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  • 19.03.2025 · IWW-Abrufnummer 247135

    Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 06.03.2025 – 12 U 75/24

    1. Solange das Bestehen des Haftpflichtanspruchs nicht rechtskräftig festgestellt ist, kann der Versicherungsnehmer gegen den Haftpflichtversicherer im vorweggenommenen Deckungsprozess auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung bedingungsgemäßen Deckungsschutzes klagen.

    2. Die streitige Frage, ob der Haftpflichtversicherer wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens leistungsfrei ist, kann im vorweggenommenen Deckungsprozess nicht entschieden werden. Auch insoweit gilt der Vorrang des Haftpflichtprozesses.


    Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 06.03.2025, Az. 12 U 75/24

    Tenor:

    I.
    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 03.05.2024, Az. 2 O 216/22, unter Aufrechterhaltung der Kostenentscheidung wie folgt abgeändert:

    1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag Versicherungsnummer ... zwischen der Klägerin und der Beklagten dem mitversicherten Sohn der Klägerin, M. E., bedingungsgemäßen Deckungsschutz für das Schadenereignis vom 01.01.2020 gegen 01:55 Uhr in der Tiefgarage des Anwesens E-Passage 21/23, H. zu gewähren hat.

    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II.
    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    III.
    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    IV.
    Dieses und das angegriffene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    V.
    Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

    Beschluss

    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und auch für das erstinstanzliche Verfahren - insoweit in Abänderung des Beschlusses vom 03.05.2024 - auf "bis 125.000,00 EUR" festgesetzt.

    Gründe
    I.

    Die Klägerin (A. Versicherung) begehrt von der Beklagten Leistung aus einer Familienhaftpflichtversicherung.

    Die Parteien sind seit dem 07.10.2014 unter der Versicherungsnummer ... über eine Privathaftpflichtversicherung mit der Versicherungsform "Familie", der Leistungsvariante "Komfort" und einer Deckungssumme von 12,5 Millionen Euro ohne Selbstbeteiligung verbunden. Mitversichert in der Versicherungsform "Familie" sind minderjährige unverheiratete Kinder (vgl. Versicherungsschein sowie Ziff. 2.1.1.3 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für den A. Haftpflicht-Schutz). Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AHB 2009) der Beklagten zugrunde (im Folgenden: AHB). Diese lauten auszugsweise wie folgt:

    1 Gegenstand der Versicherung, Versicherungsfall

    1.1 Versicherungsschutz besteht im Rahmen des versicherten Risikos für den Fall, dass Sie wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses (Versicherungsfall), das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hatte, aufgrund

    gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts

    von einem Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Schadenereignis ist das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadenereignis geführt hat, kommt es nicht an.

    (...)

    5 Leistungen der Versicherung

    5.1 Der Versicherungsschutz umfasst die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche und Ihre Freistellung von berechtigten Schadenersatzverpflichtungen. Berechtigt sind Schadenersatzverpflichtungen dann, wenn Sie aufgrund eines Gesetzes, rechtskräftigen Urteils, Anerkenntnisses oder Vergleichs zur Entschädigung verpflichtet sind und die A. hierdurch gebunden ist. Anerkenntnisse und Vergleiche, die von Ihnen ohne Zustimmung der A. abgegeben oder geschlossen worden sind, binden die A. nur, soweit der Anspruch auch ohne Anerkenntnis oder Vergleich bestanden hätte.

    Ist Ihre Schadenersatzverpflichtung mit bindender Wirkung für die A. festgestellt, hat die A. Sie binnen zwei Wochen vom Anspruch des Dritten freizustellen.

    (...)

    7 Ausschlüsse

    Falls im Versicherungsschein oder in seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen:

    7.1 Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.

    (...)

    25 Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls

    25.1 Jeder Versicherungsfall ist der A. unverzüglich anzuzeigen, auch wenn noch keine Schadenersatzansprüche erhoben wurden.

    25.2 Sie müssen nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens sorgen. Weisungen der A. sind dabei zu befolgen, soweit es für Sie zumutbar ist. Sie haben der A. ausführliche und wahrheitsgemäße Schadenberichte zu erstatten und sie bei der Schadenermittlung und -regulierung zu unterstützen. Alle Umstände, die nach Ansicht der A. für die Bearbeitung des Schadens wichtig sind, müssen mitgeteilt sowie alle dafür angeforderten Schriftstücke übersandt werden.

    25.3 Wird gegen Sie ein Haftpflichtanspruch erhoben, ein staatsanwaltschaftliches, behördliches oder gerichtliches Verfahren eingeleitet, ein Mahnbescheid erlassen oder Ihnen gerichtlich der Streit verkündet, haben Sie dies ebenfalls unverzüglich anzuzeigen.

    (...)

    26 Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten

    (...)

    26.2 Wird eine Obliegenheit aus diesem Vertrag vorsätzlich verletzt, verlieren Sie Ihren Versicherungsschutz. Bei grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit ist die A. berechtigt, ihre Leistung in einem der Schwere Ihres Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

    Der vollständige oder teilweise Wegfall des Versicherungsschutzes hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass die A. Sie durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

    Weisen Sie nach, dass Sie die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt haben, bleibt der Versicherungsschutz bestehen. Der Versicherungsschutz bleibt auch bestehen, wenn Sie nachweisen, dass die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der der A. obliegenden Leistung ursächlich war. Das gilt nicht, wenn Sie die Obliegenheit arglistig verletzt haben. Die vorstehenden Bestimmungen gelten unabhängig davon, ob die A. ein ihr nach Ziffer 26.1 zustehendes Kündigungsrecht ausübt.

    27 Mitversicherte Personen

    Erstreckt sich die Versicherung auch auf Haftpflichtansprüche gegen andere Personen als Sie, den Versicherungsnehmer, selbst, sind alle für Sie geltenden Bestimmungen auf die Mitversicherten entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen über die Vorsorgeversicherung (Ziffer 4) gelten nicht, wenn das neue Risiko nur in der Person eines Mitversicherten entsteht.

    27.2 Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht ausschließlich Ihnen zu. Sie sind neben den Mitversicherten für die Erfüllung der Obliegenheiten verantwortlich.

    Der Sohn der Klägerin, M. E., wurde am 21.08.2003 geboren. Am 01.01.2020 war er 16 Jahre alt und wohnte bei der Klägerin.

    Am 01.01.2020 gegen 01:55 Uhr kam es im Rahmen einer Silvesterfeier in der Tiefgarage des Anwesens E-Passage 21/23 in H. zu einem Brandereignis. In der Tiefgarage befanden sich an den Längsseiten der Fahrbahn jeweils Privatgaragen, die zur Fahrbahn hin durch blickdichte Metalltore und untereinander durch Maschendrahtzaun abgegrenzt waren (vgl. Lichtbilder der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Heidelberg, Az. 6 Ls 301 Js 155/20 jug., dort S. 963 ff.; im Folgenden: Strafakte). Der Brand entstand an einem Reifenstapel und einem Kleinkraftrad in der Privatgarage Nr. 198 und weitete sich auf benachbarte Garagen aus, bevor er gelöscht werden konnte.

    Am 16.01.2020 wurde die Wohnung der Klägerin strafrechtlich durchsucht, weil der Verdacht bestand, dass ihr Sohn den Brand in der Tiefgarage verursacht hatte. Der Sohn der Klägerin wurde bei der Durchsuchung fest- und in Untersuchungshaft genommen (Strafakte S. 397 ff.).

    Am 06.02.2020 meldete die Klägerin der Beklagten telefonisch den Schadensfall und die Beklagte teilte der Klägerin per SMS die Schadennummer ... mit. Mit Schreiben vom selben Tag forderte die Beklagte weitere Informationen bei der Klägerin an. Namentlich sollte die Klägerin das dem Schreiben beiliegende Formular "Haftpflicht-Schadenanzeige" vollständig ausfüllen und unterschrieben zurücksenden. Das Formular "Haftpflicht-Schadenanzeige" enthielt folgenden Hinweis über die Folgen bei Verletzungen von Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall:

    Leistungsfreiheit

    Verstoßen Sie vorsätzlich gegen die Obliegenheit zur Auskunft, Aufklärung oder Vorlage von Belegen, verlieren Sie Ihren Anspruch auf die Versicherungsleistung. Verstoßen Sie grob fahrlässig gegen diese Obliegenheiten, können wir unsere Leistung im Verhältnis zur Schwere Ihres Verschuldens - ggf. bis zum vollständigen Anspruchsverlust - kürzen. Eine Kürzung erfolgt nicht, wenn Sie nachweisen, dass Sie die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt haben.

    Trotz Verletzung Ihrer Obliegenheiten zur Auskunft, Aufklärung oder Vorlage von Belegen bleiben wir jedoch insoweit zur Leistung verpflichtet, als Sie nachweisen, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war.

    Verletzen Sie die Obliegenheit zur Auskunft, Aufklärung oder Vorlage von Belegen arglistig, werden wir in jedem Fall von unserer Verpflichtung zur Leistung frei.

    Hinweis

    Wenn das Recht auf die vertragliche Leistung nicht Ihnen, sondern einem Dritten zusteht, ist auch dieser zur Auskunft, Aufklärung und Vorlage von Belegen verpflichtet.

    Am 07.02.2020 erhob die Staatsanwaltschaft Heidelberg Anklage wegen vorsätzlicher schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung (Strafakte S. 1131ff.).

    Am 02.04.2020 ging der Beklagten die Antwort der Klägerin auf ihre Anfrage vom 06.02.2020 zu. Die Klägerin hatte das Formular "Haftpflicht-Schadenanzeige" undatiert und bis auf den handschriftlichen Zusatz "siehe Anklageschrift" unausgefüllt gelassen; die Anklageschrift war beigefügt.

    Mit Schreiben vom 17.04.2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe die Schadenanzeige erhalten, werde aber den Ausgang des Strafverfahrens abwarten, bevor sie eine Entscheidung über den beantragten Versicherungsschutz treffen werde. Die Staatsanwaltschaft lege dem Sohn der Klägerin eine vorsätzliche Begehungsweise zur Last. Sollte sich dieser Tatvorwurf betätigen, sei die Beklagte von der Leistung frei.

    Mit Strafurteil des Amtsgerichts Heidelberg - Jugendschöffengericht - vom 01.07.2020, rechtskräftig seit 11.11.2020 (Anlage K2; Strafakte, S. 1717 ff.), wurde der Sohn der Klägerin wegen fahrlässiger Brandstiftung zu einer Jugendstrafe verurteilt. Das Amtsgericht Heidelberg legte der Verurteilung zugrunde, dass der Sohn der Klägerin am 01.01.2020 gegen 01:55 Uhr in der Tiefgarage des Anwesens E-Passage 21/23 in fahrlässiger Weise eine Feuerwerksrakete verschossen habe, die unter einem der Garagentore durchgeflogen sei und die dort befindlichen Sachen in Brand gesetzt habe. Die Klägerin informierte die Beklagte mit Schreiben vom 24.09.2020 über den Abschluss des Strafverfahrens und wandte sich mit Anwaltsschreiben vom 09.12.2020 erneut mit der Bitte um Deckungszusage unter Fristsetzung bis 20.12.2020 an die Beklagte. Diese wies die Deckungsanfrage mit der Begründung zurück, sie sei leistungsfrei, weil der Sohn der Klägerin zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt habe.

    Aufgrund des Brandereignisses machte die R Versicherung AG mit Schreiben vom 01.07.2020 wegen eines Schadens der H. eine Forderung in Höhe von 16.547,48 EUR geltend und die B Versicherung AG erhob mit Schreiben vom 10.09.2020 wegen eines Schadens am Fahrzeug der Y. eine Forderung über 5.280,00 EUR. Die R Versicherung AG hat inzwischen Klage gegen den Sohn der Klägerin erhoben (Landgericht Heidelberg, 8 O 228/23). In diesem Verfahren ist die Beklagte auf Seiten des Sohnes der Klägerin beigetreten und hat dort im Innenverhältnis Weisungen erteilt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Gegenüber dem Kaskoversicherer (B Versicherung AG) verzichtete die Beklagte auf die Einrede der Verjährung bis zum Abschluss des hiesigen Rechtsstreits. Im November 2023 hat die B Versicherung AG auch als Gebäudeversicherer eine Schadensersatzforderung geltend gemacht und mitgeteilt, sie habe mit Stand vom 14.11.2023 bereits 125.693,96 EUR bezahlt und eine "Reserve" von 166.700,00 EUR vorbehalten.

    Die Klägerin hat behauptet, ihr Sohn habe den Brand fahrlässig verursacht. Der Schadenfall sei der Beklagten unverzüglich gemeldet worden und sie habe die Beklagte stets zeitnah und vollständig informiert. Erst am 16.01.2020 - bei der Durchsuchung und vorläufigen Festnahme ihres Sohnes - habe sie, die Klägerin, Kenntnis von dem Verdacht gegen ihren Sohn erlangt. Hiernach sei es ihr wegen des Beschränkungsbeschlusses gemäß § 119 StPO verboten gewesen, mit ihrem Sohn über den streitgegenständlichen Sachverhalt zu sprechen. Wegen einer Nachfrage des Verteidigers ihres Sohnes, ob eine Haftpflichtversicherung bestünde, habe sie die Beklagte angerufen. Weitere Informationen als die in der Anklageschrift enthaltenen habe sie nicht gehabt. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte weitergehende Auskünfte zum Anlass für weitere Ermittlungen genommen hätte.

    Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

    1.
    Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag Versicherungsnummer ... zwischen der Klägerin und der Beklagten dem mitversicherten Sohn der Klägerin, M. E., Deckungsschutz für das Schadenereignis vom 01.01.2020 gegen 01:55 Uhr in der Tiefgarage des Anwesens E-Passage 21/23, H., zu gewähren hat.

    2.
    Die Beklagte wird verurteilt, für den Brandschadensfall vom 01.01.2020 gegen 01:55 Uhr in der Tiefgarage des Anwesens E-Passage 21/23, H. den mitversicherten Sohn der Klägerin, Herrn M. E. hinsichtlich folgender Forderungen freizustellen mit der Maßgabe, dass der Beklagten auch die Abwehr der jeweiligen Ansprüche möglich ist:

    a)
    5.280,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2021 gegenüber der B Versicherung zu Az: ... auf den Brandschaden der Frau Y. vom 01.01.2020;

    b)
    16.547,48 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2021 gegenüber der R Versicherung AG zu Az: ... auf den Kaskoschaden der H., Kennzeichen ... vom 01.01.2020.

    3.
    Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in Höhe von 1.436,57 EUR von den Rechtsanwaltsgebühren freizustellen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Sohn der Klägerin den Brand verursacht habe. Ungeachtet dessen könne dieser für den Schaden nicht haftbar gemacht werden, weil er aufgrund einer schweren Alkoholisierung nicht deliktsfähig gewesen sei. Soweit seine Einsichtsfähigkeit noch erhalten gewesen sei, habe er vorsätzlich gehandelt, was zur Leistungsfreiheit der Beklagten führe. Zudem sei die Beklagte wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeige- und Auskunftsobliegenheiten leistungsfrei. Der Klägerin sei es spätestens am 16.01.2020 möglich gewesen, der Beklagten den Schaden zu melden. Durch die verspätete Meldung sei der Beklagten die Möglichkeit eigener Ermittlungen am Brandort genommen worden. Diese Feststellungen seien auch nicht durch die Strafverfolgungsbehörden in einem Ausmaß getroffen worden, dass eigene Ermittlungen der Beklagten entbehrlich gewesen wären. Insbesondere habe die Beklagte keine Ermittlungen zur alkohol- und rauschmittelbedingten Schuldunfähigkeit, zu den einschlägigen Vorstrafen des Sohnes der Klägerin, zur Schadenhöhe und zu Regressansprüchen tätigen können. Aufgrund der Übersendung der Anklageschrift mit dem Tatvorwurf der vorsätzlichen Begehungsweise habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass die Klägerin eine vorsätzliche Begehungsweise anzeige.

    Das Landgericht hat nach umfangreicher Beweiserhebung festgestellt, dass die Beklagte aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag Versicherungsnummer ... zwischen der Klägerin und der Beklagten dem mitversicherten Sohn der Klägerin, M. E., Deckungsschutz für das Schadenereignis vom 01.01.2020 gegen 01:55 Uhr in der Tiefgarage des Anwesens E-Passage 21/23, H. zu gewähren hat. Außerdem hat es die Beklagte dazu verurteilt, die Klägerin in Höhe von 1.142,14 EUR von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren freizustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

    Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es sei aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Sohn der Klägerin für den Brand verantwortlich sei. Ob er dabei deliktsfähig gewesen sei, sei für den Versicherungsfall ohne Bedeutung. Ein vorsätzliches Handeln habe die insoweit beweisbelastete Beklagte nicht nachgewiesen. Deren Leistungspflicht sei auch nicht wegen grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen und vollständigen Schadensanzeige (Ziff. 25-27 AHB) ausgeschlossen oder eingeschränkt. Die Klägerin habe bei der Verhaftung ihres Sohnes am 15.01. oder 16.01.2020 erstmals vom Vorwurf der Brandstiftung erfahren und den Schadensfall telefonisch am 06.02.2020 bei der Beklagten angezeigt. Das sei noch "unverzüglich" im Sinne von Ziff. 25.1 AHB. Zudem wäre ein etwaiger geringfügiger Verzug mit der Anzeigepflicht weder als vorsätzlich noch als grob fahrlässig zu bewerten. Es erscheine plausibel, dass sich die Klägerin erst auf die entsprechende Frage des Verteidigers an die Beklagte gewandt habe. Auch dem Sohn der Klägerin sei keine schuldhafte Verletzung der Anzeige- und Aufklärungspflichten vorzuwerfen. Es sei schon unklar, ob er Kenntnis von dem Vertragsverhältnis gehabt habe; im Übrigen liege im Hinblick auf das Strafverfahren jedenfalls kein Verschulden vor. Auch eine Auskunftspflichtverletzung liege nicht vor. Dass die Klägerin das Formular der Beklagten nicht (vollständig) ausgefüllt habe, begründe keine Auskunftspflichtverletzung, weil sie mit der Übersendung der Anlageschrift alle ihr bekannten Informationen offengelegt habe. Dass sie über weitere Kenntnisse verfügt habe, sei nicht nachgewiesen worden. Eine Verzögerung der Auskunftserteilung könne der Klägerin schon deshalb nicht angelastet werden, weil sie über etwaige negative Folgen einer verzögerten Auskunftserteilung nicht hingewiesen worden sei. Überdies habe die Beklagte schon nicht vorgetragen, welche zusätzlichen Aufklärungsmaßnahmen sie bei früherer Anzeige und Auskunft ergriffen hätte.

    Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie bestreitet weiterhin den Eintritt des Versicherungsfalles und macht geltend, sie sei auch wegen einer Verletzung der Anzeigepflicht leistungsfrei.

    Die Beweisaufnahme in erster Instanz habe nicht ergeben, dass eine vom Sohn der Klägerin verschossene Feuerwerksrakete den Brand ausgelöst habe, sondern nur, dass verschiedene "Böller" in der Tiefgarage gezündet worden seien. Zudem sei nicht geklärt worden, ob der Sohn der Klägerin trotz Alkoholisierung deliktsfähig gewesen sei. Jedenfalls aber habe er vorsätzlich gehandelt. Die Frage des Vorsatzes sei auch im vorweggenommenen Deckungsprozess zu prüfen. In dem noch anhängigen Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Heidelberg müsse zwischen der vorsätzlichen und der fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls nicht entschieden werden; sollte das Landgericht insoweit überschießende Feststellungen treffen, seien diese für das Deckungsverhältnis nicht bindend. Wenn der Haftpflichtversicherer nicht bereits im vorweggenommenen Deckungsprozess den Einwand der vorsätzlichen Herbeiführung geltend machen könnte, würde hierfür im Haftpflichtprozess erst recht keine Möglichkeit bestehen. Andernfalls müsse der vorweggenommene Deckungsprozess bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Haftungsprozesses ausgesetzt werden (§ 148 ZPO).

