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  • · Fachbeitrag · Durchsetzen von Resthonoraren

    Vergütung oder Schadenersatz bei vertragswidrig beendetem Mandat?

    von RA/FAStR/FAErbR Dr. Christoph Goez, Münster

    | Immer häufiger schließen Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften mit ihren Auftraggebern Pauschalvergütungsvereinbarungen ab. Dabei ist regelmäßig eine Laufzeit von einem Jahr vorgesehen, die sich jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn der Vertrag nicht drei Monate vor Ablauf des Jahrs aufgekündigt wird. Was aber passiert, wenn der Auftraggeber das Mandatsverhältnis „unterjährig“ aufkündigt - ausdrücklich oder konkludent? Kann der Steuerberater für die nicht mehr mögliche weitere Durchführung des Mandats noch eine Vergütung oder sogar Schadenersatz verlangen? |

    Wirksamer Vertrag zwischen Berater und Auftraggeber

    Voraussetzung ist ein wirksamer Vertrag zwischen Berater und Auftraggeber. Bei einer Laufzeitvereinbarung muss dieser schriftlich getroffen sein. Allgemeine Vertragsbedingungen oder vom Berater erstellte, zur mehrfachen Nutzung vorgesehene Formularverträge genügen nicht.

     

    Auch darf die Vertragslaufzeit nicht über einen unangemessenen Zeitraum reichen. Regelmäßig dürfte der zulässige Zeitraum lediglich ein Jahr betragen. Noch enger sind die Vorgaben für die vereinbarten Kündigungsfristen: Hier dürfte eine individuelle Betrachtung der Notwendigkeiten von langen Kündigungsfristen notwendig sein. Die nur zum Ende des Kalenderjahrs mögliche Kündigung mit Frist von drei Monaten - im Extremfall somit die Bindung für mehr als ein weiteres Jahr - dürfte unzulässig sein (ähnlich Feiter, Die neue StBVV, Kommentar 2013, § 12 Rdn. 231).

     

    Wichtig | Das in einem Vertrauensverhältnis ansonsten regelmäßig bestehende außerordentliche Kündigungsrecht, für das es keiner Begründung nach § 627 BGB bedarf, muss ausgeschlossen werden.

    Vertraglich nicht vorgesehene Kündigung durch Auftraggeber

    Bei zwischenzeitlicher und nach dem Vertrag eigentlich nicht vorgesehener Kündigung durch den Auftraggeber muss unterschieden werden: Entgeht dem Steuerberater die Vergütung für begonnene Arbeiten oder ist Schadenersatz für nicht mehr zu leistende Tätigkeiten zu verlangen?

     

    Vergütung für begonnene Arbeiten

    Im Regelfall ist das Mandat beendet. Es gibt aber auch die Ausnahme, dass eine bestimmte, in Auftrag gegebene Arbeit nicht mehr zu Ende geführt werden muss. Der Einwand des (früheren) Mandanten oder seines rechtlichen Bevollmächtigten ist dann häufig, dass die Arbeit aufgrund der nicht vollständig erfolgten Tätigkeit „keinen Wert“ für den Mandanten habe. Dahinter steckt die Überlegung aus dem Werkvertragsrecht, dass die Vergütung erst nach Abnahme des vollendeten Werks fällig wird (§ 641 Abs. 1 i. V. mit § 640 BGB). Dieses ist aber für die Vergütung eines Steuerberaters nicht einschlägig.

     

    Hinsichtlich der Vergütung für begonnene Arbeiten ist die gesetzliche Lösung nämlich relativ klar vorgegeben: § 12 Abs. 4 StBVV bestimmt ausdrücklich, dass es auf bereits entstandene Gebühren ohne Einfluss ist, wenn der Auftrag endet, bevor die Angelegenheit erledigt ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Steuerberater dann den „vollen“ Vergütungsanspruch geltend machen kann, wenn er schon mit den Arbeiten angefangen hat. Bei der Abrechnung muss der Berater allerdings beachten - wenn er Gebührenspannen zu berücksichtigen hat -, dass er innerhalb der Spanne nur den tatsächlich schon erbrachten Aufwand ansetzen darf. Er wird die üblicherweise insofern angefallene volle Gebühr um die ersparten Leistungsbereiche kürzen müssen.

     

    Im Ergebnis handelt es sich bei der Vorschrift in der StBVV um eine Konkretisierung der bürgerlich-rechtlichen Vorgabe aus dem Dienstvertragsrecht (vgl. § 628 Abs. 1 S. 1 BGB), das über § 675 BGB auch bei Geschäftsbesorgern anwendbar ist. Wie sonst auch hat der Berater die Angemessenheitsvorgaben bei der Wahl seines Ansatzes zu berücksichtigen - insbesondere den Umfang der Tätigkeit (vgl. § 64 StBerG mit den Grundbestimmungen zur Angemessenheit der Festlegung und § 11 StBVV in Bezug auf den Umfang der Tätigkeit). Die ordnungsgemäße Abrechnung wird von der Rechtsprechung regelmäßig akzeptiert (OLG Düsseldorf 28.5.02, 23 U 193/01, Abruf-Nr. 111262; LG Kleve 16.9.15, 1 O 265/12, 7, n.v.).

