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  • 23.09.2014 · IWW-Abrufnummer 151814

    Landesarbeitsgericht: Urteil vom 15.05.2014 – 6 Sa 71/14


    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.08.2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 13 Ca 860/13 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 266,98 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2013 zu zahlen.

    2.

    Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 32,76 Euro brutto (Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit) zuzüglich Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2013 zu zahlen.

    3.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    4.

    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Kläger zu 40 % und der Beklagten zu 60 % auferlegt; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 75 % und die Beklagte zu 25 %.

    5.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Vergütung von - als sog. "Breakstunden" bezeichneten - Arbeitszeitunterbrechungen nebst Sonn- und Feiertagszuschlägen für diese Stunden in der Zeit von Mai 2012 bis April 2013.

    Der am 1978 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.07.2009 als Flugsicherheitskraft auf dem Flughafen K /B beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 (im Folgenden: "MTV NRW") Anwendung. Der Beschäftigungsumfang des Klägers beträgt - dies ist zwischen den Parteien in einem Vorprozess festgestellt worden - 160 Stunden im Monat.

    Die Beklagte erbringt ihre Leistungen im Auftrag der B . Die Anzahl der erforderlichen Arbeitskräfte ist dabei vom konkreten Fluggastaufkommen und den damit zusammenhängenden jeweiligen- schwankenden - Personalanforderungen der B abhängig. In diesem Zusammenhang kommt es zu den streitigen Arbeitszeitunterbrechungen.

    Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz weiter darüber, ob diese "Breakstunden" (mitbestimmungsrechtlich) zulässig sind und insbesondere, ob die "Breakstunden" wegen Annahmeverzuges der Beklagten vergütungspflichtig sind oder ob sie rechtlich als - nicht vergütungspflichtige - Pausen zu qualifizieren sind.

    Im Betrieb der Beklagten gilt eine Betriebsvereinbarung "Dienst- und Pausenplanung" vom 31.01.2011 (nachfolgend "Betriebsvereinbarung"), deren § 9 wie folgt lautet:

    "§ 9 Pausen

    1. Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 ArbZG) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestes Ende der Ruhepause) durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt.

    2. Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.

    3. Die Mitarbeiter werden durch Aushang an geeigneter Stelle über folgende Regelungen unterrichtet:

    a. Zeitlicher Rahmen der gesetzlichen Ruhepausen nach Abs. 1

    b. Grenzen der Zulässigkeit weiterer Pausen nach Abs. 2

    c. Notwendigkeit der Arbeitsbefreiung während der Ruhepausen

    ("Bereitschaft ist keine Ruhepause")

    d. Freie Wahl des Aufenthalts während der Ruhepause"

    Der Kläger hat am 30.01.2013 vor dem Arbeitsgericht Köln Klage erhoben und die Vergütung von Differenzlohnansprüchen zur vereinbarten Arbeitszeit von 160 Stunden sowie die Vergütung der sog. Breakstunden begehrt. Hinsichtlich der Differenzlohnansprüche haben die Parteien den Rechtsstreit nach Erfüllung der Ansprüche durch die Beklagte übereinstimmend für erledigt erklärt.

    Betreffend der in der Berufungsinstanz weiter in Streit stehenden "Breakstunden" ist der Kläger der Ansicht gewesen, die Beklagte sei zur Vergütung der "Breakstunden" aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs verpflichtet. Die zeitliche Lage der Dienstunterbrechungen werde von der Beklagten flexibel gehandhabt, sodass zu Beginn des Arbeitstages nicht bekannt sei, ob eine Arbeitszeitunterbrechung tatsächlich erfolgen werde. Eine Anordnung "im Voraus" erfolge nicht und selbst wenn, werde Dauer und Lage der Pausen von der Beklagten regelmäßig beliebig noch während der jeweiligen Schicht geändert. Der Kläger habe während der Arbeitszeitunterbrechungen zudem mehrfach den Arbeitsort wechseln müssen (von Terminal 1 zum Terminal 2 oder umgekehrt). Die Beklagte übe ihr Direktionsrecht daher nicht rechtmäßig, also im Rahmen des billigen Ermessens, aus, da sie einseitig ihr wirtschaftliches Risiko - nämlich eine die konkreten Personalanforderungen der Bundespolizei übersteigende Beschäftigung von Arbeitnehmern - auf die Arbeitnehmer verlagere und deren Interessen - insbesondere dem Erholungsbedürfnis - nicht ausreichend Rechnung trage. Bei der Anordnung der "Breakstunden" werde zudem der Betriebsrat verfahrenswidrig nicht beteiligt und damit gegen dessen Mitwirkungsrechte bei der Anordnung von Pausen verstoßen. Eine bloße Bekanntgabe an den Betriebsrat über die Dauer der Arbeitszeit und die Dauer der zusätzlichen Arbeitszeitunterbrechung genüge für eine Beteiligung des Betriebsrates nicht.

