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  • 24.11.2015 · IWW-Abrufnummer 181996

    Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 02.09.2015 – 12 Sa 175/15

    1. Führt ein Arbeitgeber die Beiträge an eine Pensionskasse nicht ab und unterrichtet der Geschäftsführer die Arbeitnehmer nicht spätestens bei Fälligkeit oder unverzüglich danach, kommt die deliktische Haftung des Geschäftsführers aus § 823 Abs. 2 StGB i.V.m. § 266a Abs. 3 StGB in Betracht.

    2. Dies gilt, wenn die Beiträge aus Entgeltbestandteilen der Arbeitnehmer bezahlt werden, sei es im Wege der Entgeltumwandlung oder weil es sich um einen Zuschuss des Arbeitgebers zur Entgeltumwandlung handelt, der ebenfalls Entgeltbestandteil ist. Gleiches gilt für einen tariflichen Altersvorgebeitrag, wenn die Auslegung des Tarifvertrags ergibt, dass es sich dabei um einen Entgeltbestandteil handelt. Ob dieser an den Arbeitnehmer unmittelbar hätte ausgezahlt werden dürfen, ist unerheblich.

    3. Für die Strafbarkeit des § 266a Abs. 3 StGB ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer der Pensionskasse ist. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer Beiträge zu Gunsten des Arbeitnehmers als versicherter Person aus dessen Entgelt an die Pensionskasse abzuführen hatte.


    Tenor:
    I. Auf die Berufung der klagenden Parteien zu 1) bis 6) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.12.2014 - 13 Ca 5608/14 - teilweise abgeändert und die Beklagte zu 1) verurteilt,


    1. für die Klägerin zu 1) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 1) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403263 einen Betrag in Höhe von 2.515,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche der Klägerin zu 1) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;


    2. für den Kläger zu 2) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 2) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403050 einen Betrag in Höhe von 2.633,80 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche des Klägers zu 2) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;


    3. für den Kläger zu 3) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 3) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403133 einen Betrag in Höhe von 2.158,60 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche des Klägers zu 3) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;


    4. für die Klägerin zu 4) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 4) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403362 einen Betrag in Höhe von 535,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche der Klägerin zu 4) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;


    5. für die Klägerin zu 5) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 5) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403202 einen Betrag in Höhe von 1.012,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche der Klägerin zu 5) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG;


    6. für den Kläger zu 6) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 6) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403282 einen Betrag in Höhe von 1.855,00 Euro netto einzuzahlen Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe bestehende Ansprüche des Klägers zu 6) gegen die A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG.


    II. Die weitergehende Berufung der klagenden Parteien zu 1) bis 6) wird zurückgewiesen.


    III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 1) auferlegt.


    IV. Die Revision wird für die Beklagte zu 1) zugelassen. Für die klagenden Parteien wird sie nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten über die persönliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zum Schadensersatz als ehemaliger Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin der klagenden Parteien aufgrund der Nichtabführung von Beiträgen aus betrieblicher Altersversorgung.



    Die klagenden Parteien waren sämtlich bei der A. Nahrungsmittel GmbH & Co. KG (im Folgenden Arbeitgeberin) beschäftigt und zwar die Klägerin zu 1) ab dem 01.08.1993 als Köchin, der Kläger zu 2) ab dem 01.01.2003 als First Level Support EDV, der Kläger zu 3) ab dem 01.10.1991 als Technischer Angestellter, die Klägerin zu 4) seit dem 01.09.1993 als Laborantin, die Klägerin zu 6) als Laborantin und der Kläger zu 6) seit dem 01.04.2002 als Mitarbeiter Kontrollküche. Bis auf die Klägerin zu 5) waren die klagenden Parteien in Vollzeit beschäftigt. Die Klägerin zu 5) arbeitete in Teilzeit mit 25 Wochenstunden.



    Die Beklagte zu 1) war ausweislich des zur Akte gereichten Handelsregisterauszugs der A. Nahrungsmittel GmbH (Amtsgericht Düsseldorf - HRB 1468) seit Mitte 2013 Geschäftsführerin der A. Nahrungsmittel GmbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin. Dies war sie jedenfalls bis zum 31.01.2014. Ob sie ab dem 01.02.2014 noch Geschäftsführerin war, ist zwischen den Parteien streitig. Die Löschung der Beklagten zu 1) als Geschäftsführerin im Handelsregister erfolgte am 10.03.2014. Der ursprünglich auch Beklagte zu 2) war zeitweise ebenfalls Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin.



    Auf die Arbeitsverhältnisse der klagenden Parteien fand jeweils kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Manteltarifvertrag der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie, Essigindustrie, Senfindustrie (MTV) Anwendung. Ebenfalls zur Anwendung kam der Altersvorsorge-Tarifvertrag der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (AVT). In diesem hieß es u.a.:

    "§ 2 Durchführungswege 1.Die Altersversorgung wird bei einer von den Tarifvertragsparteien auszuwählenden Pensionskasse durchgeführt. Zwischen den Tarifvertragsparteien und der ausgewählten Pensionskasse werden entsprechende Rahmenbedingungen und Regelwerke vereinbart. ... § 3 Tariflicher Altersvorsorgebetrag 1.Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit mindestens sechs Monaten Betriebszugehörigkeit haben ab 1. Juli 2002 Anspruch auf eine kalenderjährliche Einmalzahlung. Diese beträgt im Jahr 2001 267,50 Euro, ab 2003 535,00 Euro. Der Altersvorsorgebetrag darf ausschließlich zum Zwecke der Altersvorsorge verwendet werden. ... 2.Der Anspruch nach Absatz 1 ermäßigt sich für jeden Kalendermonat, für den weniger als zwei Wochen Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht um 1/12. 3.a) Teilzeitbeschäftigte haben einen anteiligen Anspruch, der dem Verhältnis ihrer vertraglichen zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entspricht. ... 4.Der Altersvorsorgebeitrag des jeweiligen Jahres wird dem Versorgungsträger vom Arbeitgeber jeweils bis 15. Dezember eines jeden Kalenderjahres überwiesen. 5.... 6.Soweit Ansprüche von der Höhe des Arbeitsentgelts abhängen, wird der Altersvorsorgebeitrag nicht mitgerechnet. § 4 Vermögenswirksame Leistungen 1.Der Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen vom 1. Juli 1987 in der Fassung vom 1. Januar 1992 wird zum 30. Juni 2002 außer Kraft gesetzt. Als ersetzende Regelung tritt der tarifliche Altersvorsorgebeitrag gem. § 3 dieses Vertrages. 2.Für den Fall, dass der Arbeitnehmer seine laufenden Verträge über vermögenswirksame Leistungen weiterführen will, muss er dies spätestens zum 30. Juni 2002 dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen. In diesem Fall beträgt der tarifliche Altersvorsorgebeitrag gemäß § 3 dieses Vertrages 56,00 Euro, ... . § 5 Entgeltumwandlung 1.Arbeitnehmer und Auszubildende haben ab dem 01. April 2002 Anspruch auf Umwandlung künftiger tariflicher Entgeltbestandteile (z.B. Tarifentgelt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgratifikation) zum Zwecke einer zusätzlichen Altersvorsorge nach den jeweils gültigen Gesetzen. Bei der Umwandlung von laufenden Entgelten sind diese zu einer jährlichen Einmalzahlung zusammenzufassen. ... § 7 Unverfallbarkeit Umgewandelte Entgeltbeträge und der Altersvorsorgebetrag sind sofort unverfallbar, soweit nicht § 3 Ziffer 5 und § 5 Ziffer 4 anzuwenden ist. ... § 10 Information/Schriftform Jeder Arbeitnehmer hat gegenüber den Versorgungsträgern Anspruch auf eine jährliche Information über den eingezahlten Umwandlungs- und Altersvorsorgebetrag und die sich hieraus ergebenden Anwartschaften. Für alle im Rahmen dieser Bestimmung abzugebenden Erklärungen und abzuschließenden Vereinbarungen bedarf es der Schriftform. § 11 Ausschlussfrist Ansprüche aus diesem Tarifvertrag sind innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten schriftlich geltend zu machen. Die Ausschlussfrist beginnt mit dem Zugang der Bescheinigung des Versorgungsträgers über die für das Kalenderjahr geleisteten Altersvorsorgebeiträge."



    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten AVT Bezug genommen. Ausweislich einer Protokollnotiz zum AVT wählten die Tarifvertragsparteien als Pensionskasse die Hamburger Pensionskasse (HPK). Für die klagenden Parteien und die Arbeitgeberin kamen bei der HPK die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Versichertengruppe F (AVB-F) zur Anwendung. In diesen hieß es u.a.:

    "Anmeldung durch die Unternehmen § 2 1.Die Mitgliedsunternehmen (§ 3 Nr. 2 der Satzung) melden ihre Beschäftigten entsprechend den in der Mitgliedschaftsvereinbarung mit der HPK vereinbarten Regeln zur Versicherung bei der HPK an. ... Rechtsanspruch § 4 Der/Die nach den AVB-F Versicherte und seine /ihre Hinterbliebenen haben gegenüber der HPK einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf die Versicherungsleistungen nach Maßgabe der AVB-F. Beiträge § 5 1.Die Deckung der Ausgaben erfolgt durch Zahlung von laufenden Beiträgen oder Einmalbeträgen. Laufende Beiträge sind für die Zeit bis zum Schluss des Monats zu leisten, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, bzw. bis zum Wirksamwerden der Kündigung oder Beitragsfreistellung des Versicherungsverhältnisses (§ 22). Laufende Beiträge sind jährlich bis zum Ende des jeweiligen Jahres zu zahlen. 2.Die HPK kann die Annahme von rückständigen Beiträgen ablehnen oder ihre Annahme von der Zahlung eines Verspätungszuschlags abhängig machen. 3.Jedes Unternehmen zahlt an die HPK für die bei ihm beschäftigten Versicherten die in den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen geregelten Beiträge. 4.Sowohl die Unternehmen als auch die Versicherten können auf Antrag neben den laufenden Beiträgen Einmalbeiträge entrichten. ...



    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten AVB-F Bezug genommen.



    Die klagenden Parteien machten mit Ausnahme der Klägerin zu 4) sämtlich von der Möglichkeit des § 5 AVT zur Entgeltumwandlung Gebrauch, und zwar: die Klägerin zu 1) in Höhe von 150,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 15,00 Euro monatlich; der Kläger zu 2) in Höhe von 159,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 15,90 Euro monatlich; der Kläger zu 3) in Höhe von 123,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 12,30 Euro monatlich; die Klägerin zu 5) in Höhe von 50,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 5,00 Euro monatlich; der Kläger zu 6) in Höhe von 100,00 Euro monatlich - Zuschuss Arbeitgeberin 10,00 Euro monatlich. In den monatlichen Gehaltsabrechnungen der klagenden Parteien für das Jahr 2013 und für Januar 2014 wurden jeweils die Gehaltsumwandlung und der Zuschuss der Arbeitgeberin angeführt und die Summe als "Abzug Pensionskasse" ausgewiesen. Die Arbeitgeberin zahlte die monatlichen Umwandlungsbeträge einschließlich des Zuschusses des Arbeitgeberbeitrags und den Jahresbeitrag gemäß § 3 AVT seit dem Jahr 2013 nicht an die HPK. Darüber wurden die klagenden Parteien selbst von der Arbeitgeberin oder der Beklagten zu 1) nicht unterrichtet. Die Klägerin zu 1), der Kläger zu 2), der Kläger zu 3), die Klägerin zu 5) und der Kläger zu 6) erhielten auf den 10.01.2014 datierte und von der HPK erstellte Bescheinigungen für den Arbeitnehmer über Beiträge zur Altersversorgung für das Jahr 2013. In diesen hieß es: "Einbehaltene und abgeführte Beträge zur Altersversorgung, Beträge gemäß EStG Par. 3 Nr. 63, Nr. 56". Angeführt waren folgende Beträge: Klägerin zu 1) 1.980,00 Euro; Kläger zu 2) 2.089,80 Euro; Kläger zu 3) 1.623,60 Euro; Klägerin zu 5) 660,00 Euro; Kläger zu 6) 1.320,00 Euro.



    Am 05.02.2014 versandte die Beklagte zu 1) an Frau Q. von der HPK eine E-Mail mit folgendem Inhalt:

    "Sehr geehrte Frau Q., wie zum 31.01.2014 besprochen, vereinbaren wir folgenden Zahlungsplan ab Januar 2014: Wir werden - wie in den vergangenen Jahren - monatlich eine Zahlung in Höhe von 35.000,00 Euro beginnend ab Februar 2014 leisten. Darüber hinaus zeigen wir hiermit an, dass wir ebenfalls für das Jahr 2015 einen Zahlungsplan vereinbaren möchten. Vielen Dank für Ihre Unterstützung! Ich bitte um kurze Bestätigung." Mit freundlichen Grüßen / Best regards Q. A."



    In der E-Mail war in der Mailkennung und in der Signatur Herr X. als Geschäftsführer der Arbeitgeberin angegeben.



    Es existierte ein unter dem 12.02.2014 datiertes Schreiben der HPK an die Arbeitgeberin, welches einen Zahlungsplan für das Beitragsjahr 2013 enthielt. Die offenen Forderungen der Arbeitgeberin für das Beitragsjahr wurden dabei auf 191.459,69 Euro beziffert, diejenigen der A. Nahrungsmittel E. GmbH auf 65.769,34 Euro. Für den Gesamtbetrag von 257.229,34 Euro sah der Zahlungsplan Folgendes vor:

    Fälligkeit Beitrag in Euro Verspätungsmonate Zins in Euro 31.01.2014 1 0,00 28.02.2014 35.000,00 2 2.100,24 31.03.2014 35.000,00 3 905,39 ... ... ... ... 30.09.2014 12.229,34 9 49,82 Summe 257.229,34 5,554,49



    Konkret war das Schreiben bei der Arbeitgeberin an die Beklagte zu 1) adressiert. Ein entsprechender Zahlungsplan existierte für das Beitragsjahr 2012. Das entsprechende Schreiben vom 17.01.2013 war bei der Arbeitgeberin an Herrn N. gerichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Zahlungspläne Bezug genommen.



    Es existierte weiter eine Dienstbeendigungsvereinbarung vom 12.02.2014 mit der Beklagten zu 1) auch betreffend die Arbeitgeberin, ausweislich derer alle bestehenden Geschäftsführer-Anstellungsverträge zum 28.02.2014 beendet wurden. Die Beklagte zu 2) wurde danach bis zum Ablauf des 28.02.2014 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Für die Übergabe ihrer Verantwortungen sollte die Beklagte zu 2) bis zum 28.02.2014 noch zur Verfügung stehen.



    Aufgrund des am 24.02.2014 bei dem Amtsgericht Düsseldorf eingegangenen Antrags wurde am 01.05.2014 um 08.00 Uhr über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet (Amtsgericht Düsseldorf 01.05.2014 - 500 IN 39/14). Die Arbeitgeberin hatte bis Mitte 2014 ihre wesentlichen Verbindlichkeiten beglichen und bis zur Insolvenzantragsstellung am 24.02.2014 pünktlich alle Nettolöhne, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Die klagenden Parteien meldeten mit anwaltlichem Schreiben vom 03.06.2014 folgende Beträge (tariflicher Altersvorsorgebeitrag 2013 und anteilig Januar 2014 sowie Entgeltumwandlung zzgl. 10 % Aufstockung Januar 2013 bis Januar 2014) zur Insolvenztabelle der Arbeitgeberin an: Klägerin zu 1) 2.753,62 Euro; Kläger zu 2) 2.883,69 Euro; Kläger zu 3) 2.390,40 Euro; Klägerin zu 4) 585,76 Euro; Klägerin zu 5) 1.108,01 Euro; Kläger zu 6) 2.031,00 Euro. Die Forderungen wurden durch den Sachwalter am 25.06.2014 bestritten (ausweislich der Tabelle beim Kläger zu 3) angemeldet und bestritten nur 2.363,40 Euro sowie beim Kläger zu 6) 2.031,10 Euro). Mit Schreiben vom 20.06.2014 forderten die klagenden Parteien die Beklagte zu 1) zur Erstattung der in 2013 nicht eingezahlten Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung (tariflicher Eigenbeitrag und Entgeltumwandlung), insgesamt jeweils folgender Beträge auf: Klägerin zu 1) 2.753,62 Euro; Kläger zu 2) 2.883,69 Euro; Kläger zu 3) 2.384,22 Euro; Klägerin zu 4) 585,76 Euro; Klägerin zu 5) 1.108,01 Euro; Kläger zu 6) 2.031,00 Euro. Die Beklagte zu 1) wies diese Forderungen jeweils mit Schreiben vom 25.06.2014 zurück. Sie wies dabei darauf hin, dass jeweils Zahlungspläne mit der HPK vereinbart worden seien und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Zahlungsplans ausweislich der vorliegenden Gutachten keine Zahlungsunfähigkeit bestanden und die Zukunftsperspektive des Unternehmens positiv gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schreiben der klagenden Parteien und der Beklagten zu 1) sowie die Tabellenauszüge Bezug genommen. Mit Eingang am 31.10.2014 zeigte der Sachwalter gegenüber dem Amtsgericht Düsseldorf die Masseunzulänglichkeit in dem Insolvenzverfahren der Arbeitgeberin an.



    Die klagenden Parteien haben gemeint, die Beklagten seien ihnen als Gesamtschuldner zum Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 3 StGB verpflichtet und machen den tariflichen Altersvorsorgebetrag für das Jahr 2013 sowie die Entgeltumwandlung einschließlich des Zuschusses der Arbeitgeberin für die Zeit von Januar 2013 bis Januar 2014 einschließlich geltend. Die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung seien rechtswidrig nicht abgeführt worden. Sämtliche Beträge seien am 15.12.2013 zur Zahlung an die HPK fällig gewesen. Eine rechtliche Grundlage für eine Fälligkeit am 31.12.2013 bestehe nicht. Die Stundungsvereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und der HPK sei unwirksam, weil sie tarifwidrig und ohne Beteiligung der Arbeitnehmer zustande gekommen sei. Außerdem sei sie - selbst wenn sie wirksam abgeschlossen worden wäre - zu spät, nämlich nach Fälligkeit vereinbart worden. Die klagenden Parteien bestreiten mit Nichtwissen, dass es bereits im Dezember 2013 Verhandlungen über eine Stundungsvereinbarung gab. Die Beklagte zu 1) sei als Geschäftsführerin taugliche Täterin des § 266a Abs. 3 StGB gewesen, zumal ihre Geschäftsführereigenschaft erst zum 10.03.2014 im Handelsregister gelöscht wurde. Sie haben behauptet, im Innenverhältnis sei die Beklagte zu 1) noch bis zum 28.02.2014 Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin gewesen. Angesichts der Zahlungsvereinbarung müsse von einer vorsätzlichen Tat ausgegangen werden. Offensichtlich sei bereits in der Vergangenheit systematisch so vorgegangen worden, um Liquidität für das Unternehmen zu Lasten der Arbeitnehmer zu schaffen. Soweit die Beklagte zu 1) meint, sie sei aufgrund des Zahlungsplans mit der HPK zur verspäteten Zahlung berechtigt gewesen, unterliege sie offensichtlich einem Rechtsirrtum. Auf eine Kenntnis des Betriebsrats von den Zahlungsvereinbarungen - die nicht gegeben sei - komme es nicht an. Der Schaden bestehe darin, dass die abzuführenden Beträge nicht mehr gegen die jetzt insolvente Arbeitgeberin eingeklagt werden könnten. Im Verhältnis zu ihnen sei die Beklagte zu 1) nicht berechtigt gewesen, die Beiträge zurückzuhalten und verspätet abzuführen.



