18.10.2022 · IWW-Abrufnummer 231807
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 04.06.2018 – I-5 U 141/17
Das zugunsten des Erklärungsempfängers bestehende Recht des § 174 BGB wird rechtsmissbräuchlich ausgeübt und ist vom Schutzzweck der Norm nicht mehr gedeckt, wenn es dem Erklärungsempfänger tatsächlich nicht um den Erhalt der fehlenden Vollmachtsurkunde geht, sondern er den Erhalt einer entsprechenden Urkunde im Gegenteil gerade verhindern oder zumindest erschweren will.
Oberlandesgericht Hamm
Tenor:
Die Berufung gegen das am 09.11.2017 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das angefochtene Urteil ist nunmehr ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe
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A.
3
Die Klägerin ist seit Oktober 2014 Eigentümerin des Grundstücks O 82, 84, N2, eingetragen im Grundbuch von N2 Blatt ###38, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, mit einer grundbuchmäßigen Größe von 1671 m² (nachfolgend: Zielgrundstück).
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Die Beklagte betreibt gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung in das genannte Grundstück aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde des Notars M2er in Münster vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6## L/1995) und aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigung des Grundstückskaufvertrages vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1## L/1995).
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Am 21.03.1995 erwarben die Gesellschafter bürgerlichen Rechts der T3 GbR, Frau H, Herr T und Herr T2 das Zielgrundstück zu einem Kaufpreis von 480.000 DM. Zur Finanzierung dieses Grundstückes nahmen die Gesellschafter unter dem 22.12.1995 ein Darlehen i.H.v. 2,8 Millionen DM (umgerechnet: 1.431.617,22 €) bei der E3 Deutsche Industrie- und Handelsbank AG auf (im Folgenden: Darlehen I). Zu deren Gunsten erfolgte unter dem 17.04.1996 die Eintragung einer Buchgrundschuld i.H.v. 2,8 Millionen DM in das Grundbuch des Zielgrundstückes gemäß der Grundschuldbestellungsurkunde vom 28.12.1995 mit persönlicher Haftungsübernahme und Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Ausweislich Ziff. 5.1 der Grundbuchbestellungsurkunde dienen Grundschuld, persönliche Haftungsübernahme und alle sonstigen Rechte aus der Urkunde zur Sicherung aller bestehenden und künftigen (...) Ansprüche der E3 AG gegen die mitverpflichteten Gesellschafter bürgerlichen Rechts. Eine entsprechende Vollstreckungsklausel wurde unter dem 28.12.1995 erteilt.
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Am 20.01.1999 trat die E3 die eingetragene Grundschuld an die Westdeutsche Landesbank Girozentrale E4/N2 ab. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 01.02.1999. Am 17.02.1999 erfolgte die Erteilung einer entsprechenden Vollstreckungsklausel durch den Notar M2 zu Gunsten der Westdeutschen Landesbank Girozentrale.
7
Am 23.10.2006 erfolgte sodann die Abtretung des eingetragenen Grundpfandrechts i.H.v. 2,8 Millionen DM der Westdeutschen Landesbank Girozentrale auf die Westdeutsche Immobilienbank, Anstalt des öffentlichen Rechts, N3. Die Eintragung der Abtretung in das Grundbuch erfolgte am 31.10.2006. Am 22.11.2006 wurde zu Gunsten der Westdeutschen Immobilienbank und zu Lasten der verbliebenen Grundstückseigentümer Frau H und Herrn T2 eine entsprechende Vollstreckungsklausel durch den Notar erteilt.
8
Im August 2009 schieden die Eheleute H und T aus der T3 GbR aus und übertrugen das Eigentum an dem Zielgrundstück auf Herrn T2, der am 21.08.2009 als alleiniger Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde. Die Westdeutsche Immobilienbank entließ die Eheleute zudem aus der Darlehensverpflichtung des Darlehensvertrages vom 22.12.1995.
9
Am 19.11.2009 vereinbarte Herr T2 mit der Westdeutschen Immobilienbank eine Konditionenneuvereinbarung und Änderungsvereinbarung zum Kreditvertrag vom 22.12.1995. Bezüglich eines Darlehensbetrages i.H.v. 1.124.000 € wurde ein jährlicher Zinssatz von 3,79 % mit einer Zinsbindung bis zum 30.10.2014 vereinbart. Als Sicherheit diente die auch dem ursprünglichen Darlehensvertrag zu Grunde liegende Buchgrundschuld i.H.v. 1.431.617,27 €, die im Grundbuch in Abt. III unter der ldf. Nr. 1 eingetragen war.
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Am gleichen Tage wurde zwischen Herrn T2 und der X AG ein weiterer Darlehensvertrag über einen Nennbetrag i.H.v. 200.000 € zwecks Ausgleiches aufgelaufener fälliger Verbindlichkeiten aus dem Darlehen I abgeschlossen (im Folgenden: Darlehen II). Dazu gab es eine Nachtragsvereinbarung vom 10.05.2010.
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Mit Auflassung vom 18.07.2014 und Eintragung in das Grundbuch am 15.10.2014 wurde die Klägerin Eigentümerin des Zielgrundstücks.
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Mit Schreiben vom 12.08.2014 informierte die Westdeutsche Immobilienbank Herrn T2 darüber, dass eine Übertragung des Engagements auf die Beklagte erfolgt sei. Mit weiterem Schreiben aus August 2014 teilte auch die Beklagte selbst diese Übertragung mit. Mit Schreiben vom 24.03.2015 erfolgte die Mitteilung, dass die Kontoverbindungen nunmehr geändert und neue Referenzen vergeben worden seien. Zudem wurde mitgeteilt, dass die F GmbH (Im Folgenden: F) als Dienstleisterin der Beklagten für alle kreditfachlichen Angelegenheiten (Generelles, Konditionen, wirtschaftliche Verhältnisse) als Ansprechpartner zur Verfügung stehe.
13
Mit Abtretungserklärung vom 05.02.2015 trat die Westdeutsche Immobilienbank ihr Grundpfandrecht an die Beklagte ab. Die Abtretung wurde am 06.07.2015 im Grundbuch eingetragen. Am 08.07.2015 erteilte der Notar M2 eine Vollstreckungsklausel zu Gunsten der Beklagten und zu Lasten der Klägerin.
