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  • · Patientenaufklärung

    Delegation der (wirtschaftlichen) Aufklärungspflicht

    Bild: ©nmann77 - stock.adobe.com

    von Anja Mehling, RAin und FAin für MedR, Hamburg

    | Neben der medizinischen Aufklärungspflicht hat der Zahnarzt in wirtschaftlicher Hinsicht Aufklärungspflichten. Danach hat er die Patienten über die wirtschaftlichen Folgen einer Behandlung zu informieren. Immer wieder taucht die Frage in der Praxis auf, ob der Zahnarzt selbst über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung informieren muss oder ob er diese Verpflichtung auf sein zahnärztliches Personal übertragen kann. Dazu sind ein (Rück-)Blick in die gesetzgeberische Entwicklung und ein Vergleich mit der medizinischen Aufklärung erforderlich. |

    Delegation der medizinischen Aufklärung

    Der Gesetzgeber hat die Aufklärungspflichten des Zahnarztes an verschiedenen Stellen im Gesetz verordnet.

     

    § 630e Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befasst sich mit der medizinischen Aufklärung. Nach § 630e Abs. 1 S. 1 BGB ist der Behandelnde verpflichtet, den Patienten aufzuklären. Das ist derjenige, der die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (§ 630a Abs. 1 BGB). Gemeint ist damit der Vertragspartner des Behandlungsvertrags. Das ist der in einer Einzelpraxis niedergelassene Zahnarzt. Bei einer Behandlung in einer Berufsausübungsgemeinschaft, in einer Partnerschaftsgesellschaft oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum ‒ häufig in der Form einer GmbH ‒ ist es regelhaft die Gemeinschaft bzw. die Gesellschaft.

     

    Die Aufklärung kann alternativ durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt (§ 630e Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB). D. h., dass nicht unbedingt der Zahnarzt, der die Behandlung durchführt, aufklären muss. Möglich ist auch die Aufklärung durch einen anderen Zahnarzt, der über die notwendige Befähigung und Qualifikation verfügt. Das ist nachvollziehbar, weil der behandelnde Zahnarzt oder ein anderer Zahnarzt über das entsprechende Fachwissen zur Einschätzung des Behandlungsfalls, der Therapiemöglichkeiten sowie der Risiken und Vorteile hat. Es liegt dabei auf der Hand, dass die Delegation an das zahnärztliche Praxispersonal bzw. die zahnärztliche Assistenz grundsätzlich nicht möglich ist.

    Delegation der wirtschaftlichen Aufklärung

    Eine Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung nach § 630c Abs. 3 BGB wird ausgelöst, wenn der Zahnarzt weiß, dass die Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten ‒ regelhaft Kostenträger wie private Kranken-(zusatz-)Versicherungen oder die Beihilfe ‒ fraglich ist. Gleiches gilt, wenn sich nach den Umständen hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben. Zu Umfang und Form vgl. die Beiträge in PA 12/2015, Seite 2 und PA 05/2020, Seite 2.

     

    Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 630e BGB die Pflicht des Behandelnden zur sog. Eingriffs- und Risikoaufklärung (Selbstbestimmungsaufklärung) festschreiben (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucksache 17/10488, Seite 24, online unter iww.de/s3724). Hiervon ist die speziell in § 630c Abs. 3 BGB geregelte wirtschaftliche Aufklärung nicht erfasst.

     

    MERKE | Das kommt im Gesetz auch mit dem Begriff „Informationspflichten“ zum Ausdruck. Ist sonach die wirtschaftliche Information nicht Bestandteil der Selbstbestimmungsaufklärung, gilt auch die personelle Verpflichtung in § 630e BGB zum Zahnarzt nicht.

     

    § 630c Abs. 3 BGB stellt zwar einerseits auch auf den „Behandelnden“ ab. Weitere Vorgaben, dass die Aufklärung nur durch den Zahnarzt erfolgen kann, existieren jedoch nicht. Insbesondere gibt es keinen Verweis auf die Regelung in § 630e BGB, wonach eine Delegation nur an fachlich qualifizierte Personen erfolgen kann. Hier geht es nicht mehr um (zahn-)ärztliche Maßnahmen, bei denen die aufklärende Person die Ausbildung zur Durchführung der zahnärztlichen Behandlung besitzen muss.

    Zahnarzt oder Praxispersonal kann über Kosten aufklären

    Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass nicht nur der Zahnarzt über die finanziellen Folgen der Behandlung informieren darf, sondern auch sein zahnärztliches Personal. Auch unter Berücksichtigung der Kerngedanken in § 630e BGB, dass der Zahnarzt persönlich aufklären muss oder aber eine Aufklärung durch eine Person erfolgen darf, die aufgrund ihrer Ausbildung die Befähigung zur Durchführung der Maßnahme erworben hat, ist das folgerichtig.

     

    MERKE | Bei der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht bzw. Information liegt der Fokus nicht auf der Behandlung, sondern auf deren Kosten. Die Fachkraft im Bereich der Kostenplanung und Abrechnung ist regelhaft die ZFA, ZMV, Praxismanagerin oder Dentalbetriebswirtin. Dementsprechend gehört das Rechnungs-/Abrechnungswesen zum Berufsbild einer ZFA bzw. ist laut Ausbildungsverordnung Teil von deren Ausbildung (Volltext online unter iww.de/s3717).

     

    Es ist Praxisalltag, dass die Erstellung von Heil- und Kostenplänen oder Kostenvoranschlägen sowie die Abrechnung der Pläne an das entsprechend qualifizierte Abrechnungs-/Praxispersonal delegiert wird, und dieses dem Patienten die Kostenplanung vorlegt sowie erläutert. Die Unterschrift ist indes „Chefsache“. Sowohl der Zahnarzt als auch der Patient müssen Heil- und Kostenpläne oder Kostenvoranschläge vor Beginn der Behandlung eigenhändig unterschreiben (PA 08/2019, Seite 3).

     

    Weiterführende Hinweise

    • „BGH: Honoraranspruch trotz Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht“ (PA 05/2020, Seite 2)
    • „Wirtschaftliche Aufklärungspflicht des Zahnarztes bei GKV-Patienten“ (PA 12/2015, Seite 2)
    Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 2 | ID 46625291