· Nachricht · Mietwagenkosten
9. Zivilsenat des OLG Hamm bevorzugt Fracke
| Sind bei der Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens Mietwagenkosten nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, ist als Schätzungsgrundlage auf den Mittelwert der Marktpreiserhebungen nach der Schwacke-Liste und dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel abzustellen (Modell Fracke). |
Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm entschieden und damit die von der obergerichtlichen Rechtsprechung - auch innerhalb des OLG Hamm - bislang nicht einheitlich behandelte Streitfrage für die Rechtsprechung seines Senats beantwortet.
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte einen Verkehrsunfall zu beurteilen, der sich im August 2014 in Bielefeld ereignet hatte. Der mit seinem Pkw Toyota von der Hauptstraße nach links in die Berliner Straße abbiegende, seinerzeit 61 Jahre alte Kläger aus Bielefeld kollidierte im Kreuzungsbereich mit dem entgegenkommenden Pkw Mercedes des seinerzeit 24 Jahre alten Beklagten aus Bielefeld, der unter Befahren einer Sperrfläche in den Kreuzungsbereich eingefahren war. Aufgrund des verbotswidrigen Befahrens der Sperrfläche sei dem Beklagten, so der Senat eine 70-prozentige Haftung zuzuschreiben, während der Kläger, der als Linksabbieger den im Gegenverkehr befindlichen Beklagten nicht habe passieren lassen, 30 Prozent seines Schadens selbst zu tragen habe.
Bei der Bemessung der Schadenshöhe von insgesamt ca. 11.250 EUR hatte der Senat zu beurteilen, ob die in dieser Schadenssumme mit 828 EUR enthaltenen Mietwagenkosten gerechtfertigt waren.
Der Kläger habe, so der Senat zu der Schadensposition der Mietwagenkosten, nicht konkret nachgewiesen, dass er beim Anmieten des genutzten Ersatzfahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt habe. Sein diesbezüglicher Schaden sei deswegen nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen. Dabei komme es darauf an, zu welchen Konditionen der Kläger einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen hätte. Bei der hier gebotenen Schätzung könne der Tatrichter auf die Marktpreiserhebungen nach der Schwacke-Liste oder nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel zurückgreifen. Beide Marktpreiserhebungen seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die dieser insoweit als nicht weiter klärungsbedürftig ansehe, grundsätzlich geeignete Schätzungsgrundlagen. Bei der obergerichtlich umstrittenen Frage, auf welche Marktpreiserhebung abzustellen sei, bevorzuge der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Mittelwertlösung Fracke. Die unterschiedlichen Erhebungsmethoden beider Auswertungen hätten Vor- und Nachteile. Die Erhebung des Fraunhofer Instituts beruhe im Wesentlichen auf einer anonymen Internetabfrage, die Schwacke-Erhebung auf einer nicht anonymisierten, aber örtlich genaueren Anbieterabfrage. Dies lasse es dem Senat als sachgerecht erscheinen, keine der Listen isoliert heranzuziehen, sondern auf ihren Mittelwert abzustellen.
Im vorliegenden Fall sei nach der Schwacke-Liste ein Tarif von 1.142,52 EUR und nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel ein Wert von 490,51 EUR zu ermitteln. Der Mittelwert hieraus (816,52 EUR) weiche nur unerheblich von den angefallenen Mietwagenkosten (828 EUR) ab. Diese seien daher als ersatzfähig anzusehen.
Ausgehend von der 70-prozentigen Haftungsquote könne der Kläger daher insgesamt ca. 7.900 EUR Schadenersatz beanspruchen.
Quelle | OLG Hamm, Pressemitteilung zum Urteil vom 18.3.2016, 9 U 142/15.