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  • 08.05.2023 · IWW-Abrufnummer 235113

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.11.2015 – I-16 U 227/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf


    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das am 14.10.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf- Az.: 7 O 309/13 - wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

    Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    1
    G r ü n d e :

    2
    I.

    3
    Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung restlicher Provisionen für das Jahr 2010 aus einem zwischenzeitlich beendeten Agenturvertrag.
     
    4
    Der Kläger vermittelte als selbstständiger Handelsvertreter gemäß §§ 84 ff. HGB auf Basis eines zwischen ihm und der A 1 AG und der A 2 AG - beide gingen später in der Beklagten auf - am 01.02.1979 geschlossenen Agenturvertrags Versicherungs- und Bausparverträge für diese Gesellschaften. Wegen der vertraglichen Einzelheiten wird auf die Anlage C 2 nebst den als Anlage C 4 vorgelegten, zuletzt maßgeblichen „Provisionsbestimmungen“ Bezug genommen. Mit Vereinbarung vom 03./05.11.2009 (Anlage C 3) wurde der Agenturvertrag auf Wunsch des Klägers zum 31.12.2009 beendet und der von ihm betreute Versicherungsbestand den A-Gesellschaften zur Verfügung gestellt, die diesen auf die B übertrugen. Der Kläger war/ist über die Versicherungsmaklergesellschaft C, deren Geschäftsführer er ist, weiterhin als Versicherungsvermittler/-makler tätig.

    5
    Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.01.2013 (Anlage K 3) forderte der Kläger bei der Beklagten die Abrechnungsunterlagen (Provisionsabrechnungen bzw. Vergütungsnachweise) für das Jahr 2010 unter Fristsetzung bis zum 17.01.2013 an. Mit Schreiben vom 21.01.2013 (Anlage K 4) übersandte die Beklagte dem Kläger über seinen anwaltlichen Vertreter Reproduktionen der Vergütungsnachweise, die von dem Kläger als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegt wurden und die folgenden Haben- bzw. Sollsalden ausweisen:

    6
    Januar 2010: € 7.131,14
    Februar 2010: - € 16.524
    März 2010: € 19.005,73
    April 2010: - € 9.706,23
    Mai 2010: - € 3.392,25
    Juni 2010: € 310,28
    Juli 2010: € 805,45
    August 2010: € 1.167,54
    September 2010: - € 8.947,22
    Oktober 2010: - € 1.101,35
    November 2010: - € 841,37
    Dezember 2010: - € 886,37

    Saldo: - € 12.979,55

    7
    Habenbuchungen in Höhe von insgesamt € 28.420,14 stehen insofern Sollbuchungen in Höhe von insgesamt € 41.399,69 gegenüber. Wegen der Einzelheiten der Abrechnungen wird auf das Anlagenkonvolut K 1 verwiesen.

    8
    Mit E-Mail vom 22.08.2013 (Anlage K 2) wies die Beklagte unter Hinweis auf im Abrechnungszeitraum 2010 bestehende Sollbuchungen in Höhe von - € 60.343,57 die an sie seitens des Klägers gerichteten Zahlungsansprüche zurück.

    9
    Am 27.12.2013 reichte der Kläger beim Landgericht Düsseldorf Klage mit dem Antrag ein, die Beklagte zu verurteilen, an ihn die Summe aus allen von ihr - der Beklagten - in seinen - des Klägers - Vergütungsnachweisen für das Jahr 2010 ins Haben gebuchten Provisionen (Anlage K 1) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen. Die Klage wurde der Beklagten auf die prozessleitende Verfügung der zuständigen Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23.01.2014 am 28.01.2014 zugestellt, nachdem der Kläger am 17.01.2014 die mit Vorschussrechnung vom 14.01.2014 angeforderten Gerichtskosten gezahlt hatte. Die der beglaubigten und einfachen Abschrift der Klageschrift beigefügte, für die Beklagte bestimmte und übermittelte Fassung der Anlage K 1 entsprach dabei - wie vom Kläger unter Hinweis auf § 131 Abs. 3 ZPO beabsichtigt - nicht dem zur Gerichtsakte gereichten Anlagenkonvolut K 1, sondern bestand lediglich aus vier Seiten. Der Kläger schätzte in seiner Klageschrift die gesamten Habenbuchungen des Jahres 2010 auf einen Betrag von € 47.264,02; eine exakte Addition war ihm - nach seinen eigenen Angaben in der Klageschrift - zu zeitaufwendig. In seinem Schriftsatz vom 12.05.2014 (dort Seite 2), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat er die Summe der Habenbuchungen dann mit € 55.941,28 angeben und eine Bezifferung seiner Klage auf diesen Betrag hin vorgenommen.

    10
    Der Kläger hat vorgetragen, die ursprünglich erhobene Klage sei hinreichend bestimmt und zur Hemmung der Verjährung geeignet gewesen. Er habe Anspruch auf restliche Provisionen für das Jahr 2010 in Höhe von insgesamt € 55.941,38, sich zusammensetzend aus sämtlichen Habenbuchungen der als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten Vergütungsnachweise der Beklagten, die ihm erstmals mit Schreiben der Beklagten vom 21.02.2013 (Anlage K 4) zugegangen seien. Indem die Beklagte die Provisionen in dem Vergütungsnachweisen unter „Haben“ verbucht habe, habe sie deren Berechtigung anerkannt. Bei den Vergütungsnachweisen handele es sich um Provisionsabrechnungen im Sinne des § 87c Abs. 1 HGB, denen der Charakter eines abstrakten Schuldanerkenntnisses zukomme. Die in den Abrechnungen enthaltenen Sollbuchungen erkenne er nicht an und bestreite deren Rechtmäßigkeit. Mit der von der Beklagten mit der Klageerwiderung als Anlage C 1 vorgelegten tabellarischen Aufstellung habe diese die Berechtigung der Sollbuchungen nicht hinreichend substantiiert dargetan. Er bestreite, dass er nach seinem Ausscheiden überhaupt einer Stornohaftung unterlegen habe und dass die Voraussetzungen, unter denen eine Stornobuchung zulässig gewesen wäre, vorgelegen hätten, namentlich dass eine korrekte Nachbearbeitung stattgefunden hätte oder eine solche entbehrlich gewesen wäre. Die Richtigkeit der in der Anlage C 1 enthaltenen Angaben werde ausdrücklich bestritten.

    11
    Der Kläger hat - entsprechend seinem Schriftsatz vom 12.05.2014 - beantragt,

    12
    die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 55.941,38 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen.

    13
    Die Beklagte hat beantragt,

    14
    die Klage abzuweisen.

    15
    Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Ansicht vertreten, dass die ursprüngliche Klage nicht geeignet gewesen sei, den Lauf der Verjährungsfrist zu hemmen; jedenfalls sei der mit der Klageerweiterung geltend gemachte „überschießende“ Betrag von knapp € 14.000,00 verjährt. Sämtliche vom Kläger als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten, den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 betreffenden Vergütungsnachweise seien diesem nach Beendigung des Agenturvertrags bzw. seinem Ausscheiden monatlich zugesandt worden, weshalb etwaige Provisionsansprüche des Klägers daher zum 31.12.2013 verjährt seien. Sofern dem Kläger die Abrechnungen erst im Februar 2013 zugegangen sein sollten, hätte sich dieser jedenfalls grob fahrlässig verhalten, indem er nicht zuvor bei ihr Abrechnungen angefordert habe.

    16
    Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.07.2014 (dort Seite 9 ff.) unter Bezugnahme auf eine als Anlage C 5 vorgelegte tabellarische Aufstellung, die eine Fortschreibung/Überarbeitung der Anlage C 1 darstellt, die schlagwortartige Angaben zu den im Zeitraum Januar bis Dezember 2010 in den Vergütungsnachweisen enthaltenen Sollbuchungen in Höhe von insgesamt € 60.343,57 enthält, die Berechtigung dieser Belastungen verteidigt und vorgetragen, dass eine Vielzahl der vom Kläger ursprünglich vermittelten Verträge während der vereinbarten Stornohaftzeit, die grundsätzlich 5 Jahre betragen habe, ins Storno gelaufen sei. Teils habe es sich noch um Vorgänge aus dem Jahr 2009 gehandelt, so dass dem Kläger selbst noch eine Stornoabwehr möglich gewesen sei. Teils sei es zu Risikowegfällen gekommen, bei denen eine Nachbearbeitung von vornherein ausgeschieden sei. Bei sog. „Kleinstornos“ seien Maßnahmen zur Stornoabwehr von vorneherein nicht veranlasst gewesen. Darüber hinaus sei es zu Kündigungen von Versicherungsverträgen durch den Kläger selbst aufgrund der diesem erteilten Maklervollmacht gekommen; der Kläger habe zu Lasten seines Bestandsnachfolgers „Umdeckung“ betrieben, sprich diesem Kunden „abspenstig“ gemacht und diese dann im eigenen Provisionsinteresse über seine Maklerfirma Dritten vermittelt; auch in diesen Fällen könne eine Nachbearbeitung nicht verlangt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Seiten 9 ff. des Beklagtenschriftsatzes vom 30.07.2014 nebst der Anlage C 5 Bezug genommen.

