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  • · Nachricht · Haftungsrecht

    Der Mist mit dem Vogelkot: Zur Verkehrssicherungspflicht eines Tankstellenbetreibers

    | Weil der Kläger bei der Reinigung seines Pkw an der Tankstelle mit einem Scheibenwäscher die Motorhaube verkratzt hatte, verlangte er Schadenersatz vom Tankstellenbetreiber. Das Amtsgericht Coburg und in zweiter Instanz auch das Landgericht Coburg wiesen die Klage ab, weil eine Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht vorlag und der Kläger den Schaden allein zu verantworten hat. |

     

    Schön sauber sollte das Fahrzeug des Klägers sein. Deshalb musste vor Benutzung der Waschanlage auch der Vogelkot auf der Motorhaube des Pkw entfernt werden. Hierzu benutzte der Kläger den vom Tankstellenbetreiber in einem Wassereimer zur Scheibenreinigung bereitgestellten Schwammreiniger. Am Ende blieb jedoch kein sauberes Auto zurück, sondern eine verkratzte Motorhaube. Hierfür verlangte der Kläger nun Schadenersatz und die Kosten für seinen Rechtsanwalt, insgesamt knapp 1.000 EUR.

     

    Vor dem Amtsgericht Coburg behauptete der Kläger, der Schwamm des Wischers habe sich von der Metallhalterung gelöst und hierdurch die Kratzspuren verursacht. Der beklagte Tankstellenbetreiber habe diesen mangelhaften Wischer bereitgestellt und müsse deshalb auch für den Schaden aufkommen. Der Beklagte verwies u. a. darauf, dass der Schwammwischer zum Reinigen der Windschutzscheibe dienen sollte und vom Kläger zweckentfremdet worden war.

     

    Das Amtsgericht Coburg, welches in erster Instanz über die Streitigkeit zu entscheiden hatte, wies die Klage nach der Vernehmung einer Zeugin und der Anhörung eines Sachverständigen ab. Danach traf den Kläger an seinem Schaden jedenfalls ein so großes Mitverschulden, dass er im Ergebnis vom Beklagten keinen Schadenersatz verlangen kann. In seiner Begründung verwies das Amtsgericht den Kläger zunächst auf das ‒ gegen Einwurf einer Münze von 50 Cent ‒ eigens zum Entfernen von festen Verschmutzungen an der Einfahrt zur Waschanlage aufgestellte Sprühsystem.

     

    Weiter war es nach den Angaben der Parteien so, dass sich der Schwamm offensichtlich schon deutlich erkennbar aus der Metallschiene gelöst hatte, bevor der Kläger ihn benutzte. Der Sachverständige hatte schließlich weiter bestätigt, dass der Kläger den Wischer nicht nur zweckentfremdet zur Reinigung der Motorhaube eingesetzt hatte, sondern diesen außerdem noch in einem völlig unüblichen Winkel von 45° mit einigem Druck immer wieder über die Motorhaube gezogen haben musste. Wenn der Kläger den Schwamm wie vorgesehen flach über die Motorhaube geführt hätte, wäre es zu den Kratzern gar nicht erst gekommen.

     

    Mit der Entscheidung des Amtsgerichts gab sich der Kläger jedoch nicht zufrieden und legte hiergegen Berufung ein. Im Verfahren vor dem Landgericht Coburg behauptete er, der Schwamm sei anfangs noch intakt gewesen und habe sich erst beim Wischen völlig überraschend von der Metallschiene gelöst. Der Kläger habe den Schwamm außerdem nur waagerecht auf die Motorhaube aufgesetzt und nicht in Winkelstellung. Auch bei der Berufungskammer des Landgerichts Coburg hatte der Kläger jedoch keinen Erfolg. Wenn schon nach seinem eigenen Vortrag der Wischer zunächst in einem optisch einwandfreien Zustand war und sich erst während der Benutzung durch den Kläger von der Metallschiene gelöst hat, scheidet eine Pflichtverletzung des beklagten Tankstellenbetreibers aus. Dieser war im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht zwar gehalten, den Wischer regelmäßig zu kontrollieren, zu mehr als einer Sichtprüfung jedoch nicht verpflichtet.

     

    Quelle | Landgericht Coburg, Urteil vom 15.3.2019, 33 S 70/18, rechtskräftig

    Quelle: ID 45997319