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Nachdem Herr T2 hinsichtlich der geschlossenen Darlehensverträge in Zahlungsrückstand geriet, wurden die rückständigen Zins- und Tilgungsleistungen durch E2 mit Schreiben vom 27.07.2015 zur Zahlung unter Fristsetzung von zwei Wochen angemahnt. Unterschrieben war die Mahnung von den Mitarbeitern Frau F2 und Herrn P. Sodann erfolgten im Sommer 2015 telefonische und schriftliche Einigungsversuche zwischen dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ‒ zugleich auch anwaltlicher Vertreter des T2 ‒ und der F, die jedoch misslangen. E2 kündigte daraufhin das Darlehen I gegenüber Herrn T2 über dessen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 15.09.2015 und stellte die noch offene Forderung aus dem Darlehen I mit 1.026.642,03 € fällig; die seit dem 30.10.2014 fällige Forderung aus dem Darlehen II bezifferte sie mit 118.948,79 €. Unterschrieben wurde die Kündigung durch die Mitarbeiter Frau C und Herrn P. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.09.2015 wurde die Kündigung namens Herrn T2 und der Klägerin unter Berufung auf die mangelnde ordnungsgemäße Bevollmächtigung zurückgewiesen und mitgeteilt, dass T2 die seinen Prozessbevollmächtigten erteilte Vollmacht insoweit widerrufen habe, dass diese nicht mehr empfangsbevollmächtigt seien.
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Das Amtsgericht Münster ordnete mit Beschluss vom 04.03.2016 unter dem Az. 009 K 048/15 die Zwangsversteigerung und mit weiterem Beschluss vom gleichen Tage unter dem Az. 009 L 010/15 auch die Zwangsverwaltung des Zielgrundstücks an.
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Im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens kündigte die Beklagte das Darlehen I hilfsweise erneut mit Schriftsatz vom 10.05.2016.
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Die Klägerin hat unter dem 29.03.2017 Klauselgegenklage und Vollstreckungsgegenklage erhoben.
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Sie hat die Auffassung vertreten, dass das Darlehen I nicht fällig sei, da es weder wirksam gekündigt noch sonst beendet worden sei. Es sei lediglich ein mit Blick auf die gesamte Darlehenssumme als gering zu bezeichnender Zahlungsrückstand eingetreten, der jedoch nicht die Zwangsvollstreckung rechtfertige. Die Kündigung vom 15.09.2015 sei mangels Berechtigung der F GmbH unwirksam. Weder habe eine Vollmacht der Beklagten vorgelegen noch seien die unterzeichnenden Personen vertretungsberechtigt gewesen. Die Bevollmächtigung der Damen und Herren F2, P, C und E5, Erklärungen nach § 174 BGB abgegeben zu dürfen, werde ausdrücklich bestritten. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die als Anl. B18 vorgelegte Vollmacht tatsächlich vom 20.03.2015 stamme, dass die Unterzeichner Vertretungsmacht gehabt hätten und dass die Vollmacht T2 bekannt gemacht worden sei; im Übrigen sei die Vollmacht auch auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik beschränkt. Es fehle an einer Willenserklärung der Beklagten, so dass das Darlehen I ungekündigt fortbestehe und die Forderung nicht fällig sei. Auch die am 10.05.2016 erneut ausgesprochene Kündigung im Rahmen des gegen die Klägerin geführten Zwangsvollstreckungsverfahrens sei unwirksam, da das Kündigungsschreiben an das Amtsgericht Münster adressiert und T2 an dem Verfahren in keiner Weise beteiligt gewesen sei.
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Das Darlehen sei auch noch nicht kündbar gewesen, da T2 nicht mit mindestens 5 % des Nennbetrages des Darlehens (§ 489 BGB) in Verzug gewesen sei.
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Der von der Beklagten behauptete zwischenzeitliche Zahlungsrückstand (ohne Berücksichtigung der Kündigung) i.H.v. 352.598,29 € werde mit Nichtwissen bestritten; der Vortrag hierzu sei unsubstantiiert.
21
In Bezug auf beide Darlehen sei die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung deshalb unzulässig, weil zwischen der Klägerin und der Beklagten keine Sicherungsabrede über die Sicherung der Darlehen I und II durch das Zielgrundstück bestehe. Keine der hiesigen Parteien sei jemals in die ursprünglichen Sicherungsverträge zwischen der E3 AG und der T3 GbR (Darlehen I) und der X und T2 (Darlehen II) eingetreten. Eine Zwangsvollstreckung ohne die Existenz eines Sicherungsvertrages zwischen Eigentümer und dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger sei ausgeschlossen. Der wirksame Eintritt der Beklagten in die ursprüngliche Sicherungsvereinbarung werde mit Nichtwissen bestritten.
22
Die Erteilung der Vollstreckungsklausel für die Beklagte sei fehlerhaft gewesen, da diese ihre behauptete Rechtsnachfolge in die Darlehensforderungen nicht dargetan habe. Es fehle an hinreichendem Vortrag zu einer geschlossenen Kette von Abtretungen. Es werde insbesondere die Wirksamkeit bzw. die tatsächliche Vornahme der Abtretung von der Westdeutschen Immobilienbank an die Beklagte bestritten; insoweit seien Vollmachten nicht vorgelegt. Die Abtretung der WestLB an die Westdeutsche Immobilienbank sei weder notariell beglaubigt noch sei sie datiert. Zudem sei die Eintragung im Grundbuch „vollstreckbar nach § 800 ZPO“ auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt bezeichnet.
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Eine wirksame Zwangsvollstreckung scheitere auch daran, dass das Kapital der Grundschuld mangels wirksamer Kündigungserklärung nicht fällig sei, jedenfalls sei die 6-monatige Kündigungsfrist nicht eingehalten.
24
Schließlich sei der von der Beklagten nach Auslaufen der Zinsbindung des Darlehens I berechnete Zinssatz von 5 % p.a. zwischen den Parteien nicht vereinbart worden; ein einseitiges Bestimmungsrecht der Beklagten bestehe nicht. Ein Zins von 5 % sei nicht marktüblich, sondern deutlich überhöht und entspreche daher nicht billigem Ermessen. Eine Zwangsvollstreckung auch wegen der Zinsforderung scheide daher aus.
25
Die Klägerin hat beantragt,
26
1.
27
die Zwangsvollstreckung der Beklagten in Form der Zwangsverwaltung (Az. AG Münster 009 L 010/15) sowie der Zwangsversteigerung (Az. LG Münster 05 T 657/16 bzw. AG Münster 09 K 048/15) aus den vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Urkunden des Notars M2 in Münster vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6## L/1995) und vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1## L/1995) in das im Grundbuch von Münster Blatt ######, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, O 82, 84, mit einer grundbuchmäßigen Größe von 1.671 m², eingetragene Grundstück für unzulässig zu erklären;
28
2.
29
die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Urkunden des Notars M2 in Münster vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6## L/1995) und vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1## L/1995) zur Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von Münster Blatt #####, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, O 82, 84, mit einer grundbuchmäßigen Größe von 1.671 m², eingetragene Grundstück an die Klägerin herauszugeben;
30
3.
31
nach § 770 ZPO anzuordnen, dass die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus den vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Urkunden des Notars M2 in Münster vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6## L/1995) und vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1## L/1995) in das im Grundbuch von Münster Blatt #####, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, O 82, 84, mit einer grundbuchmäßigen Größe von 1.671 m², eingetragene Grundstück zum Geschäftszeichen des Landgerichts Münster 05 T 657/16 (vormals AG Münster 009 K 048/15) und zum Geschäftszeichen des Amtsgerichts Münster 009 L 010/15 bis zur Rechtskraft über die Vollstreckungsgegenklage und die Klage gegen die Vollstreckungsklausel ohne Sicherheitsleistung eingestellt wird;
32
4.
33
hilfsweise:
34
das Urteil über diese Vollstreckungsgegenklage gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
35
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
37
Sie hat die Ansicht vertreten, die Forderungen, wegen denen die Zwangsvollstreckung betrieben wird, seien fällig; per 20.06.2017 beliefen sie sich auf insgesamt 1.124.188,31 €. Die Kündigung des Darlehens I sei wirksam erfolgt. Eine Vollmacht sei nicht erforderlich gewesen, da sie Herrn T2 mit Schreiben vom 24.03.2015 von der Bevollmächtigung der F GmbH in Kenntnis gesetzt habe und dieser im Vorfeld der Kündigung auch ausschließlich mit der F GmbH kommuniziert habe. Die Beklagte sei auch entsprechend der Vollmachtsurkunde vom 20.03.2015 bevollmächtigt gewesen. Schließlich habe auch in dem Mahnschreiben vom 27.07.2015 eine Kundgabe der Bevollmächtigung i.S.d. § 174 S. 2 BGB gelegen. Die die Kündigung vom 15.09.2015 unterzeichnenden Personen seien innerhalb der GmbH vertretungsberechtigt gewesen und hätten die Handlung rechtswirksam vornehmen können.
38
Es habe ein hinreichender Kündigungsgrund vorgelegen, da ein Verzug mit mindestens 2,5 % des Nennbetrages des Darlehens vorgelegen habe. Selbst wenn eine wirksame Kündigung nicht vorläge, sei die Zwangsvollstreckung aufgrund des aktuellen Zahlungsrückstandes in Bezug auf das Darlehen I i.H.v. 352.598,29 € zulässig.
39
Auch die Abtretung der Grundschuld an die Beklagte sei mit Abtretungsvereinbarung vom 05.02.2015 erfolgt und im Grundbuch eingetragen worden. Die streitgegenständlichen Darlehensverträge seien auf Basis eines Abspaltungs- und Übernahmevertrages mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte übergegangen.
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Bereits in der Konditionenneuvereinbarung vom 19.11.2009 hätten die Vertragsparteien für den Zeitraum ab dem 01.11.2014 eine Erhöhung der Tilgung auf 5 % p.a. vereinbart. Ab dem Ende der Zinsbindungsfrist sei nach billigem Ermessen der Beklagten ein Zinssatz von 1,67 % (Basiszinssatz plus 2,5 Prozentpunkte) zugrunde gelegt worden.
41
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
42
Die von der Klägerin erhobene Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO sei zulässig, da die Klägerin sich darauf berufe, die Zwangsvollstreckung in ihr Grundstück mangels Fälligkeit der Darlehensforderungen nicht dulden zu müssen, und damit einen materiellrechtlichen Einwand gegen die Vollstreckung aus der Grundschuld geltend mache. Es sei auch zulässig, wie hier neben der Vollstreckungsabwehrklage zusätzlich die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend zu machen.
43
Die Klage sei jedoch insgesamt unbegründet, da weder die Einwendungen gegen den titulierten materiellrechtlichen Anspruch durchgriffen noch die Unwirksamkeit der Titel selbst festgestellt werden könne.
44
Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
45
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
46
Die Feststellungen des Landgerichts seien sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht falsch. Die Auffassung des Landgerichts in Bezug auf das Zurückweisungsrecht und dem Eintritt in die Sicherungsvereinbarung widerspreche klar der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
47
Wegen der unverzüglichen Zurückweisung der Kündigung sei keine wirksame Beendigung des Darlehens I erfolgt. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt gewesen sei, da sie nicht Darlehensnehmerin gewesen sei. Das Landgericht verkenne, dass es sich bei der Eigentümerin des in Zwangsvollstreckung befindlichen Grundstücks, der Klägerin, und dem Darlehensschuldner T2, gegenüber dem die Kündigung habe erfolgen müssen und auch ausgesprochen worden sei, um zwei verschiedene Personen handele. Feststellungen des Landgerichts, wonach T2 ausreichend über die Bevollmächtigung der F in Kenntnis gesetzt worden sei, gebe es nicht. Demzufolge sei T2 ohne weiteres zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt gewesen, die Kündigung sei daher nach § 174 S. 1 BGB unwirksam.
48
Im Übrigen sei das Zurückweisungsrecht nicht ausgeschlossen gewesen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien strenge Anforderungen an einen Ausschluss zu stellen, denen die Ausführungen des Landgerichts nicht genügten.
49
Davon abgesehen ergebe sich auch keine hinreichende Information über die angeblichen Vertretungsberechtigungen und keine rügelose Akzeptanz früheren Vertreterhandelns ohne das Verlangen der Vorlage einer Vollmachtsurkunde. Die Vollmachtsurkunde vom 20.03.2015, die von der Beklagten erstmals nach der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden sei, könne nicht zwei Jahre nach der Zurückweisung der Kündigung nachgeschoben werden.
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Überdies hätten unstreitig auf Seiten der F stets verschiedene Personenkombinationen unter wechselnden Titeln gehandelt, und zwar offensichtlich im Wege der Gesamtvertretung. Herr P allein sei zur Vertretung der F nicht berechtigt gewesen. Ein rechtsgeschäftliches Handeln von C und P, die in Zweierkombination die Kündigung erklärt hätten, habe es zuvor nicht gegeben. Die Akzeptanz des Handelns der Zweierkombination F2 und P, die die Mahnung ausgesprochen hätten, bedeute nicht automatisch die Akzeptanz auch des Handelns einer anderen Zweierkombination.
51
Ein Kündigungsgrund nach § 498 BGB habe nicht vorgelegen. Auf den erstinstanzlichen Vortrag werde verwiesen.
52
Es fehle an einer Kündigung der Grundschuld trotz Erforderlichkeit. Das Landgericht habe verkannt, dass die von ihm angenommene von § 1193 Abs. 1 BGB abweichende Bestimmung nur das Darlehen I betreffe, nicht aber das erst im November 2009 vereinbarte Darlehen II. Für dieses habe nach § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. eine abweichende Vereinbarung nicht mehr getroffen werden können. Damit sei die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Darlehens II ohne weiteres mangels Kündigung der Grundschuld unzulässig.