    Zudem greife der Leistungsausschluss nach Ziff. 25-27 AHB. Es sei schon unzutreffend, dass der Versicherungsnehmer nur das mitteilen müsse, was er wisse; vielmehr müsse er sich die erforderlichen Informationen nötigenfalls auch durch Nachfragen verschaffen. Hierzu habe die Klägerin aber nicht einmal einen Versuch unternommen. Es sei lebensfern, dass sie nicht einmal mit dem Strafverteidiger ihres Sohnes in Kontakt gestanden sei. Zudem erstrecke sich die Aufklärungsobliegenheit auch auf die versicherte Person, hier den Sohn der Klägerin.

    Durch die Verletzung der Auskunfts- und Aufklärungsobliegendheiten hätten sich die Erkenntnismöglichkeiten der Beklagten verschlechtert. Bei rechtzeitiger und vollständiger Information durch die Klägerin und deren Sohn hätte die Beklagte nicht nur die Alkoholisierung des Sohnes ermitteln können, sondern auch evtl. als Gesamtschuldner in Betracht kommende Dritte sowie Zeugen. Die Beklagte hätte zeitnah nach dem Vorgang die Zeugen des Vorgangs befragt; inzwischen beriefen diese sich auf Erinnerungslücken. Zudem hätte die Beklagte bei frühzeitigen Angaben zur Schadenshöhe den Sachschaden vor dessen Beseitigung begutachten lassen können. Zudem habe sich für die Beklagte keine Notwendigkeit für eigene Ermittlungen ergeben, weil sie auf Grundlage der Anklageschrift von einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls habe ausgehen dürfen.

    Mangels Hauptanspruchs seien auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht zu erstatten.

    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heidelberg vom 03.05.2024, Az. 2 O 216/22, die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen,

    und verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Es werde weiterhin bestritten, dass der Sohn der Klägerin vorsätzlich gehandelt habe. Selbst wenn man - entgegen dem erstinstanzlichen Urteil - davon ausgehe, dass wegen Vorsatzes kein Versicherungsfall eingetreten sei, habe die Beklagte Versicherungsschutz zur Forderungsabwehr zu gewähren. Die Anzeige - und Aufklärungsobliegenheiten habe sie nicht, jedenfalls nicht schuldhaft, verletzt; ungeachtet dessen fehle es an der Kausalität einer etwaigen Obliegenheitsverletzung für die Feststellung des Versicherungsfalls oder für die Feststellung oder den Umfang der der Beklagten obliegenden Leistung.

    Der Senat hat mit Verfügung vom 07.01.2025 rechtliche Hinweise erteilt und mit Beschluss vom 16.01.2025 mit Zustimmung der Parteien in das schriftliche Verfahren übergeleitet.

    II.

    Die Berufung ist zulässig, aber nur wegen der Nebenforderung begründet.

    1. Die Klage ist zulässig.

    a. Der Feststellungsantrag nach Ziffer 1, dem das Landgericht stattgegeben hat, ist als vorweggenommene Deckungsklage zulässig.

    Im Haftpflichtversicherungsrecht kann der Versicherungsnehmer im Allgemeinen vom Versicherer nicht Befriedigung des Haftpflichtgläubigers verlangen. Dem Haftpflichtversicherer steht es vielmehr frei, ob er die gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Haftpflichtansprüche erfüllen oder den Versuch einer Abwehr dieser Ansprüche machen will. Selbst eine Klage auf Befreiung von der Haftpflichtverbindlichkeit, d.h. also auf Befriedigung des Haftpflichtgläubigers, kommt demnach in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist (vgl. Ziff. 5.1 Satz 2 AHB; § 106 Satz 1 VVG). Solange dies - wie hier - nicht der Fall ist, klagt der Versicherungsnehmer richtigerweise auf Feststellung, dass der Versicherer wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe (Senat, Urteil vom 24.03.2005 - 12 U 432/04, juris Rn. 15).

    Die Klägerin hat auch ein Feststellungsinteresse (vgl. dazu OLG Naumburg, Urteil vom 25.07.2013 - 2 U 23/13, juris Rn. 32ff.). Die Beklagte ist zwar im Haftpflichtprozess auf Seiten des Sohnes der Klägerin beigetreten, negiert aber gleichzeitig - auch durch die vorliegende Berufung - ihre Einstandspflicht (vgl. BGH, Beschluss vom 22.07.2009 - IV ZR 265/06).

    b. Die Klägerin ist auch zur Geltendmachung des Deckungsanspruchs befugt.

    Allerdings steht der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag nicht der Klägerin zu, sondern ihrem Sohn als mitversicherter Person. Die Einbeziehung weiterer Personen in den Versicherungsschutz - hier in Form der Familien-Haftpflichtversicherung - begründet eine Versicherung für fremde Rechnung i.S.v. § 43 Abs. 1 VVG. Die mitversicherte Person erwirbt deshalb einen eigenen Versicherungsanspruch (§ 44 Abs. 1 VVG). Dessen Durchsetzung bleibt aber nach Ziff. 27.2 Satz 1 AHB dem Versicherungsnehmer - hier der Klägerin - vorbehalten (dazu Lücke, in: Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl., § 27 AHB Rn. 1).

    2. Der Feststellungsantrag ist begründet, weil die Beklagte wegen des streitgegenständlichen Schadensereignisses zur Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche und zur Freistellung von berechtigten Schadenersatzverpflichtungen verpflichtet ist (Ziff. 5.1 Satz 1 AHB; § 100 VVG). Nur zur Klarstellung war hinzuzufügen, dass die Beklagte "bedingungsgemäßen" Versicherungsschutz zu gewähren hat. Durch diesen Vorbehalt behält die Beklagte das Recht, sich in einem späteren Deckungsprozess auf Befreiung von der Haftpflichtverbindlichkeit darauf zu berufen, dass der Deckungsschutz aus anderen, aus dem Versicherungsverhältnis herrührenden Gründen, über welche vorliegend noch nicht entschieden werden kann, zu versagen ist (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 25.07.2013 - 2 U 23/13, juris Rn. 33). Dies gilt insbesondere auch für den Einwand der vorsätzlichen Herbeiführung nach Ziff. 7.1 AHB.

    a. Die Beklagte schuldet nach Ziff. 5.1 Satz 1 AHB; § 100 VVG Rechtsschutz für die Forderungsabwehr oder Freistellung wegen der Ansprüche, die von der R Versicherung AG (Klage vor dem LG Heidelberg, 8 O 228/23) und von der B Versicherung AG als Versicherer des Fahrzeugs der Y. sowie als Gebäudeversicherer gegen den Sohn der Klägerin erhoben werden. Das genügt für die Begründetheit der hier erhobenen vorweggenommenen Deckungsklage.

    Im vorweggenommenen Deckungsprozess - d.h. bei einem Deckungsprozess vor rechtskräftiger Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung, wie im vorliegenden Fall - ist grundsätzlich auf die Behauptungen des Geschädigten abzustellen und nicht über den Haftpflichtanspruch zu entscheiden (BGH, Urteil vom 15.11.2000 - IV ZR 223/99, juris Rn. 9). Die Frage, ob tatsächlich eine Schadensersatzforderung besteht, kann offen bleiben, weil der Versicherer nicht nur die Freistellung von berechtigten Forderungen, sondern - als gleichrangige Hauptleistungspflicht - auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche (Rechtsschutzverpflichtung) schuldet (BGH, Urteil vom 07.02.2007 - IV ZR 149/03, juris Rn. 12f.; BGH, Urteil vom 10.01.2019 - IX ZR 89/18, juris Rn. 16). Somit hat der Versicherte einen fälligen Anspruch auf Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz bereits dann, wenn er von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Haftpflichtanspruch begründet ist oder nicht (Senat, Urteil vom 24.03.2005 - 12 U 432/04, juris Rn. 18; OLG Naumburg, Urteil vom 25.07.2013 - 2 U 23/13, juris Rn. 33).

    Die Behauptungen der Geschädigten unterstellt, ist der Versicherungsfall nach Ziff. 1 AHB eingetreten: Es werden deliktische Schadensersatzforderungen geltend gemacht, das Schadensereignis fällt - unstreitig - zeitlich in den Deckungsschutz und ebenso unstreitig ist der zum Schadensereignis minderjährige Sohn der Klägerin nach Ziff. 2.1.1.3 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für den A. Haftpflicht-Schutz mitversichert.

    b. Auf die zwischen den Parteien umstrittenen Tatfragen kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an.

    aa. Das gilt zunächst für die zwischen den Parteien umstrittenen Fragen, ob der Sohn der Klägerin den Schaden verursacht hat und ob er aufgrund starker Alkoholisierung deliktsunfähig war.

    Der objektive Handlungsablauf und die Deliktsfähigkeit der versicherten Person (vgl. dazu OLG Naumburg, Urteil vom 25.07.2013 - 2 U 23/13, juris Rn. 5-7; 33) sind nicht im vorweggenommenen Deckungsprozess, sondern in dem vom Geschädigten anzustrengenden Haftpflichtprozess zu klären. Insoweit besteht Voraussetzungsidentität, was die Bindungswirkung der im Haftpflichtprozess getroffenen Feststellungen für den Deckungsprozess nach sich zieht. Die Bindungswirkung sichert den Gleichlauf zwischen Haftpflicht- und Deckungsverhältnis und verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zu Grunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können (BGH, Urteil vom 24.01.2007 - IV ZR 208/03 juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 18.02.2004 - IV ZR 126/02, juris Rn. 10; st. Rspr.). Soweit diskutiert wird, ob das hergebrachte Konzept der Bindungswirkung durch die Einführung des § 106 VVG zum 01.01.2008 in Frage gestellt wurde (dazu Littbarski, in: Langheid/Wandt, Münchener Kommentar - VVG, 3. Aufl, § 106 Rn. 20-27; Langheid, in: Langheid/Rixecker, VVG, 7. Aufl., § 100 Rn. 35f.), betrifft das die vorliegende Konstellation nicht.

    bb. Für den inneren Tatbestand - hier insbesondere die Frage des Vorsatzes - gilt im Ergebnis nichts Anderes.

    (1) Allerdings unterscheidet sich insoweit die rechtliche Ausgangslage in zweifacher Hinsicht.

    Zum einen schuldet der Versicherer für vorsätzlich herbeigeführte Schäden grundsätzlich weder Rechtsschutz- noch Freistellungsleistungen, weil dafür der Ausschlusstatbestand der Ziff. 7.1 AHB bzw. § 103 VVG eingreift. Zum anderen wird die Schuldform im Haftpflichtprozess häufig nicht geklärt, weil viele Haftungsnormen nicht zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz unterscheiden; soweit das Gericht hierzu überschüssige Feststellungen trifft, entfaltet dies im Deckungsverhältnis keine Bindungswirkung (BGH, Urteil vom 24.01.2007 - IV ZR 208/03 juris Rn. 8; Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 10. Aufl., § 106 Rn. 23; Lücke, in: Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl., § 100 Rn. 60).

    (2) Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass die Frage des Vorsatzes im vorweggenommenen Deckungsprozess zu klären wäre.

    Dagegen spricht, dass die Schuldform im Haftpflichtprozess nicht immer offen bleiben kann. Sie bedarf etwa der Klärung, wenn die maßgebliche Anspruchsgrundlage vorsätzliches Handeln voraussetzt, wie § 826 BGB, oder wenn die Bemessung der Forderungshöhe davon abhängig ist, wie beim Schmerzensgeld. In solchen Fällen sind die Feststellungen zum Vorsatz im Haftpflichtprozess auch für das Deckungsverhältnis verbindlich (BGH, Urteil vom 30.09.1992 - IV ZR 314/91, juris Rn. 12; Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 10. Aufl., § 106 Rn. 26). Deshalb wird in der Literatur - soweit die Frage behandelt wird - die Auffassung vertreten, dass auch über Risikoausschlüsse, deren Voraussetzungen (potentiell) auch im Haftpflichtprozess zu überprüfen sind, erst in einem nachfolgenden Deckungsprozess entschieden werden kann (Langheid, in: Langheid/Rixecker, VVG, 7. Aufl., § 100 Rn. 33 a.E.; Langheid/Müller-Frank, NJW 2014, 2323, 2325; Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 10. Aufl., § 100 Rn. 45f.; vgl. auch a.a.O. Rn. 167: "innere und äußere Tatsachen").

    Offen bleibt dabei, ob der Vorrang des Haftpflichtprozesses auch dann gelten soll, wenn nicht mit einer Klärung der Schuldform zu rechnen ist, weil im Haftpflichtprozess kein Tatbestand in Frage steht, der Vorsatz voraussetzt. So liegt der Fall hier, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, inwiefern es im Haftpflichtprozess (LG Heidelberg, 8 O 228/23) auf den Vorsatz ankommen sollte. Die Frage kann indes dahinstehen, denn der Prüfung der Schuldform im vorweggenommenen Deckungsprozess steht noch ein weiteres - hier entscheidendes - Hindernis entgegen.

