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  • · Fachbeitrag · Rotlichtverstoß

    Urteil zum Rotlichtverstoß muss Angaben zur Art der Anlage und des Messablaufs enthalten

    Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen bei einer Verurteilung wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes (OLG Schleswig 2.4.14, 1 Ss OWi 59/14, Abruf-Nr. 141367).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Betroffene ist vom AG wegen eines „qualifizierten Rotlichtverstoßes“ verurteilt worden. Seine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte Erfolg.

     

    Das Urteil kann bereits keinen Bestand haben, weil es sowohl hinsichtlich der Feststellungen zur Tat als auch bezüglich der Beweiswürdigung keine hinreichende Prüfungs- bzw. Entscheidungsgrundlage enthält und deswegen den Anforderungen der §§ 261, 267 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG nicht entspricht. Aus den Feststellungen lässt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, um welche Art von Wechsellichtzeichenanlage es sich gehandelt hat. Das könnte aber von Bedeutung für die Frage sein, ob es sich vorliegend um einen typischen groben Verstoß gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers handelt, weil ja der Rotlichtverstoß länger als eine Sekunde dauerte. Denn nicht jeder Rotlichtverstoß von mehr als einer Sekunde stellt eine typische, ein Fahrverbot indizierende Pflichtwidrigkeit i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 BKatV dar.

     

    Darüber hinaus erfolgte nach den Feststellungen die Messung der Rotlichtdauer mit dem standardisierten Messverfahren Traffiphot III. Beim Einsatz eines standardisierten Messverfahrens ist der Tatrichter zu weiteren Darlegungen hinsichtlich des Messverfahrens und -ablaufs in den Urteilsgründen nicht verpflichtet. Allerdings bedarf es zumindest der Angabe der wesentlichen Anknüpfungstatsachen wie des Abstands zwischen Haltelinie, erster und zweiter Induktionsschleife sowie der Rotlichtzeiten bei Überfahren der ersten und zweiten Induktionsschleife. Ohne diese Darlegungen lässt sich für das Rechtsbeschwerdegericht die Berechnung der Rotlichtdauer beim Überfahren der Haltelinie nicht nachvollziehen. Etwas anderes gilt lediglich für den Fall, dass die Induktionsschleife in der Haltelinie selbst angebracht wäre. Dann wären Messzeit und der Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie identisch. Aber auch in diesem Falle ist der Tatrichter gehalten, sowohl die Messzeit als auch den Lageort der Sensorschleife im Urteil darzulegen.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung entspricht der h.M. in der Rechtsprechung. Etwaige Fehler/Lücken in den Urteilsgründen muss der Verteidiger mit der Sachrüge geltend machen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß - also länger als eine Sekunde Rotlichtzeit - wird verwiesen auf Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., 2012, Rn. 2361 ff. m.w.N.).
    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 100 | ID 42670280