    17
    Mit dem Kläger sei grundsätzlich eine Stornohaftzeit von 5 Jahren vereinbart worden; dies ergebe sich aus den „Provisionsbestimmungen“ (Anlage C 4). Darüber hinaus folge die Stornohaftung aber auch aus § 87a Abs. 2, 3 HGB und erfasse auch die Zeit nach Beendigung des Agenturvertrags. Für von der gesetzlichen Regelung abweichende Absprachen sei der Kläger darlegungs- und beweispflichtig; an entsprechendem Vortrag fehle es indes.

    18
    In dem klägerseits geforderten Betrag von € 55.941,38 seien zudem nicht nur Abschluss-, sondern auch Betreuungs- und Verwaltungsprovisionen in Höhe von € 13.805,15 (€ 55.941,38 - € 42.136,23) enthalten, auf die der Kläger jedoch aufgrund der Beendigung des Agenturvertrags keinen Anspruch mehr habe, da er ab der Vertragsbeendigung keine zu vergütenden Betreuungs- und Verwaltungstätigkeiten mehr für sie - die Beklagte - erbracht habe. Die Abschlussprovisionen beliefen sich auf lediglich € 42.136,23.

    19
    Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils, die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 29.08.2014 Bezug genommen, soweit diese den vorgenannten Feststellungen nicht widersprechen.

    20
    Die zuständige Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat mit am 14.10.2014 verkündetem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger bereits nach seinem eigenen Vorbringen ein Anspruch auf die geltend gemachte Handelsvertreterprovision nicht zustehe, weshalb dahinstehen könne, ob ein etwaiger Anspruch des Klägers aus Vertrag oder abstraktem Schuldanerkenntnis zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt bzw. die Klage zur Hemmung der Verjährung geeignet gewesen sei. Denn bereits die Berechnung des Klägers sei fehlerhaft, da die Anlage K 1 nicht lediglich die „Haben-Positionen“ ausweise, sondern auch Stornobuchungen, nach denen ein ursprünglicher Anspruch des Klägers entfallen sei. Sofern man in den Abrechnungen ein abstraktes Schuldanerkenntnis sehe, schließe dieses auch auf die in die Abrechnungen eingestellten Stornos ein. Die Saldierung der Soll- und Habenbuchungen ergebe einen negativen Betrag von € 12.979,55, so dass dem Kläger schon nach seinem eigenen Vortrag kein Anspruch zustehe. Darüber hinaus habe die Beklagte unter Vorlage der Anlage C 5 „weitere Forderungen“ gegen den Kläger vorgetragen, zu denen dieser trotz Hinweis des Gerichts in keiner Weise Stellung genommen habe, weshalb diese gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu werten seien. Dass die Beklagte nicht die Aufrechnung erklärt habe, sei unerheblich. Denn wie sich aus der vom Kläger selbst vorgelegten Anlage K 1 ergebe, habe zwischen den Parteien während ihrer jahrzehntelangen Zusammenarbeit jedenfalls eine konkludente Verrechnungsabrede bestanden. Dass der Kläger selbst von dem Bestand seiner solchen Abrede ausgehe, ergebe sich im Übrigen aus seinen eigenen Ausführungen in der Klageschrift. Soweit der Kläger vortrage, dass er nach Beendigung des Agenturvertrags keiner Stornohaftung mehr habe unterliegen sollen, sei dies zum einen nicht nachvollziehbar und zum anderen fehle es hierzu an substantiiertem Sachvortrag. Im Übrigen ergebe sich aus Ziff. 1.1.5 der „Provisionsbestimmungen“, auf die in dem Agenturvertrag Bezug genommen werde, ein über einen Zeitraum von 5 Jahren bestehendes Rückforderungsrecht, weshalb dieses Recht nach Beendigung des Agenturvertrags nicht mehr bestehen solle, sei nicht ersichtlich, zumal der Kläger selbst nachlaufende vertragliche Ansprüche aus dem Agenturvertrag geltend mache, die zwar nach der Vertragszeit entstanden seien, ihren Grund jedoch innerhalb der Vertragszeit hätten. Eine hiervon abweichende Vereinbarung habe der Kläger im Übrigen trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises nicht dargetan.

    21
    Den nach Schluss der mündlichen Verhandlung und der dem Kläger gewährten - stillschweigend bis zum 26.09.2014 verlängerten - Schriftsatzfrist am 12.10.2014 eingegangenen Schriftsatz des Klägers vom selben Tage hat das Landgericht bei seiner Entscheidung ausweislich der Urteilsgründe nicht berücksichtigt.

    22
    Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 14.10.2014 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Klageantrags mit seiner am 12.11.2014 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Berufung, die er mit am 13.01.2015 eingegangenem Schriftsatz, nachdem die Berufungsbegründungfrist bis zum 14.01.2015 verlängert worden war, - wie folgt - begründet hat: Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft die Klage abgewiesen; es habe unzutreffend angenommen, dass sich das Anerkenntnis auf das Gesamtergebnis sämtlicher Soll- und Habenbuchungen beziehe, so dass er nicht ausschließlich Zahlung der ins Haben gebuchten Beträge habe fordern können. Die Beklagte habe ihm jedoch mit den als Anlage K 1 vorgelegten Vergütungsnachweisen rechtsverbindlich mitgeteilt, welche Provisionen er insoweit verdient habe, weshalb er zu den einzelnen Provisionsforderungen auch nicht näher habe vortragen müssen. Dieses Anerkenntnis habe auch Betreuungs- und Verwaltungsprovisionen beinhaltet; eine Kondiktion scheide insoweit aus, weil die Beklagte die Gründe, aus denen sie das Anerkenntnis nunmehr kondizieren wolle, bei dessen Abgabe gekannt habe. Für das Bestehen von Provisionsrückforderungsansprüchen sei demgegenüber die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Ihrer diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast sei die Beklagte indes nicht hinreichend nachgekommen. Das Landgericht habe insoweit vielmehr den entsprechenden Vortrag der Beklagten zu Unrecht als unstreitig gewertet und dabei sein - des Klägers - Bestreiten der Rechtmäßigkeit der Sollbuchungen in der Klageschrift und der Replik vom 12.05.2014 missachtet, das auch Wirkung für das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 30.07.2014 und der mit diesem vorgelegten Anlage C 5 entfaltet habe, bei der es sich im Übrigen im Kern lediglich um eine Wiederholung der Anlage C 1 handele, gegen die er sich explizit in der Replik gewandt habe. Sein einfaches Bestreiten mit Nichtwissen sei insoweit auch ausreichend gewesen, da es um Sachverhalte nach Beendigung seiner Tätigkeit als Handelsvertreter für die Beklagte ginge, die damit nicht Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen seien; es sei ihm auch nicht möglich gewesen, Erkundigungen zu den meist lediglich stichwortartig angegebenen Stornogründen und den Maßnahmen der Stornoabwehr einzuholen, weil er die Daten der betreffenden Versicherungsnehmer nicht gekannt habe bzw. kenne. Die Zulässigkeit eines gemäß § 138 Abs. 4 ZPO statthaften Bestreitens mit Nichtwissen hänge überdies nicht von der Substanz des gegnerischen Sachvortrags, sondern lediglich von der Möglichkeit eigener Wahrnehmung ab. Im Übrigen habe die Beklagte nicht substantiiert dargetan, wann welche Erklärung des Versicherungsnehmers (Kündigungen, Mitteilungen von Risikowegfall etc.) eingegangen sein sollen, wann welche Mahnungen erfolgt seien etc. Die Beklagte habe vielmehr zu einer ausreichenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge überhaupt nicht - jedenfalls nicht ausreichend - vorgetragen, schon gar nicht dazu, wann und dass sie diese unverzüglich geleistet habe. Die bloße Versendung von Stornogefahrmitteilungen an den Nachfolger sei keine ausreichende Maßnahme der Stornoabwehr. Selbst bei Anerkennung einer Bagatellgrenze wäre von der Beklagten zumindest eine schriftliche oder telefonische Nachbearbeitung vorzunehmen gewesen.