    Die klagenden Parteien haben beantragt,

    die Beklagte zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, 1. für die Klägerin zu 1) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 1) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403263 einen Betrag in Höhe von 2.680,00 Euro netto einzuzahlen; 2. für den Kläger zu 2) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 2) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403050 einen Betrag in Höhe von 2.808,70 Euro netto einzuzahlen; 3. für den Kläger zu 3) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 3) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403133 einen Betrag in Höhe von 2.293,90 Euro netto einzuzahlen; 4. für die Klägerin zu 4) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 4) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403362 einen Betrag in Höhe von 535,00 Euro netto einzuzahlen; 5. für die Klägerin zu 5) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 5) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403202 einen Betrag in Höhe von 1.067,00 Euro netto einzuzahlen; 6. für den Kläger zu 6) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 6) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403282 einen Betrag in Höhe von 1.965,00 Euro netto einzuzahlen.



    Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Die Beklagte zu 1) hat gemeint, weder der objektive noch der subjektive Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB seien gegeben.



    Die Beklagte zu 1) hat behauptet, dass seit dem Jahre 2002 der Arbeitgeberin die Höhe der zu zahlenden Beiträge im Dezember mitgeteilt worden sei und die entsprechende Zahlung dann geleistet worden sei. Seit ca. drei bis vier Jahren seien mit der HPK Zahlungspläne getroffen worden. Diese Zahlungspläne seien für das abgelaufene Jahr im Dezember des Vorjahres vereinbart worden. Sie hat gemeint, die Fälligkeit der Beiträge an die HPK sei zum 15. Dezember des Beitragsjahres bzw. zum Jahresende eingetreten. Bereits vor diesem Fälligkeitstermin sei zwischen der Gruppe der Arbeitgeberin und der HPK, vertreten durch Frau Q., die Ratenzahlungsvereinbarung vom 12.02.2014 getroffen worden. Die Fälligkeit der ersten Rate sei mithin erst am 28.02.2014 eingetreten. Jedenfalls habe aufgrund der Gespräche zwischen ihr und Frau Q. von der HPK festgestanden, dass eine Stundungsvereinbarung zustande kommen werde. Zum 15.12.2013 sei die HPK nicht einmal ihrer Verpflichtung nachgekommen, die Beitragshöhe mitzuteilen.



    Die Beklagte zu 1) hat behauptet, bereits zum 31.01.2014 sei im Innenverhältnis ihr Geschäftsführerverhältnis bei der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin beendet worden. Ab dem 01.02.2014 sei sie freigestellt worden und Herr X. Geschäftsführer gewesen, der als solcher auch nach außen aufgetreten sei. Lediglich auf Bitten des Herrn X. habe sie noch die getroffene Zahlungsvereinbarung Anfang Februar 2014 bestätigt, weil sie insoweit auch die telefonischen Verhandlungen mit Frau Q. von der HPK geführt hatte. Die Mail vom 05.02.2014 habe sie nach Rücksprache mit Herrn X. versandt.



    Die Beklagte zu 1) hat gemeint, aufgrund der jeweils vereinbarten Zahlungspläne liege kein Vorsatz vor. Sie hat hierzu weiter behauptet, der damalige Betriebsratsvorsitzende habe seit dem Jahr 2002 die durchgeführte Zahlungsweise überprüft und in Ordnung befunden. Es sei mithin nichts verheimlicht worden.



    Für die Beiträge aus Januar 2014 fehle es bereits an der Fälligkeit. Eine Anspruchsgrundlage sei insoweit nicht ersichtlich.



    Das Arbeitsgericht hat die Klagen abgewiesen. Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die klagenden Parteien nicht dargelegt haben, dass ihnen bei unverzüglicher Unterrichtung am 16.12.2013 über die Nichtabführung der Beiträge kein Schaden entstanden wäre. Sie hätten sich zeitlich nicht durch Vollstreckung befriedigen können. Etwaige Zahlungen wären als inkongruente Deckung anfechtbar gewesen. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist den klagenden Parteien am 29.12.2014 zugestellt worden. Am 16.01.2015 hat die HPK als Streitverkündete mitgeteilt, dass sie nicht bereits im Jahr 2013 über eine Stundung des Beitrags für das Jahr 2013 verhandelt habe. Die Arbeitgeberin habe schlicht Ende 2013 die fälligen Beitragszahlungen nicht geleistet. Dies habe die HPK weder veranlasst noch auf eine termingerechte Zahlung verzichtet. Die klagenden Parteien haben am 28.01.2015 nur betreffend die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.03.2015 - am 17.03.2015 begründet.



    Sie meinen, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die haftungsausfüllende Kausalität verneint. Insoweit sei zu prüfen, ob der Schaden gerade durch die Verletzung des Schutzgesetzes herbeigeführt worden ist. Ausreichend sei insoweit aber, dass die Befolgung des Schutzgesetzes eine größere Sicherheit gegen den Schadenseintritt geboten hätte. Dies sei der Fall, denn bei entsprechender Unterrichtung hätte die Möglichkeit zur Klage bestanden. Auf die Frage einer Zwangsvollstreckung komme es insoweit nicht an. Es liege auch keine inkongruente Deckung im Sinne des § 131 InsO vor. Außerdem sei der Schaden bereits mit der Nichtzahlung der Beiträge bei Fälligkeit eingetreten gewesen.



    Sie sind der Ansicht, dass die Ansprüche nicht gemäß der Ausschlussfrist des § 15 des Manteltarifvertrags der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalen verfallen seien. Diese finde schon keine Anwendung, weil es um Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) persönlich gehe. Die klagenden Parteien hätten die Ansprüche mit den Schreiben vom 20.06.2014 rechtzeitig geltend gemacht. Die Frist habe erst mit Kenntnis der klagenden Parteien von der Nichtabführung der Beiträge beginnen können. Diese habe jedoch frühestens mit dem Informationsschreiben der Gewerkschaft NGG vom 08.04.2014 vorgelegen. Vorher habe es im Betrieb allenfalls Gerüchte gegeben. Die klagenden Parteien bestreiten den Vortrag der Beklagten zu 1) betreffend die wirtschaftliche Lage der Arbeitgeberin mit Nichtwissen. Letztlich sei dies für den Vorsatz des § 266a Abs. 3 StGB auch irrelevant.



    Die klagenden Parteien haben in der mündlichen Verhandlung behauptet, die Bescheinigungen der HPK über die im Jahr 2013 einbehaltenen und abgeführten Beiträge hätten sie von ihrer Arbeitgeberin zusammen mit der Abrechnung für den Monat Januar 2014 erhalten.



    Die klagenden Parteien beantragen,

    unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.12.2014 - 13 Ca 5608/14 - die Beklagte zu 1) zu verurteilen, 1. für die Klägerin zu 1) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 1) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403263 einen Betrag in Höhe von 2.680,00 Euro netto einzuzahlen; 2. für den Kläger zu 2) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 2) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403050 einen Betrag in Höhe von 2.808,70 Euro netto einzuzahlen; 3. für den Kläger zu 3) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 3) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403133 einen Betrag in Höhe von 2.293,90 Euro netto einzuzahlen; 4. für die Klägerin zu 4) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 4) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403362 einen Betrag in Höhe von 535,00 Euro netto einzuzahlen; 5. für die Klägerin zu 5) in die betriebliche Altersversorgung der Klägerin zu 5) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403202 einen Betrag in Höhe von 1.067,00 Euro netto einzuzahlen; 6. für den Kläger zu 6) in die betriebliche Altersversorgung des Klägers zu 6) bei der Pensionskasse Ernährung und Genuss in der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG unter der Versicherungsnummer 1403282 einen Betrag in Höhe von 1.965,00 Euro netto einzuzahlen.



    Die Beklagte zu 1) beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Voraussetzungen des § 266a Abs. 3 StGB seien nicht gegeben. Zunächst sehe § 3 Abs. 4 AVT nur für den Altersvorsorgebeitrag eine Fälligkeitsregelung vor. Für die Entgeltumwandlung fehle sie. Aufgrund der Umwandlung könne sie erst nach dem 31.12. eines Jahres eintreten. Aus den AVB-F ergebe sich nichts anderes. § 5 Abs. 1 AVB-F betreffe laufende Zahlungen. Einmalige Zahlungen würden von § 5 Abs. 4 AVB-F erfasst. Maßgeblich sei deshalb die Stundungsvereinbarung vom 12.02.2014. Erster Fälligkeitstermin sei somit der 28.02.2014 gewesen. Die Nichtabführung des jährlichen Altersvorsorgebeitrags sei indes nicht strafbar, weil es sich dabei um eine eigene Beitragsverpflichtung der Arbeitgeberin und nicht um eine Nichtabführung treuhänderisch verwalteter Gelder des Arbeitnehmers handele. Es handele sich insoweit nicht um Arbeitsentgelt. Nichts anderes gelte für den zehnprozentigen Zuschlag der Arbeitgeberin zur Entgeltumwandlung. Eine Anspruchsgrundlage betreffend die Entgeltumwandlung im Januar 2014 sei nicht ersichtlich.



    Aber auch im Übrigen liege kein Verstoß gegen § 266a Abs. 3 StGB vor. Die Beklagte zu 1) behauptet dazu erneut, dass ihre Geschäftsführertätigkeit mit dem 31.01.2014 geendet habe und sie nach diesem Zeitpunkt nur noch Abwicklungsarbeiten nach Anweisung des neuen Geschäftsführers X. habe tätigen dürfen. Jedenfalls nach dem 31.01.2014 sei sie keine handelnde Person i.S.v. § 14 StGB mehr gewesen. Aus den AVB-F ergebe sich schon keine Verpflichtung der Arbeitgeberin, die Beiträge zu zahlen, sie sei dazu nur berechtigt. Die Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ergebe sich ausschließlich aus den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. In diesen fehle es für die Entgeltumwandlung aber an einer Fälligkeitsregelung. Die HPK sei aufgrund der AVB-F zur Stundung berechtigt gewesen. Vor dem 28.02.2014 habe für die Beiträge des Jahres 2013 aus Entgeltumwandlung keine Fälligkeit bestanden.



    Zum Zustandekommen der Stundungsvereinbarung behauptet die Beklagte, dass man ihr berichtet habe, dass man bereits in der Vergangenheit mit der HPK gesprochen und mitgeteilt habe, dass der Dezember der Hauptproduktionsmonat gewesen sei, in dem angesichts der Weihnachtsgeldzahlungen die Liquidität der Arbeitgeberin immer angespannt sei. Deshalb habe die HPK sich regelmäßig auf die Stundungen eingelassen. Zuständig sei insoweit Herr N. gewesen. Im Januar 2014 habe Herr N. die Beitragsmeldung an die HPK für 2013 verschlampt und sich an sie gewandt. Er habe sein Fehlverhalten eingestanden und vor dem Hintergrund der Stundungsvereinbarungen der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass eine solche sicher auch für 2013 getroffen werde. Er habe gebeten, dass sie sich einschalte, weil dies aufgrund seiner Nachlässigkeit besser sei. Am 31.12.2014 habe sie sich mit der Zeugin Q. in Verbindung gesetzt und man sei sofort überein gekommen, den Zahlungsplan für die Beiträge aus 2014 abzuschließen. Es sollte wie in den Vorjahren eine monatliche Zahlung von 35.000,00 Euro ab Februar 2014 geleistet werden. Die Zeugin Q. habe dabei zudem einen Zahlungsplan auch für 2015 angeregt. Dazu habe sie ausgeführt, dass sie nicht mehr Geschäftsführerin sei, sie dies aber an die neue Geschäftsführung weiter geben wolle. Sie sei letztlich von Herrn N. lediglich gebeten worden, sein eigenes Versäumnis gegenüber der Pensionskasse auszubügeln.



    Sie habe gegenüber Frau Q. zu keinem Zeitpunkt erwähnt, dass die Arbeitgeberin sich in Zahlungsschwierigkeiten befunden hätte. Dies sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht der Fall gewesen. Die Fortführungsprognose sei zu diesem Zeitpunkt vielmehr positiv gewesen. Die Tatsache, dass keine Zahlungsunfähigkeit gegeben sei, sei zudem noch im Januar 2014 durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft festgestellt worden. Es seien vielmehr nach dem Ausscheiden des weiteren Geschäftsführers, dem ehemaligen Beklagten zu 2) im Herbst 2013 zahlreiche Produkte aus der viel zu großen Produktpalette gestrichen und mit Großkunden Preiserhöhungen vereinbart worden. Sie sei davon ausgegangen, dass diese Restrukturierungsmaßnahmen erfolgreich sein würden. Warum dieser Weg nach ihrem Ausscheiden nicht weiter verfolgt worden sei, wisse sie sie nicht.



    Unabhängig davon seien die Ansprüche nach der dreimonatigen Ausschlussfrist des § 15 des Manteltarifvertrags der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalen verfallen.



    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    Die zulässige Berufung der klagenden Parteien ist teilweise begründet. Diese können von der Beklagten die Zahlung folgender Beträge zu ihrer jeweiligen Versicherungsnummer an die HPK verlangen, und zwar: die Klägerin zu 1) 2.515,00 Euro netto, der Kläger zu 2) 2.633,80 Euro netto, der Kläger zu 3) 2.158,60 Euro netto; die Klägerin zu 4) 535,00 Euro netto, die Klägerin zu 5) 1.012,00 Euro netto und der Kläger zu 6) 1.855,00 Euro netto. Es handelt sich dabei um die nichtabgeführten Beiträge (Altersvorsorgebeitrag, Entgeltumwandlung und Zuschuss zur Entgeltumwandlung) für das Jahr 2013. Diese Ansprüche bestehen aber nur Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe gegen die Arbeitgeberin bestehenden Ansprüche. Betreffend die Entgeltumwandlung einschließlich Arbeitgeberzuschuss für den Monat Januar 2014 steht den klagenden Parteien gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch zu.



    A.Die Klagen sind begründet, soweit die klagenden Parteien die Zahlung des Altersvorsorgebeitrags, der Entgeltumwandlung und des Arbeitgeberzuschusses für das Beitragsjahr 2013 an die HPK Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe gegen die Arbeitgeberin bestehenden Ansprüche verlangen. Die Ansprüche folgen aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 266a Abs. 3 StGB. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind gegeben.



    I.Zunächst steht dem Anspruch gegen die Beklagte zu 1) die Sperrwirkung des § 93 InsO nicht entgegen, auch wenn es sich bei der Arbeitgeberin um eine GmbH & Co. KG handelt. Die Sperrwirkung des § 93 InsO ist auf die Haftung als Gesellschafter gemäß § 128 HGB beschränkt (BFH 02.11.2001 - VII B 155/01, ZIP 2002, 181 Rn. 9; BFH 15.11.2012 - VII B 105/12, [...] Rn. 8), d.h. bei einer GmbH & Co. KG auf die persönlich haftende GmbH (vgl. insoweit LAG Niedersachsen 15.08.2002 - 4 Sa 1781/01, ZInsO 2003, 146 Rn. 58), mithin hier die A. GmbH. Darum geht es hier nicht, sondern um die Haftung der Beklagten zu 1) als Geschäftsführerin als Vertretungsorgan aus unerlaubter Handlung. Diese ist nicht von § 93 InsO erfasst (ausdrücklich für § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs.3 StGB LAG Niedersachsen 07.11.2011 - 15 Ta 423/11, [...] Rn. 16 und BAG 20.03.2012 - 3 AZB 74/11, 15, 17 n.v.; vgl. a. MüKo-InsO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl. 2013, § 93 InsO Rn. 6; Schmidt, InsO, 18. Aufl. 2013, § 93 Rn. 22).



    II.Gemäß § 823 Abs. 2 BGB ist zum Ersatz des entstehenden Schadens verpflichtet, wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. § 266a Abs. 3 StGB ist hinsichtlich abzuführender Teile des Arbeitsentgelts ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zu Gunsten des Arbeitnehmers (BAG 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, DB 2005, 2414, Rn. 22; LAG Hamm 18.07.2014 - 10 Sa 1492/13, [...] Rn. 49; s.a. BGH 29.09.2008 - II ZR 162/07, NJW 2009, 295 Rn. 10).



    III.Die Beklagte zu 1) hat den Straftatbestand des § 266 Abs. 3 StGB als vertretungsberechtigtes Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) erfüllt. § 266a Abs. 3 und 6 StGB in der ab dem 01.08.2004 geltenden Fassung lauten:



    § 14 Abs. 1 StGB in der ab dem 30.08.2002 geltenden Fassung lautet:



    1.Die Arbeitgeberin hat Teile des Arbeitsentgelts, das sie für die klagenden Parteien als Arbeitnehmer an einen anderen, die HPK, zu zahlen hatte, einbehalten.



    a)Es handelt sich bei allen eingeklagten Beträgen um Arbeitsentgelt im Sinne von § 266a Abs. 3 StGB. Maßgeblich ist dabei, dass es sich um Teile des Lohns handelt (vgl. so z.B. Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl. 2014, § 266a Rn. 13) und nicht um eigene Beiträge des Arbeitgebers (vgl. dazu BAG 18.08.2005 a.a.O. Rn. 24). Entscheidend ist, dass es sich arbeitsrechtlich um einen Bestandteil des Lohnes oder Gehalts handelt, wie dies z.B. für die vermögenswirksamen Leistungen in § 2 Abs. 7 5. VermBG normiert ist (vgl. BT-Drs. 10/318 S. 29). Für die Entgeltumwandlung ist dies ohne weiteres zu bejahen. Dies wäre selbst dann so, wenn das Entgelt aus diesem Anlass zum Zwecke der Umwandlung erhöht worden wäre. Dies änderte nichts daran, dass es sich arbeitsrechtlich um einen Lohnbestandteil handelt. Dies gilt ebenso für den Zuschuss der Arbeitgeberin gemäß § 5 Nr. 6 AVT. Dieser Zuschuss wird nicht losgelöst vom Arbeitsverhältnis sondern als Teil der betrieblichen Altersversorgung im Hinblick auf die erbrachte Arbeitsleistung als Teil des Arbeitsentgelts gezahlt. Besteht der umgewandelte Entgeltanspruch nicht, entfällt auch die Pflicht zur Weiterleitung an die HPK, was auch für den akzessorischen Zuschuss gilt, denn dieser bezieht sich auf die umgewandelten Entgeltbestandteile und zwar in Höhe von 10 % des umgewandelten Betrags (§ 5 Nr. 3 AVT i.V.m. § 5 Nr. 6 AVT). Insoweit gilt nichts anderes als bei den vermögenswirksamen Leistungen. Diese sind sowohl in dem Teil, den der Arbeitgeber zuschießt, als auch in dem Teil, welchen der Arbeitnehmer aus seinem sonstigen Arbeitsentgelt erbringt (§ 11 Abs. 2 5. VermBG) Arbeitsentgelt.



    Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich auch bei dem Altersvorsorgebeitrag gemäß § 3 AVT um einen Lohnbestandteil. Richtig ist, dass dann nicht von Teilen des Arbeitsentgelts i.S.v. § 266a Abs. 3 StGB auszugehen ist, wenn es um eigene Beitragspflichten des Arbeitgebers aus eigenen Mitteln, wie z.B. bei der Urlaubskasse, geht (BAG 18.08.2005 a.a.O. Rn. 24). Es handelt sich bei dem tariflichen Altersvorsorgebetrag nicht um einen zweckgebundenen Arbeitgeberbeitrag (so aber für § 3 des Tarifvertrags über die Altersvorsorge in der Deutschen Glasindustrie LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 77), der kein Arbeitsentgelt ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der konkreten Ausgestaltung von § 3 AVT. Zunächst wird den Arbeitnehmern in § 3 Nr. 1 Satz 1 AVT ein Anspruch auf eine kalenderjährliche Einmalzahlung zugesagt, welche im nachfolgenden Satz in ihrer Höhe definiert wird. Bereits damit ist zur Überzeugung der Kammer den Arbeitnehmern ein Gehaltsbestandteil zugesagt worden. Lediglich dessen Verwendung wird - ähnlich wie bei vermögenswirksamen Leistungen - in Satz 3 auf die Altersvorsorge beschränkt. Der Vergütungscharakter zeigt sich auch in § 5 Nr. 2 AVT, denn er hängt in seiner Höhe davon ab, dass Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht. Bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern entspricht er dem Anteil ihrer Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen Vollarbeitszeit (§ 3 Nr. 3a AVT). Im Falle einer Überzahlung besteht eine Verrechnungsmöglichkeit mit dem Arbeitsentgelt (§ 3 Nr. 5 AVT). Auch die Tarifvertragsparteien sind letztlich davon ausgegangen, dass es sich um Arbeitsentgelt handelt, denn sie haben ausdrücklich geregelt, dass dann, wenn Ansprüche von der Höhe des Arbeitsentgeltes abhängen, der Altersvorsorgebeitrag nicht mitgerechnet wird (§ 5 Nr. 6 AVT). Dies wäre überflüssig, wenn es sich nicht um Arbeitsentgelt handeln würde. Für die Einordnung als Entgeltbestandteil spricht weiter, dass der Altersvorsorgebeitrag die vermögenswirksamen Leistungen ersetzt (§ 4 AVT). Insgesamt handelt es sich bei dem Altersvorsorgebeitrag um Arbeitsentgelt.



    b)Das Arbeitsentgelt war für die klagenden Parteien, die Arbeitnehmer von der Arbeitgeberin an einen anderen, nämlich die HPK zu zahlen. Die Kammer hat dabei nicht aufgeklärt, ob auch die klagenden Parteien, d.h. die Arbeitnehmer, Versicherungsnehmer bei der HPK waren, weil es für die Kammer darauf zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankam. Aus einem Parallelverfahren ist der Kammer allerdings bekannt, dass nach der Satzung der HPK zwar grundsätzlich Arbeitnehmer und Arbeitgeber Versicherungsnehmer sind (doppelte Versicherungsnehmereigenschaft). Aufgrund einer Rahmenvereinbarung zur Ausführung des AVT der Tarifparteien mit der HPK ist dies im Anwendungsbereich des AVT jedoch anders. Danach sind die Arbeitnehmer keine Versicherungsnehmer, sondern nur versicherte Personen, die einen unmittelbaren Anspruch auf die Versicherungsleistungen nach Maßgabe der AVB-F haben (§ 4 AVB-F). Dann trifft die Arbeitnehmer, anders als wenn sie Versicherungsnehmer wären, keine eigene Beitragspflicht. Darauf kommt es zur Überzeugung der Kammer indes nicht an. Auch dann, wenn ein Vertrag zu Gunsten Dritter gemäß §§ 328 ff. BGB vorliegt, zahlt die Arbeitgeberin die Beiträge an die HPK aus dem Arbeitsentgelt für die klagenden Parteien als Arbeitnehmer an einen anderen, nämlich an die HPK. Bereits der Wortlaut des § 266a Abs. 3 StGB erfasst diesen Fall ohne weiteres. Richtig ist zwar, dass bei der Abführung des Entgeltbestandteils an einen Dritten in der Regel der Arbeitnehmer Gläubiger ist (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13; s.a. BT-Drs. 10/318 S. 29 li. Sp. vorletzter Abs.). Dies ändert aber nichts daran, dass der Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB dies nicht voraussetzt, sondern sogar der Fall eines vom Arbeitnehmer freiwillig Bedachten, z.B. im Rahmen einer regelmäßigen Spende, erfasst ist (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13). Dem entspricht, dass die Merkmale "für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat" alle Fälle beschreiben sollen, in denen eine privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Pflicht besteht, Teile des Arbeitsentgelts an einen anderen als den Arbeitnehmer abzuführen (BT-Drs. 10/318 S. 29 re. Sp. dritter Abs.). So liegt es hier. Die Arbeitgeberin ist gemäß § 3 Nr. 4 AVT verpflichtet, den Altersvorsorgebeitrag als Teil des Arbeitsentgelts an einen anderen, nämlich an die HPK abzuführen. Für das umgewandelte Arbeitsentgelt einschließlich des Zuschusses gilt nichts anderes (vgl. § 5 Nr. 4 AVT).



    c)Die Arbeitgeberin hat die Lohnbestandteile einbehalten. Unter den Begriff des Einbehaltens fallen alle Fälle, in denen der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer nicht den vollen, sondern einen um die Zahlung an einen anderen gekürzten Lohn auszahlt (BT-Drs. 10/318 S. 29). Darauf, ob dieser Entgeltbestandteil in der Lohnabrechnung aufgeführt wird, kommt es nicht an (LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 77; Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13). Darauf, ob die Entgeltbestandteile überhaupt an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden dürfen, kommt es ebenfalls nicht an. Das Merkmal des Einbehaltens ist deshalb z.B. bei den vermögenswirksamen Leistungen, die nicht an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden dürfen, gleichwohl erfüllt, wenn sie nicht vom Arbeitgeber ordnungsgemäß an das Anlageinstitut abgeführt werden. Einbehalten und Nichtzahlen fallen dann zeitlich zusammen (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13; BT-Drs. 10/318 S. 29). In Anwendung dieser Grundsätze hat die Arbeitgeberin für das Beitragsjahr 2013 die Entgeltumwandlung, den Zuschuss zur Entgeltumwandlung und den Altersvorsorgebeitrag einbehalten und diese nicht an die HPK abgeführt. Im Hinblick auf die Entgeltumwandlung ist den klagenden Parteien ohne weiteres nur ein um den umgewandelten Teil gekürzter Lohn ausbezahlt worden, ohne dass die Arbeitgeberin diesen Teil an den anderen, die HPK, gezahlt hat. Im Ergebnis gilt nichts anderes für den Zuschuss zur Entgeltumwandlung und den Altersvorsorgebeitrag. Bei beiden handelt es sich um Entgeltbestandteile. Der Umstand, dass diese nach ihrer Zwecksetzung nicht zur Auszahlung an die Arbeitnehmer vorgesehen sind, steht dem Merkmal des Einbehaltens ebenso wie bei den vermögenswirksamen Leistungen nicht entgegen (a.A. für § 3 des Tarifvertrags über die Altersvorsorge in der Deutschen Glasindustrie LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 77).



    d)Die Arbeitgeberin hat die einbehaltenen Lohnbestandteile nicht an den anderen, d.h. die HPK gezahlt.



    aa)Nicht gezahlt i.S.v. § 266a Abs. 3 StGB ist der Lohnbestandteil dann, wenn er vorbehaltlich der Vereinbarung eines anderen Fälligkeitstermins nicht mit Fälligkeit des Lohns an einen anderen erfolgt (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13). Richtig ist insoweit weiter, dass die Fälligkeit durch eine wirksame Stundungsabrede hinausgeschoben werden kann (OLG Düsseldorf, 17.07.1998 - 22 U 24/98, NJW-RR 1998, 1729 Rn. 4; OLG Brandenburg 21.11.2002 - 12 U 149/01, GmbHR 2003, 595 Rn. 27). Ob eine Stundungsvereinbarung zu Lasten der Arbeitnehmer bei der Entgeltumwandlung alleine zwischen Versorgungsträger und Arbeitgeber grundsätzlich unwirksam ist (so wohl LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 52) und was in dem Fall gilt, dass nur der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und Beitragsschuldner der Pensionskasse ist, bleibt offen. Für einen Ausschluss des Tatbestandes des § 266a Abs. 3 StGB ist erforderlich, dass die Stundungsvereinbarung vor der Fälligkeit geschlossen wird (vgl. Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 7; BT-Drs. 10/318 S. 26), weil andernfalls der Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB bereits erfüllt ist.



