Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Betriebsbedingte Kündigung

    Sozialplan nach Kündigungsverzicht

    Rechte aus einem Kündigungsverzicht werden durch den Abschluss nachfolgender Auswahlrichtlinien und eines Sozialplans nicht aufgehoben. Dies gilt insbesondere, wenn bereits der Kündigungsverzicht in einer wirtschaftlich schwierigen Situation vereinbart wurde (LAG Düsseldorf 23.11.11, 12 Sa 926/11, 12 Sa 928/11, Abruf-Nr. 121164).

    Sachverhalt

    Der ArbG - ein Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft - schloss mit der Mitarbeitervertretung eine Dienstvereinbarung ab. Diese sah u.a. einen Verzicht der Belegschaft auf das Weihnachtsgeld und im Gegenzug den Verzicht auf ordentliche betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31.12.11 vor.

     

    Im Januar 2011 entschloss sich der ArbG aufgrund drohender Insolvenz und unerwartet hoher Tarifsteigerungen, 121 außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Der Ausspruch dieser Kündigungen erfolgte nach Abschluss einer Auswahlrichtlinie und eines Sozialplans mit der Mitarbeitervertretung. Die Kündigungsschutzklagen der betroffenen ArbN waren erstinstanzlich erfolgreich. Die Berufungen blieben erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Die 12. Kammer des LAG Düsseldorf hat - wie auch die Vorinstanz - den Kündigungsschutzklagen stattgegeben. Der Kündigungsverzicht des ArbG - zumindest als Gesamtzusage individualrechtlich gegenüber den ArbN - war weiter wirksam. Die Rechte seien durch den Abschluss der nachfolgenden Auswahlrichtlinie und des Sozialplans nicht etwa inzidenter aufgehoben worden. Einen Wegfall der Geschäftsgrundlage durch den „hohen Tarifabschluss“ - oder durch eine drohende Insolvenzgefahr - hat das LAG ebenfalls nicht angenommen. Der Kündigungsverzicht sei bereits in Kenntnis des ArbG von einer schwierigen wirtschaftlichen Situation vereinbart worden. Die Revision zum BAG ist durch das LAG Düsseldorf nicht zugelassen worden.

     

    Praxishinweis

    Die Darlegungslast des ArbG bezüglich der betriebsbedingten Gründe, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes für einen oder mehrere ArbN nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG führen, ist hoch. Dies gilt insbesondere, wenn eine „außerordentliche“ betriebsbedingte Kündigung im Raum steht und zuvor ein (wirksamer) Kündigungsverzicht seitens der ArbG erklärt wurde. Hier kann unter Umständen ein qualifizierter Interessenausgleich i.S. des § 1 Abs. 5 KSchG weiterhelfen. Liegt in der Massenentlassung eine Betriebsänderung nach§ 111 BetrVG, d.h. sind die dort genannten Zahlenwerte erreicht, und enthält ein Interessenausgleich eine Namensliste der zu kündigenden ArbN, wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Die Sozialauswahl kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Ob dies dem ArbG angesichts des zuvor vereinbarten Kündigungsverzichts tatsächlich weitergeholfen hätte, ist aber angesichts der klaren Ausführungen des LAG Düsseldorf zweifelhaft.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2012 | Seite 76 | ID 32949740