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Zudem sei von den damaligen Parteien im Rahmen der im Zusammenhang mit dem Darlehen I getroffenen von § 1193 Abs. 1 BGB abweichenden Bestimmung nicht vereinbart worden, dass auch die Rechtsnachfolger der E3 AG zur Verwertung berechtigt sein sollten. Ein Übergang der Berechtigung sei jedenfalls zeitlich ausgeschlossen. Da die Beklagte als vermeintliche Rechtsnachfolgerin, was bestritten bleibe, erst am 06.07.2015 in das Grundbuch eingetragen worden sei, sei das ab dem 19.08.2008 geltende Recht anzuwenden. Die Abtretung der Grundschuld nach dem Stichtag habe nicht auch zur Übertragung der abweichenden Bestimmung i.S.d. § 1193 Abs. 1 BGB führen können, da anderenfalls das Verbot des § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB unterlaufen werde. Die Vollstreckungsabwehrklage müsse daher vollumfänglich Erfolg haben.
54
Aus den genannten Gründen und weil nicht klar erkennbar sei, dass ein Eintritt in den Sicherungsvertrag erfolgt sei, hätte der Notar die Klausel nicht erteilen dürfen.
55
Weder die Klägerin noch die Beklagte seien wirksam in die der Grundschuld zugrundeliegende Sicherungsabrede eingetreten. Ein solcher - gesondert zu vereinbarender ‒ Eintritt wäre aber erforderlich gewesen. Nach der von der Beklagten angeführten Entscheidung BGH, Beschluss vom 29.06.2011 ‒ VII ZB 89/10 müsse zwar der Schuldner die Zwangsvollstreckung angreifen, wenn er diese für unzulässig erachte; im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage blieben ihm aber alle Einwendungen und Einreden erhalten, damit auch der Einwand der fehlenden Sicherungsabrede.
56
Die Beklagte habe die lückenlose Rechtsnachfolgerschaft der Beklagten nicht belegt. Die Anlage K2 zeige anschaulich, dass die Rechtsnachfolge nicht nachvollziehbar sei. Notariell beglaubigte Verträge in Bezug auf die E3 AG fehlten, so dass bereits die allererste Rechtsnachfolge nicht bewiesen sei.
57
Das Landgericht gehe von einem falschen Sachverhalt aus, da es ausgeführt habe, dass die Beklagte das Darlehen I im Rahmen des amtsgerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens mit Schriftsatz vom 15.05.2016 hilfsweise erneut gekündigt habe. Dieses Verfahren sei aber von der Klägerin geführt worden, so dass eine Kündigungserklärung gegenüber T2 nicht vorliege und das Darlehensverhältnis mit diesem durch die erneute Kündigung mithin nicht beendet worden sein könne. Tatbestandsberichtigung sei mit Datum vom 23.11.2017 beantragt worden.
58
Schließlich habe das Landgericht seine Hinweispflicht verletzt, da es nicht darauf hingewiesen habe, dass es bereits in der Mahnung ein Indiz für die Bevollmächtigung der F sehen wolle. Dies sei überraschend, da die Beklagte ihr Vorbringen primär auf das das Darlehen I vermeintlich beendende Kündigungsschreiben gestützt habe.
59
Die Klägerin beantragt,
60
unter Abänderung des am 09.11.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Münster zum Az. 014 O 169/17,
61
1.
62
die Zwangsvollstreckung in Form der Zwangsverwaltung (Az. AG Münster 009 L 010/15) sowie der Zwangsversteigerung aus dem Aktenzeichen des LG Münster 05 T 657/16 (vormals 009 K 048/15 des AG Münster) aus der (vollstreckbaren Ausfertigungen) notariellen Urkunden des Notars M2 in Münster vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6## L/1995) und vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1# L/1995) in das Grundstück, eingetragen im Grundbuch von N2 Blatt #####, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, O 82, 84, Größe: 1.671 m², für unzulässig zu erklären;
63
2.
64
die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Urkunden des Notars M2 in Münster vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6## L/1995) und vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1## L/1995) zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück, eingetragen im Grundbuch von N2 Blatt #####, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, O 82, 84, Größe: 1.671 m², an die Klägerin herauszugeben;
65
3.
66
nach § 770 ZPO anzuordnen, dass die Vollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunden des Notars M2 in N2 vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6## L/1995) und vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1## L/1995) in das Grundstück, eingetragen im Grundbuch von N2 Blatt #####, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, O 82, 84, Größe: 1.671 m², zum Geschäftszeichen: Landgericht Münster 05 T 657/16 (vormals 009 K 048/15 des AG Münster) und zum Geschäftszeichen Amtsgericht Münster 009 L 010/15 bis zur Rechtskraft über die Vollstreckungsgegenklage und die Klage gegen die Vollstreckungsklausel ohne Sicherheitsleistung eingestellt wird.
67
Die Beklagte beantragt,
68
die Berufung zurückzuweisen.
69
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.
70
B.
71
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
72
I.
73
Die Klage ist zulässig.
74
Es liegt ein Fall der objektiven Klagenhäufung vor. Die Klägerin macht Einwendungen gegen den titulierten materiell rechtlichen Anspruch geltend, indem sie sich darauf beruft, die Zwangsvollstreckung in ihr Grundstück mangels Fälligkeit der Darlehensforderungen nicht dulden zu müssen. Neben diesem mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) zu erhebendem Einwand rügt sie die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels. Dies ist im Wege der prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO zulässig (BGH, Urteil vom 26.06.2007 ‒ XI ZR 287/05, juris Rz. 14 m.w.N.). Der Einwand der fehlenden Sicherungsabrede ist schließlich mit der Klage nach § 768 ZPO geltend zu machen. Ist eine Vollstreckungsklausel nach § 726 Abs. 1 ZPO erteilt worden und bestreitet der Schuldner den vom Klauselerteilungsorgan als bewiesen angenommenen Eintritt der materiellrechtlichen Vollstreckungsbedingung, kann der Schuldner Klage gegen die Vollstreckungsklausel nach § 768 ZPO erheben (BGH, Beschluss vom 29.06.2011 ‒ VII ZB 89/10 ‒, BGHZ 190, 172-186, Rn. 26 ff.).
75
II.
76
Der auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung gerichtete Klageantrag zu 1) ist unbegründet, da der Klägerin weder eine Einwendung gegen den titulierten materiellrechtlichen Anspruch zusteht noch die Unwirksamkeit des Titels festgestellt werden kann.
77
1.
78
Bedenken hinsichtlich der wirksamen Klauselerteilung durch den Notar bestehen nicht.
79
Die materiellen Voraussetzungen zur Erteilung der qualifizierten Vollstreckungsklausel zugunsten der Beklagten und zulasten der Klägerin, wie sie hier unter dem 08.07.2015 von dem Notar M2 erteilt worden ist, liegen vor.
