05.11.2025 · IWW-Abrufnummer 251026
FG Berlin-Brandenburg: Urteil vom 05.06.2025 – 9 K 9119/23
1. Für Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis entfällt, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im konkreten Einzelfall persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend gewesen sind.
2. Zu den persönlichen Gründen zählen u.a. auch die Absicht, Steuern zu sparen, sowie der Umstand, dass dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, die für den Ausgleich entstandener Verluste herangezogen werden können.
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.06.2025, Az. 9 K 9119/23
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Prozessbeteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der geänderten Bescheide des Beklagten vom 18. Mai 2021 betr. Einkommensteuer 2015 bis 2018 sowie der erstmaligen Einkommensteuerbescheide für 2019 vom 18. Mai 2021, für 2020 vom 20. Januar 2022 und für 2021 vom 27. März 2023.
Der am ... 1941 geborene, alleinstehende Kläger war bis November 2006 als Ministerialbeamter im Bundesdienst nichtselbständig tätig. Seit dem 1. Dezember 2006 (vgl. Ruhestandsurkunde vom 8. November 2006) ist er als Beamter im Ruhestand und erhält Versorgungsbezüge. Er ist seitdem als selbständiger Freiberufler tätig. Im 2. Halbjahr 2007 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen.
Der Kläger ist Eigentümer von zwei von ihm vermieteten Eigentumswohnungen in B..., C...-straße (Anschaffung im Jahr 2009) sowie in D..., E...-straße (Anschaffung im Jahr 2014).
Der Kläger hatte zu Beginn seiner freiberuflichen Tätigkeit seinen Wohnsitz in der F...-straße, D... und zeigte dem Finanzamt D... die Aufnahme seiner Tätigkeit an. Zu einem späteren Zeitpunkt (mindestens ab VZ 2008) verlegte er seinen Wohnsitz in die Mietwohnung G...-straße, D... (Wohnungsgröße: 106 qm). Zu einem noch späteren Zeitpunkt (mindestens ab November 2018) verlegte er seinen Wohnsitz in die Mietwohnung H...-straße, D... (Wohnungsgröße: 190 qm). Die für seine freiberufliche Tätigkeit genutzten Räumlichkeiten befanden sich jeweils innerhalb seiner Mietwohnung. Mitarbeiter (z. B. Schreibkräfte) beschäftigte der Kläger zu keinem Zeitpunkt.
Am 20. Juli 2009 schlossen der Kläger als "Ministerialrat a. D. des K...-Ministeriums" und die I... GmbH & Co KG in J... (Bundesland Baden-Württemberg) rückwirkend für die Zeit ab 1. Mai 2009 einen "Beratervertrag" ab, der die Zahlung eines monatlichen Honorars in Höhe von 892,50 EUR für "Beratungs- und Vertretungsdienste" an den Kläger vorsah. In dem Vertrag heißt es u.a.:
"..."
Der Kläger erklärte neben seinen positiven Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (= Versorgungsbezüge) teils positive (Objekt in D..., E...-straße) und teils negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Objekt in B...; § 19 Einkommensteuergesetzt - EStG -) sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen und Veräußerungsgeschäften wie folgt:
VZ: § 18 EStG § 21 EStG Eink. aus Kapitalvermögen/Veräußerungsgeschäfte
2006 ./. 529 EUR + 2 001 EUR ./. 1 238 EUR
2007 ./. 24 095 EUR + 2 170 EUR ./. 3 920 EUR
2008 ./. 20 698 EUR ./. 1 381 EUR ./. 6 996 EUR
2009 ./. 18 899 EUR + 2 395 EUR + 4 404 EUR
2010 ./. 5 607 EUR + 19 270 EUR + 3 682 EUR
2011 ./. 2 463 EUR ./. 13 100 EUR + 5 964 EUR
2012 ./. 6 431 EUR ./. 24 356 EUR + 7 219 EUR
2013 ./. 14 472 EUR ./. 255 EUR + 34 535 EUR
2014 ./. 14 430 EUR ./. 2 468 EUR + 38 895 EUR
2015 ./. 18 666 EUR + 11 491 EUR + 8 429 EUR
2016 + 233 EUR ./. 8 567 EUR + 10 145 EUR
2017 ./. 14 541 EUR ./. 12 633 EUR + 12 811 EUR
2018 ./. 7 438 EUR ./. 11 388 EUR + 12 823 EUR
2019 ./. 17 674 EUR ./. 2 968 EUR + 3 290 EUR
2020 ./. 25 430 EUR + 12 253 EUR + 16 204 EUR
2021 + 1 331 EUR + 14 978 EUR + 20 155 EUR
2022 + 7 994 EUR
Die vom Kläger in den Anlagen EÜR zu seinen Einkommensteuererklärungen erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit setzten sich wie folgt zusammen:
Betriebseinnahmen (inkl. Privatanteil): Betriebsausgaben:
2006: 0,00 EUR 529,00 EUR
2007: 12 337,54 EUR 36 431,77 EUR
2008: 2 003,79 EUR 22 567,15 EUR
2009: 9 166,92 EUR 28 513,40 EUR
2010: 10 897,99 EUR 16 875,36 EUR
2011: 14 023,33 EUR 16 486,18 EUR
2012: 17 789,13 EUR 24 220,52 EUR
2013: 15 383,10 EUR 30 017,45 EUR
2014: 12 982,26 EUR 27 450,07 EUR
2015: 13 628,99 EUR 32 294,52 EUR
2016: 17 128,23 EUR 16 895,09 EUR (einschl. Umsatzsteuer)
2017: 3 937,33 EUR 18 478,30 EUR
2018: 9 310,21 EUR 16 747,76 EUR
2019: 9 670,53 EUR 27 344,07 EUR
2020: 856,95 EUR 26 287,07 EUR
2021: 18 829,85 EUR 17 498,72 EUR
Der Kläger bezeichnete die Art seiner freiberuflichen Tätigkeit in den Anlagen EÜR dabei wie folgt:
2006: Unternehmensberatung 2007: Unternehmensberater und Rechtsanwalt
2008 bis 2013: Unternehmensberatung/Rechtsanwalt
2013 bis 2017: Rechtsanwalt
2018 bis 2021: Rechtsanwalt und Mediator
Der Beklagte folgte für die Jahre 2006 bis 2014 weitestgehend den Angaben des Klägers über seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG). Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide für 2006 bis 2014 wurden bestandskräftig. Für die Jahre 2015 bis 2018 folgte der Beklagte zunächst ebenfalls den Erklärungen des Klägers, erließ die entsprechenden Einkommensteuerbescheide jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -).
