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  • 10.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246306

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 26.09.2024 – 18 U 35/24

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 26.09.2024, Az. 18 U 35/24

    Tenor:

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28.02.2024, Az.: 42 O 64/23, wird zurückgewiesen.

    Die Anschlussberufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

    Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 290.000,00 € festgesetzt.
     
    1
    Gründe

    2
    I.

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    Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Pensionszusage.

    4
    Der Kläger war seit dem 01.07.1968 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt und seit dem 01.07.1971 zunächst ihr stellvertretender, später ‒ ab Dezember 1981 ‒ ihr alleiniger Geschäftsführer. Im Jahr 1995 wurde der Kläger zum Vorstandsmitglied bestellt und schließlich zum Vorstandsvorsitzenden der ‒ seit dem 01.04.1985 ‒ als Aktiengesellschaft organisierten Beklagten gewählt.

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    Der zwischen den Parteien geschlossene Anstellungsvertrag vom 19.08.1994/ 12.01.1995 (Anlage K2) enthält eine Einzelzusage auf betriebliche Pensionsleistungen entsprechend einer gesonderten Vereinbarung, die Bestandteil des Anstellungsvertrages sein sollte. Diese gesonderte Vereinbarung erfolgte durch die Pensionszusage vom 19.08.1994/12.01.1995. Danach erhält der Kläger ab dem vollendeten 65. Lebensjahr eine lebenslänglich zahlbare monatliche Altersrente. In lit. e) der Pensionszusage vereinbarten die Parteien, dass die Rentenbezüge sich nach Rentenbeginn zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen prozentualen Verhältnis ändern, wie sich die Tarifgehälter für Angestellte der Beklagten verändern. Unter lit. i) der Vereinbarung heißt es auszugsweise wie folgt:

    6
    „Die Gesellschaft behält sich vor, die zugesagte Leistung zu kürzen oder einzustellen, wenn

    7
    1)      die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, daß ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung nicht mehr zugemutet werden kann, oder

    8
    2)      […]“

    9
    Wegen des weiteren Inhalts der Pensionszusage wird auf die als Anlage K3 (Bl. 26 ff. eA-LG) zur Gerichtsakte gereichte Ablichtung ergänzend Bezug genommen.

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    Aufgrund Aufhebungsvertrages vom 16.09.1998 schied der Kläger zum 30.09.1998 bei der Beklagten aus. Die Höhe der Altersversorgung wurde in Ziffer 5) des Aufhebungsvertrages auf 250.000,00 DM/ Jahr festgesetzt.

    11
    Seit dem 01.04.2000 befindet sich der Kläger in Altersrente. Die Beklagte zahlte bis Juni 2023 an den Kläger ‒ unter Berücksichtigung einer Veränderung der Tarifgehälter ihrer Angestellten ‒ zuletzt in dem Zeitraum April 2018 bis einschließlich Juni 2023 eine Betriebsrente von monatlich 18.101,90 € (brutto). Dabei berücksichtigte sie eine tarifliche Erhöhung um 5,2 % ab dem 01.06.2023 nicht.

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    Mit Schreiben vom 17.07.2023 kündigte die Beklagte gegenüber dem Kläger unter Berufung auf ihr Recht aus lit. i) Nr. 1 der Pensionszusage an, dass ab Juli 2023 eine Kürzung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Beklagten zu erfolgen habe und demnach die Pension nur noch in Höhe von 9.050,95 € (brutto) ausgezahlt werde. Mit Schreiben vom 27.07.2023 widersprach der Kläger der Kürzung seiner Betriebsrente und machte die Anpassung seiner Betriebsente um 5,2 % entsprechend der Erhöhung der einschlägigen Tarifgehälter der Angestellten rückwirkend seit dem 01.06.2023 geltend. Insoweit forderte der Kläger die Beklagte auf, an ihn den sich aus der nicht angewandten Tariferhöhung ergebenden Differenzbetrag für den Monat Juni in Höhe von 941,30 € (brutto) nebst Verzugszinsen zu zahlen und die betriebliche Altersversorgung ab Juli 2023 in Höhe von 19.043,20 € vorzunehmen. Zur Zahlung des rückständigen Differenzbetrags setzte der Kläger der Beklagten eine Frist bis zum 07.08.2023.

    13
    Ab Juli 2023 kürzte die Beklagte ‒ mit Ausnahme der Zahlung für August 2023 ‒ die Bezüge auf die Hälfte der bisherigen Zahlungen.

    14
    Ab dem 01.04.2024 erfolgte nach dem Tarifvertrag der IG-Metall mit einer Laufzeit bis zum 30.09.2024 eine weitere Erhöhung der Tarifgehälter um 3,3 %.

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    Wegen der weiteren getroffenen Feststellungen und der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angegriffene Urteil des Landgerichts (Bl. 4 ff. eA) ergänzend Bezug genommen.