80
Die Klägerin als neue Eigentümerin des Zielgrundstücks ist unstreitig Rechtsnachfolgerin von T2 auf Schuldnerseite geworden.
81
Auch die Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite, also die Inhaberschaft der Grundschuld, ist nachgewiesen.
82
Nach §§ 727, 795, 794 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.
83
a)
84
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagte hat die lückenlose Rechtsnachfolge von der ursprünglichen Sicherungsnehmerin E3 bis zu ihr als jetziger Sicherungsnehmerin durch Vorlage von öffentlichen (§ 415 ZPO) oder öffentlich beglaubigten (§ 129 ZPO) Urkunden nachgewiesen.
85
Die Abtretungserklärung der E3 vom 20.01.1999 ist als beglaubigte Abschrift vorgelegt worden; dies genügt (vgl. Seibel in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 726 ZPO, Rn. 8). Die Unterschriften der unterzeichnenden Herren M und M3 als Bevollmächtigte der E3 sind von dem Notar E6 beglaubigt worden, der zudem bestätigt hat, dass ihm die Vollmachten in beglaubigter Form vorgelegen hätten. Damit liegt die nach § 129 BGB erforderliche öffentliche Beglaubigung vor.
86
Die Abtretungserklärung der WestLB genügt ebenfalls den Anforderungen an eine öffentlich beglaubigte Urkunde. Zwar ist sie undatiert, jedoch ergibt sich das Datum aus der notariellen Beglaubigung der Unterschriften der für die WestLB handelnden Herren L und L2 vom 23.10.2006. Auch in diesem Fall hat der Notar bestätigt, dass ihm die maßgeblichen Vollmachten im Original bzw. in Ausfertigung vorgelegen hätten.
87
Die X hat die Grundschuld schließlich mit Erklärung vom 05.02.2015 an die Beklagte abgetreten. Auch insofern sind die Unterschriften der für die X handelnden Herren G und L3 notariell beglaubigt worden, ferner hat der Notar H3 bestätigt, dass ihm die Vollmacht vom 23.04.2013 in Ausfertigung vorgelegen habe.
88
Damit hat die Beklagte eine lückenlose Abtretungskette von der E3 auf sich selbst dargetan. Eine Fehlerhaftigkeit der entsprechenden Grundbucheintragungen lässt sich nicht feststellen.
89
b)
90
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist bei Abtretung einer Sicherungsgrundschuld der Eintritt in den Sicherungsvertrag durch den Zessionar im Klauselerteilungsverfahren nicht nachzuweisen, wenn diese Bedingung - wie hier - im Wortlaut der notariellen Urkunde nicht angelegt ist. Sie stellt vielmehr eine Vollstreckungsbedingung dar, die nur durch die Klauselgegenklage zur Überprüfung gestellt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 ‒ VII ZB 89/10, BGHZ 190, 172-186, Rn. 14, 18 ff. mwN; BGH, Urteil vom 14.06.2013 ‒ V ZR 148/12, juris Rz. 22; Seibel in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 726 ZPO, Rn. 5; Erman/Wenzel, BGB, 15. Aufl. 2017, § 1191 Rn. 137). Der entgegenstehenden Auffassung des XI. Zivilsenats des BGH (WM 2010, 1072), auf die sich die Klägerin beruft, ist entgegenzuhalten, dass das Klauselerteilungsorgan ansonsten gezwungen würde, nicht formalisierte, materiellrechtliche Bewertungen des Titels vorzunehmen, die diesem nicht ohne weiteres zu entnehmen sind. Im Übrigen wird auf die ausführliche und überzeugende Begründung des VII. Zivilsenats in der o.g. Entscheidung vom 29.06.2011 Bezug genommen, der sich der Senat anschließt.
91
2.
92
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass die Forderung aus dem Darlehensvertrag vom 22.12.1995 nebst Änderungsvereinbarung vom 19.11.2009 (Darlehen I) nicht fällig sei.
93
a)
94
Die Beklagte ist auf Darlehensgeberseite in das bestehende Vertragsverhältnis eingetreten. Sie hat die Darlehensforderungen der X auf Grundlage eines Abspaltungs- und Übernahmevertrages aus Juni 2014 übernommen. Diese Übernahme ist dem Darlehensnehmer, Herrn T2, mit Schreiben der X vom 12.08.2014 sowie mit Schreiben der Beklagten aus August 2014 mitgeteilt worden, zudem hat die Beklagte mit Schreiben vom 24.03.2015 die neue Kontoverbindung mitgeteilt. Die Übertragung der Darlehensforderung ist weder von T2 noch von der Klägerin beanstandet worden.
95
b)
96
Das Darlehen I ist mit Schreiben der F GmbH vom 15.09.2015 wirksam gekündigt worden, gleichzeitig ist die offene Darlehensvaluta fällig gestellt worden.
97
aa)
98
Ein Kündigungsgrund lag angesichts des Zahlungsrückstandes zum Zeitpunkt der Kündigung in Höhe von mindestens 63.812,59 € vor.
99
Gemäß §§ 498 S. 1 Nr. 1, 503 Abs. 3 BGB a.F. (gültig vom 01.01.2002 bis 10.06.2010) bzw. § 498 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a, Abs. 2 BGB n.F. genügt bei Immobiliardarlehensverträgen für eine Kündigung wegen Zahlungsverzuges ein Rückstand von zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen und einer Höhe von 2,5 % des Nennbetrages des Darlehens. Bei dem Nennbetrag von 1.124.000 € aus der Konditionenneuvereinbarung und Änderungsvereinbarung war somit eine Kündigung ab einer rückständigen Summe von 28.100 € und dem Rückstand zweier Teilzahlungen möglich. Diese Voraussetzungen lagen hier vor.
100
bb)
101
E2 GmbH war zur Kündigung des Darlehens für die Beklagte berechtigt; der Darlehensnehmer T2 durfte diese nicht nach § 174 BGB zurückweisen.
102
(1) E2 GmbH war im Innenverhältnis zur Beklagten bevollmächtigt, das Darlehen I für die Beklagte zu kündigen. Dabei kann dahinstehen, ob sich diese Berechtigung aus der Vollmacht der Beklagten vom 20.03.2015 ergibt. Jedenfalls hat die Beklagte das Handeln der F GmbH gem. § 177 BGB genehmigt, indem sie sich vorprozessual sowie im hiesigen Verfahren auf die Wirksamkeit der von der F GmbH ausgesprochenen Kündigung berufen hat.
103
(2) Die von der F GmbH erklärte Kündigung vom 15.09.2015 war im vorliegenden Fall wirksam, obwohl sie keine Vollmachtsurkunde vorgelegt hat und T2 die Kündigung aus diesem Grunde unverzüglich zurückgewiesen hat, § 174 S. 1 BGB.
