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  • · Fachbeitrag · Autokauf

    Keine doppelte Berücksichtigung der Umsatzsteuer bei der Nutzungsentschädigung

    Bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs ist der Wertersatz nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB für herauszugebende Nutzungen auf der Grundlage des Bruttokaufpreises zu schätzen. Der so ermittelte Nutzungswertersatz ist nicht um die Mehrwertsteuer zu erhöhen (BGH 9.4.14, VIII ZR 215/13, Abruf-Nr. 141620).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Im Rahmen einer einverständlichen Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen neuen VW Touareg hatte der Händler für die vom Kl. gefahrenen 24.356 km einen Nutzungswert von 9.230,32 EUR errechnet und vom zu erstattenden Bruttokaufpreis von 75.795 EUR abgezogen. Das war dem Kl. zu viel. Vor dem AG klagte er auf Zahlung weiterer 3.759,47 EUR. Nach Einholung eines Gutachtens zur voraussichtlichen Gesamtlaufleistung sprach das AG dem Kl. 1.846,07 EUR zu. Dabei legte es den vom Sachverständigen ermittelten Wert von 250.000 km zugrunde. Der Händler, ursprünglich von 200.000 km ausgegangen, war mit dieser Berechnung einverstanden. Er wollte mit seiner Berufung aber erreichen, dass noch die Umsatzsteuer aufgeschlagen wird. Das LG Hamburg hat das abgelehnt. Umsatzsteuer sei bereits durch die Aufnahme des Bruttokaufpreises in die Berechnungsformel berücksichtigt (28.6.13, 320 S 142/12, Abruf-Nr. 133866). Die zugelassene Revision war erfolglos.

     

    Im Anschluss an seine ständige Rspr. (grundlegend BGHZ 115, 47 Bettenkauf) stellt der BGH zunächst fest, dass der im Rücktrittsfall geschuldete Nutzungswertersatz auf der Grundlage des Bruttokaufpreises zu schätzen sei. Dem sich dabei ergebenden Betrag sei nicht noch die Umsatzsteuer (nochmals) hinzuzurechnen. Vielmehr sei diese von dem auf Bruttopreisbasis ermittelten Nutzungswertersatz „bereits umfasst“. Würde der nach der Formel errechnete Nutzungswert um die Umsatzsteuer erhöht, wie von der Revision gefordert, könnte der Verkäufer von einem Käufer, der das Fahrzeug bis zur Gebrauchsuntauglichkeit nutze, den vollen Bruttokaufpreis plus Umsatzsteuer als Nutzungsvergütung verlangen. Der Käufer würde also mit der Umsatzsteuer doppelt belastet.

     

    Praxishinweis

    Die mit Spannung erwartete Entscheidung gilt entgegen der Formulierung im amtlichen Leitsatz nicht nur für den Gebrauchtwagenkauf, sondern für Fahrzeugkäufe aller Art und im Übrigen auch für Kaufgegenstände, bei denen der Nutzungswertersatz auf Zeitbasis und nicht nach Kilometern berechnet wird, wie z.B. bei Möbeln. Zu differenzieren ist auch nicht danach, ob der Käufer vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht.

     

    Das für ihn entscheidende Argument gegen einen zweimaligen Ansatz von Umsatzsteuer gewinnt der BGH aus einer Grenzbetrachtung (Nutzung bis zur Schrottreife). Sie ist erstens theoretisch und zweitens unschlüssig. Denn mehr als den Bruttokaufpreis muss der Käufer für die Nutzung in keinem Fall zahlen. Der Bruttokaufpreis ist die absolute Obergrenze, eine Erhöhung um die Umsatzsteuer verbietet sich von vornherein.

     

    Dass der Nutzungswertersatz umsatzsteuerpflichtig ist, wird vom BGH stillschweigend unterstellt. In der Sache ist seine Annahme zutreffend. Die Frage ist nur, ob sie dem Käufer gesondert in Rechnung gestellt werden darf bzw. aus umsatzsteuerrechtlichen Gründen gestellt werden muss. Gegen eine Erhöhung um die Umsatzsteuer hat auch der BGH keine Bedenken, wenn statt des Bruttokaufpreises der Nettopreis in die Berechnungsformel eingestellt wird. Beide Berechnungsweisen (Bruttopreis ohne zusätzliche USt. oder Nettopreis plus USt.) führen in der Tat zum selben Endergebnis. Dies allerdings nur, wenn der Kaufpreis regelbesteuert ist. Im Fall der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG sieht die Sache anders aus: Ist die Marge zwischen EK und VK negativ oder gleich null, fällt keine Umsatzsteuer an. Ist sie positiv, ist nur sie die Bemessungsgrundlage. Gleichwohl ist Verkäufern differenzbesteuerter Fahrzeuge zu empfehlen, die Nutzungsvergütung nach BGH-Maßgabe zu berechnen, d.h. ohne Erhöhung um 19 Prozent USt.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wie die Gerichte die (voraussichtliche) Gesamtlaufleistung ansetzen, finden Sie - nach Fahrzeugmarken und Modellen sortiert - bei Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 3574. Der VW Touareg ist jetzt mit 250.000 km zu listen.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 112 | ID 42734602