2015: Bescheid vom 16. Januar 2018 2016: Bescheid vom 26. Juni 2018
2017: Bescheid vom 2. Januar 2019 2018: Bescheid vom 23. Juni 2020
Im erstmaligen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom 18. Mai 2021 ließ der Beklagte die vom Kläger erklärten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 17 674,00 EUR unberücksichtigt. Am selben Tag erließ er außerdem geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2018, in welchen die vom Kläger erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit ebenfalls unberücksichtigt blieben und der Vorbehalt der Nachprüfung jeweils aufgehoben wurde. Außerdem erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger Bescheide über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer für die Jahre 2015, 2017 und 2018.
Der Kläger legte gegen die vorgenannten Bescheide jeweils fristgerecht Einsprüche ein.
In den erstmaligen Einkommensteuerbescheiden für das Jahr 2020 vom 20. Januar 2022 und für das Jahr 2021 vom 27. März 2023 ließ der Beklagte die jeweils vom Kläger erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit unberücksichtigt. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger fristgerecht Einsprüche ein.
Zur Begründung seiner Einsprüche machte der Kläger u. a. Folgendes geltend: Er habe im Rahmen seiner beruflichen Neuorientierung nach seiner Pensionierung an verschiedenen Fortbildungen in den Bereichen Erb- und Familienrecht (2016 und 2017) sowie Mediation (2018) teilgenommen. Darüber hinaus habe er in den Jahren 2019 und 2020 einen Universitätskurs zur Fortbildung zum zertifizierten Mediator absolviert sowie an einer Ausbildung zum Mediator in Kindesentführungsfällen teilgenommen. Die Fortbildungen, die nach dem Auslaufen seiner Beratungstätigkeit für die I... stattgefunden hätten, hätten ausschließlich seiner beruflichen Neuorientierung gedient. Diese unterliege dem grundrechtlichen Schutz auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf freie Berufswahl. Seine berufliche Neuorientierung sei außerdem mit ganz erheblichen Umzugskosten verbunden gewesen. Es sei daher mit einer längeren Anlaufzeit zu rechnen, bis er stabile Gewinne aus seinem neuen Beruf erzielen werde.
Er strebe seit etlichen Jahren die Zusammenarbeit mit etablierten Rechtsanwaltskanzleien an. Außerdem habe er Kontakt mit der deutschen Vereinigung für Vorsorge- und Betreuungsrecht aufgenommen und verteile entsprechende Werbeflyer, um Ansprechpartner für Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen und Betreuungsverhältnisse zu werden. Des Weiteren sei er in den Vorstand des "Vereins Integrierte Mediation" eingetreten und habe die Leitung von ... übernommen. Es sei jedoch in diesem Zusammenhang noch zu keiner Mandatserteilung gekommen.
Die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen hätten zu einer deutlichen Verringerung der potentiellen Mediationsfälle geführt.
Mittels Einspruchsentscheidungen vom 27. Juli und vom 1. August 2023 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass auch bei einer verlustbringenden Tätigkeit als Rechtsanwalt entsprechend den Grundsätzen in der betreffenden Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - das Vorliegen der notwendigen Gewinnerzielungsabsicht dann zu verneinen sei, wenn aus weiteren Anzeichen die Feststellung getroffen werden könne, dass die Tätigkeit nur aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt werde.
Zunächst sei festzuhalten, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit nicht hauptberuflich und nicht in gesondert angemieteten Räumlichkeiten, sondern regelmäßig in den von ihm selbst bewohnten Wohnungen ausgeübt habe. Darüber hinaus beschäftige er kein Personal. Insoweit stelle sich der Sachverhalt bereits anders dar als einer typischen Anwaltskanzlei. Hinzu komme, dass der Kläger im Betrachtungszeitraum regelmäßig Versorgungsbezüge als Ruhestandsbeamter und darüber hinaus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen erzielt habe. Die letztgenannten Einkünfte würden aus einem nicht unerheblichen Vermögen resultieren.
Der Beweis des ersten Anscheins sei entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit gegeben sei, dass für den Kläger nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Motive für die Führung bzw. Fortführung des Unternehmens bestimmend seien. Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen. Der Kläger habe nach seiner Pensionierung weiterhin einer anspruchsvollen Beschäftigung mit einer gewissen Wertschätzung der geleisteten Arbeit nachgehen wollen. Die Erzielung eines Gewinns aus dieser Tätigkeit sei dabei eher nachrangig gewesen. Nicht außer Acht zu lassen sei auch ein mit dem Beruf des Rechtsanwaltes verbundenes Sozialprestige. Hinzu komme der Effekt der deutlichen jährlichen Steuerersparnis durch Verrechnung der erzielten Verluste mit den positiven Einkünften als pensionierter Beamter etc.
Entgegen der Auffassung des Klägers stelle die Einbeziehung seines fortgeschrittenen Lebensalters in die vorzunehmende Betrachtung keine Altersdiskriminierung dar. Es liege durchaus nahe, dass der Kläger angesichts seines Alters (82 Jahre) seine anwaltliche Tätigkeit nicht mehr über einen längeren Zeitraum werde ausüben und insbesondere die in den zurückliegenden Jahren aufgelaufenen Verluste nicht mehr durch entsprechende Gewinne werde ausgleichen können.
Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben.
In der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2025 hat der Kläger seine Klage gegen die Bescheide über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 2015, 2017 und 2018 zurückgenommen. Mit Beschluss vom 5. Juni 2025 hat der Senat die Klage gegen die Bescheide über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 2015, 2017 und 2018 abgetrennt und unter dem später vergebenen Aktenzeichen 9 K 9101/25 eingestellt.
Zur Begründung seiner Klage vertieft der Kläger sein Vorbringen im Einspruchsverfahren. Die angefochtenen Bescheide würden sich praktisch wie ein Berufsverbot auswirken. Die Bescheide würden die verschlüsselte Botschaft an ihn, den Kläger, enthalten, seine aktuelle berufliche Tätigkeit aufzugeben. Dies erscheine als unzulässige Einmischung des Staates in die private Lebensführung und Persönlichkeitsentfaltung.
Die pauschale Verlustaufsummierung, wie sie der Beklagte vorgenommen habe, sei unzulässig. Es seien ganz erhebliche Aufwendungen für die Einrichtung der neuen Kanzleiräume im Gebäude H...-straße (rund 10 000,00 EUR) sowie für die Gestaltung des Internet-Auftritts (mehrere tausend EUR) angefallen, die man bei der Berechnung eines evtl. "Totalgewinns" herausrechnen müsse.
