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  • 04.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212004

    Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 02.10.2019 – 8 U 26/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Celle

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    8 U 26/19
    5 O 3/18 Landgericht Lüneburg  

    Verkündet am 2. Oktober 2019

    In dem Rechtsstreit

    pp.

    hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2019 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. Januar 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Lüneburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

    1.    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 8.200,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. Mai 2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe einer Verpflichtungserklärung gegenüber den Beklagten, an diese als Gesamtgläubiger mögliche spätere Rentenzahlungen aus der streitgegenständlichen Basisrentenversicherung bei der Beklagten zu 2 (Versicherungsschein Nr. …4) auszukehren.

    2.    Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger weitere Zinsen in Höhe von 3,70 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe einer Verpflichtungserklärung gegenüber den Beklagten, an diese als Gesamtgläubiger mögliche spätere Rentenzahlungen aus der streitgegenständlichen Basisrentenversicherung bei der Beklagten zu 2 (Versicherungsschein Nr. ...4) auszukehren.

    3.    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 809,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Mai 2018 zu zahlen.

    4.    Die Beklagten zu 1 und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere Zinsen in Höhe von 7,31 € zu zahlen.

    5.    Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger weitere Zinsen in Höhe von 0,37 € zu zahlen.

    6.    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg ganz überwiegend Erfolg. Sie führt zur weitgehenden Abänderung des angefochtenen Urteils.

    A.

    Die Berufung ist insgesamt zulässig. Zwar weist die Beklagte zu 2 im Grundsatz zutreffend darauf hin, dass die Berufungsbegründung keine gesonderten Berufungsangriffe enthält, soweit das Landgericht die Klage wegen außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zinsen abgewiesen hat. Solche gesonderten Berufungsangriffe waren aber (ausnahmsweise) nicht erforderlich. Denn die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils enthalten keine gesonderten Ausführungen bezüglich der Nebenforderungen. Daraus ist zu folgern, dass das Landgericht die Klage hinsichtlich der Nebenforderungen ausschließlich aufgrund des Fehlens einer Hauptforderung abgewiesen hat. In diesem Fall bezieht sich ein Berufungsangriff, der sich primär mit der Abweisung der Hauptforderung befasst, zugleich auf die Nebenforderungen.

    B.

    Das angefochtene Urteil beruht auf Rechtsfehlern im Sinne von § 546 ZPO. Die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen ganz überwiegend eine andere Entscheidung.

    1.    Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1 ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 8.200,00 € gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 1 VVG wegen einer fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrags über eine Basisrente („Rürup-Rentee“) bei der Beklagten zu 2 zu, Zug um Zug gegen Herausgabe künftiger Rentenzahlungen.

    a)    Der als selbstständiger Versicherungsvertreter für die Beklagte zu 3 tätige Beklagte zu 1 ist der Haftung nach § 63 VVG unterworfen. Unter den Anwendungsbereich der §§ 59 ff., 63 VVG fallen gem. § 59 Abs. 2 VVG auch solche Versicherungsvertreter, die nicht vom Versicherer selbst, sondern von einem anderen Versicherungsvertreter (hier: Beklagte zu 3) als Untervertreter damit betraut sind, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen (vgl. BGH, VersR 2015, 107, 108).

    b)    Die Beratung durch den Beklagten zu 1 war entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlerhaft.

    aa)    Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG hat der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer (bzw. Versicherungsinteressenten) zu beraten, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht. Bei einem Vertrag über eine Lebensversicherung handelt es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers regelmäßig um einen komplizierten und damit besonders beratungsbedürftigen Vertrag (vgl. BT-Drucks. 16/1935, Seite 24; BGH, VersR 2015, 107, 108, eine Beratungspflicht bejahend bei der Kapitallebensversicherung). Dementsprechend ist schon beim Abschluss eines herkömmlichen Rentenversicherungsvertrages eine umfassende Beratung erforderlich. Das gilt erst recht im vorliegenden Fall, weil das Beratungsgespräch zum Abschluss eines Vertrages über eine fondsgebundene Basisrente führte. Dies machte eine Beratung umso notwendiger. Denn ein solcher Vertrag unterscheidet sich aufgrund der Anforderungen, an die § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EStG (hier: in der Fassung vom 8. Oktober 2009) die steuerliche Abzugsfähigkeit der Beiträge knüpft, in mehrfacher Hinsicht erheblich von einem herkömmlichen Rentenversicherungsvertrag.

    Im Grundsatz zutreffend machen die Beklagten zwar geltend, dass sich die Aufklärungspflicht des Versicherungsvertreters von der des Versicherungsmaklers unterscheide. Das ist aber für den vorliegenden Rechtsstreit letztlich von untergeordneter Bedeutung.