    23
    Ferner seien die Feststellungen des Landgerichts dazu, dass er - der Kläger - überhaupt einer nachvertraglichen Stornohaftung unterlegen habe, was von der Beklagten darzulegen gewesen wäre, rechtsfehlerhaft. Die von der Beklagten als Anlage C 4 vorgelegten „Provisionsbestimmungen“ stammten aus dem Jahr 2004, während der Agenturvertrag im Jahr 1979 geschlossen worden sei, so dass der Agenturvertrag - da er auch keine dynamische Verweisungsklausel enthalte - nicht auf diese „Provisionsbestimmungen“ habe verweisen können. Dass und wie diese „Provisionsbestimmungen“ aus dem Jahr 2004 zwischen ihnen vereinbart worden sein sollen, hätte die Beklagte weder vorgetragen noch sei dies sonst ersichtlich.

    24
    Jedenfalls fehle es an einer Aufrechnungserklärung der Beklagten. Eine solche sei - entgegen der Ansicht des Landgerichts - auch nicht deswegen entbehrlich gewesen, weil eine Kontokorrentabrede bestanden habe. Vom Handelsvertreter bestrittene Ansprüche auf Provisionsrückzahlungen dürften vom Unternehmer nicht in ein Kontokorrent eingestellt werden.

    25
    Der Kläger beantragt,

    26
    unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 14.10.2014 - Az.: 7 O 309/13 - die Beklagte zu verurteilen, an ihn - den Kläger - € 55.951,38 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen.

    27
    Die Beklagte beantragt,

    28
    die Berufung zurückzuweisen.

    29
    Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Tatsächlich sei die Klageforderung bereits verjährt; die Klage habe angesichts ihrer Unbestimmtheit die Verjährung nicht hemmen können. Die monatlichen Abrechnungen stellten auch kein abstraktes Schuldanerkenntnis dar; es fehle bereits an einer Annahme durch den Kläger. Sie habe insbesondere auch nicht anerkannt, dass der Kläger Anspruch auf Bestandspflege- und Verwaltungsprovisionen für die Zeit nach Beendigung des Agenturvertrags habe. Es sei auf Seiten des Klägers kein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründet worden, dass ihm diese Beträge zustünden, zumal er die monatlich an ihn versandten Provisionsabrechnungen nach seiner Behauptung ja überhaupt nicht erhalten haben wolle. Dafür, dass § 87a Abs. 2, 3 HGB abbedungen sei und damit eine Stornohaftung nach Vertragsende bzw. für nachlaufende Provisionen entfalle, sei der Kläger darlegungs- und beweispflichtig; an entsprechendem Vortrag fehle es jedoch. Derartige Absprachen habe es auch nicht gegeben.

    30
    Vorsorglich erklärt die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung ausdrücklich die Aufrechnung mit den sich aus den Abrechnungen ergebenden Provisionsrückforderungsansprüchen.

    31
    Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

    32
    II.

    33
    Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

    34
    A.

    35
    Die Berufung des Klägers gegen das am 14.10.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ist zulässig. Die Berufung ist gemäß §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt € 600,00 (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die fristgerecht eingereichte Berufungsbegründung genügt den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Diese beschränkt sich nicht in einer bloßen Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen, sondern richtet sich in der notwendigen Weise gegen die tragenden Erwägungen bzw. alle selbstständigen Begründungselemente/-teile der angefochtenen Entscheidung. Der Kläger rügt Rechtsverletzungen durch das Landgericht (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO), die - als zutreffend unterstellt - entscheidungserheblich wären.

    36
    B.

    37
    Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.

    38
    I.

    39
    Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von € 55.941,38 zu. Ansprüche auf Zahlung restlicher Provision bestehen lediglich in Höhe von € 42.136,23. Auch diese Ansprüche sind jedoch durch Aufrechnung mit berechtigten Provisionsrückforderungsansprüchen der Beklagten in Höhe von € 60.343,57 gemäß § 389 BGB erloschen.

    40
    1.

    41
    Ein Anspruch aus einem formlos gültigen, abstrakten Schuldanerkenntnis gemäß §§ 781, 782 BGB, 350 HGB aufgrund der dem Kläger seitens der Beklagten für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 übermittelten Vergütungsnachweise (Provisionsabrechnungen) in Höhe von € 55.941,38 scheitert bereits daran, dass der Kläger - worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - keinen Betrag in Höhe von € 55.941,38 anerkannt hat, sondern allenfalls einen negativen Betrag in Höhe von - € 12.979,55.

    42
    a)

    43
    Die Provisionsabrechnung gemäß § 87c Abs. 1 HGB enthält die Mitteilung des Unternehmers, in welcher Höhe einem Handelsvertreter nach Auffassung seines Prinzipals ein Provisionsanspruch zusteht und wie sich dieser Provisionsanspruch zusammensetzt und errechnet; sie hat den Charakter eines abstrakten Schuldanerkenntnisses (BGH, Urt. v. 07.02.1990 - IV ZR 314/88, Juris, Rn. 8), sofern sie vom Handelsvertreter nicht nur widerspruchslos und schweigend entgegengenommen, sondern im Sinne von § 145 f. BGB angenommen wird (Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 87c Rn. 4; Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 87c Rn. 65; Thume, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 87c Rn. 16; Staub/Emde, Großkommentar zum HGB, 5. Aufl., § 87c Rn. 94 - jeweils m.w.N.), woran es vorliegend bereits fehlt.

    44
    b)

    45
    Im Übrigen sind in die Abrechnung nicht nur die zum Zeitpunkt der Abrechnung bereits unbedingt entstandenen, sondern auch solche Provisionsansprüche aufzunehmen, die zwar zunächst entstanden waren, dann aber später durch Eintritt einer auflösenden Bedingung (§ 87a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 HGB) wieder entfallen können oder schon entfallen sind und damit einen Provisionsrückforderungsanspruch begründen (Thume, in: Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, a.a.O., § 87c Rn. 13; Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 87c Rn. 60; Staub/Emde, a.a.O., § 87c Rn. 76, 78 a.E.), so dass sich das Anerkenntnis - wenn man von einem solchem im Rechtssinne ausgehen wollte -, dann auch auf die in die Abrechnungen eingestellten Sollbuchungen aufgrund von Stornierungen gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 HGB bezogen hätte, die zu Provisionsrückforderungen bzw. Stornobuchungen geführt haben. Dementsprechend wären auch die in den als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten Abrechnungen enthaltenen Soll- bzw. Stornobuchungen zu berücksichtigen, die unter dem Strich dazu führen, dass sich allein auf Basis der Provisionsabrechnungen kein (positiver) Zahlungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten begründen lässt.

    46
    2.

    47
    Auch aus § 92 Abs. 3, Abs. 4 HGB i.V.m. §§ 6, 12 des Agenturvertrags vom 01.02.1979 i.V.m. den „Provisionsbestimmungen“ steht dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung von € 55.941,38 zu, sondern lediglich in Höhe von € 42.136,23.

    48
    a)

    49
    An entsprechendem Sachvortrag zur Begründung restlicher Provisionsansprüche in Höhe von € 55.941,38 durch den Kläger fehlt es; er bezieht sich insoweit lediglich auf die als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten Provisionsabrechnungen und dort - unter Ausklammerung der Sollbuchungen - lediglich auf sämtliche darin enthaltenen Habenbuchungen. Der seine Provision einklagende Vertreter hat die Voraussetzungen des § 92 Abs. 3 Satz 1 HGB oder die seinen Anspruch stützenden abweichenden vertraglichen Vereinbarungen darzulegen und im Streitfall zu beweisen (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 36), und zwar - da jeder vermittelte Vertrag einen eigenen Provisionsanspruch begründet - für jeden Einzelvertrag (Staub/Emde, a.a.O., § 92 Rn. 81).

    50
    Auf ein seine diesbezügliche Darlegungslast erleichterndes abstraktes Schuldanerkenntnis, schon gar nicht auf ein solches, dass sich lediglich auf die Habenbuchungen bezieht, kann sich der Kläger - wie ausgeführt - nicht berufen, so dass er an sich zu jeder Habenbuchung die Voraussetzungen für einen ihm behauptetermaßen zustehenden Provisionsanspruch vorzutragen hätte. Allerdings kommt den in den von der Beklagten erstellten Vergütungsnachweisen (Provisionsanrechnungen) enthaltenen Habenbuchungen die Bedeutung eines sog. „Tatsachenanerkenntnisses“ zu. Ein solches „Tatsachenanerkenntnis“ enthält keinerlei rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners, sondern diesem kommt (lediglich) die Wirkung eines Zeugnisses des Anerkennenden gegen sich selbst zu und es stellt ein Indiz für den Richter im Rahmen der Beweiswürdigung dar oder führt sogar zu einer Umkehr der Beweislast (Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 781 Rn. 6 m.w.N.). Jedenfalls muss derjenige, der eine Forderung bestätigt, den Gegenbeweis führen, dass dem Gläubiger keine oder nur geringere Ansprüche zustehen (BGH, Urt. v. 05.05.2003 - II ZR 50/01, Juris, Rn. 13; BGH, Urt. v. 13.03.1974 - VII ZR 65/72, Juris, Rn. 14 m.w.N.).