Es werde gebeten, den Rechtsstreit auf die steuerliche Beurteilung des Zeitraums von 2015 bis 2019 zu beschränken. Der vorhergehende Zeitraum sei mit der streitrelevanten Zeitspanne in keiner Weise vergleichbar. Außerdem dürften Fristengründe einer Gesamtbetrachtung und Gesamtbeurteilung entgegenstehen. In den vorgenannten Jahren habe er nach dem Auslaufen seiner beratenden Tätigkeit für die I... GmbH & Co. KG (= Ende des Jahres 2015) eine berufliche Neuorientierung angestrebt und zu diesem Zweck an verschiedenen längerfristigen Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen. In dieser Zeitspanne habe er naturgemäß geringere Einnahmen erzielt.
Der von ihm u.a. im Jahr 2016 besuchte Fachanwaltslehrgang im Erbrecht finde an insgesamt vier mehrtägigen Terminen statt und erstrecke sich praktisch über ein ganzes Kalenderjahr. Er erfordere eine intensive Mitarbeit der Kursteilnehmer, die an vier Wochenenden bei Klausuren gefordert seien. Im Folgejahr 2017 habe er nach dem gleichen Prozedere einen Fachanwaltslehrgang für Familienrecht erfolgreich absolviert. Im darauffolgenden Jahr 2018 habe er zur weiteren Fortbildung im Bereich der alternativen Streitbeilegung einen Mediations-Kurs belegt, der sich ähnlich wie die vorgenannten Fachanwaltskurse über den Großteil eines Jahreszeitraums erstreckt habe.
Schließlich habe er ein weiteres Jahr später im organisatorischen Rahmen des L...Zentrums einen Lehrgang zur Lösung internationaler Familienstreitigkeiten und internationaler Kindesentführungen durchlaufen und erfolgreich abgeschlossen. Er habe bereits einen Rechtsstreit betreffend internationale Kindesentführung in zwei Instanzen geführt. Derzeit sei er über das L...-Zentrum in zwei internationalen Mediationsfällen tätig. Zudem führe er gegenwärtig eine Mediation in einer Familiensache durch. Daraus lasse sich entnehmen, dass Mediation sowohl im deutschen als auch im internationalen Rechtsraum durchaus Chancen auf entgeltliche Aktivitäten biete. Allerdings sei gerade die Akquise von Mediationsfällen nicht einfach, weil hier - ähnlich wie bei Rechtsanwälten - eine Vielzahl von Anbietern vorhanden sei und diese häufig sehr günstige Offerten machen würden, mit denen ein geschulter Mediator nicht mithalten könne.
Die Mediation sei ein besonderer Beruf und weder mit der Ausbildung noch mit der Praxis eines Rechtsanwaltes gleichzusetzen.
Er, der Kläger, habe im Lauf seiner beruflichen Neuorientierung mehrfach gesundheitliche Rückschläge hinnehmen müssen. In den Jahren 2016 und 2017 habe er sich im Abstand von rund 12 Monaten im D... P...-Krankenhaus zweimal am linken Knie operieren lassen müssen. Dies sei nicht nur mit Ausfallzeiten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den operativen Eingriffen verbunden gewesen, sondern auch mit sich daran anschließenden mehrwöchigen Rehabilitationszyklen. Ferner habe er sich bei einem Auslandsaufenthalt in den Jahren 2018/2019 komplizierte Rippenbrüche zugezogen, die ebenfalls längere gesundheitliche Erholungsphasen zur Folge gehabt hätten.
Ferner dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass in den vorliegend zu betrachtenden Zeitraum die Corona-Pandemie falle, die generell zu einer Einschränkung bzw. einem Rückgang praktisch aller wirtschaftlichen Aktivitäten geführt habe. Er, der Kläger, habe von den vielfältig angebotenen Unterstützungsleistungen des Staates keinen Gebrauch gemacht. Allerdings sei er wie fast alle Wirtschaftsakteure Leidtragender von Zurückhaltung bzw. Rückgang bei wirtschaftlichen, auch anwaltlichen Initiativen gewesen.
Seine persönlichen gesundheitlichen Probleme sowie der coronabedingte Stillstand des Wirtschaftsklimas und der Wirtschaftsentwicklung seien vom Beklagten gänzlich außer Acht gelassen worden.
In einer Zeit, in der Deutschland über einen Mangel an fachberuflichen Arbeitskräften klagt, sei es im Übrigen völlig deplatziert, dass der Beklagte unausgesprochen zum Genuss des Ruhestandes aufrufe. Es sei daran erinnert, dass eine kürzlich verstorbene Juristin im Alter von 86 Jahren eine Anwaltskanzlei gegründet habe. Auch in einem Alter von 90 Jahren seien nachweislich noch anwaltliche Aktivitäten möglich.
Seit dem Jahr 2021 sei nach Abschluss der anwaltlichen Fortbildung auf den Gebieten Erbrecht, Familienrecht, Mediation und grenzüberschreitender Kindesentführung eine deutliche Einkommenssteigerung zu erkennen, die eine separate steuerliche Betrachtung erfordere.
Die Raumkosten hinsichtlich der Wohnung H...-straße, D... seien wie erklärt als Betriebsausgaben anzuerkennen. Er nutze hauptsächlich den mit 50,9 qm größten Raum der Wohnung für seine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt und als Mediator.
Bei der Einkommensteuerveranlagung für 2021 seien weitere, in der betreffenden Einkommensteuererklärung noch nicht berücksichtigte Betriebsausgaben in Höhe von 495,00 EUR (= Teilnahmegebühr 15. Deutscher Erbrechtstag) steuermindernd zu berücksichtigen.
Auch der BFH konzediere sog. Anlaufverluste und sei der Meinung, dass bei der Beurteilung einer Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsanwaltes auf eine größere Zahl von Jahren abzustellen sei (Hinweis auf Rz. 16, 22 und 24 im BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 - XI R 6/02, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2005, 392).
Er, der Kläger, überprüfe im Übrigen ständig seine Einkommenssituation und unternehme fortlaufend Schritte, um seine Auftragseingänge zu erhöhen. So unterhalte er z. B. einen kostenaufwändigen Internetauftritt, den er ständig auf dem Laufenden halte. Ferner habe er nach unbefriedigenden Ergebnissen eines Werbeanbieters den Werbepartner gewechselt und sei jetzt bei anwalt.de registriert.
Die vorstehenden Darlegungen würden belegen, dass er seinen anwaltlichen Beruf keineswegs als Hobby betreibe, sondern sich als ernsthafter Akteur in der deutschen Rechtspflege betrachte. Als weiteres Indiz hierfür sei aufgeführt, dass er kürzlich eine Anmerkung zu einem Rechtsprechungsfall veröffentlicht habe (ErbR ...).