104
(a)
105
Unstreitig hat E2 GmbH mit dem Kündigungsschreiben keine auf sie lautende Vollmacht überreicht. Mit Schreiben vom 21.09.2015 und damit unverzüglich nach Erhalt der Kündigung hat der Darlehensnehmer T2 die Kündigung aus diesem Grund zurückgewiesen. Trotz der Zurückweisung hat E2 GmbH die Kündigung in der Folgezeit nicht erneut unter Vorlage einer Originalvollmacht ausgesprochen. Die Vollmacht vom 20.03.2015 ist erstmalig mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 19.10.2017 vorgelegt worden. Eine frühere Vorlage der Vollmacht, insbesondere die Vorlage im Zusammenhang mit der Kündigung bzw. Zurückweisung, wird von der Beklagten selbst nicht behauptet. Auch die Beklagte selbst hat das Darlehensverhältnis nicht nochmals wirksam gekündigt. Die im Rahmen des gegen die Klägerin geführten Zwangsvollstreckungsverfahrens am 10.05.2016 ausgesprochene erneute Kündigung konnte keine Rechtswirkung gegenüber T2 entfalten, weil dieser nicht Beteiligter des Vollstreckungsverfahrens war.
106
(b)
107
Die Zurückweisung der Kündigung durch T2 war indessen nach § 174 S. 2 BGB unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausgeschlossen, soweit es um die Frage der Bevollmächtigung der F GmbH durch die Beklagte geht.
108
Ein Zurückweisungsrecht besteht nach § 174 S. 2 BGB dann nicht, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Die Zurückweisung kann zudem nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn der Vertreter innerhalb einer ständigen Geschäftsbeziehung bereits wiederholt entsprechende Handlungen vorgenommen hat und kein Anhalt für die Annahme besteht, dass die Vollmacht nicht (mehr) besteht, oder wenn dem Vertreter die Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses übertragen war (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.02.2002 ‒ 1 U 680/01, juris Rz. 4; Maier-Reimer in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 174 BGB, Rn. 11 m.w.N.; Palandt/Ellenberger, 77. Aufl. 2018, § 174 Rn. 7 m.w.N.).
109
Ausgehend von diesen Grundsätzen durfte T2 die ohne Vorlage einer auf E2 GmbH ausgestellten Vollmachtsurkunde ausgesprochene Kündigung hier nicht zurückweisen.
110
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 24.03.2015 für „kreditfachliche Angelegenheiten“, namentlich für die Bereiche „Generelles, Konditionen, wirtschaftliche Verhältnisse“, auf ihre Dienstleisterin F GmbH als Ansprechpartnerin verwiesen. Dies impliziert, dass E2 GmbH diesbezüglich bevollmächtigt war, für die Beklagte zu handeln. Denn wer für die generellen kreditfachlichen Angelegenheiten zuständig ist, ist regelmäßig auch zur Vornahme von rechtsgeschäftlichen und geschäftsähnlichen Handlungen befugt. Es wirkt wie eine Kundgabe i.S.d. § 174 S. 2 BGB, wenn der Bevollmächtigte eine Position innehat und Tätigkeiten ausübt, die üblicherweise mit entsprechender Vertretungsmacht ausgestattet sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2008 ‒ II ZR 107/07, juris Rn. 11 = NJW 2009, 293; Staudinger/Eberhard Schilken (2014) BGB § 174, Rn. 6; s. Klageerwiderung Bl. 202). Das Aussprechen einer Mahnung oder Kündigung gehört zu den kreditfachlichen Angelegenheiten in diesem Sinne. Mit der Benennung der F GmbH als Ansprechpartnerin hat die Beklagte den Darlehensnehmer T2 mithin über die Bevollmächtigung der F GmbH zur Vornahme von rechtsgeschäftlichen Handlungen im Zusammenhang mit den bestehenden Darlehensverträgen in Kenntnis gesetzt.
111
Zudem hat sich der anwaltliche Vertreter des Herrn T2, Rechtsanwalt C2, selbst mit Schreiben vom 22.04.2015 an E2 GmbH gewandt ‒ wohl aufgrund der vorausgegangenen Mitteilungen der Beklagten ‒ und ausgeführt: „... wie Sie planen, in dieser Angelegenheit sonst weiter zu verfahren, ...“. Damit hat er deutlich gemacht, dass er E2 GmbH als Dienstleisterin der Beklagten für befugt hielt, Entscheidungen über die Fortführung oder die Beendigung des Kreditengagements zu treffen. Es erscheint widersprüchlich, wenn T2 bzw. sein Prozessbevollmächtigter hiervon nun abrücken will und E2 GmbH mangels ausdrücklicher Bevollmächtigung zur Kündigung durch die Beklagte als nicht vertretungsbefugt ansieht.
112
Zum anderen folgt aus der beanstandungslosen Hinnahme der durch E2 GmbH ausgesprochenen Mahnung, die ebenfalls von P und einer zweiten Person unterzeichnet worden ist, dass ernsthafte Zweifel des Darlehensschuldners an deren Berechtigung zur Vertretung der F GmbH offenbar nicht beanstanden. Eine Mahnung ist eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften über Rechtsgeschäfte und Willenserklärungen, auch über Vertretung, entsprechend anwendbar sind (Palandt/Grüneberg, § 286 Rz. 16). Bereits hier hätte T2 also die Möglichkeit gehabt, die Mahnung mangels ausdrücklicher Bevollmächtigung zurückzuweisen. Hiervon hat er aber keinen Gebrauch gemacht, sondern die Mahnung und damit auch die Vertretungsmacht der F3 GmbH bzw. der für sie handelnden Personen zur Abgabe dieser einseitig empfangsbedürftigen Erklärung akzeptiert.
113
(c)
114
Auch die Zurückweisung der Kündigung wegen Nichtvorlage einer Vollmacht zugunsten der die Kündigung für E2 GmbH aussprechenden Mitarbeiter P und C war T2 in dieser Situation nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.
115
Aus der beanstandungslosen Hinnahme der Mahnung, die ebenfalls von P und einer zweiten Mitarbeiterin der F GmbH unterzeichnet worden ist, folgt, dass ernsthafte Zweifel des Darlehensschuldners an der Berechtigung der unterzeichnenden Personen zur Vertretung der F GmbH offenbar nicht bestanden. Die Zurückweisung der Kündigung seitens T2 dürfte vielmehr allein deshalb erfolgt sein, um die Beitreibung der Darlehensforderung durch die Beklagte hinauszuzögern und zu erschweren. Denn in dem Zurückweisungsschreiben vom 21.09.2015 teilt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Herr Rechtsanwalt C2, mit, dass T2 die seiner Kanzlei erteilte Vollmacht zwischenzeitlich dergestalt eingeschränkt und widerrufen habe, dass diese nicht mehr empfangsbevollmächtigt sei. Die erneute Kündigung des Darlehensverhältnisses gegenüber dem in Myanmar aufhältigen T2 dürfte der Beklagten infolge von Zustellungsproblemen aber kaum möglich sein.