     

    PRAXISHINWEIS | Der Berater ist auf der sicheren Seite, wenn er die angefangenen Arbeiten - beispielsweise in einem Honorarprozess - nachweisen kann. Dabei mag ihm die moderne Rechtsprechung zur Bestimmung der Angemessenheit der Gebühren insofern helfen, dass er eine Gebühr bis zur „Mittelgebühr“ festsetzt, da er diese gegenüber dem Gericht regelmäßig mit wenigen Erläuterungen darlegen kann. Sodann wäre es Sache des früheren Auftraggebers, den Gegenbeweis zu führen, dass auch dieser Ansatz noch zu hoch ist (ausführlich: Goez, „Positive Rechtsprechung zur Mittelgebühr gefestigt!“ in KP 15, 153).

     

    Schadenersatz für nicht mehr zu leistende Tätigkeiten

    Schwieriger ist die Situation, wenn zur Erfüllung der vereinbarten Tätigkeiten zwar noch Arbeiten gemacht werden müssen, diese aber wegen der vertragswidrigen Kündigung des Auftraggebers nicht mehr angefangen werden können. Ob ein Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden kann, wenn die Möglichkeiten für die Durchführung solcher Arbeiten bereitgestellt wurden, ist strittig. Voraussetzung ist jedenfalls, dass der Berater seine Dienste nachweislich weiter angeboten hat. Dies sollte unbedingt schriftlich erfolgen.

     

    Aber auch für diesen Fall ist die Rechtsprechung nicht immer aufseiten des Beraters:

     

    • So hat das LG Kleve in dem genannten Urteil vom 16.9.15 entschieden, dass sich der Anspruch in dieser Situation bei einem dienstvertraglichen Verhältnis nicht aus § 628 BGB ergeben kann. Ein solcher Vergütungsanspruch bestehe nur hinsichtlich schon getätigter Leistungen.

     

    • Auch kann der Schadenersatzanspruch nicht ersatzweise auf die §§ 280 ff. BGB gestützt werden, weil § 628 BGB eine Spezialnorm ist (ähnlich: OLG Koblenz 1.12.05, 6 U 951/04, GI 06, 119).

     

    Demgegenüber wird wohl richtigerweise anzunehmen sein, dass bei dienstvertraglichem Verhältnis und Annahmeverzug des Auftraggebers ein Schadenersatzanspruch denkbar ist (so auch Feiter, Die neue StBVV, Kommentar 2013, Rdn. 231). Es ist schließlich der Auftraggeber, der sich vertragspflichtverletzend verhalten hat. Der Berater, der Personal und Sachleistungen vorhalten muss, ist schützenswert - und hat den „Schaden“.

     

    Allerdings müssen die Voraussetzungen eines solchen Schadenersatzanspruchs vorliegen: Insbesondere hat der Berater nachzuweisen, dass er seine weitere Tätigkeit für den Auftraggeber angeboten hat. Hier muss bei dem Steuerberater eine entsprechende Dokumentation über das schriftliche Angebot auf Auftragserfüllung erfolgen. Des Weiteren müssen konkrete Kosten für den Berater nachgewiesen werden können, wie beispielsweise dadurch, dass bestimmte Mitarbeiter vergebens beschäftigt worden sind. Die Anfor-derungen sind damit sehr hoch, um einen entsprechenden Schadenersatzanspruch begründen zu können. Ähnlich § 649 BGB bei werkvertraglichen Verhältnissen gilt sodann, dass sich der Berater ersparte Aufwendungen anrechnen lassen muss, da er den Aufwand für die Durchführung der Beratungsleistungen gerade nicht gehabt hat.

     

    Wichtig | Ohne höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage im Bereich des Steuerberatungsmandats werden unter- und oberinstanzliche Gerichte unterschiedlich votieren. Es dürfte viel auf das Verhandlungsgeschick des rechtlichen Vertreters des Schadenersatz begehrenden Steuerberaters ankommen, ob der Schadenersatzanspruch in solchen Fällen durchgesetzt werden kann.

     

    PRAXISHINWEIS | Vorsicht ist vor zu hohen Honorarnoten nach unzeitgemäßer Aufkündigung des Mandats durch den Auftraggeber geboten. Während ein Honoraranspruch in angemessener Höhe für den Fall, dass in Auftrag gegebene Arbeiten schon begonnen wurden, noch durchsetzbar sein wird, ist das Begehren von Honorar in Form eines reinen Schadenersatzes äußerst kritisch zu sehen. In der Praxis dürfte es sich daher anbieten, bei reinen Schadenersatzansprüchen besser auf eine Klage zu verzichten, da die Darlegungsproblematik erheblich ist. Somit sind die Aussichten - gerade auch im Hinblick auf die obergerichtliche Rechtsprechung - eher schlecht. Hingegen lohnt es sich, kleinere Schadenersatzansprüche aufgrund eines vorzeitig beendeten Mandats geltend zu machen, wenn zeitgleich offenstehendes Honorar klageweise eingefordert wird.

     

    Zum Autor | Der Verfasser ist Gesellschafter bei der Alpmann Fröhlich RA GmbH, Münster/Emsdetten/Rheine, ehemals GF der StBK Westfalen-Lippe und u.a. seit vielen Jahren auf dem Gebiet des Honorarrechts für Steuerberater tätig.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2016 | Seite 88 | ID 43751417

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