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  • · Fachbeitrag · Terminsverlegung

    Prozessordnungswidrige Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags

    Auch wenn der Verteidiger weder einen Anspruch auf Terminsverlegung noch auf vorherige Terminabsprache hat, so läuft der Richter dennoch Gefahr, prozessordnungswidrig zu handeln, wenn das Recht des Angeklagten auf freie Wahl seines Verteidigers dadurch eingeschränkt wird, dass der Verteidiger das Mandat wegen terminlicher Verhinderung nicht wahrnehmen kann, ohne dass er Einfluss auf die Terminierung hatte nehmen können (LG Braunschweig 9.1.14, 13 Qs 4/14, Abruf-Nr. 140339).

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung ist zwar nicht in einer Verkehrsstrafsache ergangen, sie hat aber allgemeine Bedeutung. Denn das LG hat mit deutlichen Worten gerügt, dass das AG das ihm hinsichtlich einer Terminsverlegung grundsätzlich eingeräumte Ermessen (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl., 2013, Rn. 2783 ff.) „evident fehlerhaft ausgeübt“ hat. Bei seiner Ermessensausübung hätte das AG berücksichtigen müssen, dass dem Angeklagten ein Diebstahl im besonders schweren Fall gemäß §§ 242, 243 StGB mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten vorgeworfen wird. Zur Durchführung der Hauptverhandlung werden insgesamt acht Zeugen benötigt. Aufgrund der zu erwartenden Rechtsfolge und des Umfangs der Beweisaufnahme liegt damit nach Auffassung des LG ein gesteigertes Interesse des Angeklagten an einer Verteidigung durch einen Verteidiger seines Vertrauens vor. Demgegenüber muss das Beschleunigungsgebot hier zurücktreten. Entscheidungen, wie z.B. über Untersuchungshaft, Führerscheinentzug, Beschlagnahme etc., die eine besondere Beschleunigung des Verfahrens gebieten, sind nicht zu treffen.

     

    Der Verteidiger hatte zudem einen Ausweichtermin in drei Monaten angeboten. Das LG sieht darin „keinen mit dem Grundsatz des Beschleunigungsgebots nicht mehr zu vereinbarenden“ Zeitverzug. Insoweit dürfte, wenn es im Verkehrsstrafverfahren um die Entziehung der Fahrerlaubnis geht, nichts anderes gelten, wenn der Verteidiger - in Absprache mit dem Mandanten - eine Terminsverlegung beantragt.

     

    Und: Gerügt wird auch, dass eine Rücksprache des Gerichts mit dem Verteidiger, bei der gegebenenfalls ein auch früherer Verhandlungstermin hätte vereinbart werden können, nicht erfolgt ist.

     

    Das LG hält die Ablehnung der Terminsverlegung für prozessordnungswidrig und rechtswidrig. Damit liegt gegebenenfalls der Rückgriff auf eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nach den §§ 24 ff. StPO nahe. Das ist zwar das letzte Mittel, wird aber im Zweifel dann zu einer Terminsverlegung führen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Abwägung zwischen Beschleunigung und Betroffeneninteresse siehe auch OLG Hamm VA 13, 34.
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 68 | ID 42503427