

    BAG, Urteil vom 24. September 2009, a.a.O., Rn. 59; LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 180; LAG Köln, Urteil vom 15. Februar 2008 - 11 Sa 923/07 -, NZA-RR 2008, 622 (625); Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 107; Weth, in: Junker/Beckmann/Rüßmann, jurisPK-BGB, Band 2, 7. Aufl. 2014, § 15 AGG Rn. 57; vgl. demgegenüber Thüsing, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, Band 1, 7. Aufl. 2015, § 15 AGG Rn. 45, der wohl auf die Besonderheit des jeweiligen Einzelfalls abstellt.

    153

    Ein benachteiligender Dauertatbestand lag in Gestalt der altersdiskriminierenden Besoldung aber nicht vor. Stattdessen handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um eine monatlich wiederkehrende Benachteiligung. Davon geht offenbar auch das Bundesverwaltungsgericht aus. Dieses knüpft den Beginn der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nämlich nicht - wie es bei der Annahme eines Dauertatbestandes erforderlich gewesen wäre - an den Zeitpunkt des Inkrafttretens eines diskriminierungsfreien Besoldungsgesetzes, sondern an die Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in Sachen Hennigs und Mai.

    154

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52; gegen die Annahme eines Dauertatbestandes bei einer altersdiskriminierenden Besoldung auch: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, a.a.O., S. 108.

    155

    ff) Soweit der Kläger seinen Anspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG nicht gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, steht es dem Anspruchsverlust nicht entgegen, wenn der Beklagte ihn nicht auf die Möglichkeit des Geltendmachens eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG und die Notwendigkeit der Fristwahrung gemäß § 15 Abs. 4 AGG hingewiesen hat.

    156

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts obliegt dem Dienstherrn keine aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) abzuleitende allgemeine Pflicht zur Belehrung über alle für die Beamtinnen und Beamten einschlägigen Vorschriften, vor allem dann nicht, wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt, die zumutbar bei jeder Beamtin und jedem Beamten vorausgesetzt werden können oder die sich die Beamtin oder der Beamte unschwer selbst verschaffen kann. Demgemäß gebietet ihm die Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht, seine Beamtinnen und Beamten von sich aus auf für sie etwa in Betracht kommende Möglichkeiten einer Antragstellung aufmerksam zu machen.

    157

    BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997 - BVerwG 2 C 10.96 -, BVerwGE 104, 55 (57 f.); VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 45.

    158

    Eine besondere Fallgestaltung, die ausnahmsweise geeignet ist, eine Belehrungspflicht auszulösen,

    159

    Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997, a.a.O., S. 58,

    160

    macht der Kläger nicht geltend. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. Das Geltendmachen des Entschädigungsanspruchs lag ausschließlich in der Interessenssphäre des Klägers, und hing die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht von Kenntnissen ab, über die allein der Beklagte verfügte, und zu denen der Kläger auch unter der ihm zumutbaren Zuhilfenahme des Rates Rechtskundiger keinen Zugang gehabt hätte.

    161

    gg) Einem - vom Kläger nicht gestellten - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 32 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 - VwVfG NRW) hinsichtlich der Frist des § 15 Abs. 4 AGG wäre schon wegen der abgelaufenen Jahresfrist des § 32 Abs. 3 VwVfG NRW der Erfolg versagt. Einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht außerdem § 32 Abs. 5 VwVfG NRW entgegen, weil es sich bei § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG um eine Ausschlussfrist handelt.

    162

    VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 44; vgl. auch Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 32 Rn. 6.

    163

    f) Die gemäß § 15 Abs. 4 AGG fristgerecht geltend gemachten Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG sind nicht verjährt. Bei den monatsweise entstandenen Ansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. § 195 BGB) mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (vgl. § 199 Abs. 1 BGB).

    164

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 60.

    165

    Die für den ältesten Anspruch aus dem Monat November 2012 danach am 1. Januar 2013 (§ 187 Abs. 1 BGB) beginnende regelmäßige Verjährungsfrist hat der Kläger jedenfalls mit seiner Klageerhebung am 27. Dezember 2012 gewahrt.

    166

    g) Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“ des Geltendmachungsschreibens oder für eine Verwirkung der rechtzeitig geltend gemachten monatsweisen Entschädigungsansprüche sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

    167

    Vgl. dazu LAG Köln, Urteil vom 15. März 1989 - 2 Sa 9/89 -, ZTR 1990, 249 (249).

    168

    h) Der Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG ist nicht aufgrund des für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich entsprechend anwendbaren § 839 Abs. 3 BGB,

    169

    BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - BVerwG 2 C 12.14 -, DVBl 2015, 1121 (Rn. 11),

    170

    ausgeschlossen.

    171

    Nach § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Der Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern weit zu fassen. Er umfasst etwa förmliche Anträge auf die Vornahme der begehrten Amtshandlung oder auch formlose Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags.

    172

    OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 6 A 1183/10 -, Rn. 9 ff., www.nrwe.de.

