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  • 01.10.2008 | Unfallschadensregulierung

    Sechsmonatsfrist keine Fälligkeitsvoraussetzung

    Der Umstand, dass ein Geschädigter nach der Rechtsprechung des BGH gehalten ist, sein Fahrzeug nach dem Unfall sechs Monate lang weiter zu nutzen, bedeutet nicht, dass der Schädiger bzw. sein Versicherer den Betrag für den vollen Schadensausgleich bis zum Ablauf der Frist zurückhalten darf. Die Forderung ist vor Ablauf der Sechsmonatsfrist fällig (LG Trier 8.7.08, 1 S 76/08, Abruf-Nr. 082669).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Nach dem Schadensgutachten hatte der unfallbeschädigte Pkw der Klägerin einen Wiederbeschaffungswert von 4.900 EUR und einen Restwert von 1.800 EUR. Die Klägerin ließ ihr Fahrzeug für 5.840 EUR, damit innerhalb der 130-Prozent-Grenze, fachgerecht reparieren. Die Beklagte rechnete auf Totalschadensbasis ab (3.100 EUR). Vor Ablauf der Sechsmonatsfrist sei ein weitergehender Anspruch nicht fällig. Dabei hatte die Klägerin sich mit einer Zahlung unter Vorbehalt einverstanden erklärt und versichert, den Pkw selbst weiternutzen zu wollen und der Beklagten ihre fortbestehende Haltereigenschaft nach Fristablauf nachzuweisen. Das AG Bitburg ist dennoch der Beklagten gefolgt und hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihren Antrag umgestellt, nachdem die Sechsmonatsfrist inzwischen – ohne Veräußerung – verstrichen war und die Beklagte weitere Zahlung geleistet hatte. In Höhe von 2.740 EUR (5.840 ./. 3.100) haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.  

     

    Das LG hat zu Gunsten der Klägerin entschieden. Ihr Anspruch auf Ersatz der restlichen Reparaturkosten sei bereits vor Ablauf der Sechsmonatsfrist fällig gewesen. Der Beklagten habe kein Zurückbehaltungsrecht bis zum Ablauf der Frist zugestanden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Sechsmonatsrechtsprechung des BGH. Von der Frage der Wahrnehmung des Integritätsinteresses sei die vom BGH nicht entschiedene Fälligkeitsfrage zu trennen. Dass der Geschädigte eine 130-Prozent-Reparatur vorfinanzieren müsse, könne der BGH-Rspr. nicht entnommen werden.  

     

    Praxishinweis

    Das Sechsmonatsthema – eine unendliche Geschichte (siehe auch die anschließende Entscheidung des AG Köln). In der Annahme, den BGH richtig zu deuten, hat das OLG Düsseldorf in der Fälligkeitsfrage zugunsten des Versicherers entschieden (VA 08, 55). Über die eingelegte Rechtsbeschwerde hat der BGH bislang nicht entschieden. Bei den Instanzgerichten, insbesondere den Berufungskammern, zeichnet sich eine deutliche Mehrheit pro Geschädigte ab. Wie das LG Trier haben u.a. entschieden: LG Münster 28.6.08, 8 S 163/07, 082892; LG Kiel 3.4.08, 10 S 65/07, 081427; LG Bielefeld 17.1.08, 20 S 112/07, 080511; LG Hamburg DAR 08, 481 m. Anm. Niendorf). Von der 5. Berufungskammer LG Aachen (5 S 11/08, Abruf-Nr. 082893) berichtet RA Peter Lehnen/Aachen, dass man sich auch dort gegen eine nachgelagerte Fälligkeit ausgesprochen habe. Es unterfalle dem Prozessrisiko des Versicherers, wenn der erforderliche Behaltenachweis erst im Laufe des Rechtsstreits erbracht werden könne. An der sofortigen Fälligkeit der Schadensersatzforderung ändere das nichts.