    Der Kläger hat zuletzt beantragt,

    1.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.050,60 € zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.12.2012 zu bezahlen (fehlender Lohn durch Arbeitszeitunterbrechungen (Breaks) in der Zeit vom 01.05.2012 bis 30.11.2012);

    2.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 122,61 € zuzüglich5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.01.2013 zu bezahlen (Sonn- und Feiertagszuschläge bis 31.12.2012);

    3.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8,96 € netto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.11.2012 zu bezahlen (Nachtzuschläge 2012);

    4.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 438,78 € brutto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.04.2013 zu bezahlen (fehlender Lohn durch Arbeitszeitunterbrechungen (Breaks) in der Zeit vom 01.01.2013 bis 31.03.2013);

    5.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 63,04 € netto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.04.2013 zu bezahlen (Zuschläge wegen Arbeitszeitunterbrechungen in dem Zeitraum 01.01.2013 bis 31.03.2013);

    6.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 266,40 € brutto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.06.2013 zu bezahlen (fehlender Lohn durch Arbeitszeitunterbrechungen (Breaks) in der Zeit vom 01.04.2013 bis 31.05.2013);

    7.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 43,58 € netto zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.06.2013 zu bezahlen (Zuschläge wegen Arbeitszeitunterbrechungen in dem Zeitraum 01.04.2013 bis 31.05.2013).

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage insgesamt abzuweisen.

    Sie hat die Auffassung vertreten, bei den "Breakstunden" handele es sich um nicht vergütungspflichtige Pausen, die sie im Rahmen ihres Direktionsrechts - also im Rahmen des ihr zustehenden billigen Ermessens - anordnen könne. Bei Anordnung und Durchführung der Pausen seien stets die Vorgaben der Betriebsvereinbarung beachtet worden. Die Beklagte hat behauptet, die Pausen seien dem Kläger stets durch den jeweils diensthabenden Disponenten vor Beginn der jeweiligen Schicht bekannt gegeben worden. Die Pausen seien auch so, wie vorab mitgeteilt, gewährt worden. Die Beklagte hat für jeden Tag aufgeführt, welcher Disponent zuständig war und die Pause angeordnet hat, wann die Schicht begonnen und geendet hat und wie viele Stunden nach Dienstbeginn die Pause lag. Auch werde der Betriebsrat bei der Anordnung der Pausen in ausreichendem Maße beteiligt. Dieser werde vorab über die genaue Lage der Pause informiert und sei mit dieser Vorgehensweise einverstanden.

    Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 27.08.2013 überwiegend stattgegeben. Dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Vergütung der "Breakstunden" aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu, weil die Beklagte diese Pausen nicht wirksam angeordnet habe. Dabei hat es das Arbeitsgericht dahinstehen lassen, ob die Pausen vor Beginn der Arbeitszeit angeordnet und die Vorgaben der Betriebsvereinbarung eingehalten wurden. Die Pausen seien jedenfalls unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG angeordnet worden. Insoweit macht sich das Arbeitsgericht die Ausführungen der Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Köln 4 Sa 1120/12 vom 26.04.2013 sowie 3 Sa 306/13 vom 07.08.2013 zu Eigen. Danach genüge die bloße Mitteilung über Dauer und Lage der Pausen dem Mitbestimmungsrecht nicht. Auch sei nicht ausreichend, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber in der Angelegenheit "freie Hand" gebe. Zwar könne das Mitbestimmungsrecht grundsätzlich auch durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ausgeübt werden; Voraussetzung sei dann jedoch, dass diese schon das Wesentliche regele. § 9 der Betriebsvereinbarung enthalte eine solche wesentliche Mitbestimmung jedoch nicht. Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, nämlich dass der Betriebsrat darüber wachen solle, dass Pausen nicht einseitig nach betriebswirtschaftlichen Flexibilisierungsgesichtspunkten angeordnet, sondern die Erholungsbedürfnisse des Arbeitnehmers gewahrt werden, werde durch die Betriebsvereinbarung nicht genügt. Diese ermögliche dem Arbeitgeber, die Pausen in einem sehr weiten zeitlichen Rahmen anzuordnen, wodurch das Mitbestimmungsrecht in seiner Substanz verletzt werde. Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung habe der Kläger daher einen Anspruch auf Vergütung der unwirksam angeordneten Arbeitszeitunterbrechungen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 160 ff. d.A.).

