Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · BFH kompakt

    Pensionszusagen an GmbH-Geschäftsführer: Der BFH brennt ein wahres Feuerwerk ab!

    von Jürgen Pradl, Gerichtlich zugelassener Rentenberater, Zorneding

    | Mit einem wahren Feuerwerk hat der BFH am 26.3.14 für einen historischen Tag auf dem Gebiet der Geschäftsführer-Versorgung gesorgt: In sechs richtungsweisenden Entscheidungen hat der 1. Senat Fragen zur Abfindung, Bewertung, Erdienbarkeit und zum gleichzeitigen Bezug von Versorgungsleistung und Rente beantwortet. Wer die Tätigkeit des BFH mit Skepsis verfolgt, wird nicht überrascht sein: Fünf der sechs Streitfälle sind zuungunsten der GmbHs entschieden worden. Nur bei der Bewertung von Pensionszusagen an beherrschende GGf hat die Finanzverwaltung eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. |

    1. „Spontan-Abfindung“ einer Anwartschaft

    Sagt eine GmbH ihrem beherrschenden GGf (bGGf) im Zuge der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf seinen Sohn anstelle der monatlichen Rente „spontan“ eine Kapitalabfindung seiner Versorgungsanwartschaften zu, so stellt die gezahlte Abfindung regelmäßig eine vGA dar. Die Entscheidung beruht einzig und allein auf der Tatsache, dass es sich aus Sicht des BFH um eine „Spontan-Abfindung“ handelte (BFH 11.9.13, I R 28/13). Da die Kapitalabfindung nicht im ursprünglichen Geschäftsführervertrag selbst vorgesehen war, erfüllt die Vereinbarung die Anforderungen an eine vorherige klare und eindeutige Abmachung nicht (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Dies indiziert eine im Gesellschaftsverhältnis begründete (Mit-)Veranlassung der Zahlung, die auch nicht entkräftet wird.

     

    Nach Auffassung des BFH war im Streitfall nicht darüber zu entscheiden, ob

    • die abgefundenen Anwartschaften verfallbar waren,
    • die Entlastung der GmbH aus Anlass der Anteilsübertragung einen tragfähigen betrieblichen Grund darstellte,
    • die bloße Abfindung des Past Service dem Fremdvergleich entsprach,
    • der Abfindungsbetrag wertgleich war und
    • die parallele Zahlung von Versorgungsgeld und Gehalt anzuerkennen ist.

     

    PRAXHISHINWEIS | Damit hat der BFH dem FG Nürnberg „ein Schnippchen geschlagen“ und die von der Vorinstanz aufgeworfenen Fragen elegant umschifft. Dies ist mehr als verständlich, da die Entscheidung des FG Nürnberg m.E. eine richterliche Fehlleistung war.

     

     

    Die Konsequenzen der BFH-Entscheidung sind jedoch für die Praxis äußerst schmerzhaft: Denn nun ist davon auszugehen, dass Abfindungen an einen bGGf immer als vGA zu beurteilen sind, wenn sie spontan vereinbart werden und nicht schon bisher Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen zur Pensionszusage waren. Eine Präzisierung des Begriffs „ad hoc“ in zeitlicher Hinsicht enthält die Urteilsbegründung leider nicht.

     

    PRAXISHINWEIS | Prof. Dr. Gosch, Vorsitzender Richter des 1. Senats des BFH, hat es leider anlässlich seines Vortrags beim Steuerrechtsforum der aba (Fachverband für betriebliche Altersversorgung) am 1.4.14 vermieden, den Begriff zu präzisieren. Einen Zweijahreszeitraum hat er als typisierendes Merkmal verworfen. Seine Ausführungen lassen aber vermuten, dass eine rechtzeitige nachträgliche Vereinbarung, die nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der tatsächlichen Abfindung steht, durchaus den Segen des BFH erhalten könnte.

     

    2. Bewertung

    Wurde einem ursprünglichen Minderheits-GGf einer GmbH eine Pension auf das 60. Lebensjahr zugesagt und wird der Begünstigte später zum Mehrheits-GGf, ohne dass die Altersgrenze angehoben wird, kommt insoweit allenfalls eine vGA, nicht aber eine Bilanzberichtigung in Betracht (BFH 11.9.13, I R 72/12).

     

    Ein Mindest-Pensionsalter für einen versorgungsbegünstigten GGf ist weder den Tatbestandsvoraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 EStG zu entnehmen, noch ist es Gegenstand der Teilwertberechnung des § 6a Abs. 3 EStG.