    bb)Die Beiträge für das Jahr 2013 waren spätestens am 31.12.2013 zur Zahlung fällig. Dies gilt für sämtliche hier streitgegenständlichen Bestandteile des an die HPK zu zahlenden Arbeitsentgelts. Für den Altersvorsorgebeitrag legt § 3 Nr. 4 sogar bereits den 15.12. des Kalenderjahres als Zeitpunkt für die Abführung an den Versorgungsträger fest. Dieser Zeitpunkt taucht allerdings in den AVB-F nicht wieder auf. Gemäß § 5 Nr. 1 Satz 3 AVB-F sind laufende Beiträge jährlich bis zum Ende des jeweiligen Jahres zu zahlen. Dies ist der 31.12. des jeweiligen Jahres. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) handelt es sich auch bei den Zahlungen aus der Entgeltumwandlung und den Zuschuss der Arbeitgeberin um laufende Zahlungen und nicht um Einmalzahlungen. Richtig ist zwar, dass § 5 Nr. 1 Satz 2 AVT insoweit von einer Einmalzahlung spricht. Die laufenden Entgelte werden insoweit zu einer jährlichen Einmalzahlung zusammengefasst. Im Versicherungsverhältnis zur HPK handelt es sich aber nicht um Einmalzahlungen i.S.v. § 5 Nr. 4 AVB-F. Es handelt sich vielmehr um die regelmäßig, d.h. dauerhaft oder laufend zu erbringenden Beiträge, solange das Versicherungsverhältnis besteht (vgl. § 5 Nr. 1 Satz 2 AVB-F). Dass diese ebenso wie der Altersvorsorgebeitrag einmal im Jahr zu zahlen sind, steht dem nicht entgegen, wie bereits § 5 Nr. 1 Satz 3 AVB-F zeigt. Es geht insoweit nicht um bestimmte Einmalbeträge, die ggfs. von besonderen Annahmevoraussetzungen abhängen, wie sie in § 5 Nr. 4 AVB-F genannt sind. § 5 Nr. 3 AVB-F regelt insoweit nur den Umfang der Beiträge und verweist insoweit auf die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. Im Versicherungsverhältnis war die Arbeitgeberin verpflichtet, den Altersvorsorgebeitrag und die Beträge aus der Entgeltumwandlung einschließlich ihres Zuschusses zum 31.12.2013 an die HPK abzuführen. Davon ist sie im Übrigen auch selbst ausgegangen, wie der Zahlungsplan für das Jahr 2013 belegt. Dieser enthält nämlich Zinsen für Verspätungsmonate, die z.B. bei der dann vereinbarten Rate von 35.000,00 Euro mit Fälligkeit am 28.02.2014 Zinsen für zwei Verspätungsmonate ausweist. Die Zinsen und Verspätungsmonate gehen von einer Fälligkeit am 31.12.2013 aus.



    cc)Die Arbeitgeberin hat vor dem 31.12.2013 keine die Fälligkeit hinausschiebende Stundungsvereinbarung mit der HPK getroffen. Sie hat dies zwar erstinstanzlich behauptet. Daran hat sie in der zweiten Instanz nicht mehr festgehalten. Sie hat vielmehr behauptet, erst im Januar von Herrn N. angesprochen worden zu sein im Hinblick auf die unterbliebenen Beitragsmeldungen an die HPK. Erst im Anschluss daran sei der Zahlungsplan 2013 zustande gekommen. Die Kammer hat im Termin ausdrücklich noch einmal nachgefragt, ob es entgegen dem erstinstanzlichen Vorbringen so sei, dass die Stundungsabrede für das Jahr 2013 erst im Jahr 2014 getroffen worden sei. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) bejaht.



    2.Die Beklagte zu 1) hat es unterlassen, die klagenden Parteien im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an die HPK zu unterrichten. Weder am 31.12.2013 noch unverzüglich danach hat die Beklagte zu 1) die klagenden Parteien unterrichtet. Dies hat sie im Übrigen auch nicht unverzüglich nach der Unterrichtung durch Herrn N. getan. Darauf, dass der Betriebsratsvorsitzende angeblich die seit dem Jahr 2002 durchgeführte Zahlungsweise überprüft und in Ordnung befunden habe, ändert daran nichts. Die Unterrichtung der Arbeitnehmer gemäß § 266a Abs. 3 StGB wird dadurch nicht ersetzt. Eine konkrete Unterrichtung der klagenden Parteien betreffend das Beitragsjahr 2013 im Fälligkeitszeitpunkt oder unverzüglich danach durch den Betriebsrat ist im Übrigen von der Beklagten zu 1) nicht behauptet worden. Ausgeführt ist lediglich, dass der Betriebsrat die Zahlungsweise überprüft und in Ordnung befunden habe.



    3.Der Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB entfällt nicht wegen der Unmöglichkeit normgemäßen Verhaltens. Der Geschäftsführer haftet nicht nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 266a StGB, soweit ihm die Abführung der zur Zahlung an einen Dritten vorgesehen Teile des Arbeitsentgelts zum Fälligkeitszeitpunkt mangels verfügbarer Mittel nicht möglich war (BGH 18.04.2005 - II ZR 61/05, NJW 2005, 2546 Rn. 10 [BGH 18.04.2005 - II ZR 61/03] ; BGH 25.09.2006 - II ZR 108/05, NJW 2006, 3573 Rn. 8). So liegt es hier nicht. Die Arbeitgeberin hat bis Mitte 2014 ihre wesentlichen Verbindlichkeiten beglichen und zahlte bis zur Insolvenzantragsstellung am 24.02.2014 pünktlich alle Nettolöhne, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge. Schon aus diesem Grund ist nicht ersichtlich, dass es unmöglich gewesen wäre, die hier streitigen Beträge abzuführen. Unabhängig davon und insoweit selbständig tragend ergibt sich die Unmöglichkeit zur Zahlung bereits aus dem Vortrag der Beklagten zu 1) nicht. Vielmehr hat die Beklagte zu 1) ausdrücklich selbst vorgetragen (Schriftsatz vom 12.05.2015 Seite 15), dass die Arbeitgeberin zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens zum 31.01.2014 nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Im Hinblick auf diesen eigenen Vortrag der Beklagten zu 1), den die klagenden Parteien sich insoweit als ihnen günstigen Vortrag jedenfalls hilfsweise zu eigen gemacht haben, konnte die Kammer nicht von einer Unmöglichkeit normgerechten Verhaltens ausgehen.



    4.Die Beklagte zu 1) hat die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 266a Abs. 3 StGB als Täterin gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt. Täterin einer Straftat nach § 266a StGB können nur die Arbeitgeberin (Abs. 1) und die dieser nach § 266a Abs. 5 StGB gleichgestellten Personen sowie die im Sinne von § 14 StGB für die Arbeitgeberin handelnden Personen sein (BGH 11.06.2013 - II ZR 389/12, MDR 2013, 1049 Rn. 13). Unstreitig war die Beklagte zu 1) bis zum 31.01.2013 Geschäftsführerin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Arbeitgeberin, d.h. der vertretungsberechtigtes Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Es mag sein, dass - worauf die Beklagte zu 1) im Termin hingewiesen hat -, es zunächst Aufgabe des Herrn N. war, sich um die Abführung der Beiträge zur Altersversorgung an die HPK zu kümmern. Dies ändert aber nichts an der Eigenschaft der Beklagten als Täterin i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die Beklagte zu 1) war als Geschäftsführerin kraft ihrer Amtsstellung grundsätzlich für alle Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig (vgl. BGHZ 133, 370, 376). Selbst, wenn mehrere Personen zu Geschäftsführern einer GmbH bestellt sind, trifft jede von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung. Der sich aus dieser "Allzuständigkeit" ergebenden Verantwortung jedes Geschäftsführers können sich die Geschäftsführer weder durch interne Zuständigkeitsverteilung noch durch Delegation auf andere Personen entledigen. Interne Zuständigkeitsregelungen lassen ebenso wie eine Delegation der Aufgaben die Eigenverantwortlichkeit nicht erlöschen. Es bleiben stets Überwachungspflichten, die Veranlassung zum Eingreifen geben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung von der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den (intern) zuständigen Geschäftsführer oder den mit der Erledigung beauftragten Arbeitnehmer nicht mehr gewährleistet ist (zum Ganzen BGH 09.01.2006 - VI ZR 407/99, NZA 2001, 392 Rn. 17). Spätestens als Herr N. die Beklagte zu 1) im Januar 2014 über sein Versäumnis betreffend die Beiträge zur HPK unterrichtete, bestanden für die Beklagte zu 1) Anhaltspunkte dafür, zur Gewährleistung der Abführung der Beiträge an die HPK und zur Unterrichtung der Arbeitnehmer selbst tätig zu werden. Im Übrigen spricht sogar mehr dafür, dass sich dies der Beklagten zu 1) schon früher, d.h. auch in den Vorjahren aufdrängen musste, denn ihr war berichtet worden, dass man mit der Pensionskasse gesprochen habe, weil der Dezember der Hauptproduktionsmonat gewesen sei und man wegen der insoweit angespannten Liquiditätslage regelmäßig entsprechende Stundungen vereinbart habe.



