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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Abrechnung bei Instandsetzung eines werkstatteigenen Fahrzeugs

    • 1. Der Geschädigte, der eine Kfz-Werkstatt betreibt und dort sein Fahrzeug repariert, muss nicht zugunsten des Schädigers auf den Unternehmergewinn verzichten, wenn er wegen der Auslastung des Betriebs in dem fraglichen Zeitraum Aufträge Dritter hätte entgegennehmen können.
    • 2. Wenn die Werkstatt bei einem Fremdauftrag Ersatzteilaufschläge berechnet hätte, kann sie diese auch bei einer Eigenreparatur ersetzt verlangen, sofern sie dabei auf ihren Lagerbestand zurückgegriffen hat.

    (AG Ellwangen/Jagst 16.1.14, 2 C 195/12, Abruf-Nr. 140481)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die Abrechnung der Kl. nach einem selbstreparierten Unfallschaden an einem ihrer Betriebsfahrzeuge hatte der bekl. VR in zwei Punkten gekürzt: Unternehmergewinn von 10 Prozent der Netto-Materialkosten sowie die 10-prozentigen Ersatzteilaufschläge. In beiden Punkten war die Klage erfolgreich. Nach Vernehmung eines Zeugen aus dem Betrieb der Kl. stellte das AG fest, dass deren Werkstatt im fraglichen Zeitraum mehr als ausgelastet gewesen sei. Sie hätte die Reparatur zu den üblichen Herstellungskosten incl. Unternehmergewinn also auch fremdvergeben und Aufträge Dritter gewinnbringend erledigen können. Für die Möglichkeit eines Verschiebens der Reparatur in ruhigere Zeiten sei nichts ersichtlich. Was die strittigen Ersatzteilaufschläge angehe, seien die gleichen Erwägungen maßgebend wie bei dem Unternehmergewinn.

     

    Praxishinweis

    Exakt am Verkündungstermin, dem 16.1.14, hat der BGH eine Entscheidung ins Netz gestellt, die sich mit der facettenreichen Thematik „geschädigter Unternehmer repariert selbst“ ausführlich auseinandersetzt (19.11.13, VI ZR 363/12, Abruf-Nr. 140203). Allerdings geht es im BGH-Fall nicht um einen Fahrzeugschaden, sondern um eine Baustellenabsicherungsanlage, die auf der Autobahn durch einen Lkw beschädigt worden war.

     

    Wichtig sind folgende Aussagen des BGH: Ein Gewerbetreibender, der die ansonsten gewinnbringend eingesetzten Kapazitäten seines Betriebs dazu benutzt, beschädigtes Eigentum selbst zu reparieren, hat einen Anspruch darauf, dass ihm die Kosten einer Fremdreparatur ersetzt werden. Dies gelte selbst, wenn das vorhandene Personal die Reparatur ohne gesonderte Vergütung vornehme. Eine Ausnahme gelte nur, wenn der Betrieb nicht ausgelastet sei und deshalb ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur genutzt werden können. Dafür sei entgegen OLG Saarbrücken (16.5.13, 4 U 324/11, Abruf-Nr. 132551) der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet. Dem Geschädigten obliege jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast eine konkrete Darstellung der betrieblichen Auslastungssituation.

     

    Was heißt das für den Anwalt eines gewerblichen Mandanten, in dessen Betrieb die beschädigte Sache repariert werden kann oder schon repariert worden ist? Das haben wir in der Checkliste zusammengefasst:

     

    Checkliste / Eigenreparatur durch gewerblichen Mandanten

    Hat der gewerbliche Mandant in seinem Betrieb die beschädigte Sache repariert, muss sein Anwalt folgende Punkte beachten:

     

    • Er muss differenzieren zwischen Betrieben, zu deren Geschäft die Instandsetzung von Kundensachen gehört (z.B. Autohäuser und Werkstätten) und solchen, die üblicherweise keine Fremdreparaturen erledigen, aber eine Werkstatt zur Reparatur eigener Fahrzeuge unterhalten (z.B. Omnibusbetrieb). Betriebe der ersten Gruppe können grundsätzlich die Kosten einer Fremdreparatur verlangen (incl. Unternehmergewinn), während Betriebe der zweiten Gruppe auf die Selbstkosten zzgl. anteiliger Gemeinkosten beschränkt sind.

     

    • Für die Darlegungs- und Beweislast in Fällen der ersten Gruppe gilt: Von sich aus muss der Geschädigte, der die Kosten einer Fremdreparatur verlangt, zu seiner betrieblichen Situation nichts vortragen. Er darf abwarten. Die primäre Darlegungslast liegt beim Schädiger/VR. Er muss mit dem „Leerlauf“-Argument kommen. Hohe Anforderungen stellen die Gerichte dabei nicht. Es genügt die Behauptung, man habe das Fahrzeug in einem Zeitraum freier Kapazitäten instand gesetzt. Nun ist der klagende Betrieb am Zug. Er muss mit einer „konkreten Darstellung der betrieblichen Auslastungssituation“ (BGH) kommen.

     

    • Doch was muss er im Einzelnen vortragen? Darauf gibt es keine Patentantwort. Erste Orientierung liefert das LG Hannover (2.3.12, 8 S 82/11, Abruf-Nr. 123196): Keine überzogenen Anforderungen, aber „hinreichende Angaben zu der betrieblichen Situation im Zeitpunkt der Reparatur, um einschätzen zu können, inwieweit das für Reparaturarbeiten zur Verfügung stehende Personal seinerzeit ausgelastet war“. Im konkreten (Autohaus-)Fall war es dem LG zu wenig, nur Angaben zur Anzahl der Mitarbeiter und der Kundenaufträge zu machen. Zumindest zur Art der Arbeiten (z.B. Reparatur einer Auspuffanlage) und zu dem ungefähren Zeiteinsatz hätte vorgetragen werden müssen.

     

    • Sicherheitshalber sollte der Anwalt des Geschädigten um einen Hinweis für den Fall bitten, dass das Gericht den Sekundärvortrag für unzureichend hält. Ist das Vorbringen ausreichend, ist wiederum der Schädiger/VR am Zug. Er muss beweisen, dass das Sekundärvorbringen unrichtig ist. Der Geschädigte hat an dieser Stelle, was oft verkannt wird, nichts zu beweisen. Er hat lediglich eine sekundäre Darlegungslast, keine Beweislast. Da der Schädiger/VR den ihm obliegenden Beweis sinnvollerweise nur mit Angehörigen des Betriebs führen kann, liegt es nahe, geeignete Mitarbeiter gleich selbst als Zeugen anzubieten. Strenggenommen ist dies freilich ein Gegenbeweis.
     

    Räumt die Werkstatt ausdrücklich ein, in Zeiten fehlender Auslastung gearbeitet zu haben (so im Fall OLG Saarbrücken 16.5.13, 4 U 324/11, Abruf-Nr. 132551), ist ein Abzug des Unternehmergewinns gerechtfertigt. Das OLG Saarbrücken hat in freier Schätzung 20 Prozent angenommen, der Kfz-Betrieb war für drei. Dass Versicherer ihren Unternehmergewinn-Abzug vorzugsweise mit dieser OLG-Entscheidung rechtfertigen, verwundert nicht. Der entschiedene Fall ist aber besonders gelagert, weil der Betrieb eingeräumt hatte, seinen Mercedes in einer Zeit ohne Vollauslastung repariert zu haben. Im Übrigen liegt das OLG Saarbrücken in der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast schief.

     

    Einsenderin | Rechtsanwältin Birgit Schwarz, Weißenhorn

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 37 | ID 42524605