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  • 05.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140339

    Oberlandesgericht Braunschweig: Beschluss vom 09.01.2014 – 13 Qs 4/14

    Auch wenn der Verteidiger weder einen Anspruch auf Terminverlegung noch auf vorherige Terminabsprache hat, so läuft der Richter dennoch Gefahr, prozessordnungswidrig zu handeln, wenn das Recht des Angeklagten auf freie Wahl seines Verteidigers dadurch eingeschränkt wird, dass der Verteidiger das Mandat wegen terminlicher Verhinderung nicht wahrnehmen kann, ohne dass er Einfluss auf die Terminierung hatte nehmen können.


    Landgericht Braunschweig
    Geschäfts-Nr.: 13 Qs 4/14

    Beschluss
    In der Strafsache
    gegen pp.
    Verteidiger:
    Rechtsanwalt Jan Robert Funck, 38106 Braunschweig,
    wegen Diebstahls
    hat die 13. große Strafkammer des Landgerichts in Braunschweig am 09.01.2014 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:
    Es wird festgestellt, dass die Ablehnung des Antrags vom 27.12.2013 auf Verlegung des Hauptverhandlungstermins rechtswidrig war.
    Der Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht Wolfsburg am 14.01.2013, 14.00 Uhr, wird aufgehoben.
    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

    Gründe:
    Mit Verfügung vom 20.11.2013 hat das Amtsgericht Wolfsburg einen Termin zur Hauptverhandlung für den 14.01.2014 anberaumt. Die Ladung zu diesem Termin ist dem Verteidiger :spätestens am 5.12.2013 zugegangen. Mit Schreiben vom selben Tag hat der Verteidiger unter Hinweis auf anderweitig wahrzunehmende Termine die Verlegung des Hauptverhandlungstermins beantragt. Dies hat das Gericht mit Schreiben vom 23.12.2013 abgelehnt. Der hiergegen am 27.12.2013 eingelegten Beschwerde des 'Verteidigers hat das Amtsgericht Wolfsburg nicht abgeholfen.

    Die Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung ist im Hinblick auf § 305 Abs. 1 StPO grundsätzlich der Anfechtung enthoben (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., Rdnr. 8 zu § 213 m. w. N.). Ausnahmsweise ist die Beschwerde jedoch dann statthaft, wenn eine in rechtsfehlerhafter Ermessenausübung getroffene Entscheidung für die Verfahrensbeteiligten eine besondere selbstständige Beschwer bewirkt, weil sie zum Beispiel unschwer vermeidbar das Recht des Angeklagten beeinträchtigt, sich des Beistandes eines Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen und die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung evident ist (vgl. LG Oldenburg: Beschluss vom 21.08.2008- 1 Os 314/08).

    Vorliegend hat das Amtsgericht Wolfsburg das ihm eingeräumte Ermessen evident fehlerhaft ausgeübt. Auch wenn der Verteidiger weder einen Anspruch auf Terminverlegung noch auf vorherige Terminabsprache hat, so läuft der verfügende Richter dennoch Gefahr, prozessordnungswidrig zu handeln, wenn das Recht des Angeklagten auf freie Wahl seines Verteidigers dadurch eingeschränkt wird, dass der Verteidiger das Mandat wegen terminlicher Verhinderung nicht wahrnehmen kann, ohne dass er Einfluss auf die Terminierung hatte nehmen können (vgl. LG Dortmund: Beschluss vom 20.10.1997 - 14 (XI) Qs 71/97). Dies gilt zumindest dann, wenn dem Interesse des Angeklagten auf Verteidigung durch einen Verteidiger seines Vertrauens der Vorrang vor dem Beschleunigungsgebot zu gewähren ist.

    Bei seiner Ermessensausübung hätte das Amtsgericht berücksichtigen müssen, dass dem Angeklagten ein Diebstahl im besonders schweren Fall gemäß §§ 242, 243 StGB mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 3 Monaten vorgeworfen wird. Zur Durchführung der Hauptverhandlung werden, wie aus der Anklage und der Verfügung vom 23.12 2013 ersichtlich ist, insgesamt 8 Zeugen benötigt. Aufgrund der zu erwartenden Rechtsfolge und des Umfangs der Beweisaufnahme liegt ein gesteigertes Interesse des Angeklagten an einer Verteidigung durch einen Verteidiger seines Vertrauens vor. Demgegenüber muss das Beschleunigungsgebot hier zurücktreten. Entscheidungen, wie z.B. über Untersuchungshaft, Führerscheinentzug, Beschlagnahme etc., die eine besondere Beschleunigung des Verfahrens gebieten, sind nicht zu treffen. Ein Ausweichtermin ist seitens des Verteidigers in 3 Monaten angeboten worden. Dies stellt bei dem vorliegenden Verfahren keinen mit dem Grundsatz des Beschleunigungsgebotes nicht mehr zu vereinbarenden -Zeitverzug dar. Eine Rücksprache des Gerichts mit dem Verteidiger, bei der gegebenenfalls ein auch früherer Verhandlungstermin hätte vereinbart werden können, ist nicht erfolgt.

    Nach allem stellt sich die Maßnahme des Vorsitzenden, den Termin bestehen zu lassen, als rechtwidrig dar.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1, 473 StPO analog.