    5.Der subjektive Tatbestand des § 266a Abs. 3 StGB ist erfüllt. Die Beklagte zu 1) hat zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt.



    a) Ausreichend ist bedingter Vorsatz. Für den Vorsatz sind das Bewusstsein und der Wille erforderlich und ausreichend, die Abführung der Beiträge bzw. der Zahlung der Teile des Arbeitsentgelts an einen anderen bei Fälligkeit ebenso zu unterlassen wie die entsprechende Unterrichtung der Arbeitnehmer bei Fälligkeit oder unverzüglich danach (vgl. BGH 01.10.1991 - VI ZR 374/90, NJW 1992, 177 Rn. 13; BGH 18.12.2012 - II ZR 220/12, WM 2013, 329 Rn. 16 [BGH 18.12.2012 - II ZR 220/10] ; OLG Brandenburg 21.11.2002 - 12 U 149/01 a.a.O. Rn. 29). Wenn die Abführung der Teile des Arbeitsentgelts an einen anderen für die Arbeitnehmer dem Aufgabenbereich eines anderen Geschäftsführers zugewiesen oder auf Angestellte übertragen ist, muss der Geschäftsführer im Rahmen der ihm verbliebenen Überwachungspflicht tätig werden, sobald Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der Aufgaben durch den intern zuständigen Geschäftsführer oder den mit der Erledigung beauftragten Angestellten nicht mehr gewährleistet ist. Er muss dann durch geeignete Maßnahmen die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen sowie die Einhaltung der Pflicht überwachen. Anlass für konkrete Überwachungsmaßnahmen bieten insbesondere eine finanzielle Krisensituation oder ungeordnete Verhältnisse im Geschäftsablauf innerhalb der Gesellschaft (BGH 18.12.2012 a.a.O. Rn. 17).



    b)Die Beklagte zu 1) hat bedingt vorsätzlich gehandelt. Spätestens als ihr im Januar 2014 Herr N. mitgeteilt hatte, dass er die Beitragsmeldungen an die HPK "verschlampt" hatte, musste sich der Beklagten zu 1) aufdrängen, dass hier eine ungeordnete Situation im Geschäftsablauf gegeben war. Wenn Herr N. ihr mitteilte, dass er die Beitragsmeldungen "verschlampt" hatte und sein Fehlverhalten eingestand, wusste die Beklagte zu 1), dass bereits eine Pflicht zur Beitragsmeldung bestanden hatte und diese nicht erfüllt wurde. Wenn Herr N. dann weiter auf Stundungsvereinbarungen aus der Vergangenheit hinwies sowie darauf, dass diese erneut geschlossen werden könnten, dann war klar, dass der Fälligkeitszeitpunkt für die Zahlung der Beiträge bereits verstrichen war, aber nachträglich noch eine Stundung vereinbart werden könnte. Dies wurde noch deutlicher, weil Herr N. die Beklagte zu 1) ausdrücklich bat, dass es besser sei, wenn sie sich einschaltete, um das durch seine Nachlässigkeit entstandene Problem zu lösen. Wenn sie sich nunmehr nicht an die Arbeitnehmer wandte und diesen mitteilte, dass die Beiträge aus der Entgeltumwandlung, der entsprechende Zuschuss und der Altersvorsorgebeitrag nicht an die HPK entrichtet worden waren, so handelte sie zumindest bedingt vorsätzlich. Dies wird indiziell - auch wenn es darauf nicht mehr entscheidend ankommt - noch dadurch gestützt, dass der noch an die Beklagte zu 1) gerichtete Zahlungsplan Zinsen für Verzugsmonate enthielt. Wenn die Beklagte zu 1) ursprünglich davon ausgegangen wäre, dass die Beiträge ja noch gar nicht fällig gewesen seien, so hätte es nahe gelegen, dagegen zu protestieren oder zumindest Herrn X. entsprechend zu unterrichten, dass dies doch gar nicht sein könne und auf Abänderung zu drängen. Dazu fehlt aber jeder Vortrag. Im Termin hat die Kammer auch im Zusammenhang mit der Frage des Vorsatzes darauf hingewiesen, dass doch im Zahlungsplan Zinsen enthalten sind. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) hat zwar den Vorsatz von sich gewiesen, in der Sache aber letztlich nur darauf hingewiesen, dass doch Herr N. für die Abführung der Beiträge zuständig gewesen sei und seine Mandantin davon letztlich keine Kenntnis gehabt habe und auf die Stundungsabreden vertraut habe. Dies ist indes unerheblich, denn zur Überzeugung der Kammer wusste sie bereits nach den zunächst dargelegten obigen Ausführungen mit der Unterrichtung durch Herrn N. im Januar 2014 Bescheid und hat gleichwohl die Arbeitnehmer nicht unterrichtet.



    6.Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht gegeben. Die Beklagte zu 1) unterlag allenfalls einem vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB), wenn sie glaubte aufgrund der schon bislang getroffenen Stundungsvereinbarungen diese auch im Jahr 2014 für das Beitragsjahr 2013 noch schließen zu können und nicht verpflichtet zu sein, die Arbeitnehmer zu unterrichten. Nicht erforderlich ist das Bewusstsein, selbst zum Handeln verpflichtet zu sein. Es genügt vielmehr, wie allgemein bei echten Unterlassungsdelikten, dass der Täter diejenigen Umstände kennt, die seine Handlungspflicht begründen. Glaubt er, nicht zum Eingreifen verpflichtet zu sein und für die Abführung der Beiträge nicht (weiter) sorgen zu müssen, so unterliegt er keinem Tatbestandsirrtum, sondern einem Verbots- bzw. Gebotsirrtum, der ihn nur bei Unvermeidbarkeit entschuldigt (BGH 09.01.2001 a.a.O. Rn. 20). An die Feststellung der Unvermeidbarkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Der bloße Hinweis auf bisher gewährte Zahlungsaufschübe wird in der Regel allein nicht ausreichen, um Anlass für die Annahme zu geben, dass sich der Versicherungsträger zu einem erneuten Zahlungsaufschub bereit finden werde (OLG Hamburg 13.10.2006 - 1 U 59/06, ZIP 2007, 725 Rn. 45). Die Beklagte zu 1) war von Herrn N. über dessen Versäumnis betreffend die HPK unterrichtet worden und sie sollte - wie ausgeführt - nach der bereits eingetreten Fälligkeit - eine erneute Stundungsvereinbarung abschließen. Wenn die Beklagte zu 1) aus den tatsächlichen Umständen im Hinblick auf ihre Pflichten falsche Schlussfolgerungen ableitete, irrte sie lediglich in vermeidbarer Weise über das ihr obliegende Handlungsgebot - nämlich die Unterrichtung der Arbeitnehmer. Ein Absehen von der Strafe gemäß § 266a Abs. 6 Satz 3 StGB kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen von § 266a Abs. 6 Sätze 1 und 2 StGB in entsprechender Anwendung nicht gegeben sind. Auf die Frage, welche Auswirkungen § 266a Abs. 6 StGB auf die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB hat, kommt es deshalb nicht an.



    IV.Der Verstoß gegen das Schutzgesetz des § 266a Abs. 3 StGB hat bei den klagenden Parteien zu dem zuerkannten Schaden geführt.



    1.Durch die Nichtabführung der zuerkannten Beiträge ist den klagenden Parteien ein entsprechender Schaden entstanden, denn das jeweilige Guthaben des Versicherungskontos zu den jeweils im Tenor genannten Versicherungsnummern ist entsprechend geringer (vgl. LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 66).



    2.Die Beklagte zu 1) kann den klagenden Parteien nicht entgegenhalten, dass der Schaden auch im Falle des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht eingetreten wäre.



    a)Allerdings kann eine Schadensersatzpflicht nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m § 266a StGB ausgeschlossen sein, wenn bei dem Geschädigten auch im Falle pflichtgemäßen Verhaltens des Arbeitgebers der Schaden entstanden wäre. So fehlt es etwa an einem kausal verursachten Schaden, wenn geleistete Beiträge in einem Insolvenzverfahren erfolgreich anzufechten gewesen wären (BGH 02.12.2010 - IX ZR 247/09, NJW 2011, 1133 Rn. 19; LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 67). Voraussetzung ist zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGH 09.03.2012 - V ZR 156/11, NJW 2012, 2022 Rn. 17). Bezogen auf die Darstellung dieses hypothetischen Kausalverlaufs trägt allerdings der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast (LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 67; s.a. BAG 29.09.1994 - 8 AZR 570/93, [...] Rn. 48; BGH 15.03.2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718 Rn. 17).



    b)In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte zu 1) kein rechtmäßiges Alternativverhalten dargelegt, bei dem der hier in Rede stehende Schaden der klagenden Parteien ebenfalls eingetreten wäre.