    Eine isolierte Entscheidung über die Schuldform ist regelmäßig nicht möglich. Um zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Begehung entscheiden zu können, muss auch der objektive Tatablauf geklärt werden, denn vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Handelnde auch die (tatsächlich eingetretenen) Folgen der Schädigungshandlung zumindest in groben Umrissen voraussehen konnte und ihren Eintritt wenigstens billigend in Kauf genommen hat (Senat, Urteil vom 24.03.2005 - 12 U 432/04, juris Rn. 19; Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 10. Aufl., § 103 Rn. 33 m. Nachw.). Die Klärung des objektiven Tatablaufs ist aber, wie ausgeführt, dem Haftpflichtprozess vorbehalten. Gerade im vorliegenden Fall ist nicht nur die Täterschaft umstritten, sondern es stehen auch weitere, auch für den Vorsatz bedeutsame Fragen des objektiven Tathergangs in Streit. Eine Entscheidung über die Schuldform im vorweggenommenen Deckungsprozess, die auf Feststellungen zum umstrittenen Tathergang beruht, würde dem Haftpflichtprozess vorgreifen und könnte bei abweichender Beurteilung dessen Bindungswirkung unterlaufen.

    (3) Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Verlagerung der Prüfung in den nachfolgenden Deckungsprozess dazu führt, dass der Versicherer Abwehrdeckung im Haftpflichtprozess gewähren muss, obwohl er davon ausgeht, hierzu nicht verpflichtet zu sein.

    Diese für den Versicherer ungünstige Position ist die Konsequenz aus dem umfassenden Rechtsschutzversprechen, das er vertraglich übernommen hat und das auch dann eingreift, wenn eine Kollision zwischen den Interessen des Versicherten und denen des Versicherers nicht zu vermeiden ist. In diesem Fall muss der Versicherer seine eigenen Interessen hintanstellen. Selbst wenn der Versicherer überzeugt ist, dass die versicherte Person vorsätzlich gehandelt und damit die Voraussetzung des Risikoausschlusses erfüllt hat, ist er gehalten, den Haftpflichtprozess zu führen und dabei auch Tatsachen zu dem vom Kläger behaupteten Vorsatzausschließungsgrund vorzutragen (BGH, Urteil vom 30.09.1992 - IV ZR 314/91, juris Rn. 17, 20). Der Versicherer kann seine Position verbessern, indem er einen Vorbehalt erklärt, um die rückblickend ggf. ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB vom Versicherungsnehmer zurückverlangen zu können (Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 10. Aufl., § 100 Rn. 45f.).

    (4) Ebensowenig verkennt der Senat, dass der Bundesgerichtshof für die Rechtsschutzversicherung entschieden hat, dass die Frage des Vorsatzes im Hinblick auf einen entsprechenden Haftungsausschluss in den Versicherungsbedingungen im (vorausgehenden) Deckungsprozess zu klären ist (BGH, Urteil vom 20.05.2021 - IV ZR 324/19). Der Bundesgerichtshof hat dabei ausdrücklich klargestellt, dass ein Vergleich zwischen Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherung insoweit fehl geht, weil es in der Rechtsschutzversicherung - anders als in der Haftpflichtversicherung - keine Bindungswirkung an das Ergebnis des Hauptprozesses gibt und sich die Interessen der Vertragsparteien deshalb nicht gleichen (BGH, a.a.O. Rn. 36f.).

    Das wurde nicht berücksichtigt, soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung ein Ausschlusstatbestand wegen Vorsatzes bzw. wissentlicher Pflichtverletzung im vorweggenommenen Deckungsprozess unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.05.2021 (OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.12.2021 - 4 U 252/20, juris Rn. 65) oder ohne weitere Begründung geprüft wurde (den Ausschlusstatbestand bejahend OLG Köln, Beschluss vom 03.06.2015 - 9 U 176/14, juris Rn. 19ff.; den Ausschlusstatbestand verneinend OLG Celle, Urteil vom 13.12.2018 - 8 U 142/18, juris Rn. 151-154 (Bootsversicherung); OLG München, Urteil vom 29.02.2012 - 7 U 2903/10, juris Rn. 70, 75 (Transportversicherung); Senat, Urteil vom 24.03.2005 - 12 U 432/04, juris Rn. 19; vgl. außerdem BGH, Urteil vom 24.07.2012 - IV ZR 110/12, juris Rn. 9). Diesen Entscheidungen stehen andere gegenüber, in denen - ebenfalls ohne eingehende Begründung - die Prüfung des Vorsatzes dem Haftpflichtprozess zugewiesen wurde (OLG Naumburg, Urteil vom 25.07.2013 - 2 U 23/13, juris Rn. 43; vgl. auch die Nachweise bei Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 10. Aufl., § 100 Rn. 45 Fn. 112, welche allerdings die D&O-Versicherung bei abweichender Bedingungslage betreffen).

    (5) Eine Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss des Haftpflichtprozesses (§ 148 ZPO) kommt nicht in Betracht.

    Der vorweggenommene Deckungsprozess ist - wie oben aufgeführt - das statthafte Mittel, mit dem der Versicherungsnehmer die grundsätzliche Einstandspflicht des Versicherers, auch für die Abwehrdeckung, einer gerichtlichen Klärung zuführen kann. Soweit das Deckungsverhältnis von Fragen abhängt, die im Haftpflichtprozess zu klären sind, bleiben diese vom Prüfungsumfang des vorweggenommenen Deckungsprozesses ausgenommen. Eine Aussetzung nach § 148 ZPO würde dazu führen, dass sich der Versicherer der geschuldeten Abwehrdeckung entziehen könnte.

    c. Der Anspruch ist nicht nach Ziff. 26.2 AHB wegen Verletzung einer Obliegenheit ausgeschlossen oder eingeschränkt, weil die Beklagte nicht dargelegt hat, inwiefern etwaige Obliegenheitsverletzungen für die Feststellung des Versicherungsfalls, für die Feststellung der geschuldeten Leistung oder deren Umfang ursächlich geworden sein sollten.

    aa. Die Beklagte wirft der Klägerin - und im Hinblick auf Ziffer 27 AHB auch deren Sohn - Verletzungen der Anzeige- und Aufklärungsobliegenheiten vor: Der Versicherungsfall (Ziff. 25.1 AHB) und die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen (Ziff. 25.3 AHB) seien zu spät angezeigt worden; zudem seien nicht alle Umstände, die für die Bearbeitung des Schadens wichtig gewesen seien, mitgeteilt worden (Ziff. 25.2 AHB).

