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  • · Fachbeitrag · Volkskrankheiten

    Diabetes und Parodontitis ‒ auch Zahnärzte sollten über die Zusammenhänge aufklären

    | Seit längerer Zeit wird vermehrt über die Zusammenhänge zwischen Parodontitis und systemischen Erkrankungen berichtet. Die Assoziation zwischen Parodontitis und Diabetes ist dabei am besten untersucht und es liegt eine hohe Evidenz für einen kausalen und bidirektionalen Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes vor, erklärt Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen (Uni Bonn). [1] |

     

    Parodontitis kommt bei Diabetikern häufiger als bei Personen ohne Diabetes vor. Bei Diabetikern ist die Parodontitis stärker ausgeprägt und schreitet schneller voran. Menschen mit Diabetes weisen eine höhere Prävalenz, ein höheres Ausmaß sowie einen höheren Schweregrad der Parodontitis auf (Grossi et al., J Periodontol 1994; 65:260-267). Dabei hängt das Risiko für die Entstehung und Progression einer Parodontitis von der glykämischen Einstellung des Diabetes ab.

     

    Andererseits kann durch eine Behandlung der Parodontitis die metabolische Einstellung eines Diabetes verbessert werden: So haben mehrere Meta-Analysen gezeigt, dass durch Parodontitistherapie der HbA1c-Wert klinisch signifikant um ca. 0,4 Prozentpunkte reduziert werden kann. [1]

    So begünstigt die Hyperglykämie die Parodontitis

    Die Hyperglykämie beeinflusst über mehrere Achsen die Parodontitis:

     

    • Sie führt zu Dysregulierung der Immunantwort und verschiebt das RANKL/OPG-Verhältnis zugunsten des Knochenabbaus. Des Weiteren kommt es zur Störung der Funktion neutrophiler Granulozyten und zu vermehrter Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine.

     

    • Über eine zweite Achse führen irreversible glykierte Proteine (Advanced Glycation End Products, AGEs) zur Interaktion mit proinflammatorisch wirkenden Toll-Like-Rezeptoren.

     

    • Sauerstoffradikale (Reactive Oxygen Species, ROS), die unkontrolliert und über einen längeren Zeitraum produziert werden, bilden einen weiteren Faktor, der die Entzündung verstärkt und den Knochenstoffwechsel beeinflusst. [2]

     

    Aus diesen Interaktionen zwischen Parodontitis und Diabetes ergeben sich eine ganze Reihe von Konsequenzen für die zahnärztliche Praxis. Die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Zahnmedizinern und Internisten/Diabetologen ist für die erfolgreiche Behandlung von parodontal-erkrankten Diabetikern von entscheidender Bedeutung. Eine S2k-Leitlinie wird dazu von der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGParo), der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der DGZMK erarbeitet. [2]

    Guidelines für Hausarzt und Zahnarzt

    Die European Federation of Periodontology (EFP) hat Leitlinien für den Arzt und Zahnarzt für die Betreuung von Diabetes-Patienten erstellt. Demnach soll der Allgemeinarzt Diabetes-Patienten über ihr erhöhtes Parodontitisrisiko aufklären.

     

    Eine parodontale Grunduntersuchung (PGU) sowie regelmäßige Überweisungen zur parodontalen Begutachtung sind notwendig. Oft haben Diabetes-Patienten bereits einen Zahnverlust durch Parodontitis erlitten, weswegen die Überweisung zum Zahnarzt auch wegen der Herstellung eines adäquaten Zahnersatzes ‒ und damit zur Aufrechterhaltung der Mastikation ‒ erfolgen soll.

     

    Zahnärzte sollten Patienten mit einer Diabeteserkrankung über das erhöhte Parodontitisrisiko aufklären. Außerdem sollten sie diese Patienten über die möglicherweise schwieriger zu erzielende gute Blutzuckereinstellung und das höhere Risiko von diabetischen Folgeerkrankungen informieren. Bei Erhebung von PGU-Grad 3 oder 4 sollte eine umfassendere parodontale Untersuchung mit entsprechender Therapie erfolgen. Haben Patienten mit einer Diabeteserkrankung bereits einen Zahnverlust durch Parodontitis erlitten, ist es die Aufgabe des Zahnmediziners, für einen adäquaten Zahnersatz zu sorgen.

     

    Eine Anleitung, wie die Mundhygiene durchzuführen ist, hilft eine bei Diabetespatienten häufig auftretende Mundtrockenheit zu vermeiden. Es hilft, wenn Zahnmediziner entsprechende Produkte empfehlen können. Mundtrockenheit, Mundbrennen, Pilzinfektionen oder gestörte Wundheilung sollten evaluiert werden und bei Verdacht auf Diabetes eine Zuweisung zum Spezialisten erfolgen. [2]

     

    „Für diabetische Kinder gibt es zwar wenige Daten, es wird aber ein jährliches orales Screening ab sechs bis sieben Jahren empfohlen“, erklärt Dr. Hady Haririan, MSc, Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Wien. [3]

     

    PRAXISHINWEIS | Unter www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de finden Patienten, Zahnärzte und Ärzte Informationen zu Zusammenhängen und Auswirkungen von Parodontitis und Diabetes. Dort steht im Service-Bereich auch umfangreiches Informationsmaterial für Zahnärzte und Patienten zur Verfügung.

     

    Quellen

    • [1] Fachpressekonferenz der DGZMK, Frankfurt/Main, 8. November 2013
    • [2] Diabetes und Parodontitis ‒ eine verhängnisvolle Affäre. ZahnArzt 2013 (11)
    • [3] Praxistag St. Pölten am 14. September 2013
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 6 | ID 42493055