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  • · Fachbeitrag · Trunkenheitsfahrt

    Feststellungen und Beweiswürdigung bei einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt

    Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen bei der Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt (OLG Brandenburg 5.2.13, (2) 53 Ss 1/13 (4/13), Abruf-Nr. 131091).

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Das AG hatte eine vorsätzliche Tatbegehung nach § 316 StGB angenommen und dies wie folgt begründet: Dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass er „sowohl am Vorabend als auch am Vormittag des Tattags nicht ganz unerhebliche Mengen Alkohol“ zu sich genommen habe. Er habe „erhebliche Ausfallerscheinungen“ gehabt, die „dem lebenserfahrenen, 62-jährigen Angeklagten nicht entgangen“ sein können. Ihm sei auch bei Antritt der Fahrt bewusst gewesen, „dass er noch am Vormittag weiteren Alkohol zu sich genommen“ habe, der einen „Abbau des Restalkohols vom Vorabend zumindest verlangsamte“.

     

    Das OLG hat das als nicht ausreichend angesehen. Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr setzt voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sie billigend in Kauf nimmt. Allein die hohe Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit rechtfertigt anerkanntermaßen nicht den Schluss auf eine vorsätzliche Tatbegehung. Vielmehr müssen weitere auf einen Vorsatz hindeutende Umstände hinzutreten. Zu würdigen sind dabei insbesondere - soweit feststellbar - die Täterpersönlichkeit, der Trinkverlauf, der Zusammenhang zwischen Trinkverlauf und Fahrtantritt sowie das Verhalten des Täters vor und während der Fahrt (vgl. OLG Brandenburg VA 10, 194; OLG Hamm VA 12, 102). Das wird in der Praxis häufig übersehen. Übersehen wird vor allem auch, dass bei fortschreitender Trunkenheit das kritische Bewusstsein und die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung abnehmen, das subjektive Leistungsgefühl des Alkoholisierten hingegen infolge der Alkoholeinwirkung häufig gesteigert wird mit der Folge, dass der Fahrer seine Fahruntüchtigkeit falsch einschätzt (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Die Fähigkeit einer entsprechenden Selbsteinschätzung ist dabei regelmäßig umso geringer, je weiter der Entschluss zur Fahrt vom Trinkende entfernt liegt (OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 86). Mit den Fragen muss sich der Amtsrichter auseinandersetzen.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 136 | ID 38917440