    51
    Vom Zustandekommen eines immer formfrei möglichen, bestätigenden (deklaratorischen) Schuldanerkenntnisses, von dem ein Tatsachenanerkenntnis ebenfalls abzugrenzen und zu unterscheiden ist, kann hier deswegen nicht ausgegangen werden, weil es zum einen an der notwendigen - da es sich wie das abstrakte Schuldanerkenntnis um eine vertragliche Vereinbarung handelt - Annahme durch den Kläger und zum anderen an dem besonderen Anlass für die Vereinbarung eines bestätigenden Schuldanerkenntnisses fehlt, d.h. dass Streit oder zumindest eine (subjektive) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtliche Punkte herrschte, die die Parteien dem Streit entziehen und vergleichsweise endgültig festlegen wollten (vgl. BGH, Urt. v. 27.01.1988 - IVb ZR 82/86, Juris, Rn. 12 m.w.N.; BGH, Urt. v. 13.03.1974 - VII ZR 65/72, Juris, Rn. 13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.04.2004 - I-8 U 96/03, Juris, Rn. 13). Dafür hat der Kläger im Streitfall nichts vorgetragen und dies ist auch sonst nicht ersichtlich, so dass lediglich von einem der Beweiserleichterung dienenden Tatsachenanerkenntnis auszugehen ist, das zwar keine materiell-rechtliche Regelung für das Schuldverhältnis enthält, aber bewirkt, dass der Bestätigende beweisen muss, dass dem Gläubiger keine oder nur geringere Ansprüche zustehen. Dementsprechend hätte es der Beklagten oblegen, darzulegen und zu beweisen, dass dem Kläger keine Provisionsansprüche in Höhe von € 55.941,38 (mehr) zustehen. Diesen Nachweis hat die Beklagte indes geführt.

    52
    Sie hat in ihrem Schriftsatz vom 30.07.2014 (dort Seite 4 f.) - unwidersprochen - vorgetragen, dass in dem Betrag von € 55.941,38 lediglich in Höhe von € 42.136,23 Abschlussprovisionen enthalten gewesen seien; bei dem Differenzbetrag in Höhe von € 13.805,15 handele es sich um Betreuungs- bzw. Bestandspflege- und Verwaltungsprovisionen, auf die der Kläger nach der Beendigung des Agenturvertrags zum 31.12.2009 und der damit einhergehenden Einstellung seiner Tätigkeit für sie - die Beklagte - keinen Anspruch mehr habe (zur Rückforderung von Bestandspflegeprovisionen vgl. Senat, Urt. v. 02.10.2015 - I-16 U 182/13, Seite 15 ff. n.v.). Der Kläger ist diesem Vorbringen der Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht entgegengetreten. Auch innerhalb der ihm gewährten, bis zum 26.09.2014 stillschweigend verlängerten Schriftsatzfrist hat er sich hierzu nicht geäußert, so dass der diesbezügliche Beklagtenvortrag gemäß § 138 Abs. 2, 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist. Erst mit am 12.10.2014 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage und damit zwei Tage vor dem für den 14.10.2014 anberaumten erstinstanzlichen Verkündungstermin hat er überhaupt Stellung genommen, weshalb das Landgericht das darin enthaltene (Tatsachen-) Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht mehr berücksichtigen musste und auch nicht mehr berücksichtigt hat; es hat auch das ihm insoweit eingeräumte Ermessen (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 283 Rn. 7 m.w.N.) rechtsfehlerfrei ausgeübt. Ohnehin hat der Kläger auch in diesem Schriftsatz in Bezug auf die Verwaltungs- und Bestandspflegeprovisionen lediglich vorgetragen, dass die Beklagte diese mit anerkannt habe, ohne die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 30.07.2014 (dort Seite 4 f.) herausgestellte mangelnde Berechtigung des Klägers in Bezug auf den Erhalt bzw. das Behaltendürfen von Bestandspflege- und Verwaltungsprovisionen anzugreifen (vgl. Seite 3 seines Schriftsatzes vom 12.10.2014 unter Ziff. 4). Dies hat er auch in der Berufungsinstanz nicht nachgeholt (vgl. Seite 2 der Berufungsbegründung), so dass nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien lediglich ein Anspruch des Klägers in Höhe von € 42.136,23 auf nachlaufende Provisionen besteht, mithin auf Provisionen aus Geschäften, die der Kläger noch während seines Vertragsverhältnisses abgeschlossen hatte, die jedoch gemäß § 92 Abs. 4 HGB erst im Zeitraum Januar bis Dezember 2010 und damit nach der Beendigung des Agenturvertrags durch Prämienzahlung zur Entstehung bzw. „ins Verdienen“ gelangt sind.

    53
    b)

    54
    Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die diesbezüglichen Provisionsansprüche des Klägers nicht gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt.

    55
    aa)

    56
    Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die hier zur Anwendung kommende dreijährige Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (Nr. 2). Die streitgegenständlichen, das Jahr 2010 betreffenden Provisionsansprüche sind gemäß §§ 87a, 87c Abs. 1 HGB - unabhängig von dem zwischen den Parteien streitigen Zugang der als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten monatlichen Provisionsabrechnungen - jeweils am letzten Tag des Folgemonats fällig geworden, da weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, dass die Parteien einen längeren Abrechnungszeitraum als von höchstens drei Monaten vereinbart haben (vgl. hierzu Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 87a Rn. 45 m.w.N.), so dass mit Ausnahme der restlichen Provisionsansprüche für den Monat Dezember 2010, die dementsprechend mit Ablauf des 31.01.2011 entstanden und fällig geworden sind, die Provisionsansprüche des Klägers für die Monate Januar bis November 2010 allesamt noch im Jahr 2010 entstanden und fällig geworden sind.

    57
    bb)

    58
    Allerdings hat die Beklagte, die als Schuldnerin Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist und damit auch Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB darzulegen und zu beweisen hat (BGH, Urt. v. 03.06.2008 - XI ZR 319/06, Juris, Rn. 25; Palandt/Ellenberger, a.a.O., Überbl. Vor § 194 Rn. 24 m.w.N.) nicht dargetan, dass der Kläger vor dem Zugang der als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten Provisionsabrechnungen für die Monate Januar bis Dezember 2010 Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der darin ausgewiesenen Provisionsansprüche besessen hat. Dass dem Kläger die (Original-) Abrechnungen vor der - unstreitig - mit Schreiben vom 21.02.2013 (Anlage K 4) erfolgten Übersendung von Reproduktionen zugegangen sind und der Kläger damit Kenntnis besessen hat, hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte schon nicht schlüssig dargetan; jedenfalls fehlt es an entsprechenden Beweisangeboten zum Nachweis des Zugangs der Abrechnungen beim Kläger.

    59
    bb)

    60
    Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB - noch dazu im Jahr 2010 -  kann nicht angenommen werden, weil es an entsprechendem Vortrag der Beklagten dazu fehlt, dass der Kläger - losgelöst vom Zugang der Provisionsabrechnungen - das Bestehen der streitgegenständlichen Provisionsansprüche hätte kennen müssen. Der Kläger war insofern - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht gehalten, bei Ausbleiben der monatlichen Provisionsabrechnungen von sich aus aktiv zu werden und die Informationsrechte des § 87c HGB geltend zu machen, so dass insbesondere das Unterlassen der zeitnahen Geltendmachung des Abrechnungsanspruchs aus § 87c Abs. 1 HGB nicht als grob fahrlässige Unkenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gewertet werden kann (vgl. hierzu auch Emde, VersR 2009, 889, 894; Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 87a Rn. 47 m.w.N.).

    61
    Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 08.07. 2010 - III ZR 249/09, Juris, Rn. 28; OLG Brandenburg, Urt. v. 04.03.2015 - 4 U 46/14, Juris, Rn. 44; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 199 Rn. 36). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von „Verschulden gegen sich selbst“, vorgeworfen werden können. Allerdings trifft ihn generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (BGH, Urt. v. 10.11.2009 - VI ZR 247/08, Juris, Rn. 15 f. m.w.N.). Dies kann hier nicht angenommen werden, so dass jedenfalls durch den der Beklagten am 26.05.2014 zugestellten Schriftsatz des Klägers vom 12.05.2014 (Klageerweiterung) die Verjährung der streitgegenständlichen Provisionsansprüche gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (rechtzeitig) gehemmt worden ist, so dass die zwischen den Parteien streitige Frage dahinstehen kann, ob die Klageschrift vom 27.12.2013 - insbesondere mit Blick auf ihre Antragsfassung - zur Verjährungshemmung geeignet gewesen ist.

    62
    c)

    63
    Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Abschlussprovisionen in Höhe von € 42.136,23 ist jedoch gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung (Verrechnung) mit der Beklagten gegenüber dem Kläger zustehenden Provisionsrückforderungsansprüchen nach Maßgabe der sich aus den als Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten Provisionsabrechnungen für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 ergebenden Sollbuchungen i.V.m. der als Anlage C 5 vorgelegten tabellarischen Aufstellung der Beklagten in Höhe von insgesamt € 60.343,57 erloschen.

    64
    aa)

    65
    Der Beklagten steht gegen die Klägerin in Höhe von € 60.343,57 ein Anspruch auf Rückerstattung geleisteter Provisionsvorschüsse bzw. nicht verdienter Provisionen aus §§ 87a Abs. 3 Satz, 92 Abs. 2, Abs. 4 HGB i.V.m. dem Agenturvertrag vom 01.02.1979 (Anlage C 2) und den „Provisionsbestimmungen“ Anlage C 4) zu.

    66
    (1)

    67
    Bei dem Kläger handelte es sich um einen Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB, der aufgrund des Agenturvertrags ständig damit betraut war, Versicherungsverträge für die A-Gesellschaften bzw. die Beklagte zu vermitteln bzw. abzuschließen (§ 92 Abs. 1 HGB). Gemäß § 92 Abs. 2 HGB sind auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer grundsätzlich sämtliche Vorschriften für das Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer gemäß §§ 84 ff. HGB anzuwenden, sofern sich nicht aus § 92 Abs. 3 und Abs. 4 HGB etwas Abweichendes ergibt. Insoweit gilt für die unter § 92 HGB fallenden Vertreter ein den Besonderheiten ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit Rechnung tragendes Sonderrecht (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 9).

    68
    § 92 Abs. 4 HGB bestimmt insoweit abweichend von § 87a Abs. 1 HGB, dass der Versicherungsvertreter erst dann Anspruch auf Provision hat, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet. An die Stelle der als aufschiebende Bedingung für die Entstehung des Provisionsanspruchs des Warenvertreters nach § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB maßgeblichen Geschäftsausführung durch den Unternehmer tritt beim Versicherungsvertreter die aufschiebende Bedingung der Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer. Leistet der Versicherungsnehmer die vereinbarte Prämie nicht, tritt die für die Entstehung des Provisionsanspruchs maßgebliche aufschiebende Bedingung nicht ein; die Entstehung des Provisionsanspruchs ist somit gehindert (vgl. Thume, in: Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 1, 4. Aufl., Kap. V Rn. 503; OLG Köln, Beschl. v. 13.11.2014 - 19 U 99/14, Juris, Rn. 4; BGH, Urt. v. 01.12.2010 - VIII ZR 310/09, Juris, Rn. 14). Hiervon unberührt bleibt allerdings die Anwendbarkeit des § 87a Abs. 3 HGB und die daraus abgeleitete Nachbearbeitungspflicht des Unternehmers. Gemäß § 87a Abs. 3 Satz 1 HGB besteht auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausgeführt hat, wie es abgeschlossen worden ist. Für § 87a Abs. 2 HGB ist bei den unter § 92 HGB fallenden Verträgen kein Raum, da der Provisionsanspruch - wie dargelegt - erst mit der Zahlung der maßgebenden Prämie - unbedingt - entsteht (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 19; Senat, Beschl. v. 21.02.2007 - I-16 W 70/06, Juris, Rn. 8; Senat, Urt. v. 23.05.2014 - I-16 U 133/13 n.v.; BGH, Urt. v. 01.12.2010 - VIII ZR 310/09, Juris, Rn. 14). Dementsprechend sehen auch die von der Klägerin vorgelegten „Provisionsbestimmungen“ (Anlage C 4) u.a. in den Abschnitten B. II. 1.1.5, 1.2.1 und 1.3.5 vor, dass gezahlte Abschlussprovisionen einem Rückforderungsanspruch unterliegen, solange und soweit sie auf unbezahlte Beitragsraten der ersten 5 bzw. - falls vereinbart - 3 Versicherungsjahre entfallen (B. II. 1.1.5).

    69
    (2)

    70
    Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 30.07.2013 (dort Seite 6 f., Bl. 48 GA) vorgetragen, dass sie bzw. die in ihr aufgegangenen A-Gesellschaften und der Kläger hinsichtlich der Abschluss- bzw. Vermittlungsprovisionen eine grundsätzliche Stornohaftzeit von 5 Jahren vereinbart hätten und dazu auf die als Anlage C 4 vorgelegten, vorerwähnten „Provisionsbestimmungen“ verwiesen, ohne dass der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung oder der ihm gewährten - verlängerten - Schriftsatzfrist geäußert hätte, so dass das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten gemäß § 138 Abs. 2, 3 ZPO prozessual als unstreitig zu behandeln ist. Soweit der Kläger dann in seiner Berufungsbegründung (dort Seite 5) - erstmals - darauf hinweist, dass die beklagtenseits vorgelegten „Provisionsbestimmungen“ ausweislich des seitlich befindlichen Aufdrucks aus dem Jahre 2004 stammten und daher nicht ersichtlich sei, ob und wie diese in den aus dem Jahre 1979 stammenden Agenturvertrag einbezogen worden sein sollen, ist er mit diesem Einwand zweitinstanzlich darüber hinaus auch deswegen ausgeschlossen, weil in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung (Seite 5 des Urteils) festgehalten ist, dass der Agenturvertrag auf die als Anlage C 4 vorgelegten „Provisionsbestimmungen“ Bezug nehme („und deren Geltung vom Kläger nicht bestritten wurde“), in denen ein 5-jähriges Rückforderungsrecht geregelt sei, ohne dass der Kläger sich hiergegen mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 ZPO gewandt hätte. Hierbei handelt es sich - obgleich nicht im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils enthalten - um tatsächliche Feststellungen, die für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 314 ZPO grundsätzlich bindend sind. Denn der Tatbestand begründet gemäß § 314 Satz 1 ZPO den vollen Beweis für das mündliche Parteivorbringen und gegebenenfalls auch dafür, dass etwas in der mündlichen Verhandlung anders als in einem früheren Schriftsatz vorgetragen wurde. Das gilt auch für solche Feststellungen, die nicht im Tatbestand, sondern in den Entscheidungsgründen enthalten sind. Eine Berichtigung wäre nur im Verfahren nach § 525 ZPO i.V.m. § 320 ZPO möglich gewesen (vgl. BGH, Urt. v. 19.05.1998 - XI ZR 216/97, Juris, Rn. 14; BGH, Urt. v. 17.05.2000 - VIII ZR 216/00, Juris, Rn. 24; BGH, Urt. v. 28.10.2002 - II ZR 353/02, Juris, Rn. 15; BGH, Urt. v. 12.05.2015 - VI ZR 102/14, Juris, Rn. 48 f.; Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 529 Rn. 6; Wulf, in: BeckOK, ZPO, Stand: 01.03.2015, § 529 Rn. 6). Die Beweiskraft des Tatbestands und damit auch die Bindung für das Berufungsgericht entfällt zwar, soweit die Feststellungen Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweisen (BGH, Urt. v. 17.05.2000 - VIII ZR 216/00, Juris, Rn. 15; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 314 Rn. 5); diese müssen sich allerdings aus dem Urteil selbst ergeben müssen, wobei diesem Erfordernis auch dann genügt ist, wenn ein Widerspruch zwischen den tatsächlichen Feststellungen und einem - konkret -  in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vorbringen einer Partei besteht (BGH, Urt. v. 12.05.2015 - VI ZR 102/14, Juris, Rn. 48 m.w.N.). Ein solcher, auch von Amts wegen zu berücksichtigender Widerspruch ist indes weder dargetan noch sonst ersichtlich, zumal die Geltung der als Anlage C 4 vorgelegten „Provisionsbestimmungen“ ohne weiteres nachträglich zwischen den Parteien verbindlich vereinbart und in den Agenturvertrag einbezogen worden sein kann.

    71
    Im Übrigen ergibt sich das Entfallen des Provisionsanspruchs und damit ein Anspruch auf Erstattung bereits gezahlter Provisionen bzw. Provisionsvorschüsse auch unabhängig von einer expliziten vertraglichen Vereinbarung schlicht kraft Gesetzes aus §§ 92 Abs. 4, 87a Abs. 3 Satz 2 HGB, sofern und soweit die der Provisionszahlung zugrunde liegenden Versicherungsprämien nicht gezahlt wurden bzw. der vermittelte Versicherungsvertrag gekündigt oder beitragsfrei gestellt worden ist. Dass und warum dies - entgegen der gesetzlichen Wertung - für Provisionsansprüche, die nach Beendigung des streitgegenständlichen Agenturvertrags nicht „ins Verdienen“ gebracht worden sind, anders sein soll, wird - worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger weder dargetan noch ist dies sonst ersichtlich.