    Auch der Versicherungsvertreter ist jedenfalls zu einer produktbezogenen Beratung verpflichtet. Zwar muss er den Versicherungsnehmer (bzw. Versicherungsinteressenten) nicht über Produkte anderer als der von ihm vertretenen Anbieter unterrichten, selbst wenn diese für den Versicherungsnehmer vorteilhaft wären. Er hat den Versicherungsnehmer aber über die für den konkreten Vertrag wesentlichen Punkte aufzuklären und Irrtümer des Versicherungsnehmers richtigzustellen. Dazu gehört beispielsweise auch die Unterrichtung über Vor- und Nachteile verschiedener Tarife des von ihm vertretenen Anbieters (vgl. OLG Saar¬brücken, VersR 2018, 480, 481; zur Beratungspflicht des Versicherungsvertreters allgemein Langheid/Wandt/Reiff, VVG, 2. Aufl., § 61 Rn. 15 ff.; Prölss/Martin/Dörner, VVG, 30. Aufl., § 61 Rn. 24 ff.).

    bb)    Die Darlegungs- und Beweislast für einen Beratungsfehler liegt grundsätzlich beim Versicherungsnehmer, wobei den Versicherungsvermittler eine sekundäre Darlegungslast trifft. Allerdings kommen dem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr zugute, wenn die vom Versicherungsvermittler gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 VVG zu erstellende Beratungsdokumentation nicht den an sie zu stellenden Anforderungen entspricht (BGH, VersR 2015, 107, 108 f.).

    Die Funktion der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Dokumentationspflicht liegt vornehmlich darin, dass der Versicherungsnehmer mit einer Beratungsdokumentation die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt und an die Hand bekommt. Dies soll dem Versicherungsnehmer nicht nur eine Überprüfung seiner Entscheidung ermöglichen, sondern auch das Führen des sonst kaum möglichen Nachweises über den Inhalt der Beratung. Wird ihm diese Nachweismöglichkeit durch das Fehlen einer Dokumentation abgeschnitten, hat dies Auswirkungen auf die Verteilung der Beweislast. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen, dass der Hinweis erteilt worden ist (vgl. BGH, VersR 2015, 107, 109, m. w. N., für den Versicherungsvertreter; OLG Saar¬brü¬cken, VersR 2015, 1248, 1249 f., für den Versicherungsmakler). Das gilt auch in dem Fall, dass lediglich ein Ankreuzen nach bestimmten Themenbereichen erfolgt ohne jegliche Erläuterung dazu, ob einzelne Punkte ausführlich oder weniger ausführlich besprochen wurden, und ohne Angaben, welche konkrete Motivation der Beratung zugrunde lag und was die wesentlichen Gründe für den erteilten Rat zu einer bestimmten Versicherung waren (OLG München, VersR 2012, 1292, 1293, für den Versicherungsvertreter).

    Hiervon ausgehend, liegen die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr vor. Der von dem Beklagten zu 1 erstellten Beratungsdokumentation lässt sich lediglich entnehmen, dass Gesprächsanlass die Nutzung staatlicher Förderung/steuerlicher Begünstigung war, eine Beratung zum Wunsch des Klägers nach einer Altersvorsorge in Form einer Rente mit Fondsanlage erfolgte und der sodann abgeschlossene Vertrag empfohlen wurde. Weitere Einzelheiten des Beratungsgesprächs lassen sich der Beratungsdokumentation nicht - auch nicht ansatzweise - entnehmen.

    cc)    Von diesen Grundsätzen ausgehend war die Beratung durch den Beklagten zu 1 in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft:

    (1)    Ein Beratungsfehler lag zunächst darin, dass der Beklagte zu 1 den Kläger nicht darüber unterrichtete, dass eine Kündigung des Vertrages nicht zur Auszahlung eines Rückkaufswerts führt.

    (a)    Die Kündigung des Versicherungsvertrages und deren Rechtsfolgen sind in § 13 Abs. 1-3 AVB geregelt. Gemäß § 13 Abs. 3 AVB führt eine Kündigung regelmäßig nicht zur Beendigung des Vertrages, sondern zur Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung mit herabgesetzter Rente; erreicht die herabgesetzte Rente den vorgesehenen Mindestbetrag nicht, erlischt die Versicherung. Ein Anspruch auf einen Rückkaufswert besteht in beiden Fällen nicht.

    Diese Regelungen weichen von denen bei herkömmlichen Lebens- und Rentenversicherungen, bei denen zwischen der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung (§ 165 VVG) und der Kündigung mit der Folge der Auszahlung des Rückkaufswerts (§§ 168 f. VVG) unterschieden wird, ab. Sie beruhen auf der Anordnung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EStG, dass über die darin bezeichneten Renten hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen bestehen darf.

    Nach Auffassung des Senats wäre ein Hinweis auf diese deutliche Abweichung von herkömmlichen Regelungen, die die Kehrseite der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Beiträge zu einer Basisrente darstellt, erforderlich gewesen. Soweit das Landgericht gemeint hat, dass ein Hinweis auf die Besonderheiten bei der Kündigung nicht erforderlich gewesen sei, weil der Kläger eine Altersvorsorge gewünscht habe und der Beklagte zu 1 deshalb davon habe ausgehen dürfen, dass der Vertrag ungekündigt bis zum vertraglich vereinbarten Leistungsbeginn laufen solle, überzeugt das nicht. Denn der Abschluss einer kapitalbildenden Lebens- und insbesondere einer Rentenversicherung erfolgt regelmäßig zum Zwecke der Altersvorsorge. Gleichwohl wird ein nennenswerter Teil der abgeschlossenen Lebens- und Rentenversicherungen aus unterschiedlichsten Gründen vorzeitig gekündigt. Vor diesem Hintergrund mag es zwar entbehrlich sein, über die mit einer Kündigung eines Lebens- oder Rentenversicherungsvertrages allgemein verbundenen Nachteile aufzuklären. Ein Hinweis auf die Besonderheiten gerade der angebotenen Basisrente wäre aber geboten gewesen.

    (b)    Dass der Beklagte zu 1 den Kläger über diese Besonderheiten nicht unterrichtete, ergibt sich schon aus den Angaben des Beklagten zu 1 im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat.

    Der Beklagte zu 1 hat angegeben, er habe dem Kläger vorab die Unterschiede zwischen einer „Rürup-Rente“ und einer „Riester-Rente“ erläutert und ihm erklärt, dass eine weitere staatliche Förderung nur durch Abschluss einer „Rürup-Rente“ erlangt werden könne, weil die Bezuschussung der „Riester-Rente“ bereits ausgenutzt sei. Zudem habe er erläutert, dass es sich bei der „Rürup-Rente“ um eine auf eine lebenslange Rente zielende Rentenkonstruktion handle. Er habe ihn auf die Möglichkeit der nachträglichen Änderung der Beitragshöhe sowie auf die Möglichkeit jährlicher Sonderzahlungen hingewiesen und ihm die erzielbaren Steuervorteile und die Auswirkungen der steuerlichen Förderung anhand einer Musterrechnung erläutert. Weitere Besonderheiten der „Rürup-Rente“ habe er dem Kläger jedoch nicht erläutert.

    Der hier relevante Aspekt, dass bei der Basisrente - anders als bei herkömmlichen Lebens- oder Rentenversicherungen - eine Kündigung nicht zur Auszahlung eines Rückkaufswerts führt, blieb danach unerwähnt.

    (c)    Dass das von der Beklagten zu 2 als Anlage BLD 1 vorgelegte Produktinformationsblatt als letzten Abschnitt Ausführungen zur Beendigung des Vertrages enthält, gebietet keine andere Beurteilung. Zwar wird teilweise vertreten, dass der Versicherer und der Versicherungsvermittler ihre Beratungspflicht auch mittels eines Produktinformationsblatts erfüllen können (vgl. Armbrüster in Münchkomm-VVG, 2. Aufl., § 6 Rn. 196; Langheid/Rixecker/Rixecker, VVG, 6. Aufl., § 6 Rn. 13). Das hält auch der Senat im Ausgangspunkt für zutreffend. Aufgrund der Umstände des vorliegenden Falls konnte die schlichte Übergabe des Produktinformationsblatts während des zur Unterzeichnung des Antrags führenden Beratungsgesprächs eine zusätzliche Beratung aber nicht entbehrlich machen:

    (aa)    Fraglich ist schon, ob das von der Beklagten zu 2 als Anlage BLD 1 vorgelegte Produktinformationsblatt überhaupt den streitgegenständlichen Vertrag betrifft.

    Zwar stimmen wesentliche Eckdaten (zum Beispiel Bezeichnung der Rente, Beitragshöhe, erste und letzte Beitragsfälligkeit) mit dem geschlossenen Vertrag überein. Der geschlossene Vertrag beruht jedoch ausweislich des von dem Beklagten zu 1 als Anlage 2 vorgelegten Antrags auf einem Vorschlag Nr. Z.., während auf dem Produktinformationsblatt eine - abweichende - Vorschlagsnr. N… vermerkt ist.

    (bb)    Fraglich ist auch, ob der Kläger das Produktinformationsblatt rechtzeitig erhielt.

    § 7 Abs. 1 Satz 1 VVG bestimmt, dass der Versicherungsnehmer die genannten Unterlagen rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung empfangen muss. Rechtzeitigkeit in diesem Sinn setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer noch hinreichend Gelegenheit hat, sich mit dem vertraglichen Regelwerk auseinanderzusetzen, bevor er seine Vertragserklärung abgibt. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass ein zusätzlicher Beratungstermin vor Vertragsschluss erforderlich ist. Es kommt nur darauf an, dass dem Versicherungsnehmer eine tatsächliche Entscheidungsfreiheit bleibt. Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (OLG Brandenburg, VersR 2016, 377, 380).

    Ob Rechtzeitigkeit in diesem Sinne gegeben ist, ist zweifelhaft. Zwar übte der Beklagte zu 1 nicht in der Weise Druck auf den Kläger aus, dass etwa der Vertragsschluss von einer sofortigen Unterschriftsleistung abhängig gemacht wurde. Gleichwohl erweckte das Beratungsgespräch, wie es von dem Beklagten zu 1 in dessen Anhörung vor dem Senat geschildert wurde, den Eindruck, dass eine sofortige Entscheidung erwartet wurde, ob der Kläger einen solchen Vertrag schließen wollte.

