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  • 01.10.2007 | Unfallschadensregulierung

    Restwert bei fiktiver Totalschadensabrechnung und Weiterbenutzung nach Teilreparatur

    Benutzt der Geschädigte im Totalschadensfall (hier: Reparaturkosten bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswerts) sein unfallbeschädigtes Fahrzeug nach einer (Teil-)Reparatur weiter, ist bei der Abrechnung nach den fiktiven Wiederbeschaffungskosten in der Regel der in einem Sachverständigengutachten für den regionalen Markt ermittelte Restwert in Abzug zu bringen (BGH 10.7.07, VI ZR 217/06, Abruf-Nr. 072681).

     

    Sachverhalt

    Der vom Kläger beauftragte Sachverständige hatte Reparaturkosten i.H.v. 13.767,14 EUR, einen Brutto-Wiederbeschaffungswert von 12.500 EUR (netto 12.200 EUR) und einen auf dem regionalen Markt erzielbaren Restwert von 2.000 EUR ermittelt. Der beklagte Versicherer legte dem Kläger ein Restwertangebot eines Aufkäufers aus einer Internet-Restwertbörse i.H.v. 4.300 EUR vor und regulierte den Fahrzeugschaden auf dieser Basis mit 7.900 EUR (12.200 ./. 4.300). Der Kläger will sich das höhere Restwertangebot nicht anrechnen lassen, weil er seinen Wagen (teil-)repariert und weitergenutzt habe. Während das AG die Klage auf den Differenzbetrag von 2.300 EUR abgewiesen hat, hat das LG dem Kläger Recht gegeben. Die Revision der Beklagten hat der BGH zurückgewiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Mit dem LG ist der BGH der Ansicht, dass der Kläger sich nur den von seinem Sachverständigen ermittelten Restwert (2.000 EUR) anrechnen lassen müsse. Ausgangspunkt seiner Schadensberechnung ist die Feststellung, dass der Kläger angesichts der Teilreparatur nur den Wiederbeschaffungsaufwand, also die Differenz zwischen dem Netto-Wiederbeschaffungswert und dem Restwert, ersetzt verlangen könne. Bei dieser fiktiven Abrechnung könne er nicht auf ein höheres Restwertangebot verwiesen werden, das er wegen der tatsächlichen Weiternutzung des Fahrzeugs nicht realisieren könne.  

     

    Praxishinweis

    Das Urteil ist die konsequente Ergänzung zu der BGH-Entscheidung vom 6.3.07, VA 07, 75, Abruf-Nr. 071214 = NJW 07, 1674 mit Besprechung von Ch. Huber, NJW 07, 1625. Im damaligen Fall lagen die kalkulierten Reparaturkosten jenseits der 130-Prozent-Grenze, während sie jetzt innerhalb dieser Grenze liegen. Damals wurde (trotz Totalschadens !) gar nicht repariert, diesmal nur teilweise. Mit Blick auf die Restwertanrechnung ist das aber nicht der springende Punkt; auch nicht die Frage der Weiternutzung und ggf. deren Dauer. Entscheidend ist das Behalten des Unfallwagens, also das Unterbleiben einer Veräußerung. Nur im Fall einer Veräußerung/Inzahlunggabe des unreparierten Fahrzeugs kann ein höheres Restwertangebot greifen. Dazu muss es a) rechtzeitig vor dem Verkauf und b) inhaltlich akzeptabel auf dem Tisch liegen. Ob der Geschädigte schon durch eine Mini-Reparatur (mit anschließendem Verkauf) die Restwertaktivitäten des Versicherers durchkreuzen kann, ist eine offene Frage. Darauf musste das vorliegende Urteil nicht eingehen. Wenn es daran etwas zu kritisieren gibt, dann ist es die allzu pauschale Aussage zur Teilreparatur unter II, 1 b. Es trifft nicht zu, dass der Geschädigte in einem 130-Prozent-Fall mit Teilreparatur stets nur den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen kann. Im Einzelfall kann die Forderung hoch gehen bis zum Wiederbeschaffungswert (OLG Düsseldorf VA 06, 55, Abruf-Nr. 060779 im Anschluss an BGH NJW 05, 1110 und Greiner, zfs 06, 63, 67). Siehe auch die nachstehende BGH-Entscheidung.