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  • 01.05.2006 | Straßenverkehrsrechtliche Neuregelungen

    Aktuelle Änderungen in den Verkehrs- und Bußgeldvorschriften

    von RiOLG Detlef Burhoff, Münster/Hamm

    Der Bundesrat hat am 22.12.05 zwei Verordnungen des Bundesverkehrsministeriums zugestimmt, die neue Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr und Änderungen bei den Bußgeldregelungen vorsehen (BGBl. I, S. 3714, 3716). Diese haben teilweise bereits zum 1.1.06 Änderungen der StVO gebracht, zum Teil treten die Änderungen aber auch erst am 1.5.06 in Kraft. Wir nehmen dies zum Anlass, Ihnen die wesentlichen Änderungen vorzustellen.  

     

    I. „Winterreifenpflicht“ in § 2 Abs. 3a StVO (Neuregelung ab 1.5.06)  

    1.Inhalt der Neuregelung

    § 2 Abs. 3a StVO n.F. lautet jetzt: „Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage. Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.“  

     

    Praxishinweis: Diese Neuregelung ist vielfach als Einführung einer generellen Winterreifenpflicht verstanden worden (vgl. dazu auch schon Albrecht SVR 06, 41; Engelbrecht/Seutter DAR 06, 109; Schubert DAR 06, 112). Das ist jedoch nicht zutreffend. Der Verordnungsgeber wollte vielmehr nur eine Klarstellung vornehmen. Denn bereits nach früherem Recht mussten sich die Kraftfahrer auf winterliche Straßen- und Verkehrsverhältnisse einstellen. Nach der amtlichen Begründung (BR-Drucks. 813/05, S. 13) soll nunmehr sicher gestellt werden, dass Kfz im Winter nicht mehr mangels geeigneter Bereifung liegen bleiben und damit erhebliche Verkehrsbehinderungen verursachen. Da die Neuregelung auf dem allgemeinen Verbot der Schädigung, Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer (§§ 1 Abs. 2 StVO sowie §§ 2 Abs. 3a, 3 Abs. 1, 23 Abs. 1 StVO) basiert, ist mit der Neuregelung auch ausdrücklich klargestellt, dass bei plötzlich eintretenden winterlichen Wetterverhältnissen und unzureichender Winterausrüstung auf die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr verzichtet werden muss (BR-Drucks., a.a.O.; so auch Albrecht SVR 06, 41).  

    2. Begriff des „Winterreifens“

    Die Neuregelung hat darauf verzichtet, den Begriff „Winterreifen“ zu definieren. Wesentlicher Grund dafür: Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen und auch keine internationalen Vereinbarungen darüber, was unter einem Winterreifen zu verstehen ist (zum Begriff s. Schubert DAR 06, 112). Die Frage ist aber in der Praxis – schon im Hinblick auf die Bußgeldbewehrung in Nr. 5a BKatV – von Bedeutung. Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Neuregelung wird entscheidend sein, ob die Reifen für die winterlichen Straßenverhältnisse geeignet sind. Darunter sind Reifen mit einer weicheren Gummimischung und einem gröberen Profil zu verstehen, die für die Nutzer durch die Kennzeichnung „M+S“ oder „Winter“ erkennbar sind. Diese Reifen haben die bei winterlichen Verhältnissen erforderlichen Sicherheitsvorteile, wenn die Profiltiefe deutlich größer ist als das gesetzlich geforderte Minimum von 1,6 mm (so Albrecht SVR 06, 41).  

    3. Ahndung von Verstößen gegen § 2 Abs. 3a StVO n.F.

    Nimmt der Verkehrsteilnehmer nur ohne die entsprechende Ausrüstung am Straßenverkehr teil, wird nach Nr. 5a BkatV ein Verwarnungsgeld von 20 EUR fällig. Kommt es ohne die entsprechende Winterausrüstung zur Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer, ist nach Nr. 5a.1 BKatV sogar eine Geldbuße von 40 EUR und die Eintragung eines Punktes im Verkehrszentralregister fällig.  

