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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Nur eine schon laufende Verjährungsfrist kann gehemmt werden

    | Dass eine Frist nur gestoppt = gehemmt werden kann, wenn sie schon zu laufen begonnen hat, entspricht dem Sprachverständnis. Und doch wird in Haftpflichtschadensfällen mit Verjährungsbeginn zum Jahresende (Ultimoregel nach § 199 Abs. 1 BGB) immer wieder darüber gestritten, welche verjährungsrechtlichen Auswirkungen Tatbestände haben, die in die Zeit vor Jahresschluss fallen, etwa Verhandlungen oder ein Anerkenntnis. Der BGH spricht nun Klartext. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Mit Blick auf die Hemmung sagt er deutlich:

     

    Ein Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist (§ 209 BGB), kann nur der nach Verjährungsbeginn verstrichene sein (25.4.17, VI ZR 386/16, Abruf-Nr. 194160).

     

    In dem Fall wurde der Anspruch kurz nach dem Unfall vom 14.4.11 gegenüber dem gegnerischen VR schriftlich beziffert. Der VR zahlt verschiedene Teilbeträge. Mit Anwaltsschreiben vom 21.9.11 fordert der Geschädigte Zahlung der noch offenen Beträge. Am Folgetag teilt der VR mit, einen weiteren Betrag überwiesen zu haben, nun sei alles reguliert. Dann geschieht jahrelang nichts. Erst am 25.2.15 beantragt der Kl. den Erlass eines Mahnbescheids, mit dem er restliche Nutzungsausfallentschädigung verlangt. In sämtlichen Instanzen war die Verjährungseinrede erfolgreich.

     

    Wann war die Verjährung abgelaufen? Das war zum Schluss des Jahres 2014. Was sich in der Zeit zwischen dem Unfall und dem 31.12.11 abgespielt hat ‒ Anspruchsanmeldung, etwaige Verhandlungen ‒ war nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen. Denn sie hatte zu dieser Zeit noch nicht zu laufen begonnen. Anders wäre es gewesen, wenn die Verhandlungen über den 31.12.11 hinaus angedauert hätten. Zu dieser Zeit waren etwaige Verhandlungen aber längst abgebrochen (Versicherungsschreiben vom 22.9.11).

     

     

    Relevanz für die Praxis

    Je früher im Jahr der Unfall passiert und der Geschädigte, wie meist, sogleich die erforderliche Kenntnis i. S. d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hat, desto günstiger für ihn. Die Ultimo-Regelung wirkt wie eine „Anlaufhemmung“. So können bei einem Januar-Unfall aus drei Jahren praktisch vier werden. Dass Verhandlungen vor Jahresschluss in puncto Hemmung irrelevant sind, wenn sie vor Ultimo enden, ist eine logische Folge dieser Regelung. Ebenso denknotwendig kann es keinen Neubeginn der Verjährung durch Anerkenntnis (§ 212 BGB) geben, wenn die Verjährung bei Abgabe des Anerkenntnisses noch nicht in Gang gesetzt gewesen ist (BGH NJW 13, 1430).

     

    Eine weitere verjährungsrechtlich interessante Entscheidung hat der BGH am 14.3.17 verkündet (VI ZR 226/16, Abruf-Nr. 194262). Es geht um die Beendigung der Hemmung durch Schreiben des Versicherers i. S. d. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG, konkret um die Anforderungen, die an ein Abrechnungsschreiben zu stellen sind, damit diese Wirkung eintritt. „Erschöpfend, umfassend und endgültig“, so der Dreiklang des BGH.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Ende der Verjährungshemmung nur durch eindeutiges Versicherungsschreiben: OLG Düsseldorf VK 12, 199
    Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 116 | ID 44730450