    16
    Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Betrages von 941,30 € (brutto) folge daraus, dass die Beklagte die zum 01.06.2023 in Kraft getretene Tariferhöhung von 5,2 % bei den von ihr veranlassten Zahlungen nicht berücksichtigt habe, so dass für Juni 2023 ein Zahlungsanspruch in Höhe von 941,30 € und ab Juli 2023 bis April 2024 ein solcher in Höhe von 19.043,20 € bestehe. Die monatliche zu zahlende Betriebsrente steige sodann ab Mai 2024 auf 19.671,63 € brutto. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Bezüge unter Berufung auf lit. i) Nr. 1 der Pensionszusage zu kürzen, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei dieser Regelung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele und ob die von der Beklagten behaupteten wirtschaftlichen Schwierigkeiten tatsächlich bestünden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Widerruf der Versorgungszusage wegen wirtschaftlicher Notlage nach Streichung des § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BetrAVG zum 31.12.1998 nicht mehr zulässig, da eine insolvenzgeschützte Rechtsposition betroffen sei. Der Widerruf der Beklagten könne auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass jedenfalls der Teil der Versorgungszulage widerrufen werden solle, der von ihr über das insolvenzrechtlich geschützte Maß hinaus geleistet werde. So sei bereits zweifelhaft, ob sich der Erklärung vom 17.07.2023 ein entsprechender Wille entnehmen lasse. Jedenfalls enthalte aber die Pensionszusage unter lit. h) die Bestimmung, dass im Übrigen die Bestimmungen des Gesetzes zur betrieblichen Altersversorgung Anwendung fänden. Aufgrund dieser Bezugnahme und dem Wegfall der wirtschaftlichen Notlage als anerkanntem Grund für einen Widerruf fehle es an einer Rechtsgrundlage für die Kürzung der Versorgungsbezüge. Überdies würde durch einen Widerruf einseitig zu Lasten des Klägers in ein geschütztes Anwartschaftsrecht eingegriffen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wegfall des Grundes der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei auch auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar, auch wenn der genannten Entscheidung keine Streitigkeit zwischen einer Aktiengesellschaft und ihrem Vorstand zugrunde gelegen habe. Die Beklagte sei auch nicht gemäß § 87 Abs. 2 AktG zur Herabsetzung der Bezüge berechtigt, da dies nach dem Wortlaut der Vorschrift nur innerhalb von drei Jahren nach Ausscheiden aus der Gesellschaft möglich sei und eine pflichtwidrige Handlung des Vorstands voraussetzen würde.

    17
    Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Zur Begründung führt sie aus, das Landgericht habe die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht auf den hier vorliegenden aktienrechtlichen Kontext übertragen dürfen, zumal es sich dabei nicht hinreichend mit den diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 01.02.2024 auseinandergesetzt habe, weshalb von einer Gehörsverletzung auszugehen sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch seine Entscheidung, Vorstandspensionen bei bloßer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft angemessen zu kürzen, deutlich gemacht habe, dass die (10 Jahre ältere) Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls nicht uneingeschränkt auf das Verhältnis Gesellschaft ‒ Vorstand übertragbar sei. Es sei nicht ersichtlich, warum die Änderung der in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BetrAVG (a.F.) beschriebenen Insolvenz-Sicherungsfälle zu einer rückwirkenden Annullierung von lit. i) Nr. 1 der Pensionszusage führen solle. Der Kläger sei Organ der Beklagten gewesen und unterliege daher nicht wie ein Arbeitnehmer dem uneingeschränkten Schutz des BetrAVG. Daher sei die gegenläufige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nicht über den Umweg des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG auf ehemalige (pensionsberechtigte) Vorstände einer Aktiengesellschaft übertragbar. Der von dem Bundesarbeitsgericht postulierte Insolvenzschutz für Betriebsrenten würde bei einer Übertragung auf aktienrechtliche Konstellationen mit der Fürsorgepflicht des Aufsichtsrats kollidieren, die von ihm verlange, in der Not der Gesellschaft grundsätzlich alle Vorstände, auch die ausgeschiedenen, gleich zu behandeln und deshalb ‒ soweit erforderlich ‒ die Pensionen auch nach gleichen Maßstäben zu kürzen. Ferner habe auch der Bundesgerichtshof im Jahr 2019 entschieden, dass Vergütungsvereinbarungen mit Arbeitnehmern nicht ohne weiteres auf Vorstände einer Aktiengesellschaft übertragbar seien, weil zwischen diesen Verträgen erhebliche Unterschiede bestünden und weil ein Vorstand hinsichtlich seiner Vergütung besonderen Treuebedingungen unterliege, weshalb er unter Umständen nachträgliche Veränderungen bis zu Gehaltskürzungen hinzunehmen habe. Das Landgericht sei auch auf die sich stellende Frage, ob der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft einem früheren Vorstandsmitglied nach Feststellung einer wirtschaftlichen Notlage der Gesellschaft auch nach Ablauf der in § 87 Abs. 2 AktG postulierten Frist vertraglich oder gesetzlich temporär eine zugesagte Versorgungszusage kürzen könne, wenn der von der Kürzung betroffene Teil der Zusage im Falle der Insolvenz der Gesellschaft außerhalb des von § 7 Abs. 3 BetrAVG beschriebenen Höchstbetrages liegen würde, nicht eingegangen. So werde knapp die Hälfte der Altersrente des Klägers von dem Insolvenzschutz gar nicht erfasst. Die Begründung des Landgerichts gehe auch über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hinaus. So ergebe sich daraus bereits nicht, warum auch eine einzelvertraglich vereinbarte Absenkungsmöglichkeit für Fälle wirtschaftlicher Not aufgrund einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam sein solle, obwohl eine solche Absenkung von der Rechtsprechung unter bestimmten Umständen gemäß §§ 242, 313 BGB gebilligt werde. Überdies sei eine Absenkung von Ruhegehaltsansprüchen schon in § 87 Abs. 2 AktG vorgesehen. Selbst wenn man die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auf aktienrechtliche Fälle übertragen wolle, könne mit Blick auf die dortige Begründung eine einzelvertraglich vereinbarte Absenkung einer Betriebsrente jedenfalls dann nicht per se verboten sein, wenn diese Absenkung nur einen ohnehin nicht insolvenzgeschützten Teil der Altersrente betreffe, was bei Arbeitnehmern in aller Regel nicht vorkommen werde. Insoweit fehle aber jede Begründung des Landgerichts, warum auch der nicht vom Insolvenzschutz erfasste Teil der Betriebsrente per se von dem vertraglich vereinbarten Kürzungsvorbehalt verschont werden müsse. Insoweit habe das Gericht der Klage jedenfalls nur teilweise stattgeben dürfen. Soweit das Landgericht anführe, dass im Übrigen auf die Bestimmungen des BetrAVG verwiesen werde, folge daraus gerade nicht, dass die vertragliche Bestimmung in lit. i) Abs. 1 der Pensionszusage unwirksam würde und zum anderen sei lediglich der in § 7 BetrAVG vorhanden gewesene Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage entfallen, nicht aber die wirtschaftliche Notlage als anerkannter Grund für einen Widerruf. Zu dieser habe sich der Gesetzgeber nicht geäußert. Der Hinweis des Landgerichts, dass durch den Widerruf einseitig zu Lasten des Klägers in ein geschütztes Anwartschaftsrecht eingegriffen würde, führe nicht weiter, da sowohl durch § 87 Abs. 2 AktG als auch durch die § 242, 313 BGB i.V.m. §§ 76 ff. AktG stets bei Vorliegen wichtiger Gründe die Möglichkeit bestanden habe, auch einseitig Altersruhegelder von ehemaligen Vorständen abzusenken.

    18
    Die Beklagte beantragt,

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    das am 28. Februar 2024 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen (42 0 64/23) abzuändern und die Klage abzuweisen;

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    Der Kläger beantragt,

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                  die Berufung zurückzuweisen.

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    Im Wege der Zwischenfeststellungsklage beantragt er,

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    festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Pension des Klägers auf Basis des Notlagenvorbehalts in lit. i) Nr. 1 der Versorgungszusage vom 19.08.1994/ 12.01.1995 zu kürzen, solange im Hinblick auf das Vermögen der Beklagten nicht ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

    24
    Die Beklagte beantragt,

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                  die Zwischenfeststellungsklage abzuweisen.

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    Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

    27
    II.

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    Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die als Anschlussberufung auszulegende Zwischenfeststellungsklage ist unzulässig.

    29
    A. Die Berufung der Beklagten ist im Ergebnis unbegründet.

    30
    1. Der Klageantrag zu 1), gerichtet auf Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 941,30 € für den Monat Juni 2023 nebst Zinsen, ist begründet.

    31
    Dieser Anspruch folgt aus § 8 des Anstellungsvertrages (Anlage K2, Bl. 23 eA-LG), welcher in Absatz 1 regelt, dass die Gesellschaft dem Kläger eine Einzelzusage auf betriebliche Pensionsleistungen entsprechend einer gesonderten Vereinbarung, die Bestandteil des Anstellungsvertrages ist, erteilt, in Verbindung mit lit. e) der Pensionszusage (Anlage K3, Bl. 27 eA-LG), wonach sich die Rentenbezüge zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen prozentualen Verhältnis ändern, wie sich die Tarifgehälter für Angestellte der Beklagten verändern. Da sich die ‒ hier einschlägigen ‒ Tarifgehälter der Angestellten der Metall- und Elektroindustrie unstreitig zum 01.06.2023 um 5,2 % erhöht haben, hat auch der Kläger einen entsprechenden Anspruch gegen die Beklagte in Höhe des bislang nicht gezahlten Differenzbetrages von 941,30 €.

