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  • 23.07.2009 | Kasko-Versicherung

    Regressverbot auch bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft

    § 67 Abs. 2 VVG a.F. gilt auch analog für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (BGH 22.4.09, IV 160/07, Abruf-Nr. 091383).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die Klägerin verlangt im Regresswege (§ 67 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.) Schadenersatz wegen eines Unfalls, den die Beklagte mit einem Leasing-Pkw verursacht hat. Leasingnehmerin war eine GmbH. Deren Alleingesellschafter und -geschäftsführer war Herr P., der angeblich langjährige Lebensgefährte der Beklagten. Die Kaskoversicherung für den Pkw unterhielt P. persönlich, nicht die GmbH, die ihm den Wagen zur geschäftlichen und privaten Nutzung überlassen hatte. Die Klägerin beruft sich darauf, dass die Beklagte den Unfall grob fahrlässig verursacht habe. Deshalb hätten sowohl die Leasingfirma als auch P. Ersatzansprüche gegen sie gehabt. Durch ihre Zahlung an P. seien diese Ansprüche auf sie übergegangen. Die Beklagte meint, als Lebensgefährtin des P. einem Familienangehörigen gleichzustehen und gleichermaßen gem. § 67 Abs. 2 VVG a.F. privilegiert zu sein. Das OLG hat eine Analogie bejaht. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lägen unstreitig vor.  

     

    Auf die Revision der Klägerin hat der BGH das Urteil aufgehoben. Auch er hält § 67 Abs. 2 VVG a.F. auf Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften für analog anwendbar. Das wird unter Darstellung des Diskussionsstands und unter Hinweis auf die Neufassung des § 86 Abs. 3 VVG 2008 näher begründet. Allerdings hätte das OLG nicht vom Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgehen dürfen. So fehle jegliche Feststellung zur gemeinsamen Mittelaufbringung und Mittelverwendung. Die angetretenen Beweise hätten erhoben werden müssen, was nun nachzuholen sei.  

     

    Praxishinweis

    Vier Punkte sind wichtig. Erstens: Die Entscheidung betrifft einen „Altfall“. Für „Neufälle“ gilt § 86 Abs. 3 VVG n.F. (zur zeitlichen Geltung des neuen VVG VA 08, 1). Die Neuregelung enthält wichtige Änderungen, zum einen eine Ausdehnung auf alle, die mit dem VN in häuslicher Gemeinschaft leben, damit auch auf Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften; andererseits eine Einschränkung dergestalt, dass die häusliche Gemeinschaft schon bei Eintritt des Schadens bestanden haben muss. Zweitens: Das Urteil hat Signalwirkung für die Auslegung von Regressvorschriften mit der traditionellen Beschränkung auf „Familienangehörige“. Mitgeteilt wird, dass der VI. ZS auf Anfrage erklärt habe, an seiner Ansicht nicht mehr festzuhalten, beim Regress nach § 116 Abs. 6 SGB X scheide eine Privilegierung von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften aus (NJW 88, 1091). Zum Problem Möller, NZV 09, 218. Von der zeitgemäßen Gleichstellung werden Sozialpartner ohne Trauschein auch in anderen Regressfällen profitieren, z.B. beim Regress von Arbeitgebern und Dienstherrn (zu Art. 96 BayBG OLG Nürnberg NZV 09, 287). Drittens: Wichtig ist das Urteil auch insoweit, als es um die Feststellung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geht, um die maßgeblichen Kriterien und Indizien (außer Dauer, Kind und Wohnung besonders bedeutsam: die gemeinsame Mittelaufbringung und -verwendung). Dazu auch OLG Nürnberg a.a.O. Viertens: Anwälte von nichtprivilegierten Regressschuldnern werden bei einem Leasingfahrzeug zu prüfen haben, ob und ggf. wann der Leasinggeber befriedigt worden ist. Ein vor Leistung des Versicherers erloschener Anspruch kann nicht Gegenstand eines Forderungsübergangs nach § 67 bzw. jetzt § 86 VVG sein.