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  • · Fachbeitrag · Krankheitsbedingte Kündigung

    Initiativlast für BEM liegt beim ArbG

    Auch bei Ablehnung eines Wiedereingliederungsgesprächs vor der Kündigung bleibt die Initiativlast für die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) beim ArbG (LAG Schleswig-Holstein 18.9.13, 3 Sa 133/13, Abruf-Nr. 133557).

     

    Sachverhalt

    Die langjährig als Altenpflegerin beschäftigte ArbN A war 2010 insgesamt 51 Arbeitstage krank, 2011 insgesamt 100 Arbeitstage und bis Mitte 2012 insgesamt 84 Arbeitstage. Die Fehlzeiten verteilten sich in diesen Jahren jeweils auf mehrere Zeiträume. Ende Juli 2012 befand sich A nach einer Reha-Maßnahme im Urlaub. Der ArbG forderte sie auf, zur Prognose der künftigen krankheitsbedingten Fehlzeiten ärztliche Atteste vorzulegen.

     

    Dies lehnte A, vertreten durch ihre Gewerkschaft, ab. Darüber hinaus kündigte A an, für den Fall, dass der ArbG das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) einleiten wolle, ein Gespräch abzulehnen. Daraufhin kündigte der ArbG im September 2012 ordentlich aus krankheitsbedingten Gründen, ohne ein BEM durchgeführt zu haben. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Elmshorn war erfolgreich. Die Berufung des ArbG blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LAG hatte trotz der häufigen Fehlzeiten in den Jahren 2010 bis 2012 Zweifel an der negativen Gesundheitsprognose, auf die der ArbG die Kündigung stützte. Eine Reha-Maßnahme Mitte 2012 war erfolgreich verlaufen und die ArbN war zum Zeitpunkt der Kündigung wieder arbeitsfähig. Auch wenn man von einer negativen Gesundheitsprognose ausgehe, fehle es an einer erheblichen Beeinträchtigung der Interessen des ArbG. Denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass ein leidensgerechter Einsatz ausgeschlossen sei. Einer solchen umfassenden Darlegung hätte es bedurft, da der ArbG vor der Kündigung kein BEM durchgeführt habe.

     

    Von dieser Pflicht sei der ArbG auch nicht befreit gewesen. Zwar habe die ArbN im Sommer 2012 erklärt, ein BEM-Gespräch ablehnen zu wollen. Der ArbG trage aber die „Initiativlast für die Durchführung eines BEM“ (BAG NZA 11, 992). Der ArbG habe nichts unternommen, um ein BEM auf den Weg zu bringen. Die Aufforderung aus Juli 2012 an die ArbN, ärztliche Atteste zur Erstellung einer Prognose künftiger krankheitsbedingter Fehlzeiten zu übersenden, genüge erkennbar nicht.

     

    Praxishinweis

    Auch wenn ein ArbN im Vorfeld einer Kündigung seine Mitwirkung beim BEM ablehnt, muss der ArbG auf die Durchführung des BEM drängen. Dabei muss er deutlich machen, wozu das BEM dient, und dass der ArbN sich im eigenen Interesse zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung hieran beteiligen sollte.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 206 | ID 42407468