    173

    Ein zum Ausschluss seiner Entschädigungsansprüche führendes vorsätzliches oder fahrlässiges Unterlassen eines solchen Rechtsmittels ist dem Kläger nicht anzulasten. Dem Umstand, dass er nicht bereits im Anschluss an das die Rechtslage klärende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 seine Rechte geltend gemacht hat, wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass ältere Entschädigungsansprüche gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG wegen Verfristung ausgeschlossen sind. Soweit er im Übrigen die monatsweise entstehenden Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, hat er zugleich Widerspruch gegen die Höhe seiner Besoldung erhoben. Es bestehen aus der Sicht der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran, dass weder das Drängen auf eine frühere Entscheidung über seinen Antrag noch das Erheben einer Untätigkeitsklage zu einer früheren Änderung der Besoldungsgesetze und damit Behebung der Altersdiskriminierung geführt hätte. Andere zulässige und aussichtsreiche Rechtsmittel, mit denen der Kläger seine Benachteiligung wegen des Alters hätte abwenden können, waren nicht gegeben.

    174

    i) Als Ausgleich für die Benachteiligung wegen des Lebensalters sieht die Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro je Monat für den vom Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012 abgedeckten Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 als angemessen im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an. Dieser Wert orientiert sich an der in § 198 Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (GVG) sowie des § 97a Abs. 2 Satz 3 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Wertung des Bundesgesetzgebers, wonach im Falle der überlangen Dauer von Gerichtsverfahren die Entschädigung 1.200,00 Euro für jedes Jahr der Verzögerung beträgt. Dieser Betrag ist unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer und Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn, einer etwa geleisteten Wiedergutmachung oder erhaltenen Genugtuung, das Vorliegen eines Wiederholungsfalls sowie mit Rücksicht auf den Sanktionszweck und der von § 15 AGG bezweckten Abschreckungswirkung im vorliegenden Fall angemessen.

    175

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 61 ff.; a.A. VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 45, das einen kalenderjährlich um 100,00 Euro steigenden immateriellen Schadensersatz zugesprochen hat; Tiedemann, a.a.O., S. 101 f.

    176

    Ein bei der Bemessung des Entschädigungsanspruchs zu berücksichtigendes Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB trifft den Kläger nicht. Soweit er seinen Anspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG fristgerecht geltend gemacht und dabei ausdrücklich einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung beanstandet hat, hat er alles ihm zur Schadensvermeidung Mögliche unternommen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Anspruchsausschluss entsprechend § 839 Abs. 3 BGB Bezug genommen.

    177

    2. Darüber hinaus spricht die Kammer dem Kläger gegen den Beklagten für das Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Zahlungsanspruch in Höhe von 100,00 Euro je Monat aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts zu.

    178

    a) Allerdings hat die Kammer durchgreifende Bedenken gegen die Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs neben den in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG normativ geregelten Sekundäransprüchen.

    179

    Die Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs bejahend BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 34 ff.; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 24 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 67 ff.; a.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 47 ff.; offen lassend EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 67 ff. und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 98 ff.

    180

    aa) In seinem landesgesetzliche Regelungen zu den Altersgrenzen für Polizeibeamtinnen und -beamte betreffenden Urteil vom 23. Juli 2015 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG weder mit dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch deckungsgleich noch sie den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch verdrängende Spezialregelungen seien. Grundlage der in § 15 Abs. 1 und 2 AGG geregelten Ansprüche seien stattdessen individual- oder kollektivrechtliche Vereinbarungen oder eine einzelfallbezogene, konkrete Maßnahme des Arbeitgebers, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, nicht aber die Schaffung einer diesem Verbot widersprechenden abstrakten Rechtslage. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen „legislativen Unrechts“ weise eine andere inhaltliche Qualität auf als die auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG beruhenden und der materiellen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterliegenden Ansprüche.

    181

    BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13.

    182

    bb) Hat aber - wie hier - der Mitgliedstaat eine den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch konkretisierende Vorschrift des sekundären Unionsrechts in nationales Recht umgesetzt, bleibt für eine darüber hinausgehende Haftung des Mitgliedstaats selbst oder einer anderen nationalen Körperschaft auf der Grundlage eines daneben stehenden, anderweitig zu konkretisierenden unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs kein Raum.

    183

    (1) Der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelte unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch flankiert das Effektivitätsprinzip. Die volle Wirksamkeit unionsrechtlicher Bestimmungen wäre beeinträchtigt und der Schutz der durch sie begründeten Rechte gemindert, wenn der Einzelne nicht die Möglichkeit hätte, für den Fall eine Entschädigung zu erlangen, dass seine Rechte durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht verletzt werden, der einem Mitgliedstaat zuzurechnen ist. Die Möglichkeit einer Entschädigung durch den Mitgliedstaat ist vor allem dann unerlässlich, wenn die volle Wirkung der unionsrechtlichen Bestimmungen davon abhängt, dass der Staat tätig wird, und der Einzelne deshalb im Falle einer Untätigkeit des Staates die ihm durch das Unionsrecht zuerkannten Rechte vor den nationalen Gerichten nicht im Wege des Primärrechtsschutzes geltend machen kann.

    184

    EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 -, NJW 1992, 165 (Rn. 33 f.) - „Francovich u.a.“.

    185

    Aus dem Unionsrecht selbst ergeben sich lediglich die Kernvoraussetzungen, unter denen ein Mitgliedstaat auf der Grundlage des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs verpflichtet ist. Die Regelung der Folgen des durch den Unionsrechtsverstoß verursachten Schadens bleibt dem nationalen Haftungsrecht überlassen, wobei die dort festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen; auch dürfen diese Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, dass die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist.

    186

    EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - C-46/93 und C-48/93 -, NJW 1996, 1267 (Rn. 67) - „Brasserie du pêcheur u.a.“; vgl. auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 618 f.

    187

    Der solchermaßen mit dem nationalen Recht verwobene unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist subsidiär, soweit das nationale Recht eine hinreichende Haftung für den in Rede stehenden Unionsrechtsverstoß bereithält und deshalb die anderenfalls vom unionsrechtlichen Haftungsanspruch seinem Sinn und Zweck nach zu schließende Haftungslücke gerade nicht besteht.

    188

    Weber, NVwZ 2001, 287 (289); Wolf, Die Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik für Verstöße gegen das Europäische Gemeinschaftsrecht (EGV), 1999, S. 68 f.; vgl. auch Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 612, wonach es etwa im Fall der fehlerhaften Anwendung einer EU-Verordnung durch eine deutsche Verwaltungsbehörde keines Rückgriffs auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bedürfe, weil der Geschädigte bereits durch die nationalen Haftungsinstitute hinreichend geschützt sei.

    189

    (2) Das nationale Recht enthält mit der Haftungsregelung des § 15 AGG einen hinreichend effektiven Sekundärrechtsschutzmechanismus für Verstöße gegen die RL 2000/78/EG. Er setzt die Vorgaben des Art. 17 der RL 2000/78/EG um, der seinerseits eine Konkretisierung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für Verstöße gegen diese Richtlinie ist.

    190

    (a) Der hier in Rede stehende Verstoß gegen Unionsrecht gründet in dem legislativen Unrecht der nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fortgeltenden, gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) der RL 2000/78/EG verstoßenden §§ 27, 28 BBesG a.F., die der Beklagte in seiner Funktion als Dienstherr korrekt vollzogen hat.

    191

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 15, 36.

    192

    Für Verstöße gegen Vorschriften der RL 2000/78/EG enthält deren Art. 17 Satz 1 den allgemeinen Auftrag an die Mitgliedstaaten, Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Die Sanktionen, die auch Schadensersatzleistungen an Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Art. 17 Satz 2 der RL 2000/78/EG).

    193

    Dieser Art. 17 der RL 2000/78/EG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine auf diese Richtlinie zugeschnittene Konkretisierung der seit jeher bestehenden unionsrechtlichen Haftung für die unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien.

    194

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 37 (unter Bezugnahme auf das den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch betreffende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Francovich u.a.).

    195

    (b) Den die unionsrechtliche Staatshaftung bereichsspezifisch konkretisierenden Regelungsauftrag des Art. 17 der RL 2000/78/EG hat der Bundesgesetzgeber erfüllt, indem er mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG ein Benachteiligungsverbot ausgesprochen und in § 7 Abs. 2 und § 15 AGG Sanktionen für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot vorgesehen hat. Diese Umsetzung steht, wie bereits ausgeführt, mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG in Einklang.

    196

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33 f.

    197

    Dabei gilt das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht nur für Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auch für gesetzgeberisches Handeln. Während mit § 7 Abs. 1 AGG unvereinbare Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam sind, haben Verstöße einer gesetzlichen Regelung gegen das Benachteiligungsverbot die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie zur Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG zur Folge.

    198

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 17.

    199

    (c) Hat der nationale Gesetzgeber aber mit § 15 Abs. 1 und 2 AGG in Umsetzung der den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch konkretisierenden Bestimmung des Art. 17 der RL 2000/78/EG für den hier in Rede stehenden Verstoß gegen diese Richtlinie einen unionsrechtskonformen nationalen Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch geschaffen, bleibt für die Annahme eines zusätzlichen, neben § 15 Abs. 1 und 2 AGG stehenden unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs kein Raum.

    200

    So auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 47 ff.

    201

    (d) Die Notwendigkeit eines „Nebeneinanders“ des Schadensersatz- und des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG mit dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch besteht auch nicht deshalb, weil Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG ausschließlich gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn und nicht auch gegen den Gesetzgeber gerichtet werden können.

    202

    Anspruchsverpflichteter des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist der betreffende Mitgliedstaat. Diesem wiederum bleibt es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unbenommen, die ihn treffende Haftungsverantwortlichkeit unter Berücksichtigung des Gebots der Effektivität des Schadensersatzanspruchs innerstaatlich zu verteilen. Den Erfordernissen des Unionsrechts ist dabei genügt, wenn die innerstaatlichen Verfahrensregelungen einen wirksamen Schutz der Rechte, die dem Einzelnen aufgrund Unionsrechts zustehen, ermöglichen und die Geltendmachung dieser Rechte nicht gegenüber derjenigen solcher Rechte erschwert ist, die dem Einzelnen nach innerstaatlichem Recht zustehen.

    203

    EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999 - C-302/97 -, NVwZ 2000, 303 (Rn. 61 ff.) - „Konle“; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 623 f., m.w.N.

    204

    Vor diesem Hintergrund sind die Folgen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs unter Beachtung seiner Zielsetzung und seiner Voraussetzungen weitgehend mit den nach innerstaatlichem Recht geltenden Regeln in Einklang zu bringen. Die Bestimmung des passivlegitimierten Haftungssubjekts ist dabei grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die für die Übernahme der Haftung nach Art. 34 GG gelten.

    205

    BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - III ZR 358/03 -, NVwZ-RR 2006, 28 (32); OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2013 - I-11 U 22/11 u.a. -, juris, Rn. 18 ff.; Kapsa, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 20. Kap. Rn. 346; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 623 f.

    206

    Es spricht aber nichts dagegen, wenn der nationale Gesetzgeber in Umsetzung der den unionsrechtlichen Haftungsanspruch konkretisierenden Vorschrift des Art. 17 RL 2000/78/EG mit dem seinerseits unionsrechtskonformen § 15 Abs. 1 und 2 AGG lediglich eine Haftung des Arbeitgebers vorsieht. Mit dieser innerstaatlichen Haftungsverteilung ist jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art ein dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip hinreichend Rechnung tragender Schutz der Rechte der Geschädigten sichergestellt, weil sich der Verletzte für die ihn treffende unionsrechtswidrige Benachteiligung wegen seines Alters in hinreichendem Maße und auf zumutbarem Weg entschädigen lassen kann.

    207

    (e) Für ein „Nebeneinander“ des Anspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG und des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Fällen der vorliegenden Art spricht auch nicht die Bestimmung des § 15 Abs. 5 AGG, wonach im Übrigen Vorschriften gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf Ansprüche, die gegen den Dienstherrn und nicht gegen den davon zu unterscheidenden Gesetzgeber zu richten wären.

    208

    Zu dieser Unterscheidung vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.

    209

    Außerdem schafft § 15 Abs. 5 AGG die anderen Ansprüche nicht, sondern er setzt diese voraus.

    210

    cc) Dennoch spricht die Kammer dem Kläger einen Schadensersatz auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu. Sie stellt ihre rechtlichen Bedenken im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung zurück, nachdem der Bundesgerichtshof ausdrücklich entschieden hat, dass der Anspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts nicht verdränge,

    211

    BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13,

    212

    und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dieser Rechtsauffassung zumindest nicht von vornherein entgegensteht. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht, wie bereits ausgeführt, betont, dass der von § 15 AGG umgesetzte Art. 17 der RL 2000/78/EG eine auf diese Richtlinie zugeschnittene Konkretisierung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für die unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien sei.

    213

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 37.

    214

    Allerdings hat es für Fälle der vorliegenden Art nicht nur einen Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG angenommen, sondern zugleich entschieden, dass die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs erst mit der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 erfüllt seien.

    215

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 25.

    216

    Daraus kann gefolgert werden, dass das Bundesverwaltungsgericht ebenso wie der Bundesgerichtshof von einer parallelen Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs neben einem Anspruch aus § 15 Abs. 1 oder 2 AGG ausgeht.

    217

    b) Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, nämlich dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen wird, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht,

    218

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 26,

    219

    liegen vor. Insbesondere ist das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 - sei es ab dem Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils oder dessen Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union - erfüllt.

    220

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 27 ff.

    221

    c) Das beklagte Land ist in seiner Funktion als Gesetzgeber Passivlegitimierter des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen legislativen Unrechts.

    222

    Dem steht nicht entgegen, dass das in den §§ 27, 28 BBesG a.F. angelegte legislative Unrecht der Bundesgesetzgeber gesetzt hat. Das beklagte Land haftet - zumindest - entsprechend § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner mit dem Bund. Nachdem die in Art. 74a Abs. 12 GG verankert gewesene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 mit Wirkung vom 1. September 2006 aufgehoben worden war, hatte das beklagte Land die Besoldungsgesetzgebung und damit den Erlass eines den Anforderungen der RL 2000/78/EG genügenden Landesbesoldungsgesetzes in der Hand. Die §§ 27, 28 BBesG a.F. galten zwar gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Dieses gegen die RL 2000/78/EG verstoßende Bundesrecht konnte das beklagte Land aber gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG durch Landesrecht ersetzen. Von dieser Kompetenz hat es erst mit dem Übergeleiteten Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013 Gebrauch gemacht.

    223

    d) Der Anspruch des Klägers ist nicht in entsprechender Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Danach tritt die Ersatzpflicht im Falle einer Haftung bei Amtspflichtverletzung nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

    224

    Diese Bestimmung ist im Rahmen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs entsprechend anwendbar.

    225

    BGH, Urteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07 -, NJW 2008, 3558 (Rn. 8); Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 -, NJW 2004, 1241 <1242>.

    226

    Der Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern weit zu fassen. Er umfasst etwa förmliche Anträge auf die Vornahme der begehrten Amtshandlung oder auch formlose Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags.

    227

    OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 6 A 1183/10 -, Rn. 9 ff., www.nrwe.de.

    228

    Der Kläger hat erst mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben und damit mehr als ein Jahr, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union mit seinem Urteil in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 hinreichende Klarheit über die Rechtswidrigkeit der auf Grund §§ 27, 28 BBesG a.F. geleisteten Besoldung geschaffen hatte, von einem Rechtsmittel Gebrauch gemacht.

    229

    Die Ersatzpflicht kann auf Grund § 839 Abs. 3 BGB aber nur verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsmittels den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig.

    230

    BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003, a.a.O., S. 1242.

    231

    Ungeachtet dessen, inwieweit in Anlehnung an die zivilrechtliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast den Beklagten insoweit im Einzelnen eine Pflicht zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung obliegt,

    232

    vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 9 C 11.11 -, BVerwGE 145, 354 (Rn. 28 f.),

    233

    ist die Kammer mit Blick auf die Gesamtumstände davon überzeugt, dass auch ein zu einem früheren Zeitpunkt erhobener Widerspruch des Klägers den von der altersdiskriminierenden Besoldung verursachten Schaden nicht zu einem früheren Zeitpunkt als mit dem Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen am 1. Juni 2013 abgewendet hätte. Der auf den 4. Dezember 2012 datierende Gesetzentwurf der Landesregierung eines Dienstrechtsanpassungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen begründet die Umstellung auf das Prinzip der Besoldung nach Erfahrungsstufen allgemein mit der „Kritik an den bisherigen Dienstaltersstufen“ und der Motivation, „sich dabei auch von der EU-Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf leiten“ zu lassen.

    234

    LT-Drs. 16/1625, S. 63.

    235

    Wenngleich damit der Gesetzgeber wohl auch Widersprüche von Beamtinnen und Beamten des Landes gegen ihre altersdiskriminierende Besoldung im Blick gehabt haben dürfte, hat ihn offenbar erst eine Gemengelage aus Rechtsbehelfen von Beamtinnen und Beamten und die daraufhin ergangene, die Benachteiligung wegen des Alters feststellende Rechtsprechung der Fachgerichte und des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einer die Diskriminierung behebenden Änderung des Besoldungsrechts veranlasst. Vor diesem Hintergrund liegt es bei lebensnaher Betrachtung fern, dass bereits ein vereinzelter, zu einem früheren Zeitpunkt erhobener Widerspruch des Klägers den Gesetzgeber zu einer früheren Gesetzesänderung veranlasst hätte.

    236

    A.A. VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 90 ff., wonach der Anspruch aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch für die Jahre vor dem von der Beamtin oder dem Beamten eingelegten Rechtsmittel entsprechend § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sei.

    237

    e) Den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat der Kläger mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Widerspruch für das gesamte Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 rechtzeitig geltend gemacht.

    238

    aa) Auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist nicht die zweimonatige materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG anwendbar, sondern nur der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung.

    239

    BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13 f.; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 35; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, 53 ff.; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 3. Dezember 2012 - I-11 U 6/13, 11 U 6/13 -, juris, Rn. 40 ff.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 65 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 5. Juni 2015, a.a.O., Rn. 21.

    240

    (1) Dies ergibt sich indes nicht aus einer anderenfalls entstehenden sachwidrigen Differenzierung zwischen Beamtinnen und Beamten des Landes und den übrigen Beamtinnen und Beamten.

    241

    So aber BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.

    242

    Der Bundesgerichtshof geht in seinem Urteil vom 23. Juli 2015 von der - auch von der Kammer geteilten - Prämisse aus, dass zwischen dem Land in seiner Funktion als Gesetzgeber und der als Dienstherr zu unterscheiden sei und nur der Arbeitgeber oder Dienstherr und nicht auch der Gesetzgeber Passivlegitimierter des Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 oder 2 AGG sei. Diese Unterscheidung ist bereits im Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG angelegt. Im Folgenden geht der Bundesgerichtshof aber davon aus, dass eine unterstellte Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1, 2 und 4 AGG auf legislatives Unrecht nur für die Beamtinnen und Beamten des Landes in Betracht komme, weil nur für diese das Land nicht nur Gesetzgeber, sondern auch Dienstherr sei. Demgegenüber wäre, so der Bundesgerichtshof weiter, § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 AGG nicht auf die Beamtinnen und Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts anwendbar, weil das Land nicht der Dienstherr dieser Bediensteten sei. Insbesondere wären die Beamtinnen und Beamten des Landes bei der Geltendmachung legislativer Verstöße gegen Unionsrecht den zeitlichen Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterworfen, während dies für die übrigen Beamtinnen und Beamten nicht gälte.

    243

    BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.

    244

    Diese Argumentation ist mit der im Ausgangspunkt zwingenden und vom Bundesgerichtshof selbst vorgenommenen Unterscheidung zwischen dem Dienstherrn - nur dieser ist Passivlegitimierter des Anspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG - und dem aufgrund anderer Rechtsgrundlagen haftenden Gesetzgeber unvereinbar.

    245

    (2) Entscheidend ist stattdessen - wovon im Ausgangspunkt auch der Bundesgerichtshof ausgeht -, dass die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nach dem Wortlaut des Gesetzes unmittelbar nur auf den gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn zu richtenden Schadensersatz- und den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG anwendbar ist. Eine entsprechende Anwendbarkeit auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts scheidet aus. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt. Daraus folgt, dass die sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen der Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG nach dem Willen des Gesetzgebers auf die übrigen Ansprüche gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn nicht übertragbar sein sollen. Soll der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts mit einer inhaltlich anderen Qualität zusätzlich neben § 15 Abs. 1 und 2 AGG zur Anwendung kommen, kann für Ansprüche gegen den Gesetzgeber in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 5 AGG nichts anderes gelten.

    246

    Im Ergebnis auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 54 ff.