    Urteilsüberprüfung  

    Ist es zur Verurteilung des Mandanten wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 3a S. 1 StVO gekommen, muss der Verteidiger anhand folgender Prüffragen feststellen, ob das tatrichterliche Urteil ausreichende tatsächliche Feststellungen enthält:  

     

    • Sind die „Wetterverhältnisse“ ausreichend beschrieben? § 2 Abs. 3a S. 1 StVO hat ja nicht eine generelle Winterreifenpflicht eingeführt, sondern nur die Pflicht, „die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen“. Das bedeutet, dass das tatrichterliche Urteil die Wetterverhältnisse beschreiben und darstellen muss. Dazu wird im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Neuregelung insbesondere gehören, dass mitgeteilt wird, ob die Straßenverhältnisse so waren, dass es erforderlich war, „Winterreifen“ zu benutzen. Das wird in der Regel anhand der Beschaffenheit der Fahrbahn ohne Weiteres erkennbar sein, nämlich dann, wenn diese mit Schnee bedeckt ist. Hier wird die OLG-Rspr. zur „Nässe“ entsprechend anwendbar sein (vgl. dazu zuletzt OLG Hamm NZV 01, 90 = DAR 01, 85), die für diese Fälle auch eine nähere tatsächliche Beschreibung fordert.

     

    Praxishinweis: Hier bietet sich ein Verteidigungsansatz. So ist es z.B. fraglich, ob die „Winterreifenpflicht“ auch besteht, wenn es erst gerade anfängt zu schneien, der Schnee aber noch nicht liegen bleibt, oder wenn der Schnee bereits getaut ist und das nicht mit Winterreifen ausgestattete Kfz sich unauffällig auf der Straße bewegt (so auch Albrecht SVR 06, 41). Der Verteidiger kann damit argumentieren und ggf. eine Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG erreichen. Vorgetragen werden kann aber z.B. auch, dass der Mandant von den winterlichen Straßenverhältnissen überrascht worden ist.

     

    • War der Pkw des Betroffenen mit ungeeigneten Reifen ausgestattet? Insoweit muss sich aus dem Urteil ergeben, ob die Reifen für winterliche Straßenverhältnisse geeignet sind (vgl. dazu oben I. 2.).

     

    • Ist es durch die mangelhafte Ausstattung des Fahrzeugs zur Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen? Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift muss zwischen der mangelhaften Ausstattung und der Behinderung der anderen Verkehrsteilnehmer ein kausaler Zusammenhang bestehen. Ist dieser nicht gegeben, kann nicht nach Nr. 5a. 1 BKatV eine Geldbuße von 40 EUR festgesetzt werden, sondern nur das Verwarnungsgeld von 20 EUR nach Nr. 5a BKatV.

    II. Schutzhelmtragepflicht nach § 21a Abs. 2 StVO (Änderung ab 1.1.06)  

    Inhalt der Neuregelung  

    Die bisher nur für Kraftradfahrer und deren Beifahrer geltende Schutzhelmtragepflicht ist in § 21a Abs. 2 StVO auf die Fahrer von dreirädrigen und mehrrädrigen Kfz mit bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h ausgedehnt worden. Erfasst werden jetzt auch Trikes und Quads (offene, kraftradähnliche 3- bzw. 4-rädrige Kfz). Zugleich ist in § 21a Abs. 2 S. 1 StVO der bisherige Begriff des „amtlich genehmigten Schutzhelms“ durch den „geeignetenSchutzhelm“ ersetzt worden. Geeignet sind amtlich genehmigte Schutzhelme sowie Kraftrad-Schutzhelme mit ausreichender Schutzwirkung. Amtlich genehmigt sind Schutzhelme, die entsprechend der ECE-Regelung Nr. 22 (BGBl. 1984 II S. 746) gebaut, geprüft, genehmigt und mit dem nach ECE-Regelung Nr. 22 vorgeschriebenen Genehmigungszeichen gekennzeichnet sind. Geeignet sind zudem Kraftrad-Schutzhelme mit ausreichender Schutzwirkung. Diese kann, wird i.d.R. aber z.B. bei Bauarbeiter-, Feuerwehr-, Radfahr- oder Stahlhelmen der Bundeswehr nicht vorliegen.  

    III. Verkehrssicheres Verstauen der Ladung in § 22 Abs. 1 StVO(Neuregelung ab 1.1.06)  

    Inhalt der Neuregelung  

    Die Anforderungen an das verkehrssichere Verstauen der Ladung sind jetzt näher beschrieben: „Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten“. Sinn und Zweck dieser Neuregelung ist es, den für den Ladevorgang verantwortlichen Personen durch die Aufzählung besonders gefahrenträchtiger Verkehrssituationen vor Augen zu führen, gegen welche Gefahren die Ladung zu sichern ist (BR-Drucks. 813/05, S. 16).  

    IV. Verbot der Mitnahme von Personen auf der Ladefläche in § 21 Abs. 2 StVO (Neuregelung ab 1.1.06)  

    Inhalt der Neuregelung  

    § 21 Abs. 2 StVO verbietet in Zukunft die Mitnahme von Personen auf der Ladefläche oder in Laderäumen von Kfz. Die Mitnahme von Personen auf der Ladefläche von Anhängern war schon seit langem untersagt. Gegen eine solche Mitnahme bestehen wegen des Fehlens geeigneter Sitzgelegenheiten und Haltemöglichkeiten und der auf die Personen einwirkenden Kräfte durch Beschleunigung, Bremsverzögerung, Kurvenlaufverhalten der Fahrzeuge, Fahrbahnunebenheiten und bei Befahren von Gefäll- und Steigungsstrecken erhebliche Verkehrssicherheitsbedenken. Ladefläche ist die Fläche des Fahrzeugs, die der Beförderung von Gütern und Gegenständen dient (BR-Drucks. 813/05 S. 12). Nicht erfasst werden von dem Verbot daher z.B. die hinteren „Standplätze“ an Müllfahrzeugen.  

     

    Praxishinweis: Eine Ausnahme ist in § 21 Abs. 2 S. 2, 3 StVO nur noch vorgesehen, soweit auf der Ladefläche oder in Laderäumen mitgenommene Personen dort notwendige Arbeiten auszuführen haben. Das Verbot gilt ferner nicht für die Beförderung von Baustellenpersonal innerhalb von Baustellen.  

    V. Regelfahrverbot beim Überqueren eines Bahnübergangs trotz Warnzeichen (Neuregelung ab 1.5.06)  

    Inhalt der Neuregelung  

     

     

    Verstöße gegen § 19 Abs. 2 S. 2 StVO durch Umfahren von Bahnschranken oder das Missachten von Blinklichtern, die das Überqueren des Bahnübergangs untersagen, waren bislang nur mit einer Geldbuße von 50 EUR bewehrt. Nach Auffassung des Verordnungsgebers handelt es sich i.d.R. um grob verkehrswidrige Verstöße, für die daher nun ein Regelfahrverbot eingeführt worden ist (BKat-Nr. 89a.2). Wer in den Fällen des § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis 4 StVO einen Bahnübergang unter Verstoß gegen die Wartepflicht überquert, wird danach mit einer Geldbuße von 150 EUR, einem einmonatigen Fahrverbot und 4 Punkten im Verkehrszentralregister belegt.  

    Tatsächliche Voraussetzungen  

     

    Das tatrichterliche Urteil muss mit folgenden Fragen auf die Vollständigkeit der erforderlichen tatsächlichen Feststellungen überprüft werden:  

    • Handelt es sich am Tatort um einen Bahnübergang i.S.d. § 19 StVO (vgl. dazu Hentschel, StVR, § 19 StVO Rn. 8 ff.)?
    • Wird dieser überquert? Das ist z.B. nicht der Fall, wenn der Betroffene zwar auf die Schienen aufgefahren ist, dann aber sofort zurückgefahren ist.
    • Sind die Voraussetzungen von § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis 4 StVO gegeben? Das bedeutet: Werden die entsprechenden Warnzeichen gegeben? Das sind: rotes Blinklicht (Nr. 2), gelbe oder rote Lichtzeichen (Nr. 2), sich senkende oder geschlossene Schranken (Nr. 3), Haltezeichen eines Bahnbediensteten (Nr. 4).

     

    Praxishinweis: Der Verstoß gegen § 19 Abs. 2 StVO ist verwandt mit dem Rotlichtverstoß. Es bietet sich an, die dafür entwickelten Grundsätze entspr. anzuwenden. I.d.R. werden daher Feststellungen erforderlich sein zur gefahrenen Geschwindigkeit und zur Möglichkeit, noch gefahrlos anhalten zu können. Der Verteidiger muss sich also ggf. damit auseinander setzen, ob der Betroffene überhaupt noch rechtzeitig anhalten konnte. Dabei ist aber von Belang, dass man sich nach § 19 Abs. 1 S. 2 StVO einem Bahnübergang nur mit „mäßiger Geschwindigkeit“ nähern darf.  

