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  • · Fachbeitrag · Pflichtverteidiger

    Pflichtverteidiger im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren

    Zur (verneinten) Beiordnung eines Pflichtverteidigers im straßenverkehrsrechtlichen OWi-Verfahren (LG Stuttgart 13.12.12, 19 Qs 154/12 OWi, Abruf-Nr. 130019).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Betroffene, ein selbstständiger Transportunternehmer, hat in einem Bußgeldverfahren, in dem ihm ein Rotlichtverstoß zur Last gelegt wird (Geldbuße von 200 EUR und ein Monat Fahrverbot), die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt. Das AG hat das abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos.

    Die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO liegen nicht vor. Die Höhe der zu erwartenden Geldbuße spricht nicht für eine schwere Tat. Es handelt sich nur um eine Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit einer vergleichsweise geringen Geldbuße (Regelgeldbuße gemäß BKat-Nr. 132.3) geahndet wurde. Der Sanktionsrahmen reicht gemäß § 24 Abs. 2 StVG bis zu 2.000 EUR. Auch die Eintragung weiterer Punkte im Punktesystem und die damit verbundene Entziehung der Fahrerlaubnis im Verwaltungsverfahren nach § 4 StVG reicht nicht aus, um die Mitwirkung eines Verteidigers zu gebieten, auch wenn der Betroffene dadurch Nachteile für seinen Betrieb und damit seine Berufsausübung zu erwarten hat. Dies gilt auch, wenn es sich vorliegend um einen schwerwiegenden Nachteil handelt (drohende Betriebsaufgabe). Ein Nachteil folgt nur mittelbar aus der Verurteilung. Er muss damit i.d.R. außer Betracht bleiben. Der Betroffene fährt überwiegend selbst und stellt teilweise Fahrer als Aushilfen ein. Die Existenz des Betriebs ist jedoch, entgegen dem Vortrag des Betroffenen, durch den Verlust seiner Fahrerlaubnis nicht zwangsläufig gefährdet. Der Betroffene kann für die Zeit, in der er nicht selbst fahren kann, weitere Fahrer beschäftigen. Auch ist die Sachlage nicht schwierig. Das AG hat zu der Frage, ob es sich bei der auf dem Lichtbild der Rotlichtüberwachungsanlage abgebildeten Person um den Betroffenen handelt, die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Der Inhalt eines solchen Gutachtens ist grundsätzlich leicht verständlich, seine Erfassung erfordert keine Spezialkenntnisse.

     

    Praxishinweis

    M.E. wägt das LG die Gesamtumstände, auf die auch im Rahmen der Pflichtverteidigerbeiordnung im Bußgeldverfahren abzustellen ist (vgl. Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., 2012, Rn. 2020 ff.) nicht zutreffend gegeneinander ab. Die wegen der Verurteilung ggf. zu erwartenden Maßnahmen der Verwaltungsbehörde sind zwar nur mittelbare Nachteile, aber auch die spielen bei der Bestellung des Pflichtverteidigers und der Frage nach der Schwere der Tat eine Rolle. Wäre die Auffassung des LG richtig, könnte im Strafverfahren auch nicht berücksichtigt werden, wenn Folge der im Verfahren drohenden Verurteilung der Widerruf von Strafaussetzungen in anderen Verfahren ist. Anders als das LG Stuttgart haben daher in der Vergangenheit auch bereits entschieden LG Mainz (VA 09, 176) und LG Köln (VA 10, 54). Zur Pflichtverteidigerbeiordnung in straßenverkehrsrechtlichen Verfahren s. den Schwerpunktbeitrag VA 12, 34.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 71 | ID 37386010