    32
    Dieser Anspruch besteht unabhängig von der Frage, ob die Beklagte berechtigt war, die Bezüge des Klägers zu reduzieren. Denn eine entsprechende Anpassung der Versorgungszusage durch die Beklagte ist jedenfalls erst mit Schreiben vom 17.07.2023 bezogen auf die Bezüge ab Juli 2023 erklärt worden, mit der Folge, dass eine Kürzung der Bezüge für Juni 2023 hieraus ohnehin nicht folgen könnte.

    33
    Der geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB.

    34
    2. Bezogen auf die Klageanträge zu 2) und 3), welche die Zahlung der ungekürzten ‒ und durch Tariferhöhungen ‒ erhöhten Betriebsrenten ab dem Monat Juli 2023 ‒ mit Ausnahme des Monats August 2023 ‒ bis zum 30.09.2024 betreffen, hat die Berufung keinen Erfolg.

    35
    Insoweit hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht die Existenz einer wirksamen Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Kürzung der Pensionszusage abgelehnt, so dass es auf die weitere streitige Frage, ob die Voraussetzungen von lit. i) Nr. 1 der Pensionszusage überhaupt erfüllt sind, vorliegend nicht ankommt.

    36
    Eine (wirksame) Rechtsgrundlage, auf welche die Beklagte den erklärten (Teil-)Widerruf der Versorgungszusage stützen könnte, besteht nicht.

    37
    a) Eine solche ist - wie von dem Landgericht zutreffend ausgeführt - nicht in § 87 Abs. 2 S. 1 AktG zu sehen.

    38
    Nach dieser Vorschrift in der durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung vom 31.07.2009 eingeführten Fassung, soll der Aufsichtsrat die Ruhegehälter auf die angemessene Höhe herabsetzen, wenn sich die Lage der Gesellschaft nach der Festsetzung innerhalb von drei Jahren nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft so verschlechtert, dass die Weitergewährung der Bezüge unbillig für die Gesellschaft wäre. Unbillig ist die Weiterzahlung der Bezüge, wenn der Vorstand pflichtwidrig gehandelt hat, aber auch dann, wenn ihm kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist, die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft jedoch in die Zeit seiner Vorstandsverantwortung fällt und ihm zurechenbar ist. Die vorgenannten Voraussetzungen liegen ‒ wie von dem Landgericht zutreffend ausgeführt ‒ bezogen auf den Kläger, welcher bereits vor mehr als 25 Jahren aus der Beklagten ausgeschieden ist, dem seitens der Beklagten ein pflichtwidriges Verhalten nicht vorgeworfen worden ist und während dessen Tätigkeit sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht verschlechtert hat, nicht vor.

    39
    b) Soweit die Beklagte anführt, die Herabsetzung könne auch auf die §§ 242, 313 BGB gestützt werden, welche auch nach Ablauf der in § 87 Abs. 2 AktG normierten Dreijahresfrist noch herangezogen werden könnten, kann diese Frage im Ergebnis jeweils dahinstehen.

    40
    Selbst wenn man, was als fraglich erscheint, eine Anwendbarkeit des § 242 BGB auch nach Einführung des § 87 Abs. 2 S. 1 AktG noch annehmen wollte (so etwa MüKoAktG/Spindler, 6. Aufl. 2023, AktG § 87 Rn. 219), wäre zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 87 Abs. 2 AktG zum Ausdruck gebracht hat, dass eine derartige Herabsetzung von Ruhebezügen nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen soll. Vor diesem Hintergrund vertreten selbst die Befürworter einer fortdauernden Anwendbarkeit des § 242 BGB, dass für eine Herabsetzung über die zeitliche Frist in § 87 Abs. 2 AktG hinaus, anders als nach früherem Recht, noch höhere Anforderungen an die Herabsetzung der Bezüge nach § 242 BGB zu stellen sind (vgl. MüKoAktG/Spindler, 6. Aufl. 2023, AktG § 87 Rn. 219). In diesem Zusammenhang wird eine Kürzung der Bezüge nach Maßgabe des § 242 BGB ‒ auch unter Berücksichtigung der grundsätzlich bestehenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ‒ allenfalls dann angenommen, wenn etwa eine Insolvenz droht. Dass auch derart erhöhte Voraussetzungen vorliegend erfüllt wären, hat die Beklagte indes nicht hinreichend dargelegt. Sie hat vielmehr die Auffassung vertreten, dass eine Insolvenz gerade nicht unmittelbar bevorstehen müsse.