    (cc)    Einer ausreichenden Erfüllung der Beratungspflicht durch Aushändigung des Produktinformationsblatts steht jedenfalls entgegen, dass das Produktinformationsblatt die Folgen einer Kündigung abweichend von den Versicherungsbedingungen und damit falsch wiedergibt. Nach Darstellung im Produktinformationsblatt führt die Kündigung des Vertrages uneingeschränkt zur beitragsfreien Fortführung. Das trifft so aber nicht zu. Denn die Kündigung kann, sofern der vorgesehene Mindestbetrag der Rente nicht erreicht wird, auch zum Erlöschen des Vertrages und damit zum gänzlichen Verlust des bis dahin entstandenen Vertragswertes führen.

    (dd)    Schließlich steht der weitere Inhalt des Beratungsgesprächs der Annahme entgegen, dass der Beklagte zu 1 seiner Beratungspflicht betreffend die Einschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten durch Aushändigung des Produktinformationsblatts genügen konnte.

    Steuerliche Vorteile der Basisrente einerseits und Einschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten andererseits stehen wegen der Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b EStG in einem untrennbaren Zusammenhang. Daraus folgt, dass sie auch hinsichtlich der Beratung einheitlich gehandhabt werden müssen. Aus der Anhörung des Beklagten zu 1 durch den Senat ergibt sich, dass der Beklagte zu 1 den Kläger über die steuerlichen Vorteile unterrichtet und sie ihm anhand einer Beispielsrechnung verdeutlichte. Dann hätte er den Kläger aber in gleicher Weise auch über die mit den Steuervorteilen verbundenen Nachteile unterrichten müssen. Ob es insoweit möglicherweise ausgereicht hätte, den Kläger auf das Bestehen von mit den Steuervorteilen verbundenen Nachteilen hinzuweisen und ihn wegen der Einzelheiten auf das Produktinformationsblatt zu verweisen, kann dahinstehen; denn die Beklagten behaupten nicht, dass zumindest dies geschehen sei.

    (2)    Ein weiterer Beratungsfehler des Beklagten zu 1 liegt im Zusammenhang mit der Eintragung der Mutter des Klägers als bezugsberechtigte Person im Versicherungsantrag vor. Denn diese Eintragung erweckte den unzutreffenden Eindruck, die Mutter des Klägers werde im Falle des Todes des Klägers Leistungen erhalten.

    (a)    Bei einem Vertrag über eine Basisrente können im Falle des Todes des Versicherungsnehmers lediglich der Ehegatte und die Kinder, für die ein Anspruch auf Kindergeld besteht, eine Hinterbliebenenrente erhalten; Kinder erhalten die Rente nur so lange, wie ein Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG besteht. Die Mutter des Klägers konnte danach ebenso wenig Leistungen aus dem Vertrag über die Basisrente erhalten wie die damalige - im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mit ihm verheiratete - Lebensgefährtin des Klägers.

    (b)    Die Eintragung eines Bezugsberechtigten für den Todesfall in einem Versicherungsantrag kann bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden werden, dass die benannte Person im Fall des Todes des Versicherungsnehmers Leistungen erhält.

    Denn nur dann ergibt die Benennung eines Bezugsberechtigten einen Sinn. Die Eintragung der Mutter des Klägers in das Antragsformular konnte mithin nur so verstanden werden, dass die Mutter des Klägers nach dessen Tod Leistungen erhalten könne.

    Diesem Verständnis entspricht es, dass nach Angaben des Beklagten zu 1 in dessen Anhörung die Mutter des Klägers auch bei den anderen an diesem Tag beantragten Verträgen, nämlich einem Vertrag über eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Todesfallleistung und einem Bausparvertrag, als Bezugsberechtigte eingetragen wurde. Bei diesen Verträgen konnte die Mutter des Klägers nach dessen Tod Leistungen erhalten, nämlich die Todesfallleistung bzw. das Bausparguthaben.

    (c)    Dass der Kläger die Eintragung seiner Mutter als Bezugsberechtigte in diesem Sinne verstanden hatte, folgt aus seiner Angabe im Rahmen der persönlichen Anhörung durch den Senat, er sei sich sicher, dass ihm weder erläutert worden noch sonst klar gewesen sei, dass im Falle seines Versterbens in unverheiratetem Zustand kein Geld an seine Mutter fließen werde. Dem stehen die Angaben des Beklagten zu 1 und die sonstigen Umstände nicht entgegen.

    (aa)    Soweit nach übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beklagten zu 1 in ihren Anhörungen der Beklagte zu 1 im Rahmen der Antragsaufnahme den Text vorlas, der oberhalb der Benennung eines Bezugsberechtigten im Antragsformular steht, gebietet das keine andere Beurteilung. Dieser Text lautet wie folgt:

    „Sofern bei Tarif FRS, 1FRS, GRS, 1KRS, 2KRS, SRS und SRGS nicht der versorgungsberechtigte Ehegatte eine evtl. Hinterbliebenenrente erhält, können nur die waisenrentenberechtigten Kinder der versicherten Person hierfür begünstigt werden.

    Die Versicherungsleistung(en) im Todesfall erhält der Ehepartner, mit dem die versicherte Person bei Tod verheiratet ist bzw. bei Versicherungen auf zwei Leben die überlebende versicherte Person.

    [  ]    Stattdessen erhält die Versicherungsleistung(en) im Todesfall folgende Personen (gilt nicht bei Tarif FR und 1FR):“

    Dieser Text ist aus mehreren Gründen nicht geeignet, die durch die Benennung eines Bezugsberechtigten begründete Fehlvorstellung infrage zu stellen. Der erste Absatz dieses Textes bezieht sich unter anderem auf einen Tarif GRS. Der Kläger beantragte ausweislich des Vorschlags, der Bestandteil des Versicherungsantrags ist, einen Vertrag im Tarif GRSM („Daten und Tarifinformationen zur fondsgebundenen Rentenversicherung nach Tarif GRSM“). Ob sich der Hinweistext überhaupt auf den vom Kläger gewünschten Tarif beziehen soll, ist daher schon fraglich; jedenfalls ist das ohne Erläuterung für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht zu erkennen. Bei der Ankreuzoption für die Benennung eines Bezugsberechtigten sind sodann nur zwei Tarife (FR und 1FR) ausgeschlossen, die zweifelsfrei mit dem vorliegend vereinbarten nicht identisch sind.

    Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass der Text grundsätzlich geeignet war, den Kläger darüber zu informieren, dass im Falle seines Todes seine Mutter keine Leistungen erhalten könne, wurde doch durch die Benennung der Mutter als Bezugsberechtigte der gegenteilige Eindruck erweckt. Den dadurch hervorgerufenen Irrtum hätte der Beklagte zu 1 richtigstellen müssen. Dies geschah indes nicht. Vielmehr fragte der Beklagte zu 1 nach eigenen Angaben im Rahmen seiner Anhörung den Kläger nur, ob dessen Mutter dort eingesetzt werden solle, erläuterte aber nicht die Hintergründe dieser Eintragung.

    (bb)    Soweit der Beklagte zu 1 angegeben hat, der Kläger habe nach dem Vorlesen des Textes gefragt, ob das bedeute, dass niemand Geld bekomme, wenn er versterbe und zu dem Zeitpunkt noch unverheiratet sei, hat der Kläger dies in Abrede genommen. Der Senat erachtet insoweit die Angaben des Klägers als überzeugend. Denn die von dem Beklagten zu 1 behauptete Nachfrage des Klägers lässt sich mit den weiteren Umständen nicht in Einklang bringen:

    Wäre der Kläger nach dem Vorlesen des Textes davon ausgegangen, dass im Falle seines Todes in unverheiratetem Zustand niemand Geld bekomme, also auch nicht seine Mutter, wäre nicht nachvollziehbar, warum gleichwohl die Mutter als Bezugsberechtigte eingetragen wurde. Zumindest wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger sich den Hintergrund dieser Eintragung von dem Beklagten zu 1 hätte erläutern lassen. Das geschah aber auch nach Angaben des Beklagten zu 1 nicht.
    Auch die Erläuterung, die der Beklagte zu 1 dem Kläger auf dessen angebliche Nachfrage gegeben haben will, dass nämlich zum Ausgleich des Verlusts von Ansprüchen aus der Basisrente die Todesfallleistung in der vorgeschlagenen

    Berufsunfähigkeitsversicherung gedacht gewesen sei, überzeugt nicht. Denn diese Todesfallleistung betrug lediglich 5.000,00 €. Sie konnte daher nur den Verlust der Beiträge für die Basisrente für einen Zeitraum von rund vier Jahren, unter Einbeziehung der Steuervorteile vielleicht von fünf oder sechs Jahren, ausgleichen. Angesichts der in dem Vertrag über die Basisrente vorgesehenen Beitragszahlungsdauer von fast 40 Jahren konnte dies keinen adäquaten Ausgleich darstellen.

    Hinzu kommt, dass die von dem Beklagten zu 1 in seiner Anhörung vor dem Senat gegebene Begründung für die Eintragung der Mutter des Klägers als Bezugsberechtigte nicht nachzuvollziehen ist. Der Beklagte zu 1 hat die Eintragung damit begründet, dass man vonseiten der Versicherung jemanden brauche, der im Todesfall für den Vertrag einstehe, ihn kündige, die Beitragszahlung einstelle und Ähnliches. Diese Begründung überzeugt nicht. Denn derartige Maßnahmen könnte rechtswirksam nur der Erbe des Klägers treffen, allenfalls noch ein über den Tod hinaus Bevollmächtigter. Dass aber in der Benennung eines Bezugsberechtigten die Erteilung einer Vollmacht über den Tod hinaus gesehen werden könnte, liegt fern und ist auch von dem Beklagten zu 1 so nicht geltend gemacht worden. Dass die Mutter des Klägers nach dessen damaliger familiärer Situation gesetzliche Erbin des Klägers gewesen wäre, gebietet keine andere Beurteilung. Denn der Beklagte zu 1 ging nach eigenen Angaben davon aus, dass auch die Lebensgefährtin des Klägers als Bezugsberechtigte hätte eingesetzt werden können; diese wäre nicht gesetzliche Erbin des Klägers gewesen.

