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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Notwendigkeit eines Privatgutachtens: Beurteilung erfolgt ex ante, nicht ex post

    Die Kosten eines Privatgutachtens können auch dann erstattungsfähig sein, wenn es weder im Rechtsstreit noch im Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegt worden ist (BGH 26.2.13, VI ZB 59/12, Abruf-Nr. 131199).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Aus letztlich ungeklärten Gründen hatte der Haftpflicht-VR davon abgesehen, das von ihm eingeholte DEKRA-Gutachten „zur Plausibilität von Schadensabläufen“ zu den Akten zu reichen. Ausweislich der im Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegten DEKRA-Rechnung war das Gutachten genau ein Tag nach Klagezustellung in Auftrag gegeben worden. Als Grund dafür gab der VR an, man sei von einer Unfallmanipulation ausgegangen. Die Berufung gegen die Klageabweisung nahm die Kl. auf einen für sie ungünstigen Hinweis des OLG zurück. Die Kosten für das DEKRA-Gutachten hat der Rpfl. antragsgemäß festgesetzt. Das OLG hat die sofortige Beschwerde der Kl. zurückgewiesen. Auch ihre Rechtsbeschwerde zum BGH blieb erfolglos.

     

    Das Erfordernis der unmittelbaren Prozessbezogenheit sieht der BGH als erfüllt an. Der Behauptung der Kl., das Gutachten müsse dem VR schon vor Prozessbeginn vorgelegen haben, ist er angesichts des Datums der Auftragserteilung in der DEKRA-Rechnung nicht gefolgt. Aus der maßgeblichen Sicht im Zeitpunkt der Auftragserteilung sei die Einholung des Gutachtens sachdienlich gewesen. Das Klagevorbringen habe Anhaltspunkte für den Verdacht eines versuchten Versicherungsbetrugs geliefert. Dass der VR das Gutachten im Rechtsstreit nicht vorgelegt habe, stehe der Erstattungsfähigkeit der Kosten nicht entgegen. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Beauftragung, nicht das Ergebnis der Begutachtung und schon gar nicht dessen (positiver) Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts. Das Gutachten spätestens im Kostenfestsetzungsverfahren vorzulegen, sei gleichfalls nicht erforderlich gewesen. In der Regel genüge es, wenn die Partei die Rechnung des Gutachters einreiche und die Entstehung der Kosten anwaltlich versichert werde.

     

    Praxishinweis

    Mit dem vorliegenden Beschluss ergänzt der VI. ZS seine Grundsatzentscheidung vom 20.12.11, VI ZB 17/11, VA 12, 74. Anders als etliche OLG (z.B. München NJW-RR 95, 1470) sieht er in der Vorlage des Gutachtens im laufenden Prozess keine Erstattungsvoraussetzung. Entbehrlich sei auch die inhaltliche Wiedergabe oder das auszugsweise Zitieren in einem Schriftsatz. Für die Beurteilung der Notwendigkeit eines Privatgutachtens kommt es dem BGH allein auf den Zeitpunkt der Beauftragung an (ex ante-Betrachtung). „Unmittelbar prozessbezogen“ heißt für eine beklagte Partei nicht, dass der Auftrag unbedingt erst nach Zustellung der Klage erteilt worden sein muss. Eine Klage muss nicht einmal angedroht sein. Es genügt, dass die Tätigkeit des Privatgutachters in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit steht (BGH VersR 09, 563 - Verdacht der Unfallmanipulation; dazu auch OLG Saarbrücken r+s 12, 625; OLG Jena r+s 12, 627).

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 75 | ID 39034000