Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.12.2005 | Kündigungsrecht

    Der Weiterbeschäftigungsanspruch nach einem Widerspruch durch den Betriebsrat

    von RA Rainer Polzin, FA Arbeitsrecht, Berlin

    Der ArbG ist gem. § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG verpflichtet, den ArbN nach frist- und ordnungsgemäßem Widerspruch des Betriebsrats gegen eine ordentliche Kündigung weiterzubeschäftigen, sofern der ArbN Kündigungsschutzklage erhoben hat und die Weiterbeschäftigung verlangt. Der vorliegende Artikel soll aufzeigen, wie der ArbN seine Ansprüche durchsetzen kann und unter welchen Voraussetzungen sich der ArbG von seiner Pflicht entbinden lassen kann.  

     

    Der Widerspruch des Betriebsrats

    Gem. § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Er muss der ordentlichen Kündigung innerhalb einer Woche nach Einleitung des Anhörungsverfahrens schriftlich widersprechen. Andernfalls steht dem ArbN nach Ablauf der Kündigungsfrist kein Anspruch auf Weitbeschäftigung zu (§ 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG). Der Widerspruch muss ordnungsgemäß erfolgen. Erforderlich ist, dass der Betriebsrat sich nicht lediglich pauschal auf einen der Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 BetrVG beruft. So reicht der bloße Verweis auf die genannte Vorschrift nicht aus. Es wird ein Mindestmaß an konkreter Argumentation verlangt. Bei einem Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG muss der freie Arbeitsplatz für den ArbG aus dem Widerspruchsschreiben heraus bestimmbar sein (BAG AP Nr. 12 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung = BB 00, 203).  

     

    Praxishinweis: Nicht selten ist in der Praxis zweifelhaft, ob die Widerspruchsbegründung ausreichend ist. Der ArbG sollte in diesen Fällen immer eine einstweilige Verfügung auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht beantragen: Hat nämlich der Betriebsrat der Kündigung ordnungsgemäß widersprochen, besteht bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fort. Der ArbG läuft Gefahr, ohne Gegenleistung auf Grund Annahmeverzugs zur Lohnzahlung verpflichtet zu werden, wenn sich im Nachhinein ergibt, dass der Widerspruch des Betriebsrats ordnungsgemäß war. Nach richtiger Auffassung wird die einstweilige Verfügung aus Gründen der Rechtssicherheit auch erlassen, wenn das Gericht zum Ergebnis gelangt, dass der Widerspruch schon nicht ordnungsgemäß begründet ist und daher keine Pflicht zur Weiterbeschäftigung besteht (LAG Hamm DB 79, 1232).