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  • 01.04.2006 | Unfallschadensregulierung

    Neuer Abrechnungsmodus in 130-Prozent-Fällen

    1. Übersteigen die geschätzten Reparaturkosten (eventuell incl. Minderwert) den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 %, ist die Reparatur aber unvollständig und/oder unfachmännisch, so ist der Anspruch des Geschädigten nicht in jedem Fall auf den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert ./. Restwert) beschränkt. Dieser bildet nur die untere Grenze (Aufgabe von Senat, Urt. v. 28.12.94, 1 U 263/93, NZV 95, 232; Senat, Urt. v. 10.3.97, 1 U 118/96, NZV 97, 355).  
    2. Die Ersatzpflicht des Schädigers geht in einem solchen Fall bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswertes, wenn der Aufwand der tatsächlich durchgeführten (minderwertigen) Reparatur den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt, aber unter dem Wiederbeschaffungswert bleibt, Anschluss an BGH, Urt. v. 15.2.05, VI ZR 172/04, NJW 05, 1110.  
    (OLG Düsseldorf 6.3.06, I-1 U 163/05, Abruf-Nr. 060779)  

     

    Sachverhalt

    Nach einem Unfall mit ihrem Mercedes (A-Klasse) ließ die Klägerin den Schaden wie folgt schätzen:  

    • Reparaturkosten 9.460,81 EUR,
    • Wiederbeschaffungswert 7.764,96 EUR,
    • Restwert 3.380 EUR.

    Die Klägerin reparierte in Eigenregie, nach ihrer Behauptung fachgerecht und vollständig. Mit der Abrechnung durch die beklagte Versicherung i.H.d. NettoWiederbeschaffungsaufwands war sie nicht einverstanden. Unter Berufung auf die 130-Prozent-Rspr. klagte sie auf Zahlung der Netto-Reparaturkosten lt. Schadensgutachten. Nach dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten war zwar – unter Verwendung von gebrauchten Türen – die Betriebssicherheit wieder hergestellt. Die Instandsetzung entsprach jedoch nicht der gültigen Reparaturtechnik. Einige Teile seien nicht, andere nur unzulänglich ersetzt worden. Den Kostenaufwand für die durchgeführte Reparatur schätzte der Gerichtssachverständige – unbeanstandet – auf 4.995,79 EUR (netto). Das LG erkannte den Fahrzeugschaden nur in Höhe des (geringeren) Wiederbeschaffungsaufwands an. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie Ersatz nur noch in Höhe des Wiederbeschaffungswertes brutto verlangte. Das Rechtsmittel war teilweise begründet.  

     

    Entscheidungsgründe

    Anders als das LG sieht das OLG den Fahrzeugschaden nicht beschränkt auf den Wiederbeschaffungsaufwand. Seiner Meinung nach beläuft sich der Ersatzbetrag auf 4.995,79 EUR, d.h. auf den effektiven Reparaturaufwand, wie der Gerichtssachverständige ihn unwidersprochen ermittelt hat. Das ist für den Senat die Konsequenz aus der BGH-Entscheidung vom 15.2.05 (VI ZR 172/04) in der Deutung durch den BGH-Richter Greiner (zfs 06, 63, 67). Da die Klägerin mehr als den Wiederbeschaffungsaufwand in ihr Fahrzeug investiert hat, durfte sie in konkreter Abrechnung des Reparaturwertes die Kosten der tatsächlich durchgeführten Instandsetzung trotz deren Minderwertigkeit – über den Wiederbeschaffungsaufwand hinaus – bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswertes, nicht etwa exakt in dessen Höhe, ersetzt verlangen.  

     

    Praxishinweis