    247

    bb) Mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben hat der Kläger den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen des darauf anwendbaren Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung nur für das gesamte Haushaltsjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 rechtzeitig geltend gemacht.

    248

    (1) Nach dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung müssen Ansprüche, die über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinausgehen, von den Beamtinnen und Beamten stets zeitnah, mithin spätestens bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres, geltend gemacht werden, damit der Dienstherr sich darauf einstellen kann. Es ist mit dem gegenseitigen Treueverhältnis nicht vereinbar, die gewährte Besoldung über Jahre hinzunehmen und erst im Nachhinein Ansprüche geltend zu machen, die dann aus den Haushaltsmitteln des betreffenden Jahres nicht mehr gedeckt werden könnten.

    249

    VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, m.w.N.

    250

    Das Haushaltsjahr ist gemäß § 4 Satz 1 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (LHO) das Kalenderjahr.

    251

    Ist der Antrag auf Zahlung zusätzlicher finanzieller Leistungen - wie hier - erkennbar in die Zukunft gerichtet, genügt er grundsätzlich über das laufende Haushaltsjahr hinaus den Anforderungen an eine zeitnahe Geltendmachung auch für die folgenden Haushaltsjahre.

    252

    OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 -, juris, Rn. 37 f., m.w.N.

    253

    (2) Der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von nicht unmittelbar durch Gesetz begründeten Ansprüchen ist auf Sekundäransprüche der hier in Rede stehenden Art anwendbar.

    254

    VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 106 ff.

    255

    Das Beamtenverhältnis ist ein wechselseitig bindendes Treueverhältnis, aus dem nicht nur die Verpflichtung des Dienstherrn folgt, die Beamtin oder den Beamten amtsangemessen zu alimentieren, sondern umgekehrt auch die Pflicht der Beamtin oder des Beamten, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Diese Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme spricht gegen die Annahme, der Dienstherr sei generell, also ohne jede Einschränkung in Bezug auf den Kreis der betroffenen Beamtinnen und Beamten, gehalten, eine aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene gesetzliche Erhöhung der Beamtenbezüge auf den gesamten, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zu erstrecken, für den die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer entsprechenden Korrektur festgestellt worden ist. Die Alimentation der Beamtin oder des Beamten durch ihren oder seinen Dienstherrn ist der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs. Beamte können nicht erwarten, dass sie aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommen, den sie selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht haben. Die Alimentation der Beamten erfolgt aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln. Auch dies spricht gegen die Annahme einer verfassungsrechtlichen Pflicht zu einem alle Beamten erfassenden Ausgleich für in der Vergangenheit erfolgte Verletzungen der Alimentationspflicht durch Inanspruchnahme gegenwärtig verfügbarer Haushaltsmittel.

    256

    BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (384 f.).

    257

    Der Anwendungsbereich des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist nach seinem genannten Sinn und Zweck aber nicht auf Ansprüche auf verfassungsgemäße Alimentation oder sonstige besoldungsrechtliche Primäransprüche beschränkt. Stattdessen kommt er mit Blick auf die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende gegenseitige Rücksichtnahme- und Treuepflicht auch dort zum Tragen, wo die Beamtin oder der Beamte Sekundäransprüche aufgrund ungeschriebener Rechtsgrundsätze wegen eines rechtswidrigen Verhaltens ihres oder seines Dienstherrn geltend macht. Der Dienstherr hat auch hier ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit hohen Ausgleichsforderungen belastet zu werden.

    258

    BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 -, BVerwGE 140, 351 (Rn. 19) bzgl. eines Ausgleichsanspruchs einer Beamtin oder eines Beamten wegen des Überschreitens der unionsrechtlich höchstens zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit.

    259

    Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist hinsichtlich seiner Voraussetzungen und der Höhe des jeweiligen Schadensersatzanspruchs ebenso wie die bislang anerkannten Fallvarianten der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen nicht unmittelbar gesetzlich geregelt.

    260

    VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 106.

    261

    Der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch steht hier nicht entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner noch im Urteil vom 29. September 2011 geäußerten Ansicht nunmehr der Auffassung ist, dass der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen des Überschreitens der unionsrechtlich höchstens zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit keinen vorherigen Antrag beim Dienstherrn voraussetze, während bei nicht gesetzlich geregelten nationalrechtlichen Ausgleichsansprüchen es einer Geltendmachung im Sinne einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht der Beamtin oder des Beamten bedürfe.

    262

    BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2014 - BVerwG 2 B 39.13 -, juris, Rn. 6; Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 -, BVerwGE 143, 381 (Rn. 25).

    263

    Eine generelle Absage an die Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geht damit nicht einher. Ausschlaggebend war stattdessen das speziell die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitsgestaltung (RL 2003/88/EG) betreffende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 25. November 2010 in der Sache Fuß.

    264

    BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2014, a.a.O., Rn. 8.

    265

    In der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 1. Juli 2014 in Bezug genommenen Passage stellte der Gerichtshof der Europäischen Union darauf ab, dass der Arbeitnehmer als die schwächere Partei des Arbeitsvertrages anzusehen sei, weshalb verhindert werden müsse, dass der Arbeitgeber ihm eine Beschränkung seiner Rechte auferlege. Aufgrund dieser schwächeren Position könne der Arbeitnehmer nämlich davon abgeschreckt werden, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen, da die Einforderung dieser Rechte ihn Maßnahmen des Arbeitgebers aussetzen könnte, die sich zu seinem Nachteil auf das Arbeitsverhältnis auswirken können.

