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  • · Fachbeitrag · Betriebsübergang

    Die Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a BGB ‒ Die 24 wichtigsten Entscheidungen

    von RA und VRiLAG a.D. Dr. Lothar Beseler, Meerbusch und FA ArbR Christian Nohr, Essen

    | Entgegen § 613a Abs. 6 BGB kann ein ArbN trotz Ablaufs der Monatsfrist einem Betriebsübergang widersprechen, wenn er vom alten oder neuen ArbG nicht ordnungsgemäß über den Betriebsübergang unterrichtet wurde. Er kann bei einer schuldhaft fehlerhaften Unterrichtung auch längere Zeit nach dem Betriebsübergang von seinem Widerspruchsrecht ‒ selbst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ‒ Gebrauch machen. Der Beitrag gibt Ihnen einen aktuellen Überblick über die 24 wichtigsten Entscheidungen bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts beim Betriebsübergang. |

    1. Das Zeitmoment bei der Verwirkung

    Der Widerspruch wirkt dann auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück, wenn nicht die Grundsätze der Verwirkung ausnahmsweise tragen. Dabei können sich sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber auf Verwirkung berufen (LAG Thüringen 10.4.14, 3 Sa 307/13, Abruf-Nr. 195199). Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB) und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und -klarheit. Sie befreit den Schuldner nicht schon von seiner Pflicht, wenn der Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Vielmehr muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle. Der Verpflichtete durfte sich darauf einstellen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment).

     

    Bei dem Zeitmoment kann nicht auf eine feste Frist beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden, sondern auf die Umstände des Einzelfalls (BAG 12.11.09, 8 AZR 530/07, Abruf-Nr. 195200). Bei schwierigen Sachverhalten können die Rechte des ArbN auch nach längerer Untätigkeit verwirken. Zudem ist die Länge des Zeitablaufs in Wechselwirkung zum erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen also besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung als mit Treu und Glauben unvereinbar anzusehen. Liegen zwischen einer fehlerhaften Unterrichtung zum Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB und dem erklärten Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 5 BGB sechseinhalb Jahre, so ist von einem besonders schwerwiegend verwirklichten Zeitmoment auszugehen (BAG 15.3.12, 8 AZR 700/10, Abruf-Nr. 195201). Allerdings kann für das Zeitmoment bereits eine Frist von sechs oder knapp fünf Monaten ausreichend sein, wenn gesamtbetrachtend weitere verstärkende Momente zu beachten sind (BAG 17.10.13, 8 AZR 974/12, Abruf-Nr. 195202).