    Gegen das ihr am 05.12.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.01.2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.03.2014 am 26.02.2014 begründet. Die Beklagte ist der Auffassung, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates seien ausreichend beachtet worden. Doch selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, könne die Verletzung der Mitbestimmungsrechte jedenfalls nicht zu einem Vergütungsanspruch des Klägers führen. Auch nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung stünden dem Arbeitnehmer keine Ansprüche zu, die zuvor nicht bestanden haben. Die Missachtung des Mitbestimmungsrechts könne auch nicht dazu führen, dass die Beklagte sich im Annahmeverzug befinde. Auch eine gesetzeswidrig ohne Zustimmung des Betriebsrates angeordnete Pause sei eine Pause. Der Wahrung von Mitbestimmungsrechten sei vielmehr allein mit betriebsverfassungsrechtlichen Mitteln zu begegnen.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.2013 zu dem Aktenzeichen 13 Ca 860/13 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Verletzung des Mitbestimmungsrechts. Darüber hinaus führt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags aus, dass die Vergütungspflicht für die Breakstunden auch aus anderen Gesichtspunkten bestehe. Der Kläger meint, die Anordnungen der zusätzlichen Arbeitszeitunterbrechungen seien durch die B fremdbestimmt und ausschließlich gewinnorientiert, weshalb die Anordnungen nicht billigem Ermessen entsprächen. Die Beklagte lege die Pausen auch nicht "im Voraus" im Sinne des § 4 ArbZG fest. Die Darlegungen der Beklagten zu den Anordnungen der Arbeitszeitunterbrechungen durch den jeweiligen Disponenten sei letztlich erfundener Tatsachenvortrag, den die Beklagte erst vorbringe, seitdem ihr Vortrag in vergangenen Verfahren regelmäßig als unsubstantiiert zurückgewiesen worden sei. Die Beklagte schlussfolgere nunmehr allein aus den Dienstplänen der Disponenten, dass die jeweils diensthabenden Disponenten auch die Pausen angeordnet hätten und behaupte dies nun mit Gewissheit. Allein aus den Dienstplänen sei jedoch nicht ersichtlich, wer tatsächlich die Pausen angeordnet habe. Dies bereits deshalb, weil nicht nur von Disponenten, sondern auch von Schichtleitern Pausen angeordnet worden seien. Keine Unterbrechung sei von der Beklagten jemals dokumentiert worden; der Vortrag sei daher nicht nachprüfbar und erfolge "ins Blaue hinein". Die Anordnungen seien zudem unverbindlich und würden während des Dienstes regelmäßig geändert. Die zusätzlichen Arbeitszeitunterbrechungen hätten daher nicht die Qualität einer Pause im Sinne von § 4 ArbZG, weil insbesondere der Erholungszweck nicht erreicht werde.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

    II. In der Sache hat das Rechtsmittel auch teilweise Erfolg.

    Entgegen der Auffassung des Klägers und ihm folgend des Arbeitsgerichts besteht kein Vergütungsanspruch für die gesetzlichen Ruhepausen im Sinne des § 4 ArbZG. Vergütungspflichtig sind aus dem Aspekt des Annahmeverzuges nach § 615 S. 1 BGB allein die darüber hinaus angeordneten Arbeitsunterbrechungen nach § 9 Abs. 2 der einschlägigen Betriebsvereinbarung. Im Einzelnen gilt folgendes:

    1. Nach § 4 ArbZG ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und von 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Solche Ruhepausen sind nicht vergütungspflichtig (vgl. BAG vom 18.11.2009 - 5 AZR 774/08, [...]; BAG vom 01.07.2003 - 1 ABR 20/03, [...]).