    266

    EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 -, NZA 2011, 53 (Rn. 80 f.) - „Fuß“.

    267

    Zusätzlich hob der Gerichtshof darauf ab, dass in einem Verfahren, das den Verstoß eines Arbeitgebers des öffentlichen Sektors gegen eine unionsrechtliche Bestimmung mit unmittelbarer Wirkung betrifft, den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats durch die Verpflichtung für die betroffenen Arbeitnehmer, einen Antrag auf Beendigung des Verstoßes gegen diese Bestimmung zu stellen, um Ersatz des ihnen auf Grund dieses Verstoßes entstandenen Schadens erhalten zu können, ermöglicht werde, die Aufgabe, auf die Einhaltung dieser Bestimmungen zu achten, systematisch auf den Einzelnen zu verlagern, indem diesen Behörden die Möglichkeit eröffnet werde, sich gegebenenfalls von der Einhaltung dieser Bestimmungen zu befreien, wenn ein solcher Antrag nicht gestellt worden ist. Ein Antragserfordernis finde dabei in der RL 2003/88/EG keine Stütze.

    268

    EuGH, Urteil vom 25. November 2010, a.a.O., Rn. 83 f.

    269

    In einer vergleichbaren tatsächlichen oder rechtlichen Situation befinden sich Beamtinnen und Beamte, die einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen einer gegen die RL 2000/78/EG verstoßenden Besoldungsgesetzgebung geltend machen, nicht.

    270

    (3) Der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung steht ferner nicht entgegen, dass sich der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts gegen das beklagte Land in seiner Funktion als Gesetzgeber und nicht in der als Dienstherr richtet. Zwar besteht die den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung rechtfertigende gegenseitige Treue- und Fürsorgepflicht nur in dem Verhältnis zwischen der Beamtin oder dem Beamten und ihrem oder seinem jeweiligen Dienstherrn (§ 3 Abs. 1, § 45 BeamtStG). Dies führt aber nicht dazu, dass der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung wegen der im Rahmen der Passivlegitimation des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs vorzunehmenden Unterscheidung zwischen dem beklagten Land in seiner Funktion als Dienstherr und der als Gesetzgeber hier nicht zur Anwendung kommen dürfte. Ausschlaggebend ist hier nicht, in welcher Funktion das Land einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu verantworten hat. Im Zusammenhang mit dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung ist allein das haushalterische Planungsinteresse des Landes als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 81 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 1950 - Verf NRW, § 2 Satz 1, § 6 LHO) entscheidend, auf das die oder der im Dienst des Landes stehende Beamtin oder Beamte Rücksicht zu nehmen hat.

    271

    (4) Die Heranziehung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist nicht wegen der entsprechenden Anwendbarkeit des § 839 Abs. 3 BGB auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch gesperrt.

    272

    Hat der Beamte eine abschließende gesetzliche Frist für das Geltendmachen des Anspruchs gewahrt, kann der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung nicht zur Anwendung kommen.

    273

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 55.

    274

    § 839 Abs. 3 BGB enthält aber keine abschließende Frist für das Geltendmachen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs. Stattdessen legt er dem Geschädigten eine Schadensabwendungspflicht auf. Deren Verletzung und nicht das Verstreichenlassen einer Frist zur Geltendmachung des Anspruchs führt zu dessen Ausschluss.

    275

    Im Ergebnis auch VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 112.

    276

    (5) Das Unionsrecht steht der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung hier ebenfalls nicht entgegen.

    277

    (a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat wiederholt entschieden, dass das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift, wonach Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des jeweiligen Haushaltsjahres, geltend gemacht werden müssen, nicht entgegensteht, wenn diese Vorschrift weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Die Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen obliegt den Gerichten der Mitgliedstaaten.

    278

    EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 72 und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 111 ff.

    279

    (b) Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz liegt nicht vor, weil der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung im Beamtenrecht nicht allein auf unionsrechtlich begründete Rechte angewendet wird, sondern grundsätzlich auf alle sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Zahlungsansprüche von Beamtinnen und Beamten.

    280

    VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 49; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 116 ff.

    281

    (c) In der Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung liegt auch kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz, weil dem Kläger das Ausüben der ihm durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Etwas anderes folgt nicht aus der bis zum Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 unklaren und unsicheren Rechtslage hinsichtlich des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Nach Auffassung des Gerichtshofs seien die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem Bundesbesoldungsgesetz alter Fassung obliegenden Verpflichtung bereits mit der „Verkündung“ seines Urteils in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 erläutert und verdeutlicht worden.

    282

    EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104.

    283

    Ausgehend von diesem Zeitpunkt stand dem Kläger mehr als ein Vierteljahr zur Verfügung, seine Schadensersatzansprüche auch für die Zeit vor dem 1. Januar 2012 rechtzeitig geltend zu machen. Begegnet die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG keinen unionsrechtlichen Bedenken, kann mit Blick auf die seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 zur Verfügung stehende Zeitspanne für das vollumfängliche Geltendmachen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs nichts anderes gelten.

    284

    VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 50 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 119 ff.