     

    Soweit die Finanzverwaltung eine Rückstellungsberechnung lediglich auf der Grundlage eines Pensionsalters von 65 Jahren zulassen möchte, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere geht die Finanzverwaltung fehl in der Annahme, dass der maßgebliche Renteneintritt durch die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung markiert werde; eine entsprechende automatische Verknüpfung enthält das Gesetz nicht.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BFH hat mit dieser Entscheidung deutlich gemacht, dass er sich bei seiner Entscheidung strikt an die zweistufige Einkommensermittlung hält (bilanzintern nach § 6a Abs. 3 EStG; vGA gemäß § 8 Abs. 3 KStG). Im vorliegenden Fall stand ausschließlich die rechtliche Beurteilung auf der ersten Stufe an. Hier gibt der BFH eindeutig der getroffenen vertraglichen Regelung den Vorzug und lehnt die restriktive Haltung der Finanzverwaltung ab. Sein abschließender Hinweis auf die Beurteilung eines Rentenalters auf der zweiten Stufe lässt vermuten, dass der BFH auf dieser Ebene u.U. zu einer anderen Beurteilung gekommen wäre.

     

    Die Entscheidung gibt Anlass zur Überprüfung der bisherigen Bewertungspraxis. Anhand des vorliegenden Falles kann eindeutig nachvollzogen werden, welche erheblichen Bewertungsunterschiede sich durch die Veränderung des Pensionsalters ergeben. Eine Entscheidung über die individuelle Vorgehensweise wird jedoch nur anhand der Umstände des Einzelfalles zu treffen sein. Darüber hinaus ist damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung diese Entscheidung nicht widerspruchslos hinnehmen wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies zu einer Gesetzesänderung führen könnte.

    3. Erdienbarkeit

    3.1 vGA wegen Zusage an GGf im Alter von 62

    Die Klägerin und Revisionsklägerin erteilte ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer A (geboren im Mai 1944) am 1.11.06 eine Pensionszusage. Nach den Bestimmungen dieser Pensionszusage erhält A eine Altersrente, wenn er nach dem 67. Lebensjahr aus den Diensten der Gesellschaft ausscheidet. Das Finanzamt erkannte die gebildeten Rückstellungen mit der Begründung nicht an, dass A die zugesagte Pension nicht mehr erdienen könne, da er im Zeitpunkt der Zusage bereits 62 Jahre alt gewesen ist. Die Vorinstanz wies die dagegen erhobene Klage ab.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BFH stellt auch mit dieser Entscheidung wieder seine „Humorlosigkeit“ unter Beweis (BFH 11.9.13, I R 26/12). Er stellt gnadenlos auf die Grundsätze einer vGA ab, ohne aus dem vorliegenden Sachverhalt einen Ausnahmetatbestand zugunsten des Klägers herzuleiten. Die Entscheidung zeigt deutlich, dass die Kriterien der Erdienbarkeit nach wie vor akribisch zu beachten sind. Eine steuerkonforme Lösung der Aufgabenstellung hätten die Parteien wohl durch eine rechtlich einwandfrei gestaltete Entgeltumwandlung herbeiführen können.

     

    3.2 vGA wegen nicht mehr erdienbarer Hinterbliebenenrente

    Die Klägerin und Revisionsklägerin erteilte ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer X (geboren im April 1943) am 1.12.89 eine Pensionszusage. Bestandteil war eine Hinterbliebenenversorgung zugunsten der damaligen Ehefrau des X, die im Januar 1946 geborene Y. Die Ehefrau wurde in der Zusage namentlich benannt. Y verstarb im November 1997. In der Folgezeit begründete X mit der im März 1951 geborenen Z eine Lebensgemeinschaft. Die Pensionszusage wurde daraufhin am 23.6.99 insoweit geändert, als nunmehr eine Hinterbliebenenrente zugunsten von Z zugesagt werde. Am 16.6.00 schlossen X und Z die Ehe.

     

    Das Finanzamt behandelte die Zuführungen zu der von der Klägerin gebildeten Pensionsrückstellung im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung für Z als vGA, da diese Anwartschaft von X zum Zeitpunkt der Zusage nicht mehr habe erdient werden können. Die Vorinstanz hat die Klage - mit Ausnahme einer rechnerischen Differenz - abgewiesen.

     

    PRAXISHINWEIS | In Fragen der Erdienbarkeit kennt der BFH absolut keine Gnade (BFH 27.11.13, I R 17/13). Das hier vorliegende Urteil bringt eine bisher nicht vermutete Strenge beim Austausch der versorgungsberechtigten Hinterbliebenen zum Vorschein. Die Entscheidung kann jedoch als sachgerecht beurteilt werden, wenn man den Umstand berücksichtigt, dass die bisherige Ehefrau in der ursprünglichen Pensionszusage namentlich benannt wurde und es sich somit um eine individuelle Hinterbliebenenzusage handelte.

     

    Die Entscheidung ist aber nicht auf den Bereich der kollektiven Hinterbliebenenversorgung übertragbar: 

     

     

    MERKE | Kollektive Hinterbliebenenzusagen finden sich in vielen Vereinbarungen zu Pensionszusagen. Dabei wird die Versorgungsberechtigte nicht namentlich benannt, sondern lediglich auf die Eigenschaft der in gültiger Ehe lebenden Ehefrau abgestellt. Mit einer derartigen Zusage hat die GmbH grundsätzlich auch das Risiko übernommen, dass der GGf seine Ehefrau „austauscht“. Lässt sich der GGf scheiden, um anschließend wieder zu heiraten, so kommt es zu einem „stillschweigenden“ Austausch der versorgungsberechtigten Hinterbliebenen, der steuerrechtlich nicht als Neuzusage bewertet werden kann.

     

    4. Gleichzeitiger Bezug von Versorgungsleistung und Gehalt

    4.1 Rente + Gehalt: vGA bei Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer

    Es ist aus steuerrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn die Zusage der Altersversorgung nicht von dem Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer mit Eintritt des Versorgungsfalls abhängig gemacht wird. In diesem Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer allerdings verlangen, dass das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistungen angerechnet wird oder aber der vereinbarte Eintritt der Versorgungsfälligkeit aufgeschoben wird, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat. Dass der GGf seine Arbeitszeit und sein Gehalt nach Eintritt des Versorgungsfalls reduziert, ändere daran grundsätzlich nichts (BFH 23.10.13, I R 60/12).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Die Hoffnungen der Fachwelt auf eine praxisgerechte Sichtweise des BFH haben sich mit dieser Entscheidung auf einen Schlag in Luft aufgelöst. Im Klartext: 

     

    Wer nach Vollendung des Rentenalters noch als Geschäftsführer weiterarbeiten und dabei Gehalt und Rente beziehen möchte, der kann dies jederzeit tun; er muss jedoch bereit sein, die steuerrechtlichen Folgen zu tragen! Und diese führen hinsichtlich der Rentenzahlung zu einer vGA.

     

    Der BFH skizziert in seiner Entscheidung mögliche Ausweichstrategien, ohne dabei näher auf deren rechtliche Realisierbarkeit einzugehen. Die Beratungspraxis wird sich auf die unnachsichtige Position des BFH einstellen müssen. Nun gilt es Mittel und Wege zu finden, die den Wünschen der Geschäftsführer entsprechen, ohne die o.g. negativen steuerlichen Folgen auszulösen.

     

    Hinweis | Diese Entscheidung wird im Rahmen eines gesonderten Beitrags noch vertiefend behandelt (siehe hierzu auch GStB 13, 435).

     

    4.2 Kapitalleistung: vGA bei Leistung ohne Ausscheiden

    Erfüllt eine GmbH die einem beherrschenden GGf erteilte unmittelbare Kapitalzusage - entgegen der zugrunde liegenden Versorgungsvereinbarung - vor der Beendigung des Dienstverhältnisses in einem Einmalbetrag, so spricht das für eine gesellschaftlich veranlasste Kapitalleistung. Die Kapitalleistung führt bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer vGA, wenn zeitgleich die für die Pensionszusage gebildete Rückstellung aufgelöst wird. Es gilt insofern eine geschäftsvorfallbezogene - keine handelsbilanzielle Betrachtungsweise (BFH 23.10.13, I R 89/12).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Die Entscheidung des BFH ist konsequent und folgerichtig:

     

    Wenn in einer Pensionszusage das Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis als Zugangsvoraussetzung für die Altersleistung vereinbart, dieser Umstand bei der Leistungserbringung aber missachtet wird, so wird dem Geschäftsführer eine Leistung gewährt, auf die er im Zeitpunkt der Leistungserbringung zivilrechtlich noch keinen Anspruch hat. Diese Handlungsweise führt im Ergebnis zwangsläufig zu einer vGA!

     

    Wichtig | In der Beratungspraxis ist daher zwingend auf die Inhalte der individuellen vertraglichen Vereinbarung zur Pensionszusage zu achten. Das Urteil zeigt wieder einmal eindrucksvoll auf, welche schmerzhaften Folgen sich für die Beteiligten ergeben können, wenn an dieser Stelle die notwendige Sorgfalt missachtet wird.

     

    5. Zusammenfassung

    Der BFH hat wieder einmal deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er seine Sichtweise ausschließlich auf die steuerrechtliche Betrachtung der zu klärenden Sachverhalte ausrichtet. Der BFH prüft dabei strikt die Einhaltung der zweistufigen Ergebnisermittlung (Stufe 1: bilanzinterne Behandlung nach § 6a Abs. 3 EStG; Stufe 2: außerbilanzielle Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG). Die Anforderungen einer sich deutlich verändernden Unternehmenslandschaft sind dabei ebenso wenig von Bedeutung, wie arbeits- oder handelsrechtliche Aspekte.

     

    Aus Sicht des Praktikers sind die Entscheidungen nicht immer nachvollziehbar; manchmal sogar kaum verdaubar. Die Beratungspraxis wird jedoch nicht umhinkommen, sich auf die restriktive Haltung des 1. Senats einzustellen. Im Ergebnis bleibt festzustellen: Die Rechtsmaterie der Geschäftsführer-Versorgung hat wieder ein gutes Stück an Komplexität hinzugewonnen!

     

    Zum Autor | Jürgen Pradl ist gerichtlich zugelassener Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung und geschäftsführender Gesellschafter der PENSIONS CONSULT PRADL GmbH, Kanzlei für Altersversorgung, juergen.pradl@pcp-kanzlei.de.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 156 | ID 42624031

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents