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  • 01.10.2008 | Trunkenheitsfahrt

    Fahrtunterbrechung bei Trunkenheitsfahrt:
    Bei neuem Tatentschluss kein Dauerdelikt

    Setzt der alkoholisierte Fahrer eine unterbrochene Trunkenheitsfahrt mit neuem Tatentschluss fort, handelt es sich um eine neue Tat (OLG Hamm 8.8.08, 2 Ss OWi 565/08, Abruf-Nr. 082623).

     

    Sachverhalt

    Der Betroffene befuhr in alkoholisiertem Zustand öffentliche Straßen. Nach einer Kontrolle wurde er gegen 7.00 Uhr zur Polizeiwache gebracht. Sein Pkw blieb am Anhalteort zurück. Nach einer Atemalkoholmessung wurde der Betroffene entlassen. Er ließ sich daraufhin per Taxi zu seinem Pkw bringen und fuhr mit diesem weiter. Gegen 8.10 Uhr geriet er in eine Geschwindigkeitskontrolle. Es wurde später gegen ihn durch Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße und ein Fahrverbot verhängt. Das AG hat den Betroffenen nun noch wegen der Trunkenheitsfahrt verurteilt. Der Betroffene meint, bei der Fahrt, auf der die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen sei, handele es sich um dieselbe Tat, sodass die Trunkenheitsfahrt nicht mehr gesondert verfolgt werden dürfe (§§ 19, 84 OWiG). Seine Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    § 24a StVG ist – ebenso wie die Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB – Dauerdelikt. Das bedeutet, das die Verkehrsordnungswidrigkeit – ebenso wie eine Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB – mit dem Antritt der Fahrt im alkoholisierten Zustand nach dem Genuss der Rauschmittel beginnt und (erst) endet, wenn die Fahrt endgültig beendet ist. Wann dies der Fall ist, wird in Rechtsprechung und Literatur für § 316 StGB nicht einheitlich beantwortet. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht aber davon aus, dass die Dauerstraftat des § 316 StGB jedenfalls beendet ist, wenn der Fahrer nach einem Unfall die Unfallstelle unter den Voraussetzungen der Unfallflucht des § 142 StGB verlässt. Diese Argumentation ist hier entsprechend anzuwenden. Der Betroffene hat, als er nach der Alkoholkontrolle zu seinem Pkw zurückgekehrt ist und sich mit diesem dann auf den Heimweg begeben hat, einen neuen Tatentschluss gefasst. Die Alkoholkontrolle bildete eine Zäsur, die die Dauerstraftat „Trunkenheitsfahrt“ beendete. Er wusste aufgrund der Belehrung durch die Polizeibeamten zudem, dass er einen Pkw im öffentlichen Straßenverkehr nicht führen durfte. Bei der danach liegenden Fahrt handelte es sich demgemäß um eine neue Tat. Unerheblich ist, dass es dem Betroffenen immer noch um das Erreichen des von vornherein ins Auge gefassten Ziels, nämlich seine Wohnung, ging. Dies allein ändert nichts daran, dass es sich bei der Weiterfahrt um eine weitere, auf einem neuen Tatentschluss beruhende (Trunkenheits-)Fahrt gehandelt hat.  

     

    Praxishinweis

    In Fällen der Fahrtunterbrechung muss der Verteidiger darauf achten, dass die nach der Unterbrechung liegende Fahrt nicht als neue Tat angesehen wird, da der Betroffene – ebenso wie bei § 316 StGB der Angeklagte – wegen zweier Taten verurteilt werden kann. Entscheidend für die Abgrenzung dürfte neben der Dauer der Unterbrechung sein, ob es sich um eine freiwillige oder um eine Zwangsunterbrechung gehandelt hat. In den Fällen einer nur kurzen Unterbrechung kommt die Rechtsprechung i.d.R. zur Annahme von nur einer Tat (AG Lüdinghausen VA 07, 166; vgl. die Zusammenstellung bei Burhoff in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 4. Aufl., 2008, Teil 6, Rn. 83), jedenfalls, wenn der Betroffene/Angeklagte von Anfang an vor hatte, die Fahrt nach der Unterbrechung fortzusetzen. Bedeutsam ist auch, ob die Unterbrechung „freiwillig“ erfolgte, wie z.B. zum Tanken und/oder zum Zigaretten holen. Ist das nicht der Fall, wird die Annahme eines neuen Tatentschlusses nahe liegen (s.a. BGHSt 21, 203 = NJW 67, 942; Fischer, StGB, 55. Aufl., § 316 Rn. 56 für den Fall der Unterbrechung der Fahrt durch einen Verkehrsunfall und des anschließenden unerlaubten Entfernens vom Unfallort).