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  • 08.05.2025 · IWW-Abrufnummer 248018

    Landgericht Bonn: Urteil vom 05.05.2025 – 20 O 137/23

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bonn, Urteil vom 05.05.2025, Az. 20 O 137/23

    Tenor:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 883,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2023 zu zahlen und den Kläger von außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 86,63 € freizustellen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 78 % und die Beklagte zu 22 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

     
    1
    Tatbestand:

    2
    Der Kläger macht gegen die Beklagte restliche Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 11.01.2023 geltend, bei dem sein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen Kennzeichen 01, dessen Halter der Kläger ist, beschädigt wurde. Das unfallverursachende Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen Kennzeichen 02 ist bei der Beklagten haftpflichtversichert.

    3
    Der Verkehrsunfall ereignete sich am 11.01.2023 gegen 07:15 Uhr auf dem C in A. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers für alle aus dem Unfallereignis resultierenden Schäden ist unstreitig.

    4
    Nach dem Verkehrsunfall ließ der Kläger sein Fahrzeug am 17.01.2023 durch das Ingenieurbüro B begutachten. Der Sachverständige B ermittelte einen Reparaturschaden mit unfallbedingt erforderlichen Reparaturkosten in Höhe von netto 9.811,61 €. Zudem gab der Gutachter B an, dass an dem streitgegenständlichen Fahrzeug des Klägers eine unfallbedingte merkantile Wertminderung in Höhe von 350,00 € verbleiben wird. Bezüglich des weiteren Inhalts des Gutachtens wird auf Anlage K_1, Bl. 9ff d.A. verwiesen. Für das Gutachten zahlte der nicht vorsteuerabzugsberechtigten Kläger gegenüber dem Ingenieurbüro B 1.436,76 €.

    5
    Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 07.03.2023 mit, dass sie die Beschädigungen an dessen Fahrzeug unter Berücksichtigung der Beschädigungen an dem von ihr versicherten Fahrzeug und aufgrund des Vorschadens nicht plausibel nachvollziehen könne und bat darum, eine Nachbesichtigung des klägerischen Fahrzeugs durchführen zu können. Diese fand am 27.03.2023 statt. Zu dieser Nachbesichtigung begleitete den Kläger auf dessen Wunsch hin der Dipl.-Ing.

    6
    B, der auch das private Gutachten erstattet hatte. Hierfür entstanden dem Kläger Kosten für den Dipl.-Ing. B in Höhe von 297,50 €.

    7
    Der Kläger machte bei der Beklagten die Reparaturkosten in Höhe von 9.811,61 €, die Wertminderung in Höhe von 350,00 €, eine Unkostenpauschale in Höhe von 30,00 €, die Kosten für das Gutachten in Höhe von 1.436,76 € und die Kosten für die Nachbesichtigung des Gutachters in Höhe von 297,50 € geltend. Daraufhin zahlte die Beklagte auf die Reparaturkosten lediglich einen Betrag in Höhe von 4.084,72 € und auf die Wertminderung einen Betrag in Höhe von 200,00 €. Dabei stützte sie sich auf ein von ihr privat eingeholten Gutachtens des Sachverständigen D, der die Reparaturkosten und die Wertminderung nur in dieser Höhe für begründet erachtete. Die Unkostenpauschale und die Kosten für das Gutachten beglich sie vollständig. Die Kosten für die Nachbesichtigung erstatte die Beklagte nicht.

    8
    Der unstreitig beschädigte Scheinwerfer rechts wurde bereits vom Kläger ausgetauscht.

    9
    Der Kläger erhob schließlich Klage gegen die Beklagte, die dieser am 16.11.2023 zugestellt wurde.

    10
    Der Kläger behauptet, durch den Unfall seien folgende Schäden am Auto entstanden:

    11
    -  lackierte Blende über dem Nebelscheinwerfer rechts verschrammt

    12
    -  Blende Nebelscheinwerfer angeschrammt

    13
    -  PDC-Sensor außen rechts angestoßen

    14
    -  Spoiler unten rechts verschrammt, unten links verschrammt

    15
    -  Unterbodenverkleidung - Halter abgerissen

    16
    Zudem sei ihm durch den Unfall ein Schaden an der Achse vorne rechts und der Lenkung entstanden. Zudem betrage der angesetzte Preis für einen neuen Scheinwerfer 1.047,77 €, sodass weiterhin ein Betrag in Höhe von 551,00 € offen sei.

    17
    Daher beliefen sich die Reparaturkosten insgesamt auf 9.811,61 € und die Wertminderung betrage 350,00 €, sodass ihm abzüglich des gezahlten Betrages weitere 6.174,39 € zustehen würden.

    18
    Der Kläger ist der Ansicht, er sei berechtigt, den von ihm beauftragten Kfz-Sachverständigen aus Gründen der Waffengleichheit zu der Begutachtung hinzuzuziehen. Die damit verbundenen Kosten seien ihm von der Beklagten zu erstatten. Zudem stehe ihm ein Anspruch auf Freistellung von den ‒ nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung übrig gebliebenen -

    19
    Rechtsanwaltskosten zu.

    20
    Ursprünglich hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.174,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und den Kläger von ihm außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.054,10 € freizustellen.

    21
    Am 18.12.2023 zahlte die Beklagte an den Kläger auf die geltend gemachte Freistellung von den Rechtsanwaltskosten einen Betrag in Höhe von 627,13 €. Dabei handelte es sich um den Betrag der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die für einen Gegenstandswert in Höhe der regulierten Kosten seitens der Beklagten anfallen. Sodann erklärten beide Parteien hinsichtlich des Antrags auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 € übereinstimmend die Erledigung.

    22
    Zuletzt beantragt der Kläger,

    23
    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.174,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und den Kläger von ihm außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 426,97 € freizustellen.

    24
    Die Beklagte beantragt,

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                  die Klage abzuweisen.

    26
    Die Beklagte ist der Ansicht, die zur Teilnahme an der Nachbesichtigung entstandenen Kosten seien nicht erstattungsfähige Kosten. Im Übrigen behauptet die Beklagte, die Reparaturkosten würden lediglich die bereits regulierten 4.084,72 € und die Wertminderung die regulierten 200,00 € betragen.

    27
    Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27.03.2024 (Bl. 245ff.

    28
    d.A.) und vom 25.10.2024 (Bl. 360 d.A.) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und eines Ergänzungsgutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. E (Bl. 275ff. d.A.) sowie auf sein Ergänzungsgutachten (Bl. 371ff. d.A.) verwiesen. Zudem hat das Gericht den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2025 ergänzend vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen

    29
    Verhandlung (Bl. 438ff. d.A.) verwiesen.

    30
    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

    31
    Entscheidungsgründe:

    32
    Die Klage ist zulässig und aus dem Tenor ersichtlichem Umfang begründet.

    33
    Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Streitig war die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs.

    34
    I.

    35
    Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung weiterer Reparaturkosten in Höhe von 551,00 € aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 S.1 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr.

    36
    1 VVG zu.

    37
    1.

    38
    Dem Kläger steht ein Betrag in Höhe von 551,00 € für die Erneuerung des Scheinwerfers zu.

    39
    Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (sogenannte „Ersetzungsbefugnis“).

    40
    Unstreitig wurde durch den Unfall der Scheinwerfer des klägerischen Fahrzeugs beschädigt und dieser musste ersetzt werden. Erstattungsfähig gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist daher der erforderliche Geldbetrag für den Ersatz des Scheinwerfers. Bei dem beschädigten Scheinwerfer des streitgegenständlichen Fahrzeugs handelte es sich unstreitig um einen Xenonscheinwerfer und nicht um einen Halogenscheinwerfer. Erstattungsfähig sind daher die Kosten für einen Xenonscheinwerfer. Der Sachverständige E hat dazu in seinem Ergänzungsgutachten und in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass der Preis für einen Xenonscheinwerfer 1.047,77 € betrage und daher der Wert, den der Kläger durch sein privates Gutachten für den Ersatz des Xenonscheinwerfers geltend gemacht hat, zu bestätigen sei. Der Wert in Höhe von 496,77 €, der im privat eingeholten Gutachten der Beklagten angegeben wurde und dessen Kosten die Beklagte regulierte, entsprach lediglich dem Preis für einen Halogenscheinwerfer.

    41
    Die Differenz ergibt den Wert von 551,00 €.

    42
    2.

    43
    Im Übrigen steht dem Kläger kein Anspruch auf Erstattung der weiteren Reparaturkosten zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die geltend gemachten Schäden, nämlich: lackierte Blende über dem Nebelscheinwerfer rechts verschrammt, Blende Nebelscheinwerfer angeschrammt, PDC-Sensor außen rechts angestoßen und Schaden an der Achse rechts und der Lenkung vorliegen bzw. bezüglich der geltend gemachten Schäden: Spoiler unten rechts verschrammt, unten links verschrammt und Unterbodenverkleidung - Halter abgerissen durch den streitgegenständlichen Unfall entstanden sind.

    44
    a)

    45
    Der Sachverständige stellte fest, dass an der lackierten Blende über dem Nebelscheinwerfer rechts und die Blende des Nebelscheinwerfers rechts keine unfallbedingten Beschädigungen vorliegen. Gleiches stellte er für den PDC-Sensor außen rechts, welcher für die Einparkhilfe zuständig ist, fest. Diese Feststellungen decken sich mit den Bildern, die der Sachverständige bei der Begutachtung des Fahrzeugs angefertigt hatte und die er seinen Feststellungen beifügt hatte.

    46
    Das Gutachten ist schlüssig und in sich nachvollziehbar. Widersprüche ergeben sich nicht. Auch die Argumentation des Klägers, der Sachverständige hätte sich die Originalbilddateien anschauen sollen, da Schrammspuren ca. 17 Monate nach dem Schadensereignis sich nicht mehr so klar erkennen ließen, verfängt nicht. Das Gericht hat keine Zweifel, dass der Sachverständige das Fahrzeug gründlich untersucht und keine Schäden festgestellt hat. Eine augenscheinliche Untersuchung ist auch genauer als die bloße Analyse von Fotos. Vielmehr spricht die Behauptung des Klägers, dass Schrammen ‒ auf welche Art auch immer ‒ ohne Reparatur verschwunden sein sollen, vielmehr dafür, dass Schäden von Anfang an nicht vorgelegen haben. Insofern führt auch der Sachverständige aus, dass es sich bei den „vermeintlichen“ Kratzern lediglich um Schmutzvermischungen gehandelt habe, die nachträglich entfernt worden seien.

    47
    b)

    48
    Der Sachverständige stellt zudem fest, dass ein Schaden an der Achse und der Lenkung nicht nachgewiesen werden könne.

    49
    Vor Begutachtung durch den Sachverständigen sei die Achse durch den Kläger bereits vermessen und eingestellt worden, sodass der Zustand der Achsgeometrie unmittelbar nach dem Unfallereignis nicht mehr vorhanden gewesen sei. Allerdings stellt der Sachverständige fest, dass das ihm zur Verfügung gestellte Achsvermessungsprotokoll für eine objektive Beurteilung ungeeignet gewesen sei, da die Hinterachsgeometrie außerhalb der Toleranzwerte läge. Um Rückschlüsse auf mögliche Beschädigungen der Vorderachse ziehen zu können, müssen die Hinterachsgeometriewerte innerhalb der Herstellertoleranzen liegen. Seien die

    50
    Hinterachsparameter (z. B. Spur und Sturz) bereits verstellt, sei die Interpretation von Veränderungen an der Vorderachse verfälscht, da die Hinterachse als Referenz diene. Das war hier der Fall, sodass nachweislich eine Objektivität nicht gegeben war. Die Achsvermessung basiere auf einem festen Koordinatensystem, das oft durch die Lage und Ausrichtung der Hinterachse definiert werde. Wenn die Hinterachse verstellt sei (z. B. durch einen nicht korrekten Sturz oder eine veränderte Spur), beeinflusse dies das gesamte Bezugssystem und somit auch die Messwerte der Vorderachse. Ein unfallbedingter Schaden könne daher nicht nachgewiesen werden.