    285

    f) Die für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. § 195 BGB),

    286

    BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012, a.a.O., Rn. 42,

    287

    hat der Kläger jedenfalls mit seiner am 27. Dezember 2012 erhobenen Klage gewahrt.

    288

    g) Ein konkreter, durch das legislative Unrecht verursachter ersatzfähiger materieller Schaden des Klägers ist mangels eines gültigen besoldungsgesetzlichen Bezugssystems nicht feststellbar (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 - ZPO). Dieser kann sich allenfalls aus der Differenz zu einer diskriminierungsfreien Besoldung ergeben. Die Differenz müsste sich aber anhand des Gesetzes feststellen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F.). Dies ist in Ermangelung eines gesetzlichen Bezugsrahmens nicht der Fall.

    289

    Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 95 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 10 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 18 ff.

    290

    Mit Blick auf den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz greift die Kammer ergänzend auf die in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG getroffene gesetzgeberische Wertung zurück und spricht dem Kläger in Anlehnung an die bereits geschilderten Erwägungen als Entschädigung einen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro je Monat, insgesamt also für den gesamten rechtzeitig geltend gemachten Zeitraum 1.700,00 Euro zu.

    291

    So auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 63 ff.

    292

    Soweit dem Kläger in diesem Zeitraum auch ein Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zusteht, erhält er für den jeweiligen Monat lediglich einen maximalen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro, weil er für die erlittene Altersdiskriminierung nur einmal zu entschädigen ist und eine doppelte Sanktion des beklagten Landes allein wegen seiner Verantwortlichkeit als Dienstherr und als Gesetzgeber nicht angezeigt ist.

    293

    h) Von einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (- AEUV -) hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in den Fällen der vorliegenden Art sieht die Kammer nach pflichtgemäßer Ausübung ihres Vorlageermessens (Art. 267 Abs. 2 AEUV) ab. Ohnehin sieht sie die insoweit entscheidungserheblichen Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union als hinreichend geklärt an.

    294

    3. Weitergehende Primär- oder Sekundäransprüche stehen dem Kläger nicht zu. Er hat weder einen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen in Höhe der Differenz zwischen seiner tatsächlich bezogenen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe (a) noch Ansprüche aus § 15 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG (b), aus Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG (c) oder aufgrund des allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs (d).

    295

    a) Ein Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen in Höhe der Differenz zwischen seiner tatsächlich bezogenen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ergibt sich nicht auf der Grundlage der insoweit allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommenden besoldungsrechtlichen Bestimmungen des Bundes oder des Landes Nordrhein-Westfalen.

    296

    aa) Für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2013 folgt dies bereits daraus, dass die seither auf der Grundlage des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen geleistete Besoldung nach Erfahrungsstufen nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstößt.

    297

    bb) Für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 kann die bis dahin erfolgte Altersdiskriminierung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, nicht durch eine - und sei es auch nur eine faktische - Einstufung des Klägers in eine höhere oder in die höchste Dienstaltersstufe seiner Besoldungsgruppe ausgeglichen werden. Da von der Diskriminierung potentiell alle Beamtinnen und Beamte erfasst sind, besteht auf der Grundlage des bis zum 31. Mai 2013 einschlägig gewesenen Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte.

    298

    EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 95 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 10 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 18 ff.

    299

    cc) Die begehrte Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen kann der Kläger auch nicht aus anderen Rechtsgründen herleiten. Ein außergesetzlicher Zuspruch von Besoldungsleistungen scheidet von vornherein aus (§ 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F., § 2 Abs. 1 und 2 ÜBesG NRW).

    300

    b) Ein Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG steht dem Kläger nicht zu. Es ist bereits kein ersatzfähiger materieller Schaden bezifferbar (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieser kann sich auch hier allenfalls aus der Differenz zu einer diskriminierungsfreien Besoldung ergeben. Die Differenz müsste sich aber anhand des Gesetzes feststellen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F.). Dies ist in Ermangelung eines gesetzlichen Bezugsrahmens nicht der Fall.

    301

    So auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 63 ff.

    302

    c) Ein Zahlungsanspruch ergibt sich ferner nicht unmittelbar aus Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG.

    303

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 24; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 108.

    304

    Dieser Bestimmung fehlt bereits die für die unmittelbare Wirkung von Richtlinien erforderliche hinreichende Genauigkeit. Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG schreibt den Mitgliedstaaten keine bestimmten Sanktionen vor. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten lediglich, die Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung der RL 2000/78/EG zu verhängen sind und deren Durchführung zu gewährleisten ist. Die Sanktionen, die auch Schadensersatzleistungen an die Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Art. 17 Satz 2 der RL 2000/78/EG). Darüber hinausgehende, hinreichend genaue und nicht der konkretisierenden Regelung der Mitgliedstaaten überlassene Sanktionen sind nicht vorgeschrieben.

    305

    BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 27 ff.

    306

    d) Aus dem allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch kann der Kläger schon deshalb keine über den aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang hinausgehenden Zahlungen beanspruchen, weil der korrekte Vollzug von Parlamentsgesetzen keine Verletzung der Fürsorge- oder Schutzpflicht des Dienstherrn gegenüber seiner Beamtin oder seinem Beamten ist.

    307

    Vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 10 Rn. 8.

    308

    4. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 90 VwGO i.V.m. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

    309

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.