    Soweit sich die Beklagte zu 2 erstmals im Verhandlungstermin vor dem Senat zum Beweis der Behauptung, dass der Kläger hinsichtlich der Frage des Bezugsrechts für die streitgegenständliche Basisrente nachgefragt habe, ob es richtig sei, dass im Falle seines unverheirateten Versterbens das angesparte Kapital verloren sei, auf das Zeugnis der Ehefrau des Klägers bezogen hat, war diesem Beweisangebot nicht nachzugehen. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind im Berufungsverfahren nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen. Dass eine dieser Voraussetzungen hier vorliegen könnte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Insbesondere hätten sich die Beklagten auch schon in erster Instanz hinsichtlich des Ablaufs des Beratungsgesprächs auf das Zeugnis der Ehefrau des Klägers beziehen können. Dass diese bei dem Beratungsgespräch anwesend war, war schon in erster Instanz unstreitig.

    (d)    Soweit die Beklagten zu 1 und 3 darauf verweisen, dass es sich der Umfang des Hinterbliebenenschutzes aus dem Versicherungsschein ergebe, trifft das zwar zu. Das ändert aber nichts daran, dass der Beklagte zu 1 den Kläger fehlerhaft beriet.

    c)    Durch die Beratungsfehler des Beklagten zu 1 entstand dem Kläger ein Schaden.

    aa)    Ausgangspunkt jeder Schadensberechnung ist die Differenzhypothese. Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Dieser erfordert nicht lediglich eine Berücksichtigung von Einzelpositionen, sondern eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (BGH, MDR 2017, 87, 87 f.). Allerdings stellt bereits der Abschluss eines vom Versicherungsnehmer nicht gewollten Vertrages einen Schaden dar, der eine Aufhebung des Vertrages im Wege des Schadensersatzes rechtfertigt (BGH, VersR 2012, 1237, 1243; OLG Frankfurt a. M., BeckRS 2014, 09479, unter II.2); OLG Köln, VersR 2014, 1238, 1239; Rudy in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 6 VVG Rn. 62; Münkel in HK-VVG, § 6 VVG Rn. 46).

    Hiervon ausgehend liegt der Schaden des Klägers bereits darin, dass er den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag abschloss.

    bb)    Für den Kausalzusammenhang zwischen der Beratungspflichtverletzung und dem Schadenseintritt besteht die Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens (BGH, VersR 2012, 1237, 1243). Diese führt nach neuerer Rechtsprechung zum Kapitalanlagerecht auch dann zu einer Beweislastumkehr, wenn es mehr als nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gibt (BGH, VersR 2013, 628, 630, unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Der Senat hat diese Grund-sätze bereits in früheren Entscheidungen auch auf die Beratung bei Abschluss eines Versicherungsvertrages angewandt (Urteil vom 14. Januar 2016 - 8 U 169/15, nicht veröffentlicht, unter II. 2. b) dd); Urteil vom 28. Mai 2018 - 8 U 191/17, nicht veröffentlicht, unter II. 1. b) bb); ebenso OLG Saarbrücken, VersR 2015, 1248, 1250); daran hält er fest. Die Gründe, die der Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegen, greifen gleichermaßen im Rahmen der Beratung nach § 6 VVG (Rudy in Prölss/Martin, a. a. O., § 6 VVG Rn. 67). Umstände, die die Vermutung vorliegend widerlegen würden, haben die Beklagten nicht dargelegt.

    Soweit der Versicherungsnehmer darzulegen hat, aus welchen Gründen er den Versicherungsvertrag bei richtiger Beratung nicht geschlossen hätte, hat der Kläger dem entsprochen. Denn er hat dargelegt, dass er bei Kenntnis von den Nachteilen der Basisrente die damit verbundenen Steuervorteile als gegenüber den Nachteilen nachrangig angesehen hätte. Zudem hat er in seiner Anhörung vor dem Senat angegeben, dass er den Vertrag auch dann nicht geschlossen hätte, wenn er gewusst hätte, dass im Falle seines Todes das ganze Geld weg sein könne.

    d)    Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt.

    Der Schadensersatzanspruch gemäß § 61 Abs. 1, § 63 VVG unterfällt der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Die Verjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB frühestens in dem Zeitpunkt, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Vorliegend ist mithin maßgeblich, wann der Kläger Kenntnis von den eine Beratungspflicht begründenden Umständen und von der Verletzung der Beratungspflicht hatte bzw. hätte haben müssen.

    aa)    Dass der Kläger unabhängig von einer Beratung durch den Beklagten zu 1 und vor der Beauftragung seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten im Jahr 2017 Kenntnis von den Besonderheiten einer Basisrente hatte, lässt sich nicht feststellen. Insbesondere genügt dafür nicht, dass sich diese Besonderheiten aus den Versicherungsbedingungen und - teilweise - aus dem Produktinformationsblatt ergaben; denn es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger die Versicherungsbedingungen und das Produktinformationsblatt vor dem 1. Januar 2015 - nur dann wäre bei Klageerhebung Verjährung bereits eingetreten - gelesen hatte.