    Solche Obliegenheitsverletzungen können nach Ziff. 26.2 Sätze 1 bis 3 AHB zum Ausschluss oder zur Kürzung des Versicherungsschutzes führen, wenn dem Versicherungsnehmer mindestens grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann im vorliegenden Fall indes offen bleiben, weil der Einwand der fehlenden Kausalität durchgreift.

    bb. Nach Ziff. 26.2 Satz 5 AHB bleibt der Versicherungsschutz auch im Fall einer - hier unterstellten - Obliegenheitsverletzung bestehen, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der der A. obliegenden Leistung ursächlich war.

    Diese Bestimmung eröffnet die Möglichkeit eines Kausalitätsgegenbeweises, der vom Versicherungsnehmer zu erbringen ist (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl., § 38 VVG Rn. 258, 249). Dieser kann den negativen Beweis aber praktisch nur so führen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt, die der Versicherungsnehmer dann ebenfalls zu widerlegen hat. Der Versicherer muss dazu die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzeigen, indem er zum Beispiel vorträgt, welche Maßnahmen er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit getroffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte (BGH, Urteil vom 04.04.2001 - IV ZR 63/00, juris Rn. 9). Ist der Versicherungsfall - wie hier - auch Gegenstand einer strafrechtlichen Ermittlung, genügt der Versicherer seiner sekundären Darlegungslast zur Kausalität nicht allein mit der Behauptung, infolge der Obliegenheitsverletzung eigene Erkenntnismöglichkeiten verloren zu haben. Denn insoweit genügt nicht ein irgendwie gearteter Einfluss der Obliegenheitsverletzung auf den Gang des Feststellungsverfahrens, sondern lediglich eine für den Versicherer im Ergebnis nachteilige Beeinflussung der Feststellung selbst (BGH, Urteil vom 04.04.2001 - IV ZR 63/00, juris Rn. 12; OLG Hamm, Beschluss vom 13.07.2023 - 20 U 64/22 juris Rn. 49).

    Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte insbesondere darlegen müssen, ob und inwiefern ihre Erkenntnismöglichkeiten besser gewesen wären, wenn der Versicherungsfall schon vor dem 06.02.2020 angezeigt oder wenn ihr die Anklageschrift schon vor dem 02.04.2020 übersandt worden wäre. An einer solchen Darlegung fehlt es. Soweit die Beklagte behauptet hat, sie hätte bei einer früheren oder umfassenderen Information weitere Ermittlungen tätigen können, bleibt ihr Vorbringen pauschal. Welchen Erfolg sie sich von etwaigen Ermittlungen versprochen hätte, hat sie nicht vorgetragen.

    (1) In erster Instanz hat die Beklagte geltend gemacht, sie hätte den Brandort selbst untersuchen können und Ermittlungen zur alkohol- und rauschmittelbedingten Schuldunfähigkeit, zu den einschlägigen Vorstrafen des Sohnes der Klägerin, zur Schadenhöhe und zu Regressansprüchen tätigen können.

    Dieser Vortrag lässt nicht erkennen, inwiefern die Beklagte etwaige Untersuchungen effektiver hätte vornehmen können, wenn der Schadensfall bereits früher angezeigt worden wäre. Es ist auch nicht ersichtlich, wie die Beklagte die Alkoholisierung und den Rauschmittelkonsum des Sohnes der Klägerin hätte aufklären können und welche Erkenntnisvorteile sie davon gehabt hätte, dessen Vorstrafen früher zu kennen als aus der Anklageschrift. Insgesamt bleibt offen, welchen Erfolg sich die Beklagte von eigenen Ermittlungen versprochen hätte.

    (2) In der Berufung hat die Beklagte - auf den Hinweis des Senats vom 07.01.2025 - mit Schriftsatz vom 15.01.2025 ergänzend vorgetragen, es sei nicht nur um die Alkoholisierung des Sohnes der Klägerin gegangen, sondern auch um evtl. als Gesamtschuldner neben dem Sohn der Klägerin in Betracht kommende Dritte sowie Zeugen. Die Beklagte hätte zeitnah nach dem Vorgang die Zeugen des Vorgangs befragt; inzwischen beriefen diese sich auf Erinnerungslücken. Zudem hätte die Beklagte bei frühzeitigen Angaben zur Schadenshöhe den Sachschaden vor dessen Beseitigung begutachten lassen können.

    Auch dieser Vortrag bleibt pauschal. Spätestens nach Übersendung der Anklageschrift am 02.04.2020 war die Beklagte nicht mehr an der Aufnahme eigener Ermittlungen gehindert. In der Anklageschrift ist der Schadensort genannt und die Zeugen sind aufgeführt. Dass die Zeugen bereits zu diesem Zeitpunkt Erinnerungslücken vorgegeben hätten oder die Tiefgarage bereits repariert gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Gleichwohl hat die Beklagte auch nach Übersendung der Anklageschrift keine eigenen Ermittlungen aufgenommen.

    Mit der Begründung, sie habe auf eigene Ermittlungen verzichtet, weil sie auf Grund der Anklageschrift von einer vorsätzlichen Begehung habe ausgehen dürfen, widerlegt die Beklagte gleichzeitig ihre Behauptung, sie sei daran durch eine verspätete oder unvollständige Information gehindert worden. Die Information über strafrechtliche Ermittlungen und deren Tatvorwurf gehört nach Ziffer 25.3 und 25.2 AHB zu den Anzeigeobliegenheiten. Welche Konsequenzen aus diesen Informationen zu ziehen sind, ist Sache des Versicherers. Der Beklagten war bewusst, dass die Schuldform durch die Anklage nicht festgelegt war und dass eine Anklage wegen vorsätzlicher Brandstiftung auch zur Verurteilung wegen fahrlässiger Tatbegehung führen kann. Das ergibt sich daraus, dass sie in ihrem Schreiben vom 17.04.2020 ausführt, sie wolle "zunächst den Ausgang des Strafverfahrens abwarten. Vorliegend wird derzeit von der Staatsanwaltschaft eine vorsätzliche Begehungsweise vorgeworfen. (...) Wir bitten Sie uns über den Ausgang des Strafverfahrens zu informieren und kommen sodann auf die Angelegenheit zurück." Wenn die Beklagte gleichwohl auf eigene Ermittlungen verzichtet hat, ist ein daraus etwa folgender Verlust von Erkenntnismöglichkeiten nicht dem Versicherungsnehmer anzulasten. Jedenfalls aber spricht das tatsächliche Verhalten der Beklagten und ihre Begründung dafür gegen die Behauptung, sie hätte bei früherer Kenntnis des Tatvorwurfs eigene Ermittlungen aufgenommen.

