· Nachricht · Prozessrecht
So muss die Verfahrensrüge beim Verstoß gegen die Belehrungspflicht begründet werden
| Das KG hat sich vor einiger Zeit noch einmal mit einem vom Betroffenen gerügten Verstoß gegen die Belehrungspflicht befasst. |
1. Betroffener bemängelt fehlende Belehrung vor Alkoholkontrolle
Der Betroffene hatte gegenüber der Verwertung einer Atemalkoholkontrolle eingewandt, er sei „weder darüber belehrt worden, dass er die Atemalkoholkontrolle verweigern könne“ noch darüber, dass „er die Aussage verweigern“ könne. Ferner: „Hätte der Betroffene hier diese Belehrung erhalten, hätte er sich nicht geäußert. Es hätte keine Atemalkoholkontrolle mit dem Dräger Alcotest erfolgen können.“
2. Umfang der Darlegungen bei der Verfahrensrüge
Dem KG (14.5.25, 3 ORbs 50/25) hat dieser Vortrag zur Begründung der Verfahrensrüge nicht genügt. Denn zu den Anforderungen an eine Verfahrensrüge wegen einer behaupteten Versagung rechtlichen Gehörs, der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) sowie eines Verstoßes gegen § 261 StPO wegen einer angeblich nicht erfolgten Belehrung gehöre neben der Darlegung, das Tatgericht habe eine ohne Belehrung erfolgte Beschuldigtenvernehmung verwertet, auch die Mitteilung der Umstände, aus denen die Belehrungspflicht folgt, d. h. aller tatsächlichen Umstände und Aktenauszüge, aus denen die Beschuldigtenstellung zum Zeitpunkt der Vernehmung deutlich wird, sodass das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Rechtsbeschwerdebegründung prüfen könne, ob sie durch die Ermittlungsorgane willkürlich vorenthalten worden ist. Ferner sei die Mitteilung des Inhalts der zu Unrecht verwerteten Aussage und die Darlegung, auf welche Weise sie in die Hauptverhandlung eingeführt und vom Gericht verwertet worden sei, erforderlich.
3. Auf den Status des Betroffenen kommt es an
Zum geltend gemachten Verstoß weist das KG daraufhin, dass die Belehrungspflicht nach § 46 Abs. 1, § 55 OWiG, § 163a Abs. 3 Satz 2, § 136 Abs. 1 StPO voraussetzt, dass eine Person den Status eines Beschuldigten/Betroffenen (schon) erlangt hat. Allerdings begründe nicht jeder unbestimmte Tatverdacht bereits die Beschuldigten- oder Betroffeneneigenschaft mit entsprechender Belehrungspflicht. Vielmehr kommt es auf die Stärke des Verdachts an. Hier war der Betroffene von den Polizeibeamten belehrt worden, nachdem er den freiwilligen Atemalkoholtest, auf dessen Freiwilligkeit er hingewiesen worden war, durchgeführt hatte. Dieser gewählte Zeitpunkt der Belehrung als Betroffener einer Ordnungswidrigkeit habe die Grenze zur Willkür nicht überschritten. Auch die Grenze der sog. informatorischen Befragung sei noch nicht überschritten. Vor der ersten Äußerung des Betroffenen habe sich den Polizeibeamten noch nicht in einem für willkürliches Verhalten erforderlichen Maß aufdrängen müsse, der Betroffene habe mit einer den zulässigen Grenzwert überschreitenden Alkoholisierung ein Fahrzeug gesteuert. Wenngleich sie den Betroffenen bereits zuvor aus einer Bar kommend angetroffen und zu diesem Zeitpunkt schon Alkoholgeruch wahrgenommen hatten, hatte sich der Verdacht, auch nachdem der Betroffene aus dem Auto ausgestiegen war und sie abermals Alkoholgeruch, jedoch offenbar keinerlei Ausfallerscheinungen bei ihm festgestellt hatten, noch nicht hinreichend dahingehend verdichtet, dass die Anzeichen für eine den Grenzwert überschreitende Alkoholisierung so deutlich waren, dass eine „Vernehmungssituation“ vorgelegen hätte oder der Betroffene den Status eines „Beschuldigten“ erlangt hätte. Konkretisiert habe sich dieser erst nach dem Ergebnis des (freiwillig durchgeführten) Atemalkoholtests, der offenbar einen Wert auswies, der den Verdacht einer Ordnungswidrigkeit begründete. Folgerichtig erfolgte zu diesem Zeitpunkt die Belehrung durch die Beamten.
PRAXISTIPP | Den Ausführungen des KG zur Begründung der Verfahrensrüge wird man folgen können, denen zur Belehrungspflicht muss man widersprechen. Denn die Polizeibeamten treffen den Betroffenen aus einer Bar kommend an und stellen Alkoholgeruch fest. Das soll nicht genügen, um den Verdacht einer Trunkenheitsfahrt zu begründen? Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Zudem: Die Ausführungen des KG sind auch, da die Verfahrensrüge ja wegen nicht ausreichender Begründung als unzulässig angesehen worden ist, überflüssig. Man hätte sie besser nicht gemacht. |
mitgeteilt von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg