Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.04.2006 | Kasko: Fahrlässigkeit

    Sekundenschlaf nicht immer grob fahrlässig

    Grundsätzlich muss man als Autofahrer bei Anzeichen von Übermüdung mindestens eine Pause machen, wenn nicht sogar die Fahrt beenden. Strafrechtlich betrachtet unterfällt Übermüdung dem gleichen Paragrafen, wie Alkohol am Steuer. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend und oft auch richtig, wenn die Vollkaskoversicherung bei Unfällen wegen Sekundenschlafs „grobe Fahrlässigkeit“ einwendet. Allerdings geht das nicht immer. Wenn ein Autofahrer nach elfstündiger Nachtschicht zwar „geschafft“ ist, sich aber für die Heimfahrt noch fahrtüchtig fühlt, darf er fahren. Immerhin hat er das zuvor auch schon vielfach gemacht, ohne das das Folgen hatte. Überfällt ihn dann der Sekundenschlaf und kommt es zu einem Unfall, ist das sicherlich fahrlässig gewesen. Aber allein aus dem Unfallhergang kann nicht einfach auf grobe Fahrlässigkeit geschlossen werden (OLG Celle, Urteil vom 3.2.2005, Az: 8 U 82/04; Abruf-Nr. 060951).  

    Beachten Sie: Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass das Verhalten des Versicherungsnehmers nicht nur objektiv sehr gefährlich war, sondern auch subjektiv unentschuldbar. Wer also schon seit vielen Stunden zur Nachtzeit unterwegs ist, wer deutliche Anzeichen von Übermüdung ignoriert, wer vielleicht den ersten glücklicherweise folgenlosen Sekundenschlaf hinter sich hat, der kann auf seine Kaskoversicherung nicht mehr hoffen.  

    Unser Tipp: In solche Fragen sollten Sie sich für Ihren Kunden keinesfalls einmischen. Allerdings glaubt mancher, Einschlafen am Steuer sei ausnahmslos grob fahrlässig. Der gleiche Irrglaube herrscht auch rund um die rote Ampel (siehe Ausgabe 1/2005, Seite 13). Ist Ihr Kunde insoweit – zum Beispiel von seinem Versicherungsvertreter – schlecht beraten, dürfen Sie ihm ohne weiteres den Tipp geben, er möge sich an kompetenterer Stelle informieren.  

    Quelle: Ausgabe 04 / 2006 | Seite 5 | ID 97836