116
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat im Termin auch ausdrücklich eingeräumt, dass durch die Zurückweisung der Kündigung wegen Fehlens der Vollmachtsurkunde der Zugang der Kündigung erschwert werden sollte. Eine solche Motivation ist aber vom Schutzzweck des § 174 S. 1 BGB nicht gedeckt. Nach den Motiven zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches (Bd. I S. 240) ist Zweck des § 174 BGB, demjenigen zu helfen, demgegenüber ein Bevollmächtigter im Namen eines anderen ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft vornimmt. Denn der andere gerät insofern in eine ungünstige Lage, als er, wenn der Bevollmächtigte sich nicht durch eine Vollmacht ausweist, keine Gewissheit darüber hat, ob der Vertretene das Rechtsgeschäft gegen sich bzw. für sich gelten lassen muss, weil bei einseitigen Rechtsgeschäften gemäß § 180 S. 1 BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig ist. Deshalb wird dem Empfänger das Recht gegeben, ein ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde vorgenommenes einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten unverzüglich zurückzuweisen (BGH, Urteil vom 04. Februar 1981 ‒ VIII ZR 313/79 ‒, Rn. 14, juris). § 174 S. 1 BGB ermöglicht ihm also, klare Verhältnisse zu schaffen (Palandt/Ellenberger, 77. Aufl. 2018, § 174 Rz. 1). Vorliegend beabsichtigte T2 aber gar nicht, Rechtsklarheit über die Wirksamkeit des Vertretergeschäfts zu erlangen. Es ging ihm nämlich nicht um den Erhalt der fehlenden Vollmachtsurkunde, sondern er wollte ‒ wie Rechtsanwalt C2 eingeräumt hat ‒ den Erhalt einer entsprechenden Urkunde im Gegenteil gerade verhindern oder zumindest erschweren. § 174 BGB hat indessen nicht den Zweck, dem Empfänger eines einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäftes durch Berufung auf die fehlende Vollmachtsurkunde zu ermöglichen, den Zugang einer wirksamen Willenserklärung absichtlich zu verhindern. Das zugunsten des Erklärungsempfängers bestehende Recht des § 174 BGB in dieser Weise zum Nachteil des Erklärenden zu verwenden, erscheint rechtsmissbräuchlich und ist vom Schutzzweck der Vorschrift nicht mehr gedeckt.
117
(d)
118
Die von der Klägerin diesbezüglich erhobene Gehörsrüge greift nicht durch. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin war das Landgericht nicht gehalten, vor Erlass des angefochtenen Urteils auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen, da bereits die Beklagte in ihrer Klageerwiderung darauf hingewiesen hat, dass eine Zurückweisung der Kündigung wegen Nichtvorlage der Vollmacht gem. § 242 BGB ausgeschlossen sei, nachdem T2 bzw. sein rechtlicher Vertreter das Mahnschreiben beanstandungslos hingenommen habe.
119
cc)
120
Soweit die Klägerin in erster Instanz moniert hat, die Beklagte habe ab dem 01.11.2014 zu Unrecht einen Zinssatz von 5 % in ihre Berechnung der Darlehensforderung I eingestellt, lässt sich dies nicht nachvollziehen. Ein entsprechender Zinssatz findet sich in der Forderungsberechnung der Beklagten nicht, vielmehr ist zwar die Tilgung entsprechend der Vereinbarung in der Konditionenneuvereinbarung mit 5 % angesetzt, der Zins jedoch mit 1,67 % bzw. 1,62 % (jeweils 2,5 % über dem Basiszinssatz). Dies ist nicht zu beanstanden, zumal der zuvor vereinbarte Zins 3,79 % betrug.
121
In zweiter Instanz wird der vorgenannte Einwand seitens der Klägerin auch nicht mehr weiterverfolgt.
122
3.
123
Unstreitig ist die Restforderung aus dem Darlehen II zur sofortigen Rückzahlung fällig.
124
Der offene Betrag bei Auslaufen der Zinsbindung zum 30.10.2014 lag bei mindestens 118.452,56 €, der Forderungssaldo zum 06.10.2017 beläuft sich ausweislich der Forderungsaufstellung Anl. B20, der die Klägerin nicht mit Substanz entgegengetreten ist, auf insgesamt 62.691,95 €.
125
4.
126
Ohne Erfolg rügt die Klägerin, dass es an der erforderlichen Kündigung der Grundschuld fehle. Einer gesonderten Kündigung der Grundschuld bedurfte es im vorliegenden Fall nicht.
127
a)
128
Gemäß § 1193 Abs. 1 BGB wird das Kapital der Grundschuld allerdings erst nach vorgängiger Kündigung fällig, wobei die Kündigungsfrist sechs Monate beträgt. Abweichende Bestimmungen sind nach § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB im Falle einer Sicherungsgrundschuld nicht zulässig.
129
b)
130
Allerdings konnte nach der bis zum 19.08.2008 geltenden Rechtslage eine von § 1193 Abs. 1 BGB abweichende Bestimmung getroffen werden. Nach der Übergangsregelung in Art. 229 § 18 Abs. 3 EGBGB ist § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB in seiner aktuellen Fassung nur auf Grundschulden anzuwenden, die nach dem 19.08.2008 bestellt werden. Es hat sich demnach schon bei Bestellung einer Grundschuld endgültig entschieden, ob § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB zur Anwendung kommt oder nicht. Auch wenn die Grundschuld nach dem Stichtag zu Sicherungszwecken verschafft wird, ist die Kündigungsfrist nicht obligatorisch, wenn die Grundschuld vor dem Stichtag bestellt worden war (Staudinger/Hans Wolfsteiner (2015) BGB § 1193, Rn. 12).