    51
    Weiter stellte der Sachverständige fest, dass bei einem Anstoß im vorderen Radbereich  auch zu erwarten sei, dass der Spurwert sich in den positiven Bereich orientiere. Im Fachjargon spreche man dann von einer Vorspur. Die Achswerte würden jedoch eine Nachspur darstellen. Vor diesem Hintergrund stünde die Verstellung der Spur vorne rechts diametral zu der Anstoßrichtung. Der Nachlaufwinkel rechts liege außerhalb der Toleranz, wobei der Wert von einem positiven Winkel (> +3) in einen negativen Bereich gewechselt sei. Ein negativer Nachlaufwinkel deute darauf hin, dass der Reifen von vorne nach hinten auf der Lauffläche belastet wurde. Die dokumentierten Spuren befänden sich jedoch ausschließlich an der Reifenflanke. Somit sei eine schadenbedingte Verstellung des Nachlaufs nicht nachvollziehbar.

    52
    Der Nachlauf beschreibe den Winkel zwischen der Senkrechten durch den

    53
    Drehpunkt der Achse und dem Kontaktpunkt des Reifens mit der Straße. Da der Nachlauf die Lenkgeometrie und die Stabilität des Fahrzeugs beeinflusse, würde er immer im Verhältnis zur Gesamtachsausrichtung des Fahrzeugs betrachtet. Eine falsch eingestellte Hinterachse könne zu einer scheinbaren Nachlaufverstellung an der Vorderachse führen, ohne dass tatsächlich ein Problem an der Vorderachse vorliege.

    54
    Die Ausführungen des Sachverständigen sind überzeugend. Er begründet sein Ergebnis verständlich und nachvollziehbar. Widersprüche ergeben sich innerhalb seines Gutachtens nicht. Auf die Einwendungen des Klägers konnte der Sachverständige seine Ergebnisse begründen und die Einwendungen nachvollziehbar ablehnen. Das Gericht hat keinen Anlass, an den Ergebnissen des Sachverständigen zu zweifeln.

    55
    Etwas Anderes ergab sich auch nicht aus dem Einwand des Klägers, dass im Rennsport bestimmte Werte isoliert gemessen und eingestellt werden können und damit die Angaben des Sachverständigen falsch seien. Diesem Einwand vermag das Gericht nicht zu folgen. Denn auch diesbezüglich hat der Sachverständige nachvollziehbar und plausibel begründet, dass es vorkommen könne, dass im Rennsport bestimmte Werte (wie Nachlauf oder Sturz an der Vorderachse) isoliert gemessen und eingestellt werden, jedoch immer unter Berücksichtigung der Hinterachse als Bezugspunkt. Im professionellen Motorsport gäbe es präzisere Werkzeuge und Methoden, wie z. B. Laservermessung oder dynamische Messstände, die es erlauben, einzelne Parameter gezielt zu betrachten. Dennoch bleibe die Hinterachse auch hier eine wichtige Referenz. Während im Straßenfahrzeug die Achseinstellungen primär auf Sicherheit, Reifenverschleiß und Langzeitstabilität ausgelegt seien, stünden im Rennsport Performance und Fahrzeughandling im Vordergrund. Trotzdem werde der Nachlauf im Kontext der Gesamtfahrwerksgeometrie gemessen und bewertet.

    56
    c).

    57
    Ebenfalls geht das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass am Spoiler unten rechts zwar eine Beschädigung vorliegt, das vorliegende Schadenbild jedoch nicht auf einen Kontakt mit einem anderen Fahrzeug schließen lässt und daher nicht auf dem streitgegenständlichen Unfall beruht. Der Sachverständige stellte insoweit fest, dass die Art der Kratzbeschädigung, insbesondere die unregelmäßigen und rauen Beschädigungsmuster, darauf hindeuten würden, dass der Schaden durch den Kontakt mit einem harten, rauen Gegenstand verursacht worden sei. Die Spuren weisen auf eine oberflächliche Beschädigung hin, die typischerweise bei einem Anstoß an eine raue Oberfläche eintrete.

    58
    d).

    59
    Auch bezüglich der Unterbodenverkleidung geht das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Schaden nicht auf dem Unfallereignis beruht.

    60
    Zu Bild 5 des Ergänzungsgutachtens hat der Sachverständige erklärt, dass hier schon kein Schaden erkennbar gewesen sei, diesbezüglich aber auch keine Kosten geltend gemacht würden. Der Sachverständige hat zwar auch festgestellt, dass das Luftleitblech nicht ordnungsgemäß arretiert sei. Jedoch könne er ausschließen, dass dieser Umstand auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Der Streifschaden verlaufe über die rechte Flanke des Fahrzeuges. Die Lage sowie der Höhenunterschied der deklarierten Beschädigungen würden darauf hindeuten, dass der Kontaktpunkt des Streifschadens deutlich über der Unterbodenverkleidung läge, sodass eine direkte Verbindung oder Übertragung der Krafteinwirkung auf das Luftleitblech ausgeschlossen werden könne. Aufgrund dieser Geometrie sei eine direkte Verbindung oder Übertragung der Krafteinwirkung auf das Luftleitblech ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund sei von einer ereignisfremden Beschädigung auszugehen. Auch auf Nachfrage erklärte der Sachverständige, dass die Feststellung, dass das Fahrzeug im hinteren Bereich weder Kontaktspuren noch Beschädigungen aufweise, ein starkes Indiz dafür sei, dass kein Anstoß im hinteren Bereich des Rades stattgefunden habe.

    61
    Auch diesbezüglich folgt das Gericht den nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben des Sachverständigen. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben vermag das Gericht nicht erkennen.

    62
    e)

    63
    Die Kosten der Reparatur schätzt der Sachverständige anhand der festgestellten

    64
    Schäden auf den Wert, den auch das vorprozessual von der Beklagten eingeholte Gutachten zu Grunde gelegt hat, mit Ausnahme der Kosten für den Scheinwerfer. Die Reparaturkosten sind von der Beklagten, mit Ausnahme der weiteren 551,00 € für den Scheinwerfer, bereits vorprozessual beglichen worden.

    65
    II.

    66
    Der Kläger kann einen restlichen Wertminderungsbetrag in Höhe von Euro 35,00 € verlangen.

    67
    Die fehlende Unfallfreiheit eines Fahrzeugs kann auf dem Markt mit einem erheblichen Preisabschlag verbunden sein, selbst wenn das Fahrzeug vollständig und ordnungsgemäß wieder Instandgesetzt worden ist. Dieser Preisabschlag (Differenz zwischen erzielbarem Kaufpreis vor dem Unfall und nach dem Unfall nach erfolgter Reparatur = sog. merkantile Minderwert) hat der Schädiger zu ersetzen, unabhängig davon, ob der Geschädigte konkret oder (wie vorliegend) fiktiv abrechnet. Der Ausgleich der Wertminderung ist in der Sache rechtlich nicht ein Teil der Herstellung des § 249 BGB, sondern Wertersatz, der infolge der ungenügenden Wiederherstellung nach § 251 Abs. 1 Alt. 2 BGB zu leisten ist (Juris PK Straßenverkehrsrecht 2. Auflage § 249 Rn. 168).

    68
    Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme schätzt das Gericht unter Berücksichtigung der Angaben des Sachverständigen gem. § 287 ZPO, dass die Wertminderung des Fahrzeugs aufgrund des Unfalls 235,00 € beträgt.

    69
    Der Sachverständige hat den Wert nach Auswertung sämtlicher die merkantile

    70
    Wertminderung               beeinflussender               Faktoren               anhand               der               Marktrelevanz-               und

    71
    Faktorenmethode (MFM) sowie des BVSK-Wertminderungsmodells ermittelt. Beide Methoden berücksichtigen neben der Eingriffsintensität in die Fahrzeugstruktur auch die Marktgängigkeit des Fahrzeuges sowie den gegebenenfalls vorliegenden Einfluss von Vorschäden. Bei beiden Methoden kommt ein Wert von ca. 235,00 € heraus.

    72
    Anschließend schätzt er den merkantilen Minderwert auf 200,00 €.

    73
    Unter Zugrundelegung dieses Ergebnisses geht das erkennende Gericht anhand der Berechnungsmethoden von einem Wert in Höhe von 235,00 € aus. Die Schätzung des Sachverständigen auf lediglich 200,00 € deckt sich nicht mit seinen Berechnungsmethoden. Zudem mangelt es an einer Begründung, warum der Wert 35,00 € unter den nachvollziehbaren Berechnungsmodellen liegt.

    74
    In den seitens von den Parteien vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachten wurde die Ermittlung und Herleitung des Wertminderungsbetrages hingegen nicht in ausreichend nachvollziehbarer Weise erläutert, sondern vielmehr anhand allgemeiner Kriterien und bloßen Aussagen geschätzt.

