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  • · Fachbeitrag · Arbeitnehmerhaftung

    Fristen und kein Ende … : Ausschlussfristen und Fristenbeginn bei der Arbeitnehmerhaftung

    | Auch Schadenersatzansprüche des ArbG gegen seinen ArbN wegen einer tatsächlichen oder vermeintlichen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten unterliegen der (allgemeinen) arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist. Eine andere Wertung ergibt sich in der Regel auch nicht, wenn ein Dritter vorrangig in Anspruch genommen wird. |

     

    Sachverhalt

    Der ArbN war in einem Autohaus als Verkäufer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war bestimmt, dass mit Ausnahme von Provisionsansprüchen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit verfallen ‒ spätestens jedoch innerhalb von 3 Monaten nach Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Im Betrieb bestand die Anweisung, ein Neufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt war oder für das keine gesicherte Finanzierung vorlag, nicht an einen Käufer herauszugeben, es sei denn, es lag eine Einwilligung der Geschäftsleitung vor.

     

    Im September 2014 erschien ein Kunde, um einen von ihm bestellten Neuwagen abzuholen. Der Kunde leistete auf den Kaufpreis eine Anzahlung, drängte auf Überlassung des Pkw für das kommende Wochenende und sagte zu, das Fahrzeug 3 Tage später zurückzubringen. Daraufhin überließ der ArbN dem Kunden das Fahrzeug. Der Kunde brachte das Fahrzeug nicht zurück.

     

    Auf eine Strafanzeige hin wurden der Kunde in Italien festgenommen und das Fahrzeug im November beschlagnahmt. Nach Aufhebung des Haftbefehls sowie der Beschlagnahme gaben die italienischen Behörden das Fahrzeug wieder an den Kunden heraus. Im Februar 2015 nahm der ArbG Kontakt mit dem Kunden auf und verhandelte erfolglos über die Zahlung des Restkaufpreises. Ferner beauftragte er eine Detektei. Diese teilte dem ArbG im April/Mai 2015 mit, dass der Kunde nicht auffindbar sei. Im August 2015 reichte der ArbG Klage gegen den Kunden ein, deren Zustellung scheiterte.

     

    Am 20.11.15 forderte der ArbG den ArbN erfolglos auf, seine Verpflichtung zum Schadenersatz dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben. Im Dezember erhob er gegen den ArbN Klage, mit der er diesen auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von knapp über 29.000 EUR in Anspruch nahm. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab

     

    Entscheidungsgründe

    Die Revision des ArbG vor dem 8. Senat des BAG (7.6.18, 8 AZR 96/17, Abruf-Nr. 201635) war erfolglos. Der Senat ließ offen, ob der ArbN durch die Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden seine Vertragspflichten verletzt habe. Etwaige Schadenersatzansprüche des ArbG seien ‒ wie das LAG zutreffend annahm ‒ aufgrund der vertraglichen Ausschlussklausel verfallen.

     

    Die Ausschlussfrist habe spätestens begonnen, als sich der ArbG entschlossen habe, Klage gegen den Kunden zu erheben. Mithin jedenfalls vor dem 20.8.15. Daher habe das Schreiben des ArbG vom 20.11.15, sofern dieses überhaupt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung erfülle, die Ausschlussfrist nicht gewahrt.

     

    Etwas anderes folge im Hinblick auf den Fristbeginn weder aus § 254 Abs. 2 BGB noch aus § 241 Abs. 2 BGB. Danach sei aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls keine vorrangige gerichtliche Inanspruchnahme des Kunden durch den ArbG geboten. Es war dem ArbG nicht ohne Weiteres möglich, den Kunden mit rechtlichem und vor allem wirtschaftlichem Erfolg in Anspruch zu nehmen. Als er sich entschloss, Klage gegen den Kunden zu erheben, sei erkennbar gewesen, dass eine solche Klage keine realistische Aussicht bot, von dem Kunden überhaupt irgendeine Leistung zu erlangen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Dem ArbG, der einen ‒ seiner Auffassung nach ‒ vom ArbN (mit-)verursachten Schaden erlitten hat, ist im Hinblick auf tarif- oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen im Zweifel zu raten, parallel gegen den Drittschädiger und seinen ArbN vorzugehen. Tut er dies nämlich im Hinblick auf das bestehende Arbeitsverhältnis nicht und nimmt vorrangig den Dritten in Anspruch, hemmt dies nicht den Beginn des Laufs der Ausschlussfrist. Dies bedeutet, dass der ArbG Gefahr läuft, wenn er den Anspruch gegen den Dritten nicht realisieren kann, den Schaden allein zu tragen.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zerstörung eines Pkw des ArbN auf dem Parkplatz des ArbG: Arbeitsgericht Wesel in AA 17, 82
    • Verkehrssicherungspflichten des ArbG bei Sturm: LAG Düsseldorf in AA 17, 184
    Quelle: Ausgabe 07 / 2018 | Seite 111 | ID 45360650