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  • · Fachbeitrag · Aktuelle Rechtsprechung

    Für Zahnarztpraxen relevante aktuelle Urteile

    | In den letzten Wochen und Monaten haben verschiedene Gerichte Urteile gefällt, die vor allem für Zahnarztpraxen von besonderem Interesse sind. Eine kurze Übersicht stellen wir Ihnen in diesem Beitrag vor. |

     

    Ersatz einer Teilprothese durch Prothese mit Teleskopkronen war lege artis

    Das Oberlandesgericht Hamm hat am 10. Januar 2014 (Az. 26 U 76/12, Abruf-Nr. 141102) entschieden, dass ein Zahnarzt nicht behandlungsfehlerhaft arbeitet, wenn er eine 19 Jahre alte reparaturbedürftige Teilprothese durch eine Prothese mit Teleskopkronen ersetzt. Mit der Begründung, die Neuversorgung sei nicht indiziert gewesen, fehlerhaft ausgeführt worden und die Aufklärung sei unzureichend gewesen, hatte die Patientin unter anderem ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro und den Ersatz eines so genannten „Haushaltsführungsschadens“ von 40.000 Euro verlangt. Vergeblich, denn:

     

    Das Gericht entschied, dass der Kostenaufwand einer Reparatur der alten Prothese vergleichbar aufwendig gewesen wäre wie die Neuversorgung. Auch die Reparatur hätte das Risiko von Druckstellen enthalten. Die Neuversorgung sei fachgerecht ausgeführt worden und eine unzureichende parodontale Befundung oder die Beschädigung eines in die Neuversorgung einbezogenen Eckzahns sei nicht festzustellen.

     

    Dass der Zahnarzt eine parodontale Befundung nicht dokumentiert hatte, war nicht zu beanstanden, weil aus zahnmedizinischer Sicht keine Dokumentationspflicht bestand. Auch habe die Patientin in die Behandlung wirksam eingewilligt, weil sie über die Neuversorgung ausreichend aufgeklärt wurde. Die Behandlung war aufgrund eines ihr ausgehändigten Kostenvoranschlages vorgenommen und der Eigenanteil von der Patientin gezahlt worden.

     

    LG Stendal: 3.500 Euro Geldstrafe statt Haft und Berufsverbot

    Das Landgericht Stendal hat am 2. April 2014 das Strafverfahren gegen einen Zahnarzt aus Havelberg eingestellt (Az. 511 Ns 8/13, Abruf-Nr. 141101), der wegen Körperverletzung vom Amtsgericht Stendal zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung und einem Berufsverbot von zwei Jahren verurteilt worden war. Ihm wurde vorgeworfen, einer Patientin ohne wirksame Einwilligung unter Allgemeinnarkose elf Zähne im Ober- und Unterkiefer gezogen zu haben, wobei für fünf Zähne keine Indikation bestanden haben soll.

     

    Nach erfolgreicher Revision beim OLG Naumburg stellte das LG Stendal das Verfahren gegen Zahlung von 3.500 Euro an die Patientin ein. Begründung: Eine Körperverletzung im Hinblick auf die Zahnextraktion scheide aus. Die Patientin sei schriftlich über die Risiken des Eingriffs ausreichend aufgeklärt worden. Es stünde lediglich im Raum, ob der Zahnarzt bestehende Gefahren mündlich verharmlost habe. Die Glaubwürdigkeit der Patientin war jedoch zweifelhaft, weil ihre bisherigen Aussagen im Verfahren „wechselhaft“ waren. Durch die Einstellung werde zudem gewährleistet, dass die Patientin eine Zahlung erhalte. Sie hatte zwar in einem Zivilverfahren ein Urteil über Schmerzensgeld erstritten, es aber wegen der Insolvenz des Zahnarztes nicht durchsetzen können. Fazit: Hier wurde somit wohl ein offensichtlich krasses Fehlurteil korrigiert.

     

    BGH: Keine übertriebenen Anforderungen an Aufklärung des Patienten

    Der Bundesgerichtshof hat am 28. Januar 2014 (Az. VI ZR 143/13, Abruf-Nr. 140750) entschieden, dass an den Arzt keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen bezüglich der Aufklärung des Patienten über die vorzunehmende Behandlung gestellt werden dürfen. Schriftliche Aufzeichnungen über das Gespräch seien zwar zu empfehlen, aber nicht zwingend. Sofern „einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht“ wurde, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass diese auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist - so das Gericht. Die Frage ist aber, ob dieses Urteil auch vor dem Hintergrund des neuen, seit dem 13. Februar 2013 gültigen Patientenrechtegesetzes (PRG) Bestand hätte.

     

    BSG: KZV muss Abrechnungsdaten unverschlüsselt an Kasse übermitteln

    Das Bundessozialgericht hat am 2. April 2014 (Az. B 6 KA 19/13 R) entschieden, dass eine Kassenzahnärztliche Vereinigung nach § 285 Abs. 2 SGB V verpflichtet ist, der Krankenkasse die Abrechnungsdaten des Zahnarztes mit der unverschlüsselten Zahnarztnummer zu übermitteln. Von dieser gesetzlichen Vorgabe abweichende vertragliche Regelungen seien unwirksam, weil den Partnern der Bundesmantelverträge die Kompetenz dazu fehle. Der Gesetzgeber habe vor dem Hintergrund langjähriger Kontroversen um den Zahnarztbezug der Abrechnungsdaten Klarheit schaffen wollen und detailliert vorgeschrieben, was zu übermitteln ist.

     

    BVerfG: Name des Arztes darf bei Abrechnungsbetrug veröffentlicht werden

    Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden (Az. 1 BvR 1128/13, Abruf-Nr. 141100), dass Urteile im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht werden dürfen, in denen der vollständige Name des betroffenen Arztes steht. Ein Arzt wollte mit einer Verfassungsbeschwerde durchsetzen, dass Urteile nicht namentlich veröffentlicht werden dürfen. Allerdings nahm das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Begründung, die landesgesetzliche Regelung sei klar und ausreichend bestimmt. Auch das Persönlichkeitsrecht des Arztes sei nicht verletzt.

     

    BVerwG: Keine Faltenunterspritzungen durch niedergelassene Zahnärzte

    Eine Zahnärztin wollte Faltenunterspritzungen im Gesichts- und Halsbereich durchführen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied am 17. Januar 2014 (Az. 3 B 48.13, Abruf-Nr. 141145): Als Krankheit ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen. Daraus ergibt sich, dass die beabsichtigte Tätigkeit keine Ausübung der Zahnheilkunde ist, weil sie nicht den geforderten Behandlungsbezug zum Bereich der Zähne, des Mundes oder der Kiefer - einschließlich der dazugehörigen Gewebe - aufweist. Faltenunterspritzungen seien ausschließlich auf eine Behandlung der Gesichtshaut und der Haut des Halses gerichtet. Es stünde der Zahnärztin aber frei, entsprechende Qualifikationen zu erwerben.

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 1 | ID 42629166