    75
    Nach der vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 200,00 € ergibt sich somit der noch offene Betrag in Höhe von 35,00 €.

    76
    III.

    77
    Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe von 297,50 €, die aufgrund der Hinzuziehung dessen bei der Begutachtung durch die Beklagte entstanden sind, aus §§ 7 StVG, § 115 VVG i. V. m. § 249 Abs. 2 BGB zu. Die Sachverständigenkosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.11.2004 ‒ VI ZR 365/03).

    78
    Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit ist auf Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen, denn es kommt darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (vgl. BGH a.a.O.).

    79
    So war es hier. Der Kläger durfte die Hinzuziehung des Sachverständigen anlässlich des durch die Beklagte anberaumten Besichtigungstermins für erforderlich achten. Seitens der Beklagten bestanden in Bezug auf die Schadenshöhe offensichtlich Zweifel, weswegen eine Zahlung bisher nicht erfolgte und diese einen Termin zur Nachbesichtigung wollte. Der Kläger konnte von einem von der Versicherung beauftragten Sachverständigen nicht zwingend eine unabhängige Expertise erwarten. Aus seiner Sicht stand zu befürchten, dass durch den Versicherungsgutachter später nicht rekonstruierbare Feststellungen einseitig getroffen würden. Dabei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass dem Haftpflichtversicherer die Möglichkeit der Nachprüfung der von dem Geschädigten geltend gemachten Schäden zusteht. Indes stellt es für den Geschädigten erforderlichen Herstellungsaufwand dar, dass er bei der Besichtigung durch den Sachverständigen des Haftpflichtversicherers mit eigener Sachkunde zugegen ist, wenn dieser vorher die Schäden nicht reguliert hat und zu befürchten ist, dass materielle Einwendungen in Bezug auf die eigene Einstandspflicht erhoben werden (vgl. auch AG Siegburg, Urteil vom 06.02.2019 ‒ 110 C 112/18; LG Hamburg, Urteil vom 09.07.2015 - 323 S 13/15; AG Kaiserslautern, Urteil vom 26.06.2014 ‒ 11 C 416/14).

    80
    IV.

    81
    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog.

    82
    V.

    83
    Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten in Höhe von 86,63 € aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 VVG. Der Kläger durfte sich zur Wahrnehmung seiner Rechte eines Rechtsanwalts bedienen. Die vorgerichtlichen Anwaltkosten sind daher unabhängig vom Verzug Teil des Schadens und daher zu erstatten.

    84
    Die Höhe ergibt sich aus Folgendem:

    85
    Reparaturkosten netto               4.635,72 €

    86
    Wertminderung               235,00 €

    87
    Gutachterkosten               1.436,76 €

    88
    Gutachterkosten Nachbesichtigung 297,50 €

    89
    Auslagenpauschale               30,00 €

    90
    Gesamt:               6.682,50 €

    91
    1,3 Gebühr hieraus:               579,80 €

    92
    Zzgl. Auslagenpauschale:               20,00 €

    93
    Zzgl. USt               113,96 €

    94
    Gesamt:               713,76 €

    95
    Die Beklagte hat bereits 627,13 € bezahlt, so dass noch ein Restbetrag von 86,63 € zur Zahlung offen ist.

    96
    Ein weiterer Freistellungsanspruch steht dem Kläger nicht zu, da insofern die Hauptforderung unbegründet ist.

    97
    VI.

    98
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91a, 92 Abs. 1 S. 2 ZPO.

    99
    Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über den darauf entfallenden Teil der Kosten gem. § 91a ZPO auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes unter Berücksichtigung billigen Ermessens zu entscheiden. Die Entscheidung fällt zulasten der Beklagten. Denn in dieser Höhe war der Anspruch bei Erhebung der Klage zulässig und begründet, vgl. auch Ziff. V, und ist durch die Zahlung der Beklagten nach Rechtshängigkeit unbegründet geworden, da insoweit die Forderung erloschen ist, § 362 Abs. 1 BGB. Eine Berücksichtigung der Grundsätze  des § 93 ZPO kam nicht in Betracht, da die Zahlung erst nach dem Stellen des vollständigen Klageabweisungsantrags erfolgte.

    100
    VII.

    101
    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    102
    Der Streitwert wird auf 6.174,39 € festgesetzt.