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  • · Fachbeitrag · Außerordentliche Kündigung

    ArbN durchsucht Computer des Kollegen nach privater Korrespondenz = wichtiger Grund?

    | Die gezielte Durchsuchung eines Dienstcomputers nach privater Korrespondenz eines Arbeitskollegen sowie deren Sicherung und Weitergabe an Dritte kann „an sich“ ein wichtiger Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung sein. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der ArbN dabei Beweise für ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren sichern möchte, ohne von seinem ArbG mit solchen Ermittlungen betraut worden zu sein. |

     

    Sachverhalt

    Die ArbN ist als Künstlerin beim ArbG, einer Kirchengemeinde, tätig. Gegen ArbN D wurde wegen des Verdachts ermittelt, eine in Kirchenasyl befindliche Frau B unter Missbrauch seiner Position in der Gemeinde mit dem Ziel der Aufnahme einer Liebesbeziehung bedrängt und mit sexueller Motivation in übergriffiger Weise berührt zu haben. Die ArbN war auch mit Verwaltungsarbeiten beim ArbG betraut. Sie durfte auf den Dienstcomputer von ArbN D zugreifen, soweit dies zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Aufgaben etwa im Bereich der Buchhaltung notwendig war. Aus diesem Grund öffnete sie einen nicht zugriffsgeschützten Ordner mit der Bezeichnung „D.“ und dort die Datei mit dem Titel „C.“ (Synonym für Frau B.). In der Datei fand die ArbN einen rund 500 Seiten umfassenden privaten Chatverlauf zwischen Herrn D. und Frau B. Sie speicherte den Chatverlauf auf einem USB-Stick und behielt diesen zunächst rund eine Woche. Anschließend warf sie den USB-Stick in den Briefkasten einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin der Kirchengemeinde. Außerdem übergab sie den USB-Stick der Staatsanwaltschaft zur Verwertung in dem Ermittlungsverfahren gegen ArbN D.

     

    Eine Beurlaubung des ArbN D wurde im September 2020 aufgehoben. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde ebenfalls im September 2020 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Ein kirchliches Disziplinarverfahren ist nach Kenntnis der ArbN noch anhängig. Von der Weitergabe des USB-Sticks erfuhr das Presbyterium des ArbG am 15.9.20. Der ArbG hörte die bei ihr bestehende Mitarbeitervertretung an und kündigte das Arbeitsverhältnis am 24.9.20 aus wichtigem Grund fristlos. Die ArbN behauptet im Rahmen ihrer Kündigungsschutzklage, dass sie die E-Mail und den Chatverlauf für das Ermittlungsverfahren habe sichern wollen. Sie sei einer „staatsbürgerlichen Pflicht“ nachgekommen.