    aa)Die Beklagte zu 1) hat zunächst nicht dargelegt, dass die Arbeitgeberin auch im Fall der rechtzeitigen Information die einbehaltenen Entgeltbestandteile (Entgeltumwandlung, Zuschuss und Altersvorsorgebeitrag) nicht an die HPK abgeführt hätte. Wie bereits ausgeführt hat die Beklagte zu 1) selbst ausgeführt, dass die Arbeitgeberin bis Ende Januar 2014 nicht zahlungsunfähig war. Dann wäre sie auch in der Lage gewesen, die hier in Rede stehenden Entgeltbestandteile an die HPK abzuführen. Dies gilt erst Recht, weil sie bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 24.02.2014 ihre wesentlichen Verbindlichkeiten sowie Nettolöhne, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlte. Es bestand mithin nach der dem unstreitigen Sachverhalt und dem Vortrag der Beklagten zu 1) betreffend die fehlende Zahlungsunfähigkeit durchaus Spielraum, um die hier streitigen Entgeltbestandteile zu erfüllen. Es kann daher nicht per se ausgeschlossen werden, dass die Arbeitgeberin bei entsprechender Information durch die Beklagte zu 1) an die klagenden Parteien ggfs. auch nach Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts durch die klagenden Parteien, die streitigen Forderungen gegenüber der HPK beglichen hätten. Auf die Frage einer gerichtlichen Durchsetzung und der insoweit möglichen Inkongruenz aufgrund einer Zwangsvollstreckung kam es nicht an (vgl. ArbG Düsseldorf 16.04.2015 - 7 Ca 7440/14 und LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 68). Außerdem geht die Beklagte zu 1) von einer günstigen Fortführungsprognose aus.



    bb)Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Begleichung der hier streitigen Forderungen zu einer vorzeitigen Insolvenz der Arbeitgeberin geführt hätte. Die Beklagte zu 1) trägt vielmehr - wie bereits dargelegt - vor, dass die Arbeitgeberin bis Ende Januar 2014 nicht zahlungsunfähig war. Sie geht außerdem von einer günstigen Fortführungsprognose aus. So vermag sie kein rechtmäßiges Alternativverhalten, bei dem es ebenfalls zum Schadenseintritt gekommen wäre, dazulegen.



    cc)Wären die Zahlungen nach der Unterrichtung vor dem 24.02.2014 erfolgt, wären sie auch nicht anfechtbar gemäß §§ 129 ff. InsO gewesen. Jedenfalls hat die Beklagte zu 1) dies nicht ausreichend dargelegt. Die Beklagte zu 1) hat keine Tatsachen vorgetragen, die zu einer Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO führten. Es trifft zwar zu, dass die Zahlungen in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden wären. Dass die Arbeitgeberin bereits vorher zahlungsunfähig war (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO), behauptet die Beklagte zu 1) nicht. Sie behauptet - folgerichtig - nicht, dass die klagenden Parteien vor dem 24.02.2014 die Zahlungsunfähigkeit kannten oder aber Kenntnis gemäß § 130 Abs. 2 InsO hatten. Auch weitere Anfechtungstatbestände sind nicht ersichtlich bzw. in ihren Voraussetzungen von der Beklagten zu 1) nicht dargelegt.



    dd)Es ist weiter nicht ersichtlich, dass die HPK die nachträglichen Zahlungen nicht angenommen hätte. Dies ist von keiner Partei dieses Verfahrens behauptet worden. Dies gilt ebenso für die derzeitige Annahme durch die HPK, so dass auch dies der Verurteilung zur Zahlung an die HPK nicht entgegensteht, zumal § 5 Nr. 4 durchaus auch die Entrichtung von Einmalbeiträgen vorsieht. Es kommt in diesem Verfahren deshalb nicht darauf an, ob es treuwidrig wäre, wenn die HPK sich darauf berufen würde, die Beiträge nicht mehr anzunehmen, nachdem sie selbst die Versorgungsberechtigten aufgefordert hatte, die Beiträge gegenüber der Beklagten zu 1) persönlich geltend zu machen.



    V.Die Höhe der zugesprochenen an die HPK zu zahlenden Beträge errechnet sich wie folgt: Klägerin zu 1) 2.515,00 Euro netto (535,00 + 12 x (150,00 + 15,00)). Kläger zu 2) 2.633,80 Euro netto (535,00 + 12 x (159,00 + 15,90)). Kläger zu 3) 2.158,60 Euro netto (535,00 + 12 x (123,00 + 12,30)). Klägerin zu 4) 535,00 Euro netto (entspricht dem Altersvorgebeitrag 2013). Klägerin zu 5) 1.012,00 Euro netto (352,00 + 12 x (50,00 + 5,00)). Kläger zu 6) 1.855,00 Euro netto (535,00 + 12 x (100,00 + 10,00)). Die Beträge sind von der Beklagten zu 1) als Nettozahlung an die HPK zu leisten, weil die klagenden Parteien so zu stellen sind wie sie bei ordnungsgemäßer Abführung nach Unterrichtung gestanden hätten.



    VI.Die Verpflichtung zum Schadensersatz besteht aber entsprechend § 255 BGB (vgl. insoweit LAG Hamm 18.07.2014 a.a.O. Rn. 72) nur Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe gegen Arbeitgeberin bestehenden Ansprüche. Da Eigenverwaltung angeordnet ist, hat die Kammer insoweit auf die Ansprüche gegen die Arbeitgeberin und nicht gegen den Insolvenzverwalter abgestellt.



    VII.Die Ansprüche sind nicht verfallen. Es ist schon fraglich, ob die Ausschlussfristen in § 15 MTV oder in § 11 AVT überhaupt zur Anwendung kommen, weil es um Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) als Geschäftsführerin geht, die nicht Partei des Arbeitsvertrags ist oder zumindest gegenüber der Arbeitgeberin eine Geltendmachung erforderlich gewesen wäre. Letztlich kommt es darauf nicht an. Die Ansprüche sind nicht verfallen und zwar weder gegenüber der Beklagten zu 1) noch gegenüber der Arbeitgeberin. Wenn überhaupt, kommt zur Überzeugung der Kammer die Frage der Ansprüche aus dem AVT speziell erfassende Ausschlussfrist des § 11 AVT zur Anwendung. Darauf sind die Parteien im Termin hingewiesen worden. Die Ausschlussfrist läuft indes erst mit den Unterrichtungsschreiben. Diese datieren - soweit sie erfolgt sind - vom 10.01.2014. Die Ansprüche sind aber zur Tabelle am 03.06.2014 angemeldet und jeweils am 25.06.2015 durch den Sachwalter bestritten sowie gegenüber der Beklagten zu 1) am 20.06.2015 geltend gemacht worden. Die Beklagte zu 1) hat auf diese Schreiben bereits am 25.06.2014 geantwortet. Die Ausschlussfrist von sechs Monaten des § 11 AVT ist gewahrt. Auf die Frage, ob diese überhaupt zu laufen beginnt, wenn objektiv falsche Bescheinigungen des Versorgungsträgers versandt werden, kommt es nicht an.



    B.Betreffend die Entgeltumwandlung einschließlich Arbeitgeberzuschuss für den Monat Januar 2014 steht den klagenden Parteien gegen die Beklagte zu 1) kein Anspruch zu. Eine Anspruchsgrundlage ist insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 3 StGB nicht gegeben. Es lag, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte zu 2) erst ab dem 28.02.2014 keine Geschäftsführerin der Arbeitgeberin mehr war, bis dahin keine Fälligkeit zur Abführung der Beiträge an die HPK vor. Ausweislich § 5 Nr. 1 Satz 2 AVT wurden bei der Umwandlung von laufendem Entgelten diese zu einer jährlichen Einmalzahlung zusammengefasst. § 5 Nr. 1 Satz 3 AVB-F sah eine Beitragszahlung erst zum Jahresende vor. Und selbst wenn die tarifliche Regelung in § 5 Nr. 1 Satz 2 AVT unwirksam sein sollte, wovon der Kläger ausgeht, änderte dies nichts. Ein Vorsatz der Beklagten zu 1) betreffend § 266a Abs. 3 StGB lässt sich angesichts der genannten Fälligkeitsbestimmungen nicht begründen. Dies ist im Termin erörtert worden. Weiterer Sachvortrag seitens der klagenden Parteien ist nicht erfolgt.



    C.Die Kostenentscheidung folgt betreffend die Beklagte zu 1) aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Diese ist im Hinblick auf die Kosten des Berufungsverfahrens richtig, weil an diesem nur die klagenden Parteien und die Beklagte zu 1) beteiligt waren. Betreffend die Gerichtskosten der ersten Instanz hat das Gericht übersehen, dass an diesem auch der Beklagte zu 2) beteiligt war. Insoweit hätte es der Abänderung bedurft, weil die Beklagte zu 1) nur die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen hatte. Die andere Hälfte wäre gemäß § 100 Abs. 2 ZPO entsprechend dem Verhältnis der Klageforderungen auf die klagenden Parteien zu verteilen gewesen.



    D.Die Kammer hat für die Beklagte zu 1) die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zugelassen. Es lag kein Grund vor, die Revision für die klagenden Parteien zuzulassen.

    Vorschriften§ 823 Abs. 2 BGB, § 266a Abs. 3 StGB, § 131 InsO, § 14 StGB, 266a Abs. 3 StGB, § 93 InsO, § 128 HGB, § 266a Abs.3 StGB, § 266 Abs. 3 StGB, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 266a Abs. 3, 6 StGB, § 14 Abs. 1 StGB, § 2 Abs. 7 5. VermBG, § 11 Abs. 2 5. VermBG, §§ 328 ff. BGB, § 266a StGB, § 266a Abs. 5 StGB, § 17 StGB, § 266a Abs. 6 Satz 3 StGB, § 266a Abs. 6 Sätze 1 und 2 StGB, § 266a Abs. 6 StGB, §§ 823 Abs. 2 BGB, §§ 129 ff. InsO, § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO, § 130 Abs. 2 InsO, § 255 BGB, § 15 MTV, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 100 Abs. 2 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG

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