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  • 01.09.2006 | Unfallschadensregulierung

    Kürzung der Stundenverrechnungssätze bei Hinweis auf „Billigwerkstatt“

    Die Voraussetzung der mühelosen Zugänglichkeit einer gleichwertigen Werkstatt ist auch erfüllt, wenn die gegnerische Versicherung einen nicht markengebundenen Kfz-Meisterbetrieb benennt, der nur ca. 3 km vom Wohnsitz des Geschädigten entfernt liegt. Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten sind die günstigeren Stundenverrechnungssätze dieses Betriebs zugrunde zu legen (LG Berlin 21.6.06, 58 S 75/06, rkr., Abruf-Nr. 062362).

     

    Sachverhalt

    Nach einem Unfall mit seinem Pkw (vermutlich Mercedes) holte der Kläger ein Schadensgutachten ein. Auf dessen Grundlage rechnete er seinen Reparaturschaden fiktiv ab. Die beklagte Versicherung lehnte eine Übernahme der Stundenverrechnungssätze lt. Gutachten ab und legte die niedrigeren Werte eines örtlichen Karosseriefachbetriebs zugrunde. Auf diese nicht markengebundene Werkstatt, nur ca. 3 km vom Wohnsitz des Klägers entfernt, war der Kläger ausdrücklich hingewiesen worden. Seine Klage auf Zahlung des Differenzbetrags war in erster Instanz erfolgreich. Die Berufungszivilkammer (Einzelrichterin) hat die Klage abgewiesen. Revision wurde nicht zugelassen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Ansicht der Kammer muss der Kläger sich auf die niedrigeren Stundensätze des ihm mitgeteilten Kfz-Betriebs verweisen lassen. Es handele sich um eine mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit. Der genannte Betrieb liege nur ca. 3 km vom Wohnsitz des Klägers entfernt. Auch das Merkmal „gleichwertig“ sei zu bejahen, obgleich das Unternehmen nicht markengebunden sei. Wenn der BGH in der „Porsche-Entscheidung“ (VA 03, 78, Abruf-Nr. 031071 = NJW 03, 2086) von „gleichwertig“ spreche, habe er damit keine Beschränkung auf eine andere Markenwerkstatt vor Augen. Die hier in Rede stehende „freie“ Werkstatt, unbestritten ein Kfz-Meisterbetrieb, habe die Instandsetzungsarbeiten gleichermaßen wie eine Mercedes-Werkstatt ausführen können. Es würden Originalersatzteile verwendet, die eingesetzten Fachkräfte seien „Spezialisten“ und im Übrigen werde eine Drei-Jahres-Garantie gegeben.  

     

    Praxishinweis

    Leider hat das LG die Revision nicht zugelassen. Auch die Entscheidung durch eine Einzelrichterin lässt zumindest auf einen Mangel an Sensibilität schließen. Zu kritisieren ist ferner, dass Art und Umfang der Beschädigungen ebenso wie das Fahrzeugalter im Dunkeln bleiben. Marke und Typ lassen sich allenfalls erahnen.