    41
    Entsprechendes gilt auch für eine von der Beklagten für möglich gehaltene Anpassung nach § 313 BGB. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass § 87 Abs. 2 AktG einen Sonderfall der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 darstellt, aber deutlich weiter gefasst ist und anders als § 313 BGB weder eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage noch eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung (MüKoAktG Nachtrag ARUG II/Spindler, 5. Aufl. 2021, AktG § 87 Rn. 165) verlangt. Vorliegend sind aber auch nach dem Vortrag der Beklagten ‒ wenn man nach Änderung des § 87 Abs. 2 AktG § 313 BGB überhaupt noch auf Ruhegehälter von Vorständen anwenden wollte ‒ diese strengen Voraussetzungen des § 313 BGB nicht erfüllt. Insoweit ist im Rahmen des § 313 BGB auch zu berücksichtigen, dass das Risiko der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit grundsätzlich allein beim Arbeitgeber liegt und dieses demnach grundsätzlich nicht auf den Empfänger der Versorgungszusage abgewälzt werden kann (vgl. hierzu auch bezogen auf Arbeitnehmer BAG, Urteil v. 18.11.2008, 3 AZR 417/07, BeckRS 2009, 55849, Rn. 26).

    42
    c) Die Beklagte kann die Anpassung der Versorgungszusage vorliegend auch nicht auf eine wirksame vertragliche Vereinbarung stützten.

    43
    aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil v. 18.11.2008, 3 AZR 417/07, BeckRS 2009, 55849) stellt eine wirtschaftliche Notlage eines Arbeitgebers nach Abschaffung des vorgesehenen Sicherungsfalls der wirtschaftlichen Notlage in § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BetrAVG zum 31.12.1998 keinen sachlichen Grund für einen Widerruf einer Versorgungszusage mehr dar. Zur Begründung wird angeführt, dass der dort streitgegenständliche (Teil-)Widerruf im Falle seiner Wirksamkeit zu einer Kürzung der laufenden Betriebsrente der dortigen Klägerin geführt und damit eine gemäß § 7 Abs. 1 BetrAVG insolvenzgeschützte Rechtsposition betroffen hätte. Nach den ‒ durch Streichung des § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BetrAVG zum Ausdruck gekommenen ‒ gesetzlichen Wertungen sei aber ein Widerruf von insolvenzgeschützten Versorgungsansprüchen nicht mehr zulässig (BAG, Urteil v. 18.11.2008, 3 AZR 417/07, BeckRS 2009, 55849, Rn. 27).

    44
    Vorliegend liegt der Unterschied zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ‒ unabhängig davon, dass es sich bei dem Kläger um ein Vorstandsmitglied handelt und sich die Frage stellt, ob die vorbenannte Rechtsprechung auf solche vollständig übertragbar ist ‒ darin, dass nicht lediglich ein allgemeines Widerrufsrecht in einer Satzung bestand, sondern Teil des Anstellungsvertrages eine Regelung geworden ist, ausweislich derer ein (Teil-)Widerruf bei Vorliegen eines konkreten Grundes, einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, gerade möglich sein sollte. Insoweit erscheint es zumindest als fraglich, ob eine Unwirksamkeit der individualvertraglichen Klausel unmittelbar auf die vorstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gestützt werden.

    45
    Der Kläger argumentiert insoweit damit, dass mit Wegfall des Sicherungsfalles „wirtschaftliche Notlage“ aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Berechtigung zum Widerruf einer Pensionszusage auf der einen und der gleichzeitigen Übernahme des widerrufenen Teil der Zusage durch den L. a.G. auf der anderen Seite auch ein einseitiger Widerruf einer Pensionszusage aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage individualrechtlich nicht mehr zulässig vereinbart werden könne, die Regelung also unwirksam sei. Diese Frage kann indes vorliegend ebenso dahinstehen wie die weitere Frage, ob die vorgenannte Rechtsprechung ‒ auch unter Berücksichtigung der bestehenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ‒ auf Vorstände einer Aktiengesellschaft übertragbar ist.

    46
    bb) Denn jedenfalls ist die vereinbarte Klausel in lit. i) Nr. 1 der Pensionszusage in Verbindung mit § 8 des Anstellungsvertrages nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, welche nach Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB auf diesen Altvertrag Anwendung finden, unwirksam, mit der Folge, dass ein (Teil-)Widerruf darauf nicht gestützt werden kann.

    47
    (1) Anders als von der Beklagten angenommen, handelt es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung.

    48
    (a) Gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, hinsichtlich derer wirksamen Einbeziehung vorliegend keine Zweifel bestehen, alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt.

