Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Haftung

    Das sind Ihre Maklerpflichten bei eigenmächtigem Kundenvorgehen

    | Immer wieder kommt es vor, dass einer Ihrer Maklerkunden eigenmächtig handelt und Versicherungen, die Sie zuvor für ihn eingedeckt haben ‒ aus welchen Gründen auch immer ‒, in Eigenregie kündigt und bei einem anderen Versicherer ein günstigeres Standardprodukt mit Deckungslücken wählt. Doch wie verhalten Sie sich aus Haftungsgründen dem Kunden gegenüber richtig? Müssen Sie ihn kontaktieren, weil Sie sein Sachwalter sind und Fürsorgepflichten haben? Oder lassen Sie ihn einfach „ziehen“? VVP liefert die Antworten. |

    Fürsorgepflicht und Grenzen

    Hat sich der Kunde z. B. für einen anderen Makler als Betreuer entschieden, dann gehört es nicht zu den maklertypischen Pflichten, dem Kunden eine evtl. nachteilige anderweitige Maklerorientierung „auszureden“. Sollte Ihr Kunde sich den falschen Makler ausgesucht haben und erleidet er dadurch einen Nachteil, kann dieser Kunde Sie nicht haftbar machen nach dem Motto „Sie hätten mich darauf hinweisen müssen, dass der neue Makler ein schlechter ist.“ Die Fürsorgepflicht hat hier ihre Grenzen. Und sie endet insbesondere dann, wenn der Kunde das Vertrauensverhältnis zum Ursprungsmakler durch das Wechseln zu einem anderen Makler selbst (zer)stört.

     

    Ihr weiteres Vorgehen hängt damit davon ab, ob der Kunde den Maklervertrag (ggf. auch nur spartenbezogen) gekündigt hat.

    Gekündigter Maklervertrag

    Hat der Kunde den Maklervertrag gekündigt, sind Sie nicht mehr Sachwalter des Kunden und dürfen ihn nicht mehr beraten. Hat der Kunde den Maklervertrag nur spartenbezogen gekündigt, gilt das entsprechend bezüglich der jeweiligen Sparte.

     

    Wichtig | Ein Maklerkunde kann den Maklervertrag wegen § 627 Abs. 1 BGB jederzeit kündigen. Das gilt unabhängig davon, ob der Maklervertrag unbefristet oder befristet bzw. mit oder ohne Kündigungsfrist vereinbart ist.

     

    Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung unzulässig

    Der Versuch, den ehemaligen Kunden zur Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehung zu bewegen ‒ z. B. in Form eines Telefonats ‒, kann bereits als eine unlautere und damit wettbewerbswidrige Werbemaßnahme angesehen werden. Das Nachbearbeiten ehemaliger Kunden ‒ z. B. nach einer kompletten Beendigung der geschäftlichen Beziehung ‒ ist nicht vom ursprünglichen oder mutmaßlichen Einverständnis gedeckt (LG Nürnberg-Fürth, Urteile vom 29.10.2008, Az. 3 O 7797/08 und 3 O 7790/08, Abruf-Nrn. 090208 und 090328).

     

    Weitere Kontaktaufnahme verwehrt ‒ unzumutbare Belästigung

    Besteht die Kundenbeziehung nicht mehr, wird eine unzumutbare Belästigung stets vorliegen, wenn Sie den ehemaligen Kunden kontaktieren, obwohl sich dieser nach Vertragsende ausdrücklich gegen eine weitere Kontaktaufnahme verwehrt hat.

     

    PRAXISTIPP | Hat der Kunde die Kontaktaufnahme nicht ausdrücklich verwehrt, fragen Sie ihn per Brief, ob Sie ihn per Telefon oder E-Mail kontaktieren dürfen. Antwortet der Kunde nicht mehr, dürfen Sie ihn nur noch per Brief kontaktieren. Verwehrt sich der Kunde auch dagegen, dürfen Sie ihn gar nicht mehr kontaktieren, auch nicht per Brief.

     

    Ungekündigter Maklervertrag

    Hat der Kunde den Maklervertrag nicht gekündigt, sind Sie nach wie vor sein Sachwalter und dem Kunden gegenüber in der „Pflicht“. Sie dürfen den Kunden auf die Weise kontaktieren, die Ihnen der Kunde seinerzeit bei der Aufnahme des Maklermandats gestattet hat.

     

    PRAXISTIPP | Schauen Sie in Ihre Unterlagen und prüfen Sie, auf welchen Wegen Sie den Kunden kontaktieren dürfen.

     

    So gehen Sie in der Praxis am besten vor

    Besteht Ihr Maklervertrag fort und hat der Kunde nicht ausdrücklich erklärt, zu den gekündigten Versicherungen nicht mehr kontaktiert werden zu wollen, haben Sie aufgrund Ihrer Sachwalterstellung u. a. eine nach wie vor bestehende Interessenwahrungs-, Aufklärungs- und Beratungspflicht gegenüber Ihrem Kunden.

     

    • Hat der Wechsel für den Kunden eklatante Nachteile bzw. birgt er für ihn erhebliche Risiken, müssen Sie ihn diesbezüglich aufklären. Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Kunde einen Wechsel von speziell verhandelten Versicherungen in ein Standardprodukt anstrebt.

     

    • Lässt sich der Kunde trotz gebotener Aufklärung nicht umstimmen, sind Sie aus der Verantwortung. Diesen Vorgang sollten Sie dokumentieren und am besten vom Kunden unterschreiben lassen. Dann können Sie später nicht mehr wegen Pflichtverletzung haftbar gemacht werden, wenn der Kunde durch den Wechsel einen finanziellen Nachteil erleiden sollte.

     

    PRAXISTIPP | Können Sie den Kunden nicht zurückgewinnen, sollten Sie den Maklervertrag aus Haftungsgründen kündigen, sofern der Kunde diesen nicht selbst kündigt. Hat der Kunde nur eine von vielen Sparten umgedeckt, teilen Sie dem Kunden zur Klarstellung schriftlich mit, dass Sie ihn bezüglich dieser Sparte nicht mehr weiter betreuen werden.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 5 | ID 47333749