    Überdies hat die Beklagte auch in der Berufung nicht vorgetragen, welchen Erfolg sie sich von etwaigen weiteren Ermittlungen versprochen hätte. Insbesondere hat sie weder vorgetragen, weshalb die Zeugen gegenüber dem Versicherer weitere Angaben hätten machen sollen als bei den zeitnahen und umfangreichen polizeilichen Vernehmungen, und ggf. welche Angaben das hätten sein sollen. Überdies hat sie nicht vorgetragen, welche Dritte als Gesamtschuldner in Betracht kommen sollten und welche Anhaltspunkte sie dafür gesehen und zum Anlass welcher zusätzlichen Ermittlungen genommen hätte. Außerdem hat sie nicht behauptet, dass der Schadensumfang oder die Schadenshöhe unzureichend oder fehlerhaft ermittelt worden sei oder dass sie ab dem 02.04.2020 keine Ermittlungen mehr dazu hätte anstellen können. Mit der letztlich pauschal gebliebenen Behauptung, sie hätte den Sachverhalt weiter aufklären können, genügt sie ihrer sekundären Darlegungslast zum Kausalitätsgegenbeweis nicht.

    (3) Demzufolge muss nicht abschließend entschieden werden, ob die Klägerin der Beklagten bereits bei der telefonischen Schadensmeldung am 06.02.2020 davon in Kenntnis setzte, dass es ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gab.

    Auf diese Frage sind die Parteien auch auf den Hinweis des Senats vom 07.01.2025 nicht vertieft eingegangen. Die als Anlage B8 vorgelegte Telefonnotiz ist insofern nicht eindeutig. Der dort verwendete Begriff "Brandstiftung" deutet zwar auf eine (von der Klägerin offengelegte) strafrechtliche Verfolgung hin; zwingend ist dieses Verständnis aber nicht. Aus den dargelegten Gründen besteht aber keinerlei Anlass für die Annahme, dass die Beklagte bereits am 06.02.2020 eigene Ermittlungen aufgenommen hätte, wenn sie bereits bei der telefonischen Anzeige (ausdrücklich) auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren aufmerksam gemacht worden wäre, und es ist auch nicht ersichtlich, welche Erkenntnismöglichkeiten ihr durch eine - unterstellte - Nichtanzeige des Ermittlungsverfahrens entgangen sein sollten.

    (4) Bei alledem ist unerheblich, ob auf die Anzeigeobliegenheiten der Klägerin oder diejenige des Sohnes abgestellt wird.

    Ungeachtet der Frage, wem die Obliegenheitsverletzung angelastet wird, kann sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, nach welcher er im Fall der Verletzung der Anzeigepflicht nicht zur Leistung verpflichtet ist, nicht berufen, wenn er auf andere Weise vom Eintritt des Versicherungsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt hat (§§ 30 Abs. 2, 104 Abs. 3 S. 2 VVG). Aufgrund desselben Rechtsgedankens wirkt die Kausalitätseinrede nach Ziff. 26.2 Satz 5 AHB umfassend und der Versicherungsschutz bleibt insgesamt erhalten, wenn keine der in Frage stehenden Obliegenheitsverletzungen für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls oder für die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung ursächlich war.

    Offen bleiben kann auch, ob der Sohn der Klägerin überhaupt Kenntnis von der bestehenden Versicherung hatte, was Grundvoraussetzung für die Annahme einer schuldhaften Verletzung der Anzeigeobliegenheit durch ihn selbst ist, und ob sich die Beklagte schon deshalb nicht auf eine Verletzung der Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit durch den Sohn berufen kann, weil sie nicht ihn, sondern nur die Klägerin nach Ziff. 26.2 Satz 3 AHB auf die Gefahr des Verlustes des Versicherungsschutzes hingewiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12.10.1967 - II ZR 51/65, juris Rn. 14).

    (5) Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin oder ihr Sohn arglistig gehandelt haben könnten - was den Kausalitätseinwand nach Ziff. 26.2 Satz 6 AHB ausschließen würde - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

    3. Zu Recht wendet sich die Beklagte allerdings gegen die Verurteilung zur Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.

    Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage. Die Klägerin kann die vorgerichtlichen Kosten nicht - wie vom Landgericht angenommen - nach § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 Abs. 1 BGB geltend machen, weil sie ihre Prozessbevollmächtigten bereits mandatiert hatte, bevor sie die Beklagte in Verzug setzte. Damit sind auch die Gebühren für die außergerichtliche Vertretung schon vor Verzugsbeginn angefallen. Dabei kann dahinstehen, ob der Schriftsatz vom 24.09.2020 oder der Schriftsatz vom 09.12.2020 eine Mahnung im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB darstellten. Andere Anspruchsgrundlagen für einen materiellen Kostenerstattungsanspruch bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10; 711 ZPO.

    Die Revision wurde nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Divergenz) zugelassen wegen der Frage, ob der Ausschlusstatbestand des § 103 VVG im vorweggenommenen Deckungsprozess zu prüfen ist, wenn dessen Voraussetzungen in Streit stehen. Diese Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. oben Ziffer II. 2.b.bb.[4] a.E.).

    Der Streitwert war auf "bis 125.000 EUR" festzusetzen. Der Streitwert einer vorweggenommenen Deckungsklage bestimmt sich nach der Höhe des von dem geschädigten Dritten gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachten Anspruchs unter einem Abschlag von 20 %, unabhängig davon, ob es sich dabei nur um einen Teilbetrag der Ersatzansprüche aus dem Schadensfall handelt, für den Versicherungsschutz begehrt wird (Wern, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 29. Aufl., Kap. 40 Rn. 10 m. Nachw.). Ansprüche, die darüber hinaus denkbar sind, aber noch nicht geltend gemacht sind und auch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit geltend gemacht werden, sind nicht zu berücksichtigen (insoweit besteht auch kein Feststellungsinteresse: Lücke, in: Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl., § 100 Rn. 20). Tatsächlich geltend gemacht sind bisher 16.547,48 EUR (R), 5.280,00 EUR (B) und weitere 125.693,96 EUR durch den Gebäudeversicherer; dessen "Reserve" von weiteren 166.700 EUR ist nicht anzurechnen. Ebenfalls hinzuzurechnen sind die im Haftpflichtprozess (LG Heidelberg, 8 O 228/23) bereits angefallenen Kosten (vgl. BGH, Beschluss vom 08.03.2006 - IV ZB 19/05, juris Rn 9). Diese wurden bislang nicht beziffert; die Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren für die erste Instanz belaufen sich bei einem Streitwert von 16.547,48 EUR auf 5.092,51 EUR. Unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 % bleibt der Streitwert somit in der Kostenstufe "bis 125.000 EUR".

    Dementsprechend war auch der Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 03.05.2024 nach § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG abzuändern. Das Landgericht hat auf die Schadensschätzung im Strafurteil (circa 662.000 EUR) abgestellt; diese ist aber nicht maßgeblich.