    49
    Vorliegend ist von solchen vorformulierten Vertragsbedingungen auszugehen. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat vorgetragen, der Anstellungsvertrag vom 19.09.1994/ 12.01.1995 und die Pensionszusage seien ihm bei seinem Amtsantritt durch den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden vorgelegt worden, ohne dass es hierüber Verhandlungen gegeben habe oder dass über den Notlagenvorbehalt gesprochen worden sei. Die Beklagte hat dies mit Nichtwissen bestritten und angeführt, dass bereits die Formulierung in § 8 des Anstellungsvertrages, wonach eine Einzelzusage auf betriebliche Pensionsleistungen entsprechend einer „gesonderten Vereinbarung“ gemacht werde, gegen vorformulierte Vertragsbedingungen spreche. Anders als von der Beklagten angenommen, spricht indes die vorgenannte Regelung in § 8 des Anstellungsvertrages nicht gegen die Annahme, dass die Bedingungen durch die Beklagte vorformuliert waren. Denn eine „gesonderte Vereinbarung“ kann auch dergestalt zustande kommen, dass vorformulierte Klauseln von dem Vertragspartner akzeptiert werden. Das im Übrigen erfolgte Bestreiten mit Nichtwissen der bereits bei Abschluss des Anstellungsvertrages in der Rechtsform der Aktiengesellschaft aufgetretenen Beklagten ist nach Maßgabe des § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig und damit nicht zu berücksichtigen. Denn eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Zwar ist ein Bestreiten mit Nichtwissen auch dann zulässig, wenn sich die Partei nicht mehr zu erinnern vermag, was vorliegend mit Blick auf den langen Zeitablauf und den Umstand, dass nicht sicher feststeht, dass der damals für die Beklagte Handelnde Aufsichtsratsvorsitzende überhaupt noch lebt, als durchaus möglich erscheint. Indes hat die Partei dann zugleich darzulegen, welche Anstrengungen sie unternommen hat, um sich das entsprechende Wissen, etwa durch Erkundigung bei Mitarbeitern oder Einsicht von Unterlagen, zu verschaffen (MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl. 2020, ZPO § 138 Rn. 33). Vorliegend hätte die Beklagte also zumindest darlegen müssen, dass und wie sie versucht hat, nähere Umstände bezogen auf den streitgegenständlichen Vertragsabschluss in Erfahrung zu bringen und dass ihr dies im Ergebnis nicht gelungen ist, woran es vollständig fehlt.

    50
    Soweit die Beklagte behauptet, die Vertragsbedingungen, also auch der streitgegenständliche Notlagenvorbehalt seien individuell mit dem Kläger ausgehandelt worden, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. Von einem solchen Aushandeln ist indes nur dann auszugehen, wenn der Verwender den in seinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt, mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären. Die entsprechenden Umstände hat der Verwender darzulegen (vgl. BGH, Beschluss v. 19.03.2019 ‒ XI ZR 9/18; NJW 2019, 2080 Rn. 14, beck-online; BeckOGK/Lehmann-Richter, 1.6.2024, BGB § 305 Rn. 185) - dies ist aufgrund der von ihr nicht widerlegten Vermutung in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB die Beklagte. Daran fehlt es vorliegend. Vielmehr hat die Beklagte bezogen auf den substantiierten Vortrag des Klägers ein Aushandeln der Bedingungen bereits nicht dargelegt; insbesondere hat sie nicht konkret zu einer Abänderungsbereitschaft bezogen auf den Notlagenvorbehalt vorgetragen. An die substantiierte Darlegung der ernsthaften Verhandlungsbereitschaft des Verwenders und der weiteren Merkmale für ein Aushandeln sind aber strenge Anforderungen zu stellen (vgl. (BGH Beschl. v. 20.11.2012 ‒ VIII ZR 137/12, BeckRS 2013, 5597 Rn. 7, beck-online), denen die Beklagte mit ihrem pauschalen Vorbringen nicht gerecht wird. Überdies ist die Beklagte mit ihrer Behauptung eines individuellen Aushandelns auch beweisfällig geblieben. Gegen eine tatsächliche Abänderungsbereitschaft der Beklagten bei Abschluss des Vertrages spricht zudem auch der Umstand, dass der Notlagenvorbehalt zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages noch die damalige Gesetzeslage wiedergegeben hat.

    51
    (b) Soweit der Kläger nicht darlegt, dass die betreffende Klausel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden ist, wofür indes bereits der Vortrag der Beklagten, dass (Teil-)Widerrufe von Versorgungszusagen auch bezüglich anderer Altvorstände erfolgt seien, spricht, ist dies mit Blick auf die Vorschrift des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unschädlich. Danach finden § 305c Abs. 2 BGB, § 306 BGB und §§ 307 bis 309 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Vorliegend ist der Kläger bezogen auf den Abschluss des Anstellungsvertrages als Verbraucher im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB anzusehen. Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Ebenso wie ein Arbeitnehmer beim Abschluss seines Arbeitsvertrags und der Fremdgeschäftsführer bei Abschluss des Anstellungsvertrages mit einer GmbH Verbraucher sind (vgl. BAG, Urteil v. 19.05.2010, 5 AZR 253/09, NJW 2010, 2827), ist auch ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft bei Abschluss des Anstellungsvertrages als Verbraucher anzusehen.

    52
    (2) Die streitgegenständliche Klausel in lit. i) Nr. 1 der Pensionszusage ist nach Maßgabe des § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. So liegt der Fall hier.

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    Zur Beurteilung der Transparenz einer Klausel ist grundsätzlich auf die Erkenntnismöglichkeit des durchschnittlichen Vertragspartners (BGH, Urteil v. 19.05.2016 ‒ III ZR 274/15, NJW-RR 2016, 842 Rn. 26, beck-online) und auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, da der Vertragspartner zu diesem Zeitpunkt die Risikobewertung der Vereinbarung vornimmt (BGH, Urteil v. 29.04.2015 ‒ VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 17, beck-online; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 61, beck-online). Im Rahmen des Transparenzgebotes ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGH, Urteil v. 29.04.2015, VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 16, beck-online). Dieses Transparenzgebot schließt auch das Bestimmtheitsgebot ein, welches verlangt, dass der Verwender die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreibt, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BGH, Urteil v. 19.05.2016 ‒ III ZR 274/15, NJW-RR 2016, 842 Rn. 26, beck-online; BGH, Urteil v. 29.04.2015 ‒ VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 16, beck-online; BGH, Urteil v. 16.1.2020 ‒ IX ZR 351/18, NJW 2020, 986, Rn. 26, beck-online; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 63, beck-online). Es ist intransparent, wenn die Klausel dem Verwender ein mehr oder weniger schrankenloses Ermessen ausbedingt (BGH, Urteil v. 16.1.2020 ‒ IX ZR 351/18, NJW 2020, 986, Rn. 26, beck-online; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 64, beck-online). Denn eine Änderung des Äquivalenzverhältnisses zwischen den beiderseitigen Leistungen muss für den Vertragspartner erkennbar und kalkulierbar sein (BGH, Urteil v. 16.1.2020 ‒ IX ZR 351/18, NJW 2020, 986, Rn. 26, beck-online). Vor diesem Hintergrund ist von einer fehlenden hinreichenden Bestimmtheit etwa dann auszugehen, wenn sich der Verwender Rechte vorbehält, aber nicht mit hinreichender Bestimmtheit die Voraussetzungen benennt, von denen die Ausübung dieser Rechte abhängig sein soll (MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 64, beck-online).

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    Nach vorstehendem Maßstab verstieß die streitgegenständliche Klausel auch bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegen das Bestimmtheitsgebot. Zwar wird darin der Fall, in dem eine Anpassung der Bezüge erfolgen kann, dem Grunde nach beschrieben. Indes erscheint es in diesem Zusammenhang bereits als fraglich, ob für den Kläger bei Abschluss des Vertrages hinreichend erkennbar war, wann konkret von einer danach erforderlichen wesentlichen nachhaltigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Beklagte auszugehen und insbesondere, ab wann der Beklagten vor diesem Hintergrund eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung nicht mehr zumutbar ist.

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    Selbst wenn man insoweit der Argumentation der Beklagten dahingehend, dass diese Frage im Lichte der bei Vertragsschluss geltenden Rechtslage und der damaligen Rechtsprechung auszulegen und damit hinreichend bestimmbar sei, folgen wollte, würde daraus im Ergebnis nichts Anderes folgen. So wäre selbst bei Zugrundelegung der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Senats vom 27.05.1999 (18 U 61/97, BeckRS 1999, 31365187), wonach eine Kürzung der Bezüge zwar grundsätzlich in Betracht kommt, der Arbeitgeber „seine Kräfte aber bis aufs das äußerste anspannen“ muss und im Ergebnis eine Kürzung nur dann vornehmen darf, wenn und solange bei ungekürzter Weiterzahlung der Bestand des Unternehmens gefährdet ist und die Aussicht besteht, dass das Unternehmen mit dieser Hilfe saniert wird, ein Kürzungsrecht vorliegend nicht hinreichend dargelegt. Denn die Beklagte mag zwar nachhaltige wirtschaftliche Schwierigkeiten dargelegt haben. Dass sie aber ihre Kräfte bis aufs äußerste angespannt hätte, um eine Weiterzahlung der ungekürzten Bezüge zu ermöglichen und dass konkret der Bestand des Unternehmens gefährdet wäre, lässt sich weder dem schriftsätzlichen Vortrag noch den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hinreichend entnehmen.