    Regelfahrverbot 

     

    Das Fahrverbot der Nr. 89a.2 ist als Regelfahrverbot ausgebildet. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln. Der Verteidiger wird sich insbesondere mit der Frage auseinander setzen müssen, ob Fälle denkbar sind, in denen – wie beim atypischen Rotlichtverstoß – bereits auf Tatbestandsseite die Indizwirkung des Regelbeispiels entfällt. Das bedeutet: Der konkrete Fall muss daraufhin untersucht werden, ob der Erfolgsunwert oder der Handlungsunwert so gemindert sind, dass das Fahrverbot unangemessen wäre (zum atypischen Rotlichtverstoß s. VA 00, 46). Insoweit gilt: Da es sich bei Nr. 89a.2 um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, kann das Fahrverbot entfallen, wenn eine abstrakte Gefährdung fehlt oder ganz erheblich gemindert ist. Das ist aber, da die in § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis 4 StVO genannten Warnzeichen nur bei tatsächlichen Schienenverkehrsvorgängen gegeben werden, i.d.R. kaum vorstellbar und wird daher nur ausnahmsweise in Betracht kommen. Zu denken ist z.B. an eine Fehlfunktion des Lichtzeichens (Dauerlichtzeichen) oder ein Schließen der Schranken ohne eine schienenverkehrsbezogene Handlung (vgl. zum Dauerrot beim Rotlichtverstoß OLG Hamm DAR 99, 515 = NZV 00, 52).  

     

    In Betracht kommen kann natürlich auch ein Augenblicksversagen, das zum Wegfall der für die Verhängung eines Fahrverbotes nach § 25 Abs. 1 StVG erforderlichen subjektiven groben Pflichtwidrigkeit führt (dazu VA 01, 169 [im wesentlichen für Geschwindigkeitsüberschreitungen]). Die hier entwickelten Grundsätze werden grds. auch auf die Fälle des Überquerens des Bahnübergangs übertragen werden können. Das bedeutet, dass immer zu prüfen ist, ob nur eine bloße momentane, leicht fahrlässige Unaufmerksamkeit vorlag.  

     

    Praxishinweis: Darauf muss sich der Betroffene aber beim AG berufen. Allerdings werden hier kaum Fälle denkbar sein, in denen ein Augenblicksversagen angenommen werden kann. Denn wegen der besonderen Gefahren an Bahnübergängen besteht dort i.d.R. Mehrfachbeschilderung. Auch sind die Übergänge i.d.R. erkennbar, da der Übergang sich häufig entweder aus dem ansonsten flachen Gelände erhebt oder erkennbare Oberleitungen und/oder Bahnwärterhäuschen auf den Übergang deutlich hinweisen.  

    Vorsätzliches Umfahren von geschlossenen Schranken  

    § 1 Abs. 2 BKatV regelt nur fahrlässige Verstöße. Deshalb musste das Überqueren eines Bahnübergangs durch Umfahren einer geschlossenen Schranke aus dem BKat ausgegliedert werden, da dies nicht als fahrlässiger Verstoß denkbar ist. Dieser Verstoß ist daher in TBNR. 129500 aufgenommen worden: 450 EUR Geldbuße + dreimonatiges Fahrverbot.  

     

    Praxishinweis: Fraglich ist, ob der Tatbestandskatalog eine Indizwirkung im Hinblick auf ein grob pflichtwidriges Verhalten i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 1 StVG hat. Wenn man das verneint (so OLG Hamm VA 04, 84, Abruf-Nr. 040771; OLG Düsseldorf VA 00, 68, Abruf-Nr. 001036), sind ausführliche Feststellungen des Tatrichters auch zur Erforderlichkeit und Angemessenheit eines dreimonatigen Fahrverbotes erforderlich. Wenn man das bejaht (so Albrecht SVR 06, 45), besteht die allgemeine Indizwirkung und es müssen keine näheren Feststellungen getroffen werden.  