131
Vorliegend ist die streitgegenständliche Grundschuld unstreitig schon vor dem 19.08.2008 bestellt worden. Nach dem Stichtag ist lediglich ein weiteres Darlehen gewährt worden, das nach der Sicherungsabrede ebenfalls durch die Grundschuld gesichert werden sollte. Dies hat auf den Zeitpunkt der Bestellung der Grundschuld und die Tatsache, dass eine von § 1193 BGB abweichende Bestimmung wirksam vereinbart werden konnte, aber keinen Einfluss. Insbesondere liegt kein Fall der rechtsgeschäftlichen Nachverpfändung vor, bei dem es sich in rechtsdogmatischer Sicht um eine Neubestellung der Grundschuld handelt. Die Nachverpfändung hat zur Folge, dass die Grundschuld an einem Grundstück oder Miteigentumsanteil fällig, am anderen aber nur kündbar ist (BGH, Beschluss vom 06. März 2014 ‒ V ZB 27/13 ‒, Rn. 4, juris; BGH, Beschluss vom 10. 6. 2010 - V ZB 22/10, juris Rz. 20; Staudinger/Hans Wolfsteiner (2015) BGB § 1193, Rn. 14). Im Streitfall ist es aber zu einer Pfandausdehnung auf ein anderes Grundstück oder einen bislang nicht mit der Grundschuld belasteten Miteigentumsanteil nicht gekommen, sondern es ist lediglich der Sicherungszweck erweitert worden, indem auch das Darlehen II in diesen einbezogen wurde. Dies ändert nichts daran, dass § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB in der derzeit gültigen Fassung nicht anzuwenden ist.
132
Auf die Ausführungen des Landgerichts wird ergänzend Bezug genommen.
133
c)
134
Eine solche von § 1193 Abs. 1 BGB abweichende Bestimmung haben die damaligen Parteien mit der Formulierung unter Ziffer 7.4 in der vollstreckbaren Urkunde des Notars Heinrich M2 vom 28.12.1995 getroffen. Danach bedarf es keiner gesonderten Kündigung der Grundschuld. Der Gläubiger ist vielmehr schon dann zur Verwertung berechtigt, wenn Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit und trotz Mahnung mit angemessener Nachfrist und mit einer Androhung der Verwertung entsprechend § 1234 Abs. 1 BGB nicht erfüllt werden. Dass Ziffer 7.4. des Notarvertrages in diesem Sinne ‒ entsprechend der Auslegung des Landgerichts ‒ zu verstehen ist, wird von der Klägerin ebenso wenig angegriffen wie die Wirksamkeit des § 1193 BGB in der derzeit gültigen Fassung. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, und zwar unabhängig davon, ob das Zielgrundstück im Hinblick auf das Darlehen I nur wegen der rückständigen Beträge oder wegen des nach Kündigung gesamtfällig gestellten Betrages erfolgen soll.
135
d)
136
Im Übrigen dürfte der Antrag der Beklagten auf Einleitung der Zwangsvollstreckung Anfang des Jahres 2016 konkludent eine Kündigung der Grundschuld darstellen; die 6-Monatsfrist ist inzwischen abgelaufen.
137
5.
138
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung nicht wegen Fehlens einer Sicherungsabrede zwischen den Parteien in Bezug auf beide Darlehen unzulässig.
139
Der Eintritt in den Sicherungsvertrag ist Vollstreckungsbedingung. Er ist damit zwar nicht im Klauselerteilungsverfahren vom Notar zu prüfen (s.o.), wohl aber im Rahmen der Klauselgegenklage nach § 768 ZPO (BGH, Beschluss vom 29.06.2011 ‒ VII ZB 89/10, juris Rz. 26).
140
a)
141
Soweit die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2010, Az. XI ZR 200/09 (WM 2010, 1072 ff.) die Auffassung vertritt, die Zwangsvollstreckung sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da kein Sicherungsvertrag zwischen den Parteien existiere, verfängt dies nicht. Eines ausdrücklichen Eintrittes in den Sicherungsvertrag bedurfte es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil ein Fall des § 1192 Abs. 1a BGB vorliegt.
142
Nach dieser Vorschrift können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen eine Sicherungsgrundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 BGB, der auf die Vorschriften über den guten Glauben verweist, findet insoweit keine Anwendung. In zeitlicher Hinsicht findet § 1192 Abs. 1a BGB nach der maßgeblichen Übergangsbestimmung (Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB) Anwendung, weil die Beklagte die Grundschuld nach dem 19.08.2008 erworben hat; ihr dinglicher Rechtserwerb ist nämlich erst am 06.07.2015 durch die Eintragung in das Grundbuch vollendet worden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2013 ‒ V ZR 147/12 ‒, Rn. 6, juris = NJW 14, 550).
143
Da unstreitig im Zusammenhang mit der Konditionenneuvereinbarung zu dem Darlehen I und dem Abschluss des Darlehensvertrages II zwischen der Veräußerin der Grundschuld, der X, und T2 als seinerzeitigem Eigentümer am 04./19.11.2009 eine „Zweckerklärung für Grundschulden“ (Anl. B12) abgegeben wurde, von der alle bestehenden und künftigen Forderungen der X gegen T2 erfasst wurden, können die aufgrund dieses Sicherungsvertrages dem Eigentümer zustehenden Einreden gem. § 1192 Abs. 1a BGB auch der Beklagten als neuer Grundschuldgläubigerin entgegengesetzt werden.
144
Ob die WestLB und die X infolge der vor dem 19.08.2008 erfolgten Abtretungen die Grundschuld zwischenzeitlich gutgläubig einredefrei erworben hatten, ist unerheblich; entscheidend ist allein, dass zwischen T2 und der X als bisheriger Gläubigerin zum Zeitpunkt der Abtretung an die Beklagte im Jahr 2015 ein schuldrechtlicher Sicherungsvertrag bestand (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2013 ‒ V ZR 147/12, juris Rz. 13).
145
b)
146
Eines Eintrittes der Klägerin in die mit T2 im Hinblick auf beide Darlehen bestehenden Sicherungsabreden bedurfte es nicht. Zu Gunsten der Klägerin gelten gem. § 1192 Abs. 1a BGB die Einreden aus dem Sicherungsvertrag.
147
Auch wenn die Klägerin in der Grundschuldbestellungsurkunde nicht als Schuldnerin genannt ist, wirkt die Unterwerfungserklärung gegen sie. Gemäß § 800 Abs. 1 ZPO kann sich der Eigentümer in einer nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 BGB aufgenommenen Urkunde in Ansehung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterwerfen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstückes zulässig sein soll. Eine solche Unterwerfungserklärung ist hier von den seinerzeitigen Grundstückseigentümern in der Urkunde vom 28.12.1995 abgegeben und im Grundbuch in Abteilung III mit dem Wortlaut „vollstreckbar nach § 800 ZPO“ vermerkt worden. Dies reicht nach ganz herrschender Meinung aus (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‒ 5 U 91/13, juris Rz. 17 ff.; Zöller/Stöber, 32. Aufl. 2018, § 800 Rz. 11, jeweils m.w.N.).
148
III.
149
Da die Zwangsverwaltung und -vollstreckung durch die Beklagte zulässig sind, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe der jeweiligen vollstreckbaren Ausfertigungen des Notars M2 vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6##/1995) und vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1## L/1995).
150
IV.
151
Für eine einstweilige Anordnung nach § 770 ZPO im Senatsurteil besteht keine Veranlassung.
152
V.
153
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
154
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
RechtsgebietBGBVorschriften§ 174 BGB