Er, der Kläger, betreibe seine anwaltliche Tätigkeit nicht neben-, sondern hauptberuflich, weshalb die Rechtsgrundsätze des BFH-Beschlusses vom 17. Juli 2024 - VIII R 48/23, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2024, 1141 auf ihn nicht anwendbar seien.
Er verfüge nicht mehr über Bankkontoauszüge betr. die Jahre 2007 bis 2015. Er habe daher bei der M... Bank AG, bei der er ein Girokonto unterhalten habe, nachgefragt, ob dort noch Auszüge betreffend den vorgenannten Zeitraum vorhanden seien. Die M... Bank AG habe seine Anfrage mit Schreiben vom 25. März 2023 abschlägig beantwortet.
Die von ihm in der Zeit ab 1. Mai 2009 unter der Firma "N..." erbrachten Beratungsleistung zugunsten der I... hätten auf einem vorangegangenen schriftlichen "Leistungsangebot" von ihm beruht. Auf der Basis des ersten Beratervertrages sei zunächst ein monatliches Honorar in Höhe von 892,50 EUR vereinbart und von der Auftraggeberin auch entrichtet worden. In einer späteren Version des Beratervertrages vom November 2010 sei vereinbart worden, dass zusätzlich dem ursprünglichen Honorar in Höhe von 892,50 EUR auch die Umsatzsteuer von den I... übernommen werde, sodass insgesamt ein monatliches Honorar in Höhe von 1 062,07 EUR gezahlt worden sei. Die letzte Zahlung sei am 11. November 2015 erfolgt. Anschließend habe es lediglich einen weiteren Anschlussauftrag gegeben, für den am 4. September 2017 eine Rechnung über 3 495,63 EUR ausgestellt worden sei. Die vorstehenden Angaben könne Herr O... als Bereichsleiter Patente/Lizenzen bei der I... GmbH & Co. KG bezeugen.
Die von ihm in seinen Einkommensteuererklärungen als Kanzleiräume geltend gemachten Räumlichkeiten seien von ihm in den Streitjahren ausnahmslos für berufliche Zwecke genutzt worden. Der große Hauptraum, der für den Empfang und die Beratung von Mandanten bzw. Medianden genutzt werde, diene anwaltlichen und mediativen Zwecken. Die Toilette im Eingangsbereich diene ausschließlich dem Gebrauch durch Mandanten, da die Wohnung im hinteren Teil einen zweiten Toiletten- und Badbereich aufweise.
Wegen der weiteren Ausführungen des Klägers wird auf dessen Schriftsätze im Hauptsacheverfahren 9 K 9119/23 sowie im Verfahren 9 V 9080/24 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide über Einkommensteuer 2015 - 2018, jeweils vom 18. Mai 2021 in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023, dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit wie vom Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen erklärt bei seinen Einkommensteuerveranlagungen zugrunde gelegt werden
und
die Bescheide über Einkommensteuer für 2019 vom 18. Mai 2021, Einkommensteuer für 2020 vom 20. Januar 2022 und Einkommensteuer für 2021 vom 27. März 2023, jeweils in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023, dahin gehend zu ändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit - wie vom Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen erklärt - sowie unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von 495,00 EUR im Jahr 2021 (= Teilnahmegebühr 15. Deutscher Erbrechtstag) bei seinen Einkommensteuerveranlagungen zugrunde gelegt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertieft seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Die für die I... ausgeübte Tätigkeit habe in keinem einzigen Jahr zu einem Überschuss der Betriebseinnahmen im Verhältnis zu den Betriebsausgaben geführt. Somit habe der Kläger insoweit nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt.
Es bestünden von seiner, des Beklagten, Seite keine Zweifel daran, dass der Kläger Räumlichkeiten in seiner Wohnung zur Ausübung seiner freiberuflichen Tätigkeit genutzt habe. Ein Zugang zu den vom Kläger als privat genutzt deklarierten Räumen (Küche, Zimmer, Bad und ggf. auch die Terrasse) sei aber offensichtlich nur über die beruflich genutzten Räumlichkeiten möglich gewesen. Dass es sich dabei um eine lediglich untergeordnete private Mitbenutzung gehandelt habe, sei als fraglich anzusehen.
Für das Jahr 2023 würden sich nach den bisherigen Angaben des Klägers Betriebseinnahmen in Höhe von 16 086,42 EUR ergeben. Sofern jedoch ähnlich hohe Betriebsausgaben angefallen seien wie in den Vorjahren, würden sich auch für diesen VZ keine positiven Einkünfte ergeben. Für das Jahr 2024 erscheine das Erzielen eines positiven Ergebnisses aufgrund der wesentlich höheren Umsätze durchaus möglich. Jedoch würden hierzu noch Angaben zur Höhe der Betriebsausgaben fehlen.
Wegen der weiteren Ausführungen des Beklagten wird auf dessen Schreiben vom 20. November 2023, vom 1. August 2024, vom 9. Januar und vom 13. Februar sowie vom 21. Mai 2025 Bezug genommen.
Der Berichterstatter hat den Kläger mit Schreiben vom 26. Februar 2025 unter Berufung auf § 79 b Abs. 2 FGO aufgefordert, bis zum 25. April 2025
1. durch Vorlage entsprechender Bankkontoauszüge oder auf andere Weise (z. B. durch Vorlage entsprechender Honorarabrechnungen seitens der jeweiligen Auftraggeber) nachzuweisen, wie sich die in den Einkommensteuererklärungen und den dazugehörigen Anlagen EÜR für die Jahre 2007 - 2015 erklärten Erlöse aus der freiberuflichen Tätigkeit im Sinne von § 18 EStG zusammengesetzt haben, d. h. welcher Geldzufluss im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit in jenen Jahren von welchem Auftraggeber und in welcher Höhe herrührte (Bankkontoauszüge kann man nach der Erfahrung des Gerichts aus anderen Streitfällen auch nach Ablauf von mehr als zehn Jahren von der betreffenden Bank erhalten)
2. darzulegen und nachzuweisen, dass die als häusliches Arbeitszimmer geltend gemachten Räumlichkeiten in der Wohnung H...-straße, D..., in den Jahren 2019 - 2021 fast ausschließlich, d. h. zu 90 v. H., zu beruflichen Zwecken verwendet worden sind (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Loschelder, in: Schmidt, EStG, 43. Aufl. (2024), § 4 Rz 121 m. w. N.).