    Gleiches gilt für den Versicherungsschein. Die Beklagten haben weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass der Kläger den Versicherungsschein vor dem 31. Dezember 2014 (als dem für die Verjährung maßgeblichen Stichtag) vollständig gelesen hatte.

    Selbst wenn man bei lebensnahem Verständnis davon ausgeht, dass der Kläger den Versicherungsschein - anders als möglicherweise die Versicherungsbedingungen und das Produktinformationsblatt - nicht gänzlich ungelesen abheftete, lässt sich doch insbesondere aufgrund der Gestaltung des Versicherungsscheins nicht feststellen, dass der Kläger auch die den Hinterbliebenenschutz betreffende Passage las. Denn es ist ohne weiteres möglich, dass der Kläger zwar den Abschnitt „Allgemeine Versicherungsdaten“ las, der die wesentlichen Eckdaten des Vertrages enthält, das Lesen aber bei dem Abschnitt „Beispielrechnung zur Altersvorsorge“ beendete. Dass nach diesem für die vertraglichen Regelungen völlig unbedeutenden Abschnitt weitere relevante Abschnitte folgen würden, drängte sich nicht in einer Weise auf, dass darauf die Überzeugung gestützt werden könnte, der Kläger habe auch diese Abschnitte gelesen. Im Übrigen hätte der Kläger, selbst wenn er den Versicherungsschein vollständig gelesen hätte, nur Kenntnis von dem Beratungsfehler im Zusammenhang mit der Benennung eines Bezugsberechtigten gehabt. Der sich aus dem unterlassenen Hinweis auf die Besonderheiten bei der Kündigung ergebende Schadensersatzanspruch wäre gleichwohl nicht verjährt.

    bb)    Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis von den Besonderheiten einer Basisrente kann vorliegend nicht angenommen werden.

    Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (BGH, WM 2010, 1493, 1495, zur Kapitalanlage).

    Einen derartigen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß vermag der Senat nicht darin zu sehen, dass der Kläger das Produkt-informationsblatt und die Versicherungsbedingungen nicht las. Bei Letzteren folgt das schon aus deren Umfang. Aber auch das Nichtlesen des Produktinformationsblattes ist nicht als grob fahrlässig anzusehen. Denn gerade angesichts der in § 61 Abs. 1 VVG geregelten Beratungspflicht auch des Versicherungsvertreters durfte der Kläger darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 1 ihm die wesentlichen Aspekte des Vertrages mitgeteilt hatte und er sich, solange im laufenden Vertragsverhältnis keine Besonderheiten auftraten, nicht näher mit dem Produktinformationsblatt und den Versicherungsbedingungen befassen musste. Ob Veranlassung dazu bestand, als der Kläger im Jahr 2016 beabsichtigte, den Vertrag beitragsfrei zu stellen, kann dahinstehen; denn selbst wenn man davon ausginge, wäre im Zeitpunkt der Klageerhebung Verjährung noch nicht eingetreten.

    Aber auch das unterlassene Lesen aller Einzelheiten des Versicherungsscheins vermag der Senat nicht als objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß anzusehen. Soweit die Beklagten zu 1 und 3 darauf verweisen, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsschein zu überprüfen habe, weil vom Antrag abweichende Regelungen ohne Widerspruch des Versicherungsnehmers als vereinbart gelten, lässt sich daraus grobe Fahrlässigkeit nicht herleiten. Die Beklagten zu 1 und 3 verkennen insoweit, dass die von ihnen in Bezug genommene Rechtsfolge gemäß § 5 Abs. 2 VVG nur dann eintritt, wenn der Versicherungsnehmer auf eine etwaige Abweichung durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam gemacht und auf die Rechtsfolgen eines unterlassenen Widerspruchs hingewiesen worden ist. Der Gesetzgeber geht also gerade davon aus, dass der Versicherungsnehmer ohne einen solchen auffälligen Hinweis allein aufgrund des Studiums des Versicherungsscheins nicht auf Abweichungen aufmerksam wird. Einen Hinweis darauf, dass die Regelungen im Versicherungsschein inhaltlich in Widerspruch zu der bei Antragstellung erfolgten Beratung stehen, enthält der Versicherungsschein nicht. Auch insoweit gilt im Übrigen, dass selbst bei abweichender Beurteilung der sich aus dem unterlassenen Hinweis auf die Besonderheiten bei der Kündigung ergebende Schadensersatzanspruch nicht verjährt wäre.

    e)    Der danach bestehende Schadensersatzanspruch des Klägers ist im Grundsatz auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge in Höhe von 8.200,00 € gerichtet.

    Allerdings muss sich der Kläger im Rahmen der Vorteilsausgleichung die Vorteile anrechnen lassen, die er durch das schädigende Ereignis erlangt hat, das sind hier die zukünftig zu erwartenden Renten. Sind - wie hier - Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig, muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten. Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, ist unerheblich; eines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schädigers bedarf es nicht (vgl. BGH, WM 2015, 1461, 1463). Diesen Grundsätzen trägt der Kläger seit der Umstellung seines Klageantrags mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018 Rechnung.

    Nicht anrechnen lassen muss sich der Kläger demgegenüber erlangte Steuervorteile.

    Im Grundsatz zutreffend weisen die Beklagten zu 1 und 3 zwar darauf hin, dass auch Steuervorteile, die der Geschädigte infolge der Schädigung erlangt hat, zu den auszugleichenden Vorteilen gehören können. Bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile muss allerdings auch berücksichtigt werden, ob dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs oder dessen Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen, sei es durch eine Besteuerung der Schadensersatzleistung oder etwa einer Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung einer Kapitalanlage. Weil über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden ist (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, muss eine nähere Berechnung nur dann erfolgen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung steuerlicher Nachteile derart außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (vgl. BGH, WM 2014, 460, 461 f.; WM 2010, 1641, 1648; OLG Saarbrücken, VersR 2011, 1441, 1444).

    Nach diesen Grundsätzen können vom Kläger erlangte steuerliche Vorteile vorliegend außer Betracht bleiben. Das gilt zwanglos für den Fall, dass die Schadensersatzleistungen - entsprechend der von der Beklagten zu 2 auf Seite 15 ihrer Klageerwiderung vertretenen Auffassung - zu einer Nachversteuerung führen sollten; denn dann würden die erlangten Steuervorteile durch die Nachversteuerung ausgeglichen. Aber auch in dem Fall, dass die erlangten Steuervorteile dem Kläger dauerhaft verbleiben und die Schadensersatzleistung der Beklagten nicht der Besteuerung unterliegen sollte, können die Steuervorteile hier unberücksichtigt bleiben. Die Renten aus einem Vertrag über eine Basisrente unterliegen der Besteuerung, und zwar im vorliegenden Fall, weil der früheste Rentenbeginn der 1. Oktober 2043 ist, zu 100 % (§ 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a aa EStG). Die vom Kläger in den Klageantrag aufgenommene Verpflichtung zur Auskehr späterer Renten erstreckt sich auf die gesamten Renten. Das hat der zur Konsequenz, dass die in der Rentenphase durch die Renten entstehende Steuerlast bei dem Kläger verbleibt. Dass die in der Vergangenheit erzielten Steuervorteile die in der Rentenphase entstehende Steuerlast in einem Maße übersteigen, dass von einem außergewöhnlich hohen Steuervorteil gesprochen werden könnte, haben die Beklagten nicht dargelegt.

    2.    Aus den gleichen Gründen steht dem Kläger gegen die Beklagte zu 2 ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 8.200,00 € gemäß § 6 Abs. 1, Abs. 5 VVG, § 278 BGB zu, ebenfalls Zug um Zug gegen Herausgabe künftiger Rentenzahlungen.

    Die Beklagte zu 2 war gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG zur Beratung des Klägers verpflichtet. Der Umfang der Beratungspflicht entspricht derjenigen des Versicherungsvertreters aus § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG. Die Beklagte zu 2, die sich des Beklagten zu 1 zur Erfüllung ihrer Beratungspflicht bediente, muss sich dessen Beratungsfehler zurechnen lassen.

    3.    Gleiches gilt hinsichtlich der Beklagten zu 3, die gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 1 VVG, § 278 BGB haftet und sich ebenfalls ein Beratungsverschulden des für sie tätigen Beklagten zu 1 zurechnen lassen muss.

    4.    Der Schadensersatzanspruch des Klägers umfasst auch außergerichtliche Anwaltskosten als Kosten der notwendigen Rechtsverfolgung. Geltend gemacht ist insoweit eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 8.200,00 € zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, das sind 808,13 €. Der Höhe nach ist das nicht zu beanstanden.

    5.    Ein Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 286, 291, 288 Abs. 1 BGB.

    a)    Die Hauptforderung ist allerdings erst ab dem Zeitpunkt zu verzinsen, in dem der Kläger - mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018 - den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung Rechnung trug und die Auskehr der späteren Rentenzahlungen anbot. Dieser
    Schriftsatz ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 und 3 am 18. Juni und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 am 14. Juni 2018 zugestellt worden.

    b)    Hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger entsprechend seinem Begehren Prozesszinsen verlangen. Der Schriftsatz, mit dem die Klage auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten erweitert worden ist, ist den Prozessbevollmächtigten (damals nur) des Beklagten zu 1 am 1. März und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 am 5. März 2018 zugestellt worden. Hinsichtlich der Beklagten zu 3 ist die Zustellung der subjektiven Klageerweiterung am 24. Mai 2018 maßgeblich.

    c)    Die betragsmäßig ausgeurteilten Zinsen beruhen jeweils auf den vorgenannten unterschiedlichen Zustellungszeitpunkten.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 100 Abs. 4 ZPO. Das Unterliegen des Klägers (nur) mit einem Teil der geltend gemachten Zinsen lässt es angemessen erscheinen, der Beklagten die Kosten insgesamt aufzuerlegen.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

    Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.