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    Aber selbst wenn man auch dies anders sehen und von hinreichendem Vortrag der Beklagten zu einer Gefährdung des Bestands des Unternehmens und sodann auch von dem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Kürzung der Bezüge ausgehen wollte, wäre die streitgegenständliche Klausel jedenfalls in Bezug auf die Rechtsfolgen zu unbestimmt. Denn nach der Fassung der Klausel liegt es allein im Ermessen der Beklagten als Verwenderin, zu entscheiden, ob diese die zugesagte Leistung bei Eintritt der tatbestandlichen Voraussetzungen kürzt oder sogar vollständig einstellt. Denn diese Frage wird im Rahmen der Klausel nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft. Auch der Umfang der Kürzung ist für den Kläger allein aufgrund der Klausel nicht erkennbar. Diese räumt der Beklagten vielmehr ein generelles Kürzungsrecht ein, ohne weitere Maßstäbe zu benennen, nach denen sich der Umfang der Kürzung zu bemessen hat. Zusammengefasst räumt die Klausel der Beklagten demnach das einseitige Recht ein, bei Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen ausschließlich nach eigenem Ermessen (temporär) Kürzungen in nicht näher bestimmten Umfang vorzunehmen oder die Leistung sogar vollständig einzustellen. Der Kläger konnte demnach bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses anhand der Klausel nicht ansatzweise erkennen, ob und in welchem Umfang eine Kürzung oder sogar eine Einstellung der Leistungserbringung durch die Beklagte erfolgen könnte. Dass die Beklagte nach dem Wortlaut der Klausel auch nach ihrer Auffassung völlig frei in der Entscheidung ist, in welchem Umfang sie eine Kürzung vornimmt, zeigt sich auch daran, dass sie im vorliegenden Rechtsstreit nicht erläutert hat, aufgrund welcher konkreten Bemessungserwägungen sie die streitgegenständliche Kürzung um 50 %, mit der sie ‒ wenn auch in geringerem Umfang ‒ sogar in insolvenzgeschützte Positionen eingegriffen hat, vorgenommen hat.

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    Aus den vorstehenden Gründen wäre die streitgegenständliche Klausel bei Durchführung einer Inhaltskontrolle auch nach Maßgabe des § 308 Nr. 4 BGB als unwirksam zu erachten.

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    B. Die Anschlussberufung des Klägers war als unzulässig zu verwerfen.

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    Der erst in der mündlichen Verhandlung durch den Kläger gestellte Zwischenfeststellungsantrag ist als Anschließung auszulegen, da auch eine Zwischenfeststellungsklage des Berufungsbeklagten nur über den Weg der Anschlussberufung zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden kann. Ausnahmen von dem Erfordernis der Anschlussberufung sind im Fall der Zwischenfeststellungsklage nicht zu machen. Zwar wird durch eine solche weder neuer Sachverhalt zur Entscheidung gebracht noch liegt im strengeren Sinne ein neuer Klageantrag vor, sondern die Zwischenfeststellungsklage führt (lediglich) dazu, dass eine auf der Grundlage des Sach- und Streitstands ohnehin zu treffende Entscheidung über ein Rechtsverhältnis ausnahmsweise in Rechtskraft erwächst (KG, Urteil v. 08.09.2022 ‒ 2 U 115/21, MDR 2023, 322). Indes liegt der Zwischenfeststellungsklage vor dem Hintergrund, dass diese dazu führt, dass eine zunächst auf einen beschränkten Streitumfang in Rechtskraft erwachsende Klärung auch auf weitere Streitfragen verbindliche Anwendung finden kann (vgl. BGH, Urteil v. 27.11.1969 ‒ X ZR 22/67, NJW 1970, 425; KG, Urteil v. 09.09.2022 ‒ 2 U 115/21, a.a.O.) nicht lediglich eine innerprozessuale Formalität, sondern ein echtes Klagebegehren zugrunde (KG, Urteil v. 09.09.2022 ‒ 2 U 115/21, a.a.O.).

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    Der Kläger hat die Anschlussberufung indes nicht ordnungsgemäß erhoben. Denn die Anschließung erfolgt gemäß § 524 Abs. 1 S. 2 ZPO durch Einreichung einer Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht und bedarf demnach der Schriftform, deren Einhaltung einen von dem Prozessbevollmächtigten unterzeichneten bestimmenden Schriftsatz voraussetzt (BGH, Urteil v. 30.09.1960 ‒ IV ZR 446/60, NJW 1961, 28; BGH, Urteil v. 12.12.1988 ‒ II ZR 129/88, NJW-RR 1989,441). Dem wird die Anschlusserklärung der Beklagten nicht gerecht. Denn diese ist lediglich in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2024 mündlich erklärt und sodann protokolliert worden. Dies ist aber für die Anschließung nicht als ausreichend zu erachten (vgl. BGH, Urteil v. 12.12.1988 ‒ II ZR 129/88, a.a.O.; Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 524 ZPO, Rn. 8).

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    Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Zwischenfeststellungsklage im Wege der Anschlussberufung ‒ wie vorliegend ‒ überhaupt noch nach Ablauf der Anschlussfrist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig erhoben werden kann, was vom Kammergericht in der vorzitierten Entscheidung vom 08.09.2022 (2 U 115/21, MDR 2023, 322) verneint wird.

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    III.

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    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

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    Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer einzelfallbezogenen Würdigung der den vorliegenden Fall prägenden Umstände.

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    Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 290.000,00 € festgesetzt.