    72
    (3)

    73
    Nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB hat der Versicherungsvertreter (nur) dann keinen Anspruch auf Provision, wenn und soweit der Unternehmer das vermittelte Geschäft aus von ihm nicht zu vertretenden Umständen nicht ausführt. Nach der gesetzlichen Regelung wird also im Regelfall der Provisionsanspruch des Vertreters gewahrt, auch wenn eine Leistungsstörung beim Versicherer auftritt, wobei es unbeachtlich ist, ob dieser einseitig oder im Einvernehmen mit dem Dritten das Geschäft nicht ausführt. Voraussetzung für den Rückforderungsanspruch ist, dass der Unternehmer die Provisionen, soweit sie verdient wurden, abrechnet (Senat, Urt. v. 26.03.1993 - 16 U 119/92, OLGR 1993, 197; Senat, Urt. v. 23.05.2014 - I-16 U 133/13 n.v.), was hier der Fall ist.

    74
    Die Nichtausführung eines Versicherungsvertrags ist vom Unternehmer nur dann nicht zu vertreten im Sinne des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB, wenn er sich in ausreichender Weise um die Rettung stornogefährdeter Verträge bemüht hat. Dem Versicherer obliegt es, nachdem er aus freien Stücken den ihm angetragenen Vertrag mit dem Kunden abgeschlossen hat, sich im Wege der erforderlichen Nacharbeit um die Rettung des wegen ausbleibender Prämienzahlung auflösungsgefährdeten Vertrags ausreichend zu bemühen, selbst wenn es sich um die ausstehende Erstprämie handelt. Gleiches gilt bei sonstigen sich abzeichnenden, provisionsrelevanten Gefährdungen des Bestands des Versicherungsvertrags (Senat, Urt. v. 28.11.1997 - 16 U 46/96, OLGR 1999, 202, 203; Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 24). Er hat dabei zwar die Wahl, die Nachbearbeitung selbst vorzunehmen oder sie dem Vertreter zu überlassen. Unterlässt der Versicherer aber in beider Hinsicht ausreichende Nachbearbeitungsmaßnahmen, muss er sich nach dem Rechtsgedanken des § 87a Abs. 3 Satz 1 HGB und des § 162 Abs. 1 BGB sowie wegen der gegenüber dem Versicherungsvertreter bestehenden Treuepflicht so behandeln lassen, als sei eine erfolgreiche Nachbearbeitung erfolgt und als sei der Provisionsanspruch des Vertreters endgültig entstanden (Senat, Urt. v. 23.05.2014 - I-16 U 133/13 n.v.; OLG Köln, Beschl. v. 13.11.2014 - 19 U 99/14, Juris, Rn. 4).

    75
    Zu solchen Bemühungen gehört es, dass der Versicherer, der nicht selbst nachbearbeitet, jedem mit ihm vertraglich verbundenen Handels- oder Untervertreter, dem er die Gesamtprovision oder einen Teil hiervon auszuzahlen hat, Stornogefahrmitteilungen zukommen lässt (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 25; Senat, Beschl. v. 21.02.2007 - I-16 W 70/06, Juris, Rn.11; Senat, Urt. v. 23.05.2014 - I-16 U 133/13 n.v.). Diese Mitteilungen müssen den Vertreter so rechtzeitig von der Nichtzahlung der Prämie und - soweit bekannt - deren Gründen unterrichten, dass dieser sich mit Aussicht auf Erfolg um eine Rettung des Vertrags bemühen kann (Senat, ebenda.). Für die rechtzeitige Absendung der Mitteilung an den Vertreter ist der Unternehmer verantwortlich (BGH, Urt. v. 01.12.2010 - VIII ZR 310/09, Juris, Rn. 23 f.). Erst mit der ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Stornogefahrmitteilung erfüllt der Unternehmer seine Verpflichtung nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 26 f.; Senat, Beschl. v. 21.02.2007 - I-16 W 70/06, Juris, Rn. 11; Senat, Urt. v. 23.05.2014 - I-16 U 133/13 n.v.).

    76
    Übernimmt der Unternehmer hingegen die Nachbearbeitung selbst, muss er alles ihm Zumutbare und objektiv Erforderliche unternehmen, um den Versicherungsnehmer zur Zahlung der Prämie zu veranlassen und dadurch dem Versicherungsvertreter den Provisionsanspruch zu erhalten, bevor er den Versicherungsvertrag vorzeitig auflöst. Der Umfang der Maßnahmen richtet sich zwar nach dem Einzelfall (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 26). Im Interesse des Vertreters ist der Versicherer aber in jedem Fall gehalten, die Gründe für die Nichtzahlung zu erforschen und nach einer Lösung gemeinsam mit dem Prämienschuldner zu suchen. Hierfür werden regelmäßig eine persönliche Rücksprache mit dem Schuldner sowie eine nachdrückliche Zahlungsaufforderung erforderlich sein. Einfache Mahnungen an den Kunden genügen demgegenüber nicht (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 26, 27; Senat, Beschl. v. 21.02.2007 - I-16 W 70/06, Juris, Rn. 12). Entbehrlich ist eine Nachbearbeitung ausnahmsweise nur dann, wenn endgültig und unabänderlich feststeht, dass der Schuldner nicht zahlen wird (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 28; Senat, Beschl. v. 21.02.2007 - I-16 W 70/06, Juris, Rn. 13; Senat, Urt. v. 23.05.2014 - I-16 U 133/13 n.v.).

    77
    Dementsprechend behält der Versicherungsvertreter seinen Provisionsanspruch (bzw. muss sich der Unternehmer so behandeln lassen, als ob der Versicherungsnehmer die geschuldete Prämie gezahlt und dies zum Eintritt der für die Entstehung des Provisionsanspruchs erforderlichen aufschiebenden Bedingung geführt hätte), wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge (durch eigene Maßnahmen oder durch Stornogefahrmitteilungen an den Vertreter) nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Denn in diesem Fall hat der Unternehmer die Nichtzahlung der Prämie zu vertreten. Dies gilt auch in Bezug auf geleistete Vorschüsse (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 33; OLG Köln, Beschl. v. 13.11.2014 - 19 U 99/14, Juris, Rn. 4).

    78
    (4)

    79
    Der Versicherer muss dabei im Ausgangspunkt für jeden vermittelten Vertrag das Entfallen der unbedingt entstandenen Provision darlegen und beweisen (Staub/Emde, a.a.O., § 92 Rn. 81 m.w.N.). Er muss, wenn er sich zur Verteidigung gegen einen Provisionsanspruch auf § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB beruft, die Voraussetzungen dieser Regelung darlegen und beweisen (BGH, Urt. v. 19.11.1982 - I ZR 125/80, Juris, Rn. 23, 31; BGH, Urt. v. 12.11.1987 - I ZR 3/86, Juris, Rn. 12; BGH, Urt. v. 01.12.2010 - VIII ZR 310/09, Juris, Rn. 15). Dazu gehört die konkrete Darlegung und Beweisführung, dass und mit welchem Inhalt eine ausreichende Nachbearbeitung durchgeführt worden, jedoch erfolglos geblieben ist, oder eine Nachbearbeitung ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist, und zwar für jeden einzelnen rückabzuwickelnden Versicherungsvertrag (BGH, Urt. v. 28.06.2012 - VII ZR 130/11, Juris, Rn. 16). Dies gilt auch, wenn der Versicherer den Vertreter auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen in Anspruch nimmt, welche dieser im Hinblick auf konkrete Vertragsabschlüsse erhalten hat (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 33; Staub/Emde, a.a.O., § 92 Rn. 81, 84; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.02.2007 - I-16 W 70/06, Juris, Rn. 14; OLG Köln, Beschl. v. 13.11.2014 - 19 U 99/14, Juris, Rn. 5).

