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  • · Fachbeitrag · Bewerbung/AGG

    Es besteht kein Entschädigungsanspruch bei einer Benachteiligung wegen Übergewichts

    Übergewicht ist grundsätzlich keine Behinderung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG, sodass eine Entschädigung nach dem AGG aus diesem Aspekt ausscheidet (Arbeitsgericht Darmstadt 12.6.14, 6 Ca 22/13, Abruf-Nr. 142090).

     

    Sachverhalt

    Eine 42-jährige Bewerberin hatte sich bei dem Verein „Borreliose und FSME Bund Deutschland“ um eine Stelle als Geschäftsführerin beworben. Die Bewerberin hat die Kleidergröße 42 und wiegt nach eigenen Angaben 83 Kilo bei 1,70 Meter Körpergröße. Sie führte mit zwei Vorstandsmitgliedern des Vereins ein Vorstellungsgespräch. Zu einem vereinbarten zweiten Gespräch kam es nicht mehr. Nach dem ersten Vorstellungsgespräch meldete sich der Verein schriftlich bei der Bewerberin und fragte an, was dazu geführt habe, dass sie kein Normalgewicht habe. Mit ihrem derzeitigen Gewicht sei sie „kein vorzeigbares Beispiel und würde die Empfehlungen des Vereins für Ernährung und Sport konterkarieren“.

     

    Nach Erhalt des Schreibens klagte die Bewerberin auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 30.000 EUR. Sie sei wegen ihres Übergewichts und damit wegen einer vom Verein angenommenen Behinderung im Sinne des AGG benachteiligt worden. Auch sei ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Der beklagte Verein hält dem entgegen, die Bewerberin sei nicht wegen ihres Gewichts nicht eingestellt worden, sondern weil sie ohne Angabe von Gründen zum zweiten Vorstellungsgespräch nicht erschienen sei.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, weil aus seiner Sicht keine Diskriminierung vorlag. Denn die Bewerberin sei weder behindert noch so übergewichtig gewesen, dass eine Behinderung hätte in Betracht gezogen werden können. Nach Ansicht des Gerichts gab es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der ArbG bei seiner Entscheidung angenommen habe, dass bei der Bewerberin eine Behinderung im Sinne des § 7 Abs. 1, 2. HS AGG vorliege.

     

    Auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht gegeben. Zum einen habe der Verein die Bewerberin zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Dies zeige, dass kein fester Entschluss bestanden habe, die Bewerberin wegen ihres (tatsächlichen oder vermeintlichen) Übergewichts nicht einzustellen. Zum anderen seien ArbG nicht verpflichtet, bei Einstellungen das äußere Erscheinungsbild unberücksichtigt zu lassen. Der ArbG müsse beachten, ob die Bewerberin, aufgrund ihrer Gesamtpersönlichkeit und Erscheinung bereit und in der Lage ist, die Anliegen des Vereins, namentlich dessen Empfehlungen für ein gesundheitsbewusstes Verhalten, überzeugend zu vertreten. Es bestehe auch kein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen der Äußerungen des Vereins über das Erscheinungsbild der Bewerberin. Ein ausreichend schwerer Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht liege nicht vor.

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 138 | ID 42776698