    Die Beklagte hat im Streitfall konkret vorgetragen, durch wen und zu welchem Zeitpunkt die Arbeitszeitunterbrechungen angeordnet worden sind. Dabei ist auch eine Pausenanordnung vor Dienstbeginn beachtlich, wenn der Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit Kenntnis von der Lage der Pause hatte. Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen, weil der Kläger dem konkreten Vortrag der Beklagten nur pauschal entgegengetreten ist. Dieser pauschale Vortrag ist nicht geeignet, den substantiierten Vortrag der Beklagten zur Anordnung der Pausen zu Fall zu bringen. Es handelte sich daher bei den Arbeitszeitunterbrechungen um Ruhepausen und nicht nur um die unzulässige nachträgliche "Umwidmung" unvorhergesehener Betriebsunterbrechungen in eine Ruhepause. Denn Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitrechts sind Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen. Es muss sich um im Voraus festliegende Unterbrechungen der Arbeitszeit handeln, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat. Er muss frei darüber entscheiden können, wo und wie er diese Zeit verbringen will. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist (BAG vom 13.10.2009 - 9 AZR 139/08, [...]; BAG vom 29.10.2002 - 1 AZR 603/01, [...]). So liegt der Fall hier: Es handelte sich um festliegende Unterbrechungen der Arbeitszeit, in denen der Kläger weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hatte. Der Vortrag des Klägers, er habe teilweise während der Pausen zu einem anderen Terminal wechseln müssen, lässt nicht erkennen, an welchen Tagen genau dies der Fall war und inwieweit seine Pause dadurch genau verkürzt worden sein soll. Gleiches gilt für seinen Vortrag, die Unterbrechungen seien von Fall zu Fall abgesagt, verschoben, verkürzt oder verlängert worden. Auch diese Behauptung ist zu unsubstantiiert, um den einzelnen Arbeitsunterbrechungen den Charakter einer Pause zu nehmen (vgl. auch LAG Köln vom 10.01.2014 - 9 Sa 501/13, [...]).

    Die von der Beklagten angeordneten Pausen im Sinne von § 4 ArbZG sind auch nicht wegen Verstoßes gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unwirksam und daher vergütungspflichtige Arbeitszeit gewesen. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auch auf die Dauer und die Lage der Pausen. Zwar ist im Streitfall eine Zustimmung des Betriebsrats zu den einzelnen Arbeitszeitunterbrechungen nicht gegeben. Weder in dem in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Monatsplan, noch in dem dort geregelten Tagesplan sind Pausenaufzeichnungen enthalten. Die Pausen werden dem Betriebsrat erst in der Nacht unmittelbar vor dem Einsatz per E-Mail mitgeteilt, ohne dass dessen Zustimmung hierzu eingeholt wird. Von einer Wahrung der Mitbestimmungsrechte ist jedoch durch den Regelungskomplex der Betriebsvereinbarung vom 31.01.2011 auszugehen. Die Kammer folgt insoweit der Beurteilung der 10. Kammer des LAG Köln im Urteil vom 22.11.2013 (10 Sa 455/13, [...]). Denn das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 BetrVG erfordert nicht, dass zu jeder einzelnen mitbestimmungspflichtigen Anordnung jeweils die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt wird, wenn dieser seine Zustimmung - etwa für immer wieder auftretende Eilfälle - im Voraus erteil hat (vgl. BAG vom 03.06.2003 - 1 AZR 349/02, [...]). Die Betriebsvereinbarung vom 31.01.2011 enthält hinreichende mitgestaltende Regelungen. So ist gemäß § 9 Abs. 1 BV klargestellt, dass die verbindliche Anordnung und Mitteilung der jeweiligen Arbeitsunterbrechung vor Arbeitsbeginn zu erfolgen hat. Zudem ist- in Abweichung von § 4 S. 2 ArbZG, der eine Aufteilung der Ruhepausen in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten zulässt - die durchgehende Gewährung der Pausen in § 9 Abs. 1 BV verbindlich geregelt. Ferner liegen einschränkende Regelungen für die Zulässigkeit von zusätzlichen unbezahlten Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden gemäß § 9 Abs. 2 BV vor, deren Zulässigkeit davon abhängt, dass diese innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden dürfen. Hieraus folgt, dass die der Beklagten eröffnete Gestaltungsmöglichkeit bestimmten Vorgaben unterliegt. Von einem unzulässigen Verzicht des Betriebsrats auf sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kann daher nicht ausgegangen werden.