    80
    Bei sog. „Kleinstornos“ gilt dies nach der Rechtsprechung des Senats jedoch nicht. Maßstab der Nachbearbeitungspflicht ist nämlich der Aufwand, den der Versicherungsvertreter selbst zur Erhaltung seines Provisionsanspruchs betreiben würde, wenn ihm die Nachbearbeitung überlassen würde (Brandenburgisches OLG, Urt. v. 09.07.2009 - 12 U 254/08, Juris, Rn. 7). Ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter würde auch im Zuge einer laufenden Geschäftsbeziehung, eine Nachbearbeitung wegen einer etwa auftretenden Stornogefahr bei Kleinverträgen/-beträgen vernünftigerweise nicht vorgenommen haben. Der Aufwand, den es bedeuten würde, in einer solchen Konstellation etwa Stornogefahrmitteilungen zu versenden und Hausbesuche mit dem Kunden zu vereinbaren, steht in keinem Verhältnis zum möglichen Erfolg. Der Handelsvertreter kann in der für eine solche Vorgehensweise benötigten Zeit mit bedeutend höherer Erfolgsaussicht versuchen, Neugeschäfte zu vermitteln, als die Rettung eines in Stornogefahr geratenen Kleingeschäfts zu versuchen. Die Grenze für die Geschäfte bzw. die Provisionshöhe, hinsichtlich derer der Versicherer insoweit nicht näher vorzutragen braucht, liegt nach Auffassung des Senats, wenn wie im Streitfall ein Missbrauch weder auf der Hand liegt noch sonst ersichtlich ist, bei € 100,00 (vgl. zum Umfang der Nachbearbeitungspflicht bei „Kleinststornos“ OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 - 11 U 221/00, Juris, Rn. 7 f. (DM 100,00); Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 87a Rn. 27 (€ 100,00); Krämer, VW 2010, 734 (€ 100,00) mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 21.10.1971 - VII ZR 54/70 und BGH, Urt. v. 19.11.1982 - I ZR 125/80; Staub/Emde, a.a.O., § 92 Rn. 12 (€ 50,00); Pauly, VersR 2013, 558 ff. (€ 50,00); kritisch zu einer festen Wertgrenze: OLG Köln, Beschl. v. 24.05.2012 - I-19 U 169/11, Juris, Rn. 5 ff.). Eine Benachrichtigungspflicht des Versicherers hinsichtlich der unterlassenen Nachbearbeitung gegenüber dem Handelsvertreter besteht nach Auffassung des Senats nicht (so aber: Staub/Emde, ebenda; Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 28, die die Benachrichtigungspflicht bei beendetem Vertragsverhältnis unterschiedlich beurteilen). Denn die Anforderungen an die Nachbearbeitungsbemühungen des Versicherers sollen gewährleisten, dass dieser die Stornobekämpfung in gleichem Maße vornimmt, wie sie - fiktiv - der Vertreter unternehmen würde. Ist Maßstab damit das potentielle Verhalten des Versicherungsvertreters, der - wie ausgeführt - die Gefahr von „Kleinststornos“ akzeptieren wird und keinen höheren, in keinem wirtschaftlichen Verhältnis stehenden Aufwand zur Erhaltung der Verträge walten lassen würde, so bedarf es insofern auch keiner Stornogefahrmitteilung (zum Ganzen: Senat, Urt. v. 23.05.2014 - I-16 U 133/13 n.v.). Eine andere Bewertung ist - entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht des Klägers - in Bezug auf „Kleinstornos“ im Streitfall auch nicht deswegen angezeigt, weil der Agenturvertrag zur Beklagten beendet ist und damit kein gewinnträchtigeres Neugeschäft zur Verfügung stand, dem er stattdessen seine Arbeitskraft hätte widmen können, weil es sich insoweit um eine vom Einzelfall losgelöste typisierende Betrachtung handelt.

    81
    (5)

    82
    Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte daher ohne weiteres einen Provisionsrückforderungsanspruch hinsichtlich derjenigen Versicherungsverträge, bei denen sie ausweislich des Anlagenkonvoluts K 1 i.V.m. der Anlage C 5 lediglich Provisionsrückforderungen bis zu einer Größenordnung von € 100,00 geltend macht. Aber auch soweit die sich aus den vorgelegten Provisionsabrechnungen (Anlagenkonvolut K 1) und der tabellarischen Aufstellung (Anlage C 5) ergebenden Rückforderungsansprüche die „Schwelle“ von € 100,00 überschreiten, ist der Prozessvortrag der Beklagten - angesichts der prozessualen Besonderheiten des konkret zur Entscheidung stehenden (Einzel-) Falls - ausreichend um ein „Nichtvertretenmüssen“ im Sinne des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB und damit die Voraussetzungen für ein komplettes oder anteiliges Entfallen der Provision und damit einen entsprechenden Rückforderungsanspruch begründen zu können.

    83
    aaa)

    84
    Die Beklagte hat mit der als Anlage C 5 vorgelegten tabellarischen Aufstellung i.V.m. ihrem Vortrag auf den Seiten 9 ff. ihres Schriftsatzes vom 30.07.2014 bezogen auf jedes einzelne betroffene Versicherungsvertragsverhältnis unter Bezeichnung insbesondere des Namens des Versicherungsnehmers, der Versicherungsscheinnummer, der Versicherungssparte, der Provisionsart, der Fälligkeit des Provisionsanspruchs, der Höhe des Rückforderungsanspruchs und stichwortartiger Angaben zum Stornierungsgrund und durchgeführten Nachbearbeitungsmaßnahmen bzw. deren Entbehrlichkeit - teils ergänzt um Angaben im Schriftsatz vom 30.07.2014 - zunächst einmal hinreichend zu jeder einzelnen Provisionsrückforderung und den Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB vorgetragen; darüber hinaus hat sie ein konkreten Bezug zu den jeweiligen Belastungen in den als Anlagenkonvolut K 1 überreichten Provisionsabrechnungen vorgenommen (Rubrik: „Nachweis lfd. Nr.“), ohne dass der Kläger sich hiermit in irgendeiner Weise inhaltlich auseinandergesetzt hätte, so dass der diesbezügliche Vortrag der Beklagten vom Landgericht - entgegen der Ansicht des Klägers - zu Recht als unstreitig behandelt worden ist.

    85
    Die Beklagte trifft zwar - wie ausgeführt - insbesondere die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung des notleidenden Versicherungsvertrags vorgenommen hat bzw. dass diese entbehrlich gewesen ist. Jedoch ist der Umfang der von einer Partei zu fordernden Darstellungstiefe auch von dem Verhalten der Gegenpartei abhängig. Denn der Vortrag von Klage- und Beklagtenpartei stehen in einem „Wechselspiel“ zueinander, d.h. je konkreter das Vorbringen der einen Prozesspartei, gegebenenfalls zusätzlich gestützt durch die unstreitigen Umstände, ist, desto höher ist im Grundsatz die Intensität der die andere Partei im Gegenzug treffenden Substantiierungslast (vgl. zum Ganzen Zöller/Greger, a.a.O., § 138 Rn. 7b ff. m.w.N. aus der BGH-Rspr.). Dies gilt insbesondere dann, wenn dieser aufgrund der Stellungnahme der Gegenseite relevant unklar und daher ergänzungsbedürftig wird (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2015 - VII ZR 6/14, Rn. 20). So darf sich eine Partei zunächst kurz fassen, um dann auf das Bestreiten der Gegenseite hin, die maßgeblichen Einzeltatsachen zu schildern (MüKo/Wagner, ZPO, 4. Aufl., § 138 Rn. 18). Hat sich die anspruchstellende Partei konkret geäußert, so obliegt es der Gegenpartei, zu den einzelnen Behauptungen der Gegenpartei gezielt Stellung zu nehmen (§ 138 Abs. 2 ZPO; MüKo/Wagner, a.a.O., § 138 Rn. 18). Dies hat die Beklagte mit der als Anlage C 5 vorgelegten tabellarischen Aufstellung - ergänzt um das im Schriftsatz vom 30.07.2014 enthaltene Vorbringen - getan, deren Positionen geordnet sind und jeweils auf individualisierbare einzelne Geschäftsvorfälle Bezug nehmen, so dass die Beklagte damit zunächst der ihr obliegenden Darlegungslast genügt hat und es nunmehr Sache des Klägers gewesen wäre, näher zu substantiieren, welche der einzelnen Positionen aus welchem Grund bestritten werden (vgl. auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 24.03.1999 - 1 U 529/98, Juris, Rn. 8 m.w.N.; ferner Staub/Emde, a.a.O., § 92 Rn. 81 a.E., 83), was sie jedoch unterlassen hat.

    86
    bbb)

    87
    Das Vorbringen des Klägers in seinem nach Ablauf der ihm gewährten Schriftsatzfrist eingegangenen Schriftsatz vom 12.10.2014 ist vom Landgericht ermessensfehlerfrei bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt worden. Dieser Vortrag erschöpfte sich im Übrigen in einem pauschalen, einfachen Bestreiten bzw. einem Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ohne sich auch nur in einem einzigen Punkt mit den - wenn auch überwiegend stichpunktartigen - jedoch differenzierten vertragsbezogenen Ausführungen - wie sie sich aus der Anlage C 5, aber auch dem Schriftsatz vom 12.10.2014 ergeben - Stellung zu nehmen und konkret anzugeben, weshalb im jeweiligen Fall ein Rückforderungsanspruch der Beklagten nach Auffassung des Klägers nicht bestehen soll; ein pauschales Bestreiten - auch mit Nichtwissen - ist insoweit nicht genügend (vgl. hierzu auch Staub/Emde, a.a.O., § 92 Rn. 81 a.E., 83; ferner OLG Saarbrücken, Urt. v. 24.03.1999 - 1 U 529/98, Juris, Rn. 8 ff. m.w.N.). Auch eine Partei, die sich zulässigerweise gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zu Tatsachen mit Nichtwissen erklärt, hat diese Tatsachen konkret zu bezeichnen, woran es vorliegend fehlt. Ansonsten handelt es sich auch insofern um ein pauschales, d.h. nicht auf bestimmte Behauptungen bezogenes und damit unbeachtliches Bestreiten (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 138 Rn. 10a; MüKo/Wagner, ZPO, 4. Aufl., § 138 Rn. 19.). Dies gilt hier umso mehr, als die als Anlage C 5 vorgelegte Aufstellung sich ersichtlich auch auf Tatsachen bezieht, die zumindest zum Teil auch Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Klägers waren. Darüber hinaus war/ist dem Kläger namentlich durch die Angabe der Versicherungsnummer zum einen ein Abgleich mit seinen eigenen Unterlagen, aber auch eine Erkundigung bei dem jeweiligen Versicherungsnehmer möglich und zumutbar gewesen.

    88
    ccc)

    89
    Da die Anlage C 5 überdies erst mit Schriftsatz der Beklagten vom 30.07.2014 vorgelegt und damit der sich aus ihre ergebende Sachvortrag in den Rechtsstreit eingeführt worden ist und sich diese Aufstellung sowohl optisch als auch inhaltlich von der mit der Klageerwiderung - überdies ohne jede Erläuterung - vorgelegten Anlage C 1 unterscheidet, konnte sich das Bestreiten des Klägers aus seiner Replik vom 12.05.2014 (dort Seite 4) - entgegen seiner Ansicht - hierauf denknotwendiger Weise (noch) nicht beziehen und dementsprechend auch nicht die ihm vom Kläger in der Berufungsbegründung (dort Seite 4) zugedachte Fortwirkung entfalten. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 25.02.2008 - II ZB 9/07, Juris, Rn. 10) betrifft ersichtlich einen anderen Fall; vorliegend sind - anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - nämlich die vom Kläger mit Schriftsatz vom 30.07.2014 vorgetragenen Tatsachen zuvor noch überhaupt nicht streitig gewesen und konnten dies auch nicht sein, weil sie mit diesem Schriftsatz erstmals vorgetragen worden sind. Im Übrigen war das in der Replik vom 12.05.2014 (dort Seite 4, Bl. 31 GA) enthaltene pauschale Bestreiten der Richtigkeit der in der Anlage C 1 enthaltenen Angaben bzw. das eine korrekte Nachbearbeitung stattgefunden hätte oder entbehrlich gewesen sei, mangels konkretem Bezug zu den in der Aufstellung enthaltenen Daten und Angaben ohnehin unbeachtlich.

    90
    bb)

    91
    Der Beklagten stehen mithin aufrechenbare Gegenforderungen in Gestalt von Provisionsrückforderungsansprüchen in Höhe von € 60.343,57 gegenüber den restlichen Provisionsansprüchen des Klägers in Höhe von € 42.136,23 zu. Eine Aufrechnungslage gemäß § 387 BGB ist damit gegeben. Die Aufrechnungsforderungen sind auch hinreichend bestimmt; die Zusammensetzung der Forderung ergibt sich aus der von der Beklagten erstellten Aufstellung (Anlage C 5). Der Umstand, dass es sich sowohl bei den Forderungen des Klägers als auch bei den Gegenforderungen der Beklagten jeweils um eine Mehrzahl von Forderungen handelt, wobei letztere zudem noch die Klageforderungen übersteigen, ohne dass die Beklagte insoweit eine Aufrechnungsreihenfolge angegeben hat, ist unschädlich, weil insofern § 396 BGB zur Anwendung kommt, der auch für die Prozessaufrechnung gilt (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 396 Rn. 1; BGH, Urt. v. 19.11.2008 - XII ZR 123/07, Juris, Rn. 15 ff.; BGH, Urt. v. 24.03.2004 - VIII ZR 44/03, Juris, Rn. 22). Trifft der Schuldner keine Tilgungs-/Aufrechnungsreihenfolge, so ergibt sich aus der Auslegungsregel der §§ 396 Abs. 1 Satz 2, 366 Abs. 2 BGB materiell-rechtlich die Rangordnung der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen, wobei § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB auch gilt, wenn sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner mehrere Forderungen geltend machen (BGH, Urt. v. 24.03.2004 - VIII ZR 44/03, Juris, Rn. 22 m.w.N.). Mangels einer ausdrücklichen Erklärung der aufrechnenden Prozesspartei ist dann davon auszugehen, dass die Geltendmachung ihrer Forderungen im Prozess der materiell-rechtlich vorgegebenen Rangordnung folgt (BGH, ebenda). So liegt es auch hier.

    92
    cc)

    93
    Auch die gemäß § 388 BGB erforderliche Aufrechnungserklärung liegt vor. Die Aufrechnung ist hier seitens der Beklagten konkludent gegenüber dem Kläger erklärt worden, indem die Beklagte spätestens im Schriftsatz vom 30.07.2014 unter Bezugnahme auf die sich aus der Anlage C 5 ergebenden Stornobuchungen bzw. der sich aus den korrespondierenden Provisionsabrechnungen (Anlagenkonvolut K 1) ergebenden Belastungen das Bestehen von Provisionsansprüchen des Klägers ihr gegenüber verneint hat. Die Aufrechnungserklärung braucht nämlich nicht ausdrücklich abgegeben werden; ausreichend ist vielmehr die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (BVerfG, Beschl. v. 26.02.1993 - 2 BvR 1463/92, Juris, Rn. 13 m.w.N.; OLG Zweibrücken, Urt. v. 04.03.2004 - 4 U 167/02, Juris, Rn. 22; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 388 Rn. 1 m.w.N.). Dies ist vorliegend zu bejahen. In der Leistungsverweigerung gegenüber einem gleichartigen Anspruch ist insoweit stets die Bekundung eines solchen Aufrechnungswillens zusehen, weil allein dies den Interessen des Schuldners entspricht.

    94
    Jedenfalls hat die Beklagte spätestens in ihrer Berufungserwiderung ausdrücklich und in gemäß § 533 ZPO prozessual zulässigerweise die Aufrechnung erklärt. Die- unterstellt - erstmals in der Berufungsinstanz erklärte Aufrechnung ist gemäß § 533 Nr. 1 Alt. 1 ZPO jedenfalls sachdienlich, weil die Berechtigung der Gegenforderung prozessual unstreitig ist und somit eine Prüfung der Gegenforderung entfällt, so dass auch dieser Streitpunkt zwischen den Parteien unmittelbar ohne neuen Prozess bereinigt werden kann (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 533 Rn. 28; Wulf, in: BeckOK, ZPO, Stand: 01.06.2015, § 533 Rn. 20; MüKo/Rimmelspacher, ZPO, 4. Aufl., § 533 Rn. 31). Damit ist zugleich auch die weitere prozessuale Voraussetzung für die Zulässigkeit einer erstmals in der Berufungsinstanz erklärten Aufrechnung erfüllt. Gemäß § 533 Nr. 2 ZPO muss die Aufrechnungsforderung nämlich auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Die Zulässigkeit einer zweitinstanzlichen Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage ist somit auf der Grundlage des nach § 529 i.V.m. § 531 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Sach- und Streitstands zu prüfen (Musielak/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 533 Rn. 21 f. m.w.N.). Wird die Aufrechnungsforderung auf Vorbringen gestützt, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist, sind die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO erfüllt. Dies gilt ebenso, wenn die Aufrechnungsforderung auf neues - unstreitiges - Vorbringen gestützt wird (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2012 - V ZR 183/10, Juris, Rn. 12 m.w.N.). Der gesamte Tatsachenvortrag zu den Provisionsrückforderungsansprüchen der Beklagten ist bereits erstinstanzlich erfolgt und zudem - wie soeben ausgeführt - prozessual als unstreitig anzusehen.

    95
    dd)

    96
    Materiell-rechtliche Ausschlussgründe für die Aufrechnung (§§ 390 ff. BGB) liegen ebenfalls nicht, so dass die berechtigte Klageforderung in Höhe von € 42.136,23 infolge der Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen ist.

    97
    3.

    98
    Das Vorbringen des Klägers in dem nicht nachgelassenen, nach Schluss der  mündlichen Berufungsverhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 10.11.2015 gibt dem Senat keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Es erschöpft sich im Wesentlichen in der Wiederholung des bisherigen Prozessvortrags des Klägers, mit dem sich der Senat in seiner Entscheidung ausführlich auseinandergesetzt hat.

    99
    III.

    100
    Mangels zuzusprechender Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachte Nebenforderung (Zinsen).

    101
    IV.

    102
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    103
    V.

    104
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 55.941,38 festgesetzt.

    105
    VI.

    106
    Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

    RechtsgebietHGBVorschriften§ 92 Abs. 3 HGB, § 92 Abs. 4 HGB, § 84 Abs. 1 HGB, § 87a Abs. 3 HGB, § 92 Abs. 2 HGB