3. darzulegen und nachzuweisen, welche Gegenstände im Einzelnen als Büroausstattung für die Wohnung am 23. November 2018 (Zugang in der Buchführung: 6 722,69 EUR) angeschafft worden sind.
Im selben Schreiben wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der oben genannten Frist vorgebracht werden, unter bestimmten Voraussetzungen zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden kann.
Dem erkennenden Gericht haben bei seiner Entscheidung die Akten 9 K 9119/23, 9 V 9120/23, 9 V 9112/24 und 9 V 9080/24 des FG Berlin-Brandenburg sowie drei Bände Steuerakten des Beklagten betr. den Kläger (StNr.: ...) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide vom 18. Mai 2021 für die Jahre 2015 bis 2019 sowie vom 20. Januar 2022 für das Jahr 2020 und vom 27. März 2023 für das Jahr 2021, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Der Beklagte hat das Vorhandensein der notwendigen Gewinnerzielungsabsicht des Klägers hinsichtlich dessen Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 EStG zu Recht für alle Streitjahre unter Hinweis auf die langjährige Rechtsprechung des BFH hierzu, der das Gericht folgt, verneint (vgl. dazu zuletzt BFH, Beschluss vom 17. Juli 2024 - VIII B 48/23, BFH/NV 2024, 1141 m. w. N.).
Bei der Ermittlung des Einkommens für die Festsetzung der Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, dass die ihnen zugrundeliegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984,751). Fehlt es an dieser Voraussetzung, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse wegen Fehlens der Gewinnerzielungsabsicht auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 EStG einordnen ließen. Auch bei der Einkunftsart "selbständige Arbeit" ist deshalb nach der BFH-Rechtsprechung, der der Senat folgt, eine derartige Gewinnerzielungsabsicht zu fordern (BFH, Urteil vom 14. Dezember 2004 - XI R 6/02, BStBl II 2005, 392 m.w.N.).
Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH (vom 25. Juni 1984, aaO) ist die Gewinnerzielungsabsicht eine innere Tatsache, die - wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge - nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können.
Ein für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis entfällt nach Ansicht des BFH bereits dann, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend gewesen sind. Persönliche Gründe sind alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive. Hierzu zählt auch die Absicht, Steuern zu sparen. Als Indiz für die Weiterführung des Verlustbetriebes aus persönlichen Gründen kann nach der BFH-Rechtsprechung auch der Umstand gewertet werden, dass dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, die für den Ausgleich entstandener Verluste herangezogen werden können. Ebenso kann die Weiterführung des Verlustbetriebes aus persönlichen Gründen indizieren, wenn der Steuerpflichtige es trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, erfolgversprechende Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebs zu ergreifen (vgl. dazu nur BFH, Urteil vom 14. Dezember 2004, a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Betrachtungszeitraum 2007 bis 2021 aus seiner freiberuflichen Tätigkeit mit Ausnahme von zwei Jahren (2016 und 2021) Jahr für Jahr hohe Verluste erzielt (durchschnittlich mehr als 12 500,00 EUR pro Jahr unter Einbeziehung der beiden Jahre mit positiven Einkünften). Erfolgversprechende Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebes wie z. B. eine deutliche Erhöhung der Betriebseinnahmen durch Übernahme einer größeren Anzahl von Mandaten im Wege der Ausweitung auf allgemeine zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Fragestellungen hat der Kläger im Betrachtungszeitraum nach der Überzeugung des erkennenden Senates nicht ergriffen. Dies wird anhand der Zahlen für die Jahre 2017 und 2020 besonders deutlich, in welchen er nur Jahresbetriebseinnahmen in Höhe von 3 937,00 bzw. 856,95 EUR erzielt hat, also monatlich durchschnittlich nur in Höhe von rund 328,00 bzw. 71,41 EUR, denen Jahresbetriebsausgaben in Höhe von 18 478,30 bzw. 26 287,07 EUR gegenüberstehen.
Eine Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf die Jahre ab 2015 - wie es der Kläger für richtig hält - ist im vorliegenden Zusammenhang nicht geboten. Dies wäre nur dann sachgerecht, wenn der Kläger ab dem Jahr 2015 eine ganz andere freiberufliche Tätigkeit ausgeübt hätte als in den Jahren zuvor (z. B. ein zunächst als selbständiger Zahnarzt tätiger Steuerpflichtiger betätigt sich in späteren Jahren als Schriftsteller). Der Kläger hat sich hingegen nach der Überzeugung des erkennenden Senats in allen Jahren ab 2007 auch als selbständiger Rechtsanwalt betätigt. Diese Überzeugung beruht auf den eigenen Angaben des Klägers in den Anlagen EÜR zu seinen Einkommensteuererklärungen, in denen er für alle Jahre seine freiberufliche Tätigkeit auch als diejenige eines Rechtsanwaltes bezeichnet hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Klägers für die I... unstreitig erst am 1. Mai 2009 begonnen hat, der Kläger aber unstreitig auch schon in den Jahren 2007 und 2008 sowie in den ersten vier Monaten des Jahres 2009 als Freiberufler nicht unerhebliche Betriebseinnahmen erzielt hat (z. B. im Jahr 2007 Betriebseinnahmen in Höhe von über 12 000,00 EUR). Der Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 28. Februar 2025, die Herkunft und Zusammensetzung seiner Betriebseinnahmen in den Jahren 2007 bis 2015 durch Vorlage entsprechender schriftlicher Unterlagen (z. B. Honorarabrechnungen oder Bankkontoauszüge) nachzuweisen, ist der Kläger nicht nachgekommen. Dieser Umstand geht zu seinen Lasten, denn die Feststellungslast dahingehend, dass seine freiberufliche Tätigkeit in den Jahren 2007 bis 2014 eine ganz andere gewesen sei als in den Folgejahren 2015 bis 2021, trifft den Kläger.
Die weiteren vom Kläger als Gründe für die Entstehung der hohen jährlichen Verluste hinsichtlich seiner freiberuflichen Tätigkeit angeführten Gesichtspunkte führen zu keiner anderen steuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes. Insbesondere hat er nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass die von ihm besuchten Fortbildungsveranstaltungen, die Corona-Epidemie oder gesundheitliche Probleme ihn nachhaltig daran gehindert hätten, seine freiberufliche Tätigkeit in die Gewinnzone zu führen.
Die Entscheidung des Beklagten, die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in den Jahren 2015 bis 2021 mangels Gewinnerzielungsabsicht bei der Ermittlung von dessen einkommensteuerpflichtigem Einkommen nicht zu berücksichtigen, stellt auch keine unzulässige Diskriminierung des Klägers aus Altersgründen dar. Vielmehr hat der Beklagte nur eine langjährige BFH-Rechtsprechung angewendet, die sich unabhängig vom jeweiligen Alter des einzelnen Steuerpflichtigen herausgebildet hat.
Wegen der weiteren Begründung der Entscheidung wird zur Entlastung des Gerichts gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dessen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023 verwiesen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Tenor:
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Prozessbeteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der geänderten Bescheide des Beklagten vom 18. Mai 2021 betr. Einkommensteuer 2015 bis 2018 sowie der erstmaligen Einkommensteuerbescheide für 2019 vom 18. Mai 2021, für 2020 vom 20. Januar 2022 und für 2021 vom 27. März 2023.
Der am ... 1941 geborene, alleinstehende Kläger war bis November 2006 als Ministerialbeamter im Bundesdienst nichtselbständig tätig. Seit dem 1. Dezember 2006 (vgl. Ruhestandsurkunde vom 8. November 2006) ist er als Beamter im Ruhestand und erhält Versorgungsbezüge. Er ist seitdem als selbständiger Freiberufler tätig. Im 2. Halbjahr 2007 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen.
Der Kläger ist Eigentümer von zwei von ihm vermieteten Eigentumswohnungen in B..., C...-straße (Anschaffung im Jahr 2009) sowie in D..., E...-straße (Anschaffung im Jahr 2014).
Der Kläger hatte zu Beginn seiner freiberuflichen Tätigkeit seinen Wohnsitz in der F...-straße, D... und zeigte dem Finanzamt D... die Aufnahme seiner Tätigkeit an. Zu einem späteren Zeitpunkt (mindestens ab VZ 2008) verlegte er seinen Wohnsitz in die Mietwohnung G...-straße, D... (Wohnungsgröße: 106 qm). Zu einem noch späteren Zeitpunkt (mindestens ab November 2018) verlegte er seinen Wohnsitz in die Mietwohnung H...-straße, D... (Wohnungsgröße: 190 qm). Die für seine freiberufliche Tätigkeit genutzten Räumlichkeiten befanden sich jeweils innerhalb seiner Mietwohnung. Mitarbeiter (z. B. Schreibkräfte) beschäftigte der Kläger zu keinem Zeitpunkt.
Am 20. Juli 2009 schlossen der Kläger als "Ministerialrat a. D. des K...-Ministeriums" und die I... GmbH & Co KG in J... (Bundesland Baden-Württemberg) rückwirkend für die Zeit ab 1. Mai 2009 einen "Beratervertrag" ab, der die Zahlung eines monatlichen Honorars in Höhe von 892,50 EUR für "Beratungs- und Vertretungsdienste" an den Kläger vorsah. In dem Vertrag heißt es u.a.:
"..."
Der Kläger erklärte neben seinen positiven Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (= Versorgungsbezüge) teils positive (Objekt in D..., E...-straße) und teils negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Objekt in B...; § 19 Einkommensteuergesetzt - EStG -) sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen und Veräußerungsgeschäften wie folgt:
VZ: § 18 EStG § 21 EStG Eink. aus Kapitalvermögen/Veräußerungsgeschäfte
2006 ./. 529 EUR + 2 001 EUR ./. 1 238 EUR
2007 ./. 24 095 EUR + 2 170 EUR ./. 3 920 EUR
2008 ./. 20 698 EUR ./. 1 381 EUR ./. 6 996 EUR
2009 ./. 18 899 EUR + 2 395 EUR + 4 404 EUR
2010 ./. 5 607 EUR + 19 270 EUR + 3 682 EUR
2011 ./. 2 463 EUR ./. 13 100 EUR + 5 964 EUR
2012 ./. 6 431 EUR ./. 24 356 EUR + 7 219 EUR
2013 ./. 14 472 EUR ./. 255 EUR + 34 535 EUR
2014 ./. 14 430 EUR ./. 2 468 EUR + 38 895 EUR
2015 ./. 18 666 EUR + 11 491 EUR + 8 429 EUR
2016 + 233 EUR ./. 8 567 EUR + 10 145 EUR
2017 ./. 14 541 EUR ./. 12 633 EUR + 12 811 EUR
2018 ./. 7 438 EUR ./. 11 388 EUR + 12 823 EUR
2019 ./. 17 674 EUR ./. 2 968 EUR + 3 290 EUR
2020 ./. 25 430 EUR + 12 253 EUR + 16 204 EUR
2021 + 1 331 EUR + 14 978 EUR + 20 155 EUR
2022 + 7 994 EUR
Saldo: ./. 182 039 EUR
Betriebseinnahmen (inkl. Privatanteil): Betriebsausgaben:
2006: 0,00 EUR 529,00 EUR
2007: 12 337,54 EUR 36 431,77 EUR
2008: 2 003,79 EUR 22 567,15 EUR
2009: 9 166,92 EUR 28 513,40 EUR
2010: 10 897,99 EUR 16 875,36 EUR
2011: 14 023,33 EUR 16 486,18 EUR
2012: 17 789,13 EUR 24 220,52 EUR
2013: 15 383,10 EUR 30 017,45 EUR
2014: 12 982,26 EUR 27 450,07 EUR
2015: 13 628,99 EUR 32 294,52 EUR
2016: 17 128,23 EUR 16 895,09 EUR (einschl. Umsatzsteuer)
2017: 3 937,33 EUR 18 478,30 EUR
2018: 9 310,21 EUR 16 747,76 EUR
2019: 9 670,53 EUR 27 344,07 EUR
2020: 856,95 EUR 26 287,07 EUR
2021: 18 829,85 EUR 17 498,72 EUR
2022: 26 992,69 EUR 18 999,13 EUR
2006: Unternehmensberatung 2007: Unternehmensberater und Rechtsanwalt
2008 bis 2013: Unternehmensberatung/Rechtsanwalt
2013 bis 2017: Rechtsanwalt
2018 bis 2021: Rechtsanwalt und Mediator
Der Beklagte folgte für die Jahre 2006 bis 2014 weitestgehend den Angaben des Klägers über seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG). Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide für 2006 bis 2014 wurden bestandskräftig. Für die Jahre 2015 bis 2018 folgte der Beklagte zunächst ebenfalls den Erklärungen des Klägers, erließ die entsprechenden Einkommensteuerbescheide jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -).
2015: Bescheid vom 16. Januar 2018 2016: Bescheid vom 26. Juni 2018
2017: Bescheid vom 2. Januar 2019 2018: Bescheid vom 23. Juni 2020
Im erstmaligen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom 18. Mai 2021 ließ der Beklagte die vom Kläger erklärten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 17 674,00 EUR unberücksichtigt. Am selben Tag erließ er außerdem geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2018, in welchen die vom Kläger erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit ebenfalls unberücksichtigt blieben und der Vorbehalt der Nachprüfung jeweils aufgehoben wurde. Außerdem erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger Bescheide über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer für die Jahre 2015, 2017 und 2018.
Der Kläger legte gegen die vorgenannten Bescheide jeweils fristgerecht Einsprüche ein.
In den erstmaligen Einkommensteuerbescheiden für das Jahr 2020 vom 20. Januar 2022 und für das Jahr 2021 vom 27. März 2023 ließ der Beklagte die jeweils vom Kläger erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit unberücksichtigt. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger fristgerecht Einsprüche ein.
Zur Begründung seiner Einsprüche machte der Kläger u. a. Folgendes geltend: Er habe im Rahmen seiner beruflichen Neuorientierung nach seiner Pensionierung an verschiedenen Fortbildungen in den Bereichen Erb- und Familienrecht (2016 und 2017) sowie Mediation (2018) teilgenommen. Darüber hinaus habe er in den Jahren 2019 und 2020 einen Universitätskurs zur Fortbildung zum zertifizierten Mediator absolviert sowie an einer Ausbildung zum Mediator in Kindesentführungsfällen teilgenommen. Die Fortbildungen, die nach dem Auslaufen seiner Beratungstätigkeit für die I... stattgefunden hätten, hätten ausschließlich seiner beruflichen Neuorientierung gedient. Diese unterliege dem grundrechtlichen Schutz auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf freie Berufswahl. Seine berufliche Neuorientierung sei außerdem mit ganz erheblichen Umzugskosten verbunden gewesen. Es sei daher mit einer längeren Anlaufzeit zu rechnen, bis er stabile Gewinne aus seinem neuen Beruf erzielen werde.
Er strebe seit etlichen Jahren die Zusammenarbeit mit etablierten Rechtsanwaltskanzleien an. Außerdem habe er Kontakt mit der deutschen Vereinigung für Vorsorge- und Betreuungsrecht aufgenommen und verteile entsprechende Werbeflyer, um Ansprechpartner für Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen und Betreuungsverhältnisse zu werden. Des Weiteren sei er in den Vorstand des "Vereins Integrierte Mediation" eingetreten und habe die Leitung von ... übernommen. Es sei jedoch in diesem Zusammenhang noch zu keiner Mandatserteilung gekommen.
Die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen hätten zu einer deutlichen Verringerung der potentiellen Mediationsfälle geführt.
Mittels Einspruchsentscheidungen vom 27. Juli und vom 1. August 2023 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass auch bei einer verlustbringenden Tätigkeit als Rechtsanwalt entsprechend den Grundsätzen in der betreffenden Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - das Vorliegen der notwendigen Gewinnerzielungsabsicht dann zu verneinen sei, wenn aus weiteren Anzeichen die Feststellung getroffen werden könne, dass die Tätigkeit nur aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt werde.
Zunächst sei festzuhalten, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit nicht hauptberuflich und nicht in gesondert angemieteten Räumlichkeiten, sondern regelmäßig in den von ihm selbst bewohnten Wohnungen ausgeübt habe. Darüber hinaus beschäftige er kein Personal. Insoweit stelle sich der Sachverhalt bereits anders dar als einer typischen Anwaltskanzlei. Hinzu komme, dass der Kläger im Betrachtungszeitraum regelmäßig Versorgungsbezüge als Ruhestandsbeamter und darüber hinaus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen erzielt habe. Die letztgenannten Einkünfte würden aus einem nicht unerheblichen Vermögen resultieren.
Der Beweis des ersten Anscheins sei entkräftet, wenn die ernsthafte Möglichkeit gegeben sei, dass für den Kläger nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Motive für die Führung bzw. Fortführung des Unternehmens bestimmend seien. Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen. Der Kläger habe nach seiner Pensionierung weiterhin einer anspruchsvollen Beschäftigung mit einer gewissen Wertschätzung der geleisteten Arbeit nachgehen wollen. Die Erzielung eines Gewinns aus dieser Tätigkeit sei dabei eher nachrangig gewesen. Nicht außer Acht zu lassen sei auch ein mit dem Beruf des Rechtsanwaltes verbundenes Sozialprestige. Hinzu komme der Effekt der deutlichen jährlichen Steuerersparnis durch Verrechnung der erzielten Verluste mit den positiven Einkünften als pensionierter Beamter etc.
Entgegen der Auffassung des Klägers stelle die Einbeziehung seines fortgeschrittenen Lebensalters in die vorzunehmende Betrachtung keine Altersdiskriminierung dar. Es liege durchaus nahe, dass der Kläger angesichts seines Alters (82 Jahre) seine anwaltliche Tätigkeit nicht mehr über einen längeren Zeitraum werde ausüben und insbesondere die in den zurückliegenden Jahren aufgelaufenen Verluste nicht mehr durch entsprechende Gewinne werde ausgleichen können.
Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben.
In der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2025 hat der Kläger seine Klage gegen die Bescheide über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 2015, 2017 und 2018 zurückgenommen. Mit Beschluss vom 5. Juni 2025 hat der Senat die Klage gegen die Bescheide über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer 2015, 2017 und 2018 abgetrennt und unter dem später vergebenen Aktenzeichen 9 K 9101/25 eingestellt.
Zur Begründung seiner Klage vertieft der Kläger sein Vorbringen im Einspruchsverfahren. Die angefochtenen Bescheide würden sich praktisch wie ein Berufsverbot auswirken. Die Bescheide würden die verschlüsselte Botschaft an ihn, den Kläger, enthalten, seine aktuelle berufliche Tätigkeit aufzugeben. Dies erscheine als unzulässige Einmischung des Staates in die private Lebensführung und Persönlichkeitsentfaltung.
Die pauschale Verlustaufsummierung, wie sie der Beklagte vorgenommen habe, sei unzulässig. Es seien ganz erhebliche Aufwendungen für die Einrichtung der neuen Kanzleiräume im Gebäude H...-straße (rund 10 000,00 EUR) sowie für die Gestaltung des Internet-Auftritts (mehrere tausend EUR) angefallen, die man bei der Berechnung eines evtl. "Totalgewinns" herausrechnen müsse.
Es werde gebeten, den Rechtsstreit auf die steuerliche Beurteilung des Zeitraums von 2015 bis 2019 zu beschränken. Der vorhergehende Zeitraum sei mit der streitrelevanten Zeitspanne in keiner Weise vergleichbar. Außerdem dürften Fristengründe einer Gesamtbetrachtung und Gesamtbeurteilung entgegenstehen. In den vorgenannten Jahren habe er nach dem Auslaufen seiner beratenden Tätigkeit für die I... GmbH & Co. KG (= Ende des Jahres 2015) eine berufliche Neuorientierung angestrebt und zu diesem Zweck an verschiedenen längerfristigen Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen. In dieser Zeitspanne habe er naturgemäß geringere Einnahmen erzielt.
Der von ihm u.a. im Jahr 2016 besuchte Fachanwaltslehrgang im Erbrecht finde an insgesamt vier mehrtägigen Terminen statt und erstrecke sich praktisch über ein ganzes Kalenderjahr. Er erfordere eine intensive Mitarbeit der Kursteilnehmer, die an vier Wochenenden bei Klausuren gefordert seien. Im Folgejahr 2017 habe er nach dem gleichen Prozedere einen Fachanwaltslehrgang für Familienrecht erfolgreich absolviert. Im darauffolgenden Jahr 2018 habe er zur weiteren Fortbildung im Bereich der alternativen Streitbeilegung einen Mediations-Kurs belegt, der sich ähnlich wie die vorgenannten Fachanwaltskurse über den Großteil eines Jahreszeitraums erstreckt habe.
Schließlich habe er ein weiteres Jahr später im organisatorischen Rahmen des L...Zentrums einen Lehrgang zur Lösung internationaler Familienstreitigkeiten und internationaler Kindesentführungen durchlaufen und erfolgreich abgeschlossen. Er habe bereits einen Rechtsstreit betreffend internationale Kindesentführung in zwei Instanzen geführt. Derzeit sei er über das L...-Zentrum in zwei internationalen Mediationsfällen tätig. Zudem führe er gegenwärtig eine Mediation in einer Familiensache durch. Daraus lasse sich entnehmen, dass Mediation sowohl im deutschen als auch im internationalen Rechtsraum durchaus Chancen auf entgeltliche Aktivitäten biete. Allerdings sei gerade die Akquise von Mediationsfällen nicht einfach, weil hier - ähnlich wie bei Rechtsanwälten - eine Vielzahl von Anbietern vorhanden sei und diese häufig sehr günstige Offerten machen würden, mit denen ein geschulter Mediator nicht mithalten könne.
Die Mediation sei ein besonderer Beruf und weder mit der Ausbildung noch mit der Praxis eines Rechtsanwaltes gleichzusetzen.
Er, der Kläger, habe im Lauf seiner beruflichen Neuorientierung mehrfach gesundheitliche Rückschläge hinnehmen müssen. In den Jahren 2016 und 2017 habe er sich im Abstand von rund 12 Monaten im D... P...-Krankenhaus zweimal am linken Knie operieren lassen müssen. Dies sei nicht nur mit Ausfallzeiten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den operativen Eingriffen verbunden gewesen, sondern auch mit sich daran anschließenden mehrwöchigen Rehabilitationszyklen. Ferner habe er sich bei einem Auslandsaufenthalt in den Jahren 2018/2019 komplizierte Rippenbrüche zugezogen, die ebenfalls längere gesundheitliche Erholungsphasen zur Folge gehabt hätten.
Ferner dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass in den vorliegend zu betrachtenden Zeitraum die Corona-Pandemie falle, die generell zu einer Einschränkung bzw. einem Rückgang praktisch aller wirtschaftlichen Aktivitäten geführt habe. Er, der Kläger, habe von den vielfältig angebotenen Unterstützungsleistungen des Staates keinen Gebrauch gemacht. Allerdings sei er wie fast alle Wirtschaftsakteure Leidtragender von Zurückhaltung bzw. Rückgang bei wirtschaftlichen, auch anwaltlichen Initiativen gewesen.
Seine persönlichen gesundheitlichen Probleme sowie der coronabedingte Stillstand des Wirtschaftsklimas und der Wirtschaftsentwicklung seien vom Beklagten gänzlich außer Acht gelassen worden.
In einer Zeit, in der Deutschland über einen Mangel an fachberuflichen Arbeitskräften klagt, sei es im Übrigen völlig deplatziert, dass der Beklagte unausgesprochen zum Genuss des Ruhestandes aufrufe. Es sei daran erinnert, dass eine kürzlich verstorbene Juristin im Alter von 86 Jahren eine Anwaltskanzlei gegründet habe. Auch in einem Alter von 90 Jahren seien nachweislich noch anwaltliche Aktivitäten möglich.
Seit dem Jahr 2021 sei nach Abschluss der anwaltlichen Fortbildung auf den Gebieten Erbrecht, Familienrecht, Mediation und grenzüberschreitender Kindesentführung eine deutliche Einkommenssteigerung zu erkennen, die eine separate steuerliche Betrachtung erfordere.
Die Raumkosten hinsichtlich der Wohnung H...-straße, D... seien wie erklärt als Betriebsausgaben anzuerkennen. Er nutze hauptsächlich den mit 50,9 qm größten Raum der Wohnung für seine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt und als Mediator.
Bei der Einkommensteuerveranlagung für 2021 seien weitere, in der betreffenden Einkommensteuererklärung noch nicht berücksichtigte Betriebsausgaben in Höhe von 495,00 EUR (= Teilnahmegebühr 15. Deutscher Erbrechtstag) steuermindernd zu berücksichtigen.
Auch der BFH konzediere sog. Anlaufverluste und sei der Meinung, dass bei der Beurteilung einer Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsanwaltes auf eine größere Zahl von Jahren abzustellen sei (Hinweis auf Rz. 16, 22 und 24 im BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 - XI R 6/02, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2005, 392).
Er, der Kläger, überprüfe im Übrigen ständig seine Einkommenssituation und unternehme fortlaufend Schritte, um seine Auftragseingänge zu erhöhen. So unterhalte er z. B. einen kostenaufwändigen Internetauftritt, den er ständig auf dem Laufenden halte. Ferner habe er nach unbefriedigenden Ergebnissen eines Werbeanbieters den Werbepartner gewechselt und sei jetzt bei anwalt.de registriert.
Die vorstehenden Darlegungen würden belegen, dass er seinen anwaltlichen Beruf keineswegs als Hobby betreibe, sondern sich als ernsthafter Akteur in der deutschen Rechtspflege betrachte. Als weiteres Indiz hierfür sei aufgeführt, dass er kürzlich eine Anmerkung zu einem Rechtsprechungsfall veröffentlicht habe (ErbR ...).
Er, der Kläger, betreibe seine anwaltliche Tätigkeit nicht neben-, sondern hauptberuflich, weshalb die Rechtsgrundsätze des BFH