    2. Soweit die Pausen über die gesetzlichen Mindestpausen nach § 4 ArbZG hinausgingen, ist die Beklagte unter dem Aspekt des Annahmeverzugs nach den §§ 615 S. 1, 611 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger die entsprechende Vergütung zu zahlen. Denn die weitergehenden Pausenanordnungen entsprachen nicht billigem Ermessen und konnten die Arbeitspflicht nicht wirksam aufheben. Die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln hat dazu in ihrem Urteil vom 10.01.2014 (9 Sa 501/13, [...]) zutreffend folgendes ausgeführt:

    "Die Anordnung einer Erholungspause unterliegt grundsätzlich dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Die in § 4 ArbZG geregelten Ruhepausen stellen dabei lediglich das Mindestmaß der Pausen dar und verwehren es dem Arbeitgeber nicht, kraft seines Weisungsrechts längere Pausen vorzusehen (BAG vom 16.12.2009 - 5 AZR 157/09, [...]). Jedoch muss die Pausenanordnung billigem Ermessen entsprechen (§ 106 S. 1 Gewerbeordnung). Eine Pausenanordnung entspricht billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abwägt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt. Ob dies geschehen ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (BAG vom 19.05.1992 - 1 AZR 418/91, [...]), wobei die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit einer getroffenen Ermessensausübung beim Arbeitgeber liegt (BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, [...]).

    Die Beklagte war ihrer Pflicht zur Ausübung billigen Ermessens nicht deswegen enthoben, weil § 9 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung pro Schicht zusätzliche unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden zulässt, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angefordert werden. § 9 Abs. 2 der Betriebsvereinbarung enthält lediglich eine Grenze des Ermessens. Es wäre daher Aufgabe der Beklagten gewesen, im Einzelnen darzulegen, weshalb die angeordnete Pause die gesetzliche Mindestdauer überstieg. Sie hätte darlegen müssen, dass ihr wirtschaftliches Interesse, die Pausen in auslastungsarmen Zeiten zu gewähren, das Interesse des Klägers daran , dass sich seine Schicht nicht unnötig verlängert, überwog.

    Dies hat die Beklagte nicht getan. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass die Anordnung der die gesetzliche Mindestdauer übersteigenden Pausen dem besonderen Erholungsbedürfnis des Klägers Rechnung getragen hätten. Von einem solchen besonderen Erholungsbedürfnis kann angesichts der körperlich nicht übermäßigen Belastung einer Flugsicherheitskraft auch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiter der Beklagten ihre Pause wegen der isolierten Lage des Flughafens regelmäßig nicht außerhalb des Betriebsgeländes gestalten können. Sie haben kaum Möglichkeiten, notwendige Besorgungen vorzunehmen. Vielmehr wird die Ruhezeit zwischen den einzelnen Schichten, die zur Erledigung dieser Angelegenheiten zur Verfügung steht, durch die verlängerte Pause verkürzt. Es steht daher zu befürchten, dass die Verlängerung der Pausen allein dem Bedürfnis der Beklagten zur Anpassung des Arbeitskräftebedarfs an den aktuellen Arbeitsfall diente. Soweit die von der Beklagten angeordneten Pausen über die gesetzlichen Mindestpausen hinaus angedauert haben, stellen sich ihre Anordnungen somit als ermessensfehlerhaft dar."

    3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht dem Kläger auf der Grundlage der Stundennachweise der Beklagten eine restliche Vergütung für die Zeit von Juni 2012 bis April 2013 in Höhe von 253,38 € brutto und für Mai 2013 nach dem erhöhten Stundenlohn für eine Stunde ein Betrag in Höhe von 13,60 € brutto zu. Die Zuschläge belaufen sich auf insgesamt 32,76 € netto (2 Stunden à 5 % für Nachtarbeit = 1,24 €; 2 Stunden à 50 für Sonntage = 12,36 €; 1 Stunde à 100 % für Feiertagsarbeit = 12,36 €; 0,5 Stunden für Feiertagsarbeit Mai 2013 = 6,80 €).

    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

    IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

    Vorschriften§ 4 ArbZG, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, § 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519