     

    Praxishinweis: Der Verteidiger muss auf Folgendes besonders achten: Im Vorwurf des vorsätzlichen Umfahrens wird i.d.R. immer auch ein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StVO – rotes Blinklicht oder gelbe oder rote Lichtzeichen – enthalten sein. Damit ist im (vorsätzlichen) Umfahren einer geschlossenen Schranke immer „als Minus“ das von BKat-Nr. 89a.2 beschriebene Verhalten enthalten. Damit ist in diesen Fällen zumindest immer ein einmonatiges Fahrverbot indiziert.  

    VI. Abstandsverstöße, Tabelle 2 zu Nr. 12 BKat (schärfere Sanktionen ab 1.5.06)  

    Inhalt der Neuregelung  

    Verschärft worden sind die Bußgeldregelsätze bei Abstandsverkürzungen unterhalb des 0,8-Sekunden-Abstandes und damit bei den konkret gefährdenden Abstandsverstößen, sofern die Geschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt:  

     

    • Bei den Regelfahrverboten wird die Eingangsschwelle im Vergleich zur bisherigen Regelung um eine Stufe abgesenkt. Sie liegt nun bei Abständen, die weniger als 3/10 des halben Tachowertes betragen, sofern die Geschwindigkeit bei mehr als 100 km/h liegt.

     

    • Bei der Dauer des Fahrverbotes wird in Abhängigkeit vom Ausmaß der Abstandsverkürzung differenziert. Damit will man dem Umstand Rechnung tragen, dass die Unfallwahrscheinlichkeit, die Unfallfolgen sowie die Offensichtlichkeit der Zuwiderhandlung für die Kraftfahrer bei Abstandsverkürzungen, die unter noch weiterer Verkürzung des 0,8-Sekunden-Abstandes und bei noch höherer Geschwindigkeit begangen werden, nochmals zunehmen. Die Eingangsschwelle für das Fahrverbot liegt jetzt bei einem Abstand von etwa 0,7 sec. In solchen Fällen sind in der Regel die Indizien gegeben, die die Zuwiderhandlung als besonders verantwortungslos und grob i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 1 StVG kennzeichnen.

    Regelsanktionen ab 1.5.06  

    Abstandsverstoß  

    Geldbuße  

     Fahrverbot  

    a) bei Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h  

     

     

    • weniger als 5/10 des halben Tachowertes

     40  

       

    • weniger als 4/10 des halben Tachowertes 

     60  

       

    • weniger als 3/10 des halben Tachowertes 

    100  

    1 Monat, soweit mehr als 100 km/h  

    • weniger als 2/10 des halben Tachowertes

    150  

    2 Monate, soweit  

    mehr als 100 km/h  

    • weniger als 1/10 des halben Tachowertes 

    200  

    3 Monate, soweit mehr als 100 km/h  

    b) bei mehr als 130 km/h  

       

     

    • weniger als 5/10 des halben Tachowertes

     60  

     

    • weniger als 4/10 des halben Tachowertes

    100  

     

    • weniger als 3/10 des halben Tachowertes

    150  

    1 Monat  

    • weniger als 2/10 des halben Tachowertes

    200  

    2 Monate  

    • weniger als 1/10 des halben Tachowertes

    250  

    3 Monate  

     

    VIII. Verstöße gegen das Sonntagsfahrverbot (höhere Geldbuße ab 1.5.06)  

     

    Dem Fahrer drohen beim Verstoß 40 EUR (Nr. 119 BKatV), dem Halter 200 EUR (Nr. 120 BKatV). Nicht geregelt war bisher das Zusammentreffen von Fahrer- und Haltereigenschaft. Die Rspr. hat hierfür die für den Fahrer vorgesehene, weniger einschneidende Geldbuße festgesetzt (OLG Celle NZV 04, 368). Das wird wg. der Änderung in § 3 Abs. 2 BKatVO zukünftig nicht mehr möglich sein. Die Nr. 119 BKatV ist dort nämlich jetzt aufgeführt. Folge: Seit 1.5.06 ist die Haltereigenschaft das wesentliche Kriterium für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße. Der fahrende Halter wird mit der höheren Geldbuße belegt (BR-Drucks. 813/05 S. 20).  

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2006 | Seite 88 | ID 90869