Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger

    Begriff der Wirkung in § 24a StVG

    | 2007 ist § 24c StVG in das StVG eingefügt worden. Seitdem gilt für Fahranfänger und Fahranfängerinnen ein „absolutes Alkoholverbot“. Sie dürfen insbesondere eine Fahrt nicht antreten, wenn sie unter der Wirkung eines alkoholischen Getränks stehen. Das KG hat nun noch einmal darauf hingewiesen, wie der Begriff der Wirkung auszulegen ist. |

     

    Sachverhalt

    Das AG hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Alkoholverbot für Fahranfänger (§ 24c Abs. 1 Alt. 2 StVG) eine Geldbuße verhängt. Das Urteil stellt fest, dass der 20 Jahre alte Betroffene einen PKW geführt hatte, nachdem er in der Nacht zuvor Alkohol getrunken hatte. Etwa eine halbe Stunde nach Fahrtende wurde der Atemalkohol mit dem Gerät Dräger Alcotest 7110 Evidential gemessen. Der Wert betrug 0,05 mg/l. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte Erfolg.

     

    • 1. Bei der Auslegung des Begriffs der Wirkung im Sinne des § 24c Abs. 1 Alt. 2 StVG sind zum einen die allgemein anerkannten medizinisch-naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse, zum anderen die in Umsetzung solcher Erkenntnisse getroffenen rechtlichen Wertentscheidungen des § 24a Abs. 1 StVG zu beachten.
    • 2. Eine Wirkung liegt regelmäßig erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille bzw. einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l vor.
    • 3. Ob ausnahmsweise bei Fahrauffälligkeiten eine Wirkung schon unterhalb dieser Werte in Betracht kommen kann, ist zweifelhaft, kann hier aber offenbleiben.

    (Abruf-Nr. 146747)

     

    Entscheidungsgründe

    Eine Wirkung im Sinne des § 24c Abs. 1 Alt. 2 StVG kann erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l angenommen werden. Die hatte der Betroffene mit der gemessenen Atemalkoholkonzentration von 0,05 mg/l nicht erreicht. Der Senat ist der Auffassung, dass die in der Gesetzesbegründung genannten Werte jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Untergrenze darstellen, ab der eine Wirkung erst angenommen werden kann.

     

    Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft sind Grenzwerte von 0,0 Promille bzw. 0,0 mg/l nicht bestimmbar. Die von der Alkohol-Kommission für das Alkoholverbot für Fahranfänger vorgeschlagenen Grenzwerte von 0,2 Promille bzw. 0,1 mg/l tragen dieser Erkenntnis Rechnung. Sie stehen zudem im Einklang mit den Wertentscheidungen des § 24a Abs. 1 StVG. Die zu diesem Thema durchgeführten Untersuchungen haben keine Besonderheiten von sehr niedrigen Alkoholisierungsgraden nahe Null ergeben, die einer Übertragung von Rechtsgedanken des § 24a Abs. 1 StVG entgegenstehen würden.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die zu § 24c StVG bisher bekannt gewordene Rechtsprechung ist nicht umfangreich und bietet kein einheitliches Bild:

     

    • Für Grenzwerte von 0,2 Promille bzw. 0,1 mg/l haben sich bisher das AG Langenfeld (VA 11, 141 [Freispruch bei einer gemessenen Atemalkoholkonzentration von 0,06 mg/l]) und das AG Biberach (31.7.12, 5 OWi 250 Js 5856/12, wiedergegeben in OLG Stuttgart NZV 13, 563 [Verurteilung bei einer gemessenen BAK von 0,25 Promille]) ausgesprochen. Auf der gleichen Linie liegt eine Entscheidung des LAG Köln (DB 09, 69 [Ls.]), die bei einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l einen Verstoß gegen die mit § 24c Abs. 1 StVG inhaltlich vergleichbare Regelung in § 9 Abs. 11 Nr. 18 der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE) annahm, ohne allerdings die Frage eines Grenzwerts zu thematisieren.

     

    • Demgegenüber hat das AG Herne (VA 09, 65) den Betroffenen bei einem gemessenen Atemalkoholwert von 0,13 mg/l freigesprochen, weil nach der - nicht näher mitgeteilten - Aussage des in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen der Grenzwert für die Annahme einer Wirkung derzeit bei mindestens 0,26 Promille Alkohol im Blut und bei dem konkreten Betroffenen aufgrund seiner körperlichen Konstitution sogar bei 0,3 Promille liege. Das OLG Stuttgart (a.a.O.), das über die Rechtsbeschwerde gegen das o. g. Urteil des AG Biberach zu entscheiden hatte, hat zwar die Verurteilung des Betroffenen bestätigt. Es hat dem Grundwert von 0,1 Promille jedoch nur einen Sicherheitsaufschlag von 0,05 Promille hinzugerechnet und damit den Grenzwert auf nur 0,15 Promille bestimmt.

     

    Zutreffend dürfte davon auszugehen sein, dass eine Wirkung unterhalb von 0,2 Promille bzw. 0,1 mg/l aus messtechnischen und medizinischen Gründen grundsätzlich ausscheidet. Davon ist auch der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/5047, S. 9) im Anschluss an einen Vorschlag der Alkohol-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (BA 44 [2007], 169) ausgegangen. Das Schrifttum hat sich dem im Wesentlichen angeschlossen (König in: Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 24c StVG Rn. 11; Janker DAR 13, 398; ders. DAR 07, 497, 499; Hufnagel NJW 07, 2577, 2578; Burhoff VA 07, 169; VRR 07, 371, 374).

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2016 | Seite 86 | ID 43956392