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  • · Fachbeitrag · AGG


    Stellenausschreibung für Berufsanfänger als Altersdiskriminierung beim Einstellungsverfahren


    von Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, Prof. Dr. Jesgarzewski & Kollegen Rechtsanwälte, Osterholz-Scharmbeck, FOM Hochschule Bremen


    Die Ablehnung eines 36-jährigen Bewerbers auf eine Stellenausschreibung für „Berufsanfänger“ für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionals“ indiziert eine Diskriminierung wegen des Alters. Der ArbG trägt in diesem Fall die Beweislast dafür, dass keine Diskriminierung vorliegt (BAG 24.1.13, 8 AZR 429/11, Abruf-Nr. 130611).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe


    Ein öffentlicher ArbG suchte in einer Stellenausschreibung „Berufsanfänger“ für ein Traineeprogramm „Hochschulabsolventen/Young Professionals“ zur Abdeckung des zukünftigen Führungspersonals. Die Bewerbung eines 36-jährigen Volljuristen mit Berufserfahrung wurde zurückgewiesen. Dies hält der Bewerber für eine Benachteiligung wegen des Alters und nahm den ArbG auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch. Der ArbG verteidigte sich damit, dass der Bewerber schlechtere Examensnoten habe als die ins Auswahlverfahren aufgenommenen anderen Bewerber.


    Das BAG hat in der Ablehnung des Bewerbers aufgrund der Formulierung der Stellenausschreibung ein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Alters gesehen. Daher falle dem ArbG die Beweislast dafür zu, dass keine Altersdiskriminierung erfolgt sei. Hierzu müsse der ArbG darlegen und beweisen, dass die Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erfolgt sei. Die Beweisführung könne dadurch erfolgen, dass der ArbG in das Auswahlverfahren nur die Kandidaten mit den besten Examensnoten einbezogen hat. Da insoweit weitere Sachaufklärung erforderlich war, hat das BAG die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.


    Praxishinweis


    Das AGG zwingt ArbG dazu, benachteiligungsfrei auszuschreiben. Das ist insbesondere dann nicht ganz leicht, wenn wie im entschiedenen Fall der ArbG gezielt eine bestimmte Personengruppe (Berufseinsteiger) ansprechen will, welche üblicherweise nur eine kleine Altersgruppe beinhaltet. Insoweit ist in der Beratung auch weiterhin eine größere Sensibilisierung geboten. Nimmt bereits die Stellenausschreibung eine Beschränkung auf bestimmte Altersgruppen vor, ist die Benachteiligung von Bewerbern, die dieser Gruppe nicht unterfallen, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung indiziert. Wird der ArbG auf Entschädigung in Anspruch genommen, trifft ihn die Beweislast für ein benachteiligungsfreies Verfahren. Dies ist mit hohem Dokumentationsaufwand und Einschränkungen bei der Freiheit der Bewerberauswahl verbunden. Die Ausschreibung sollte daher nicht altersspezifisch erfolgen.


    Weiterführender Hinweis


    • Kein Auskunftsanspruch des nicht berücksichtigten Stellenbewerbers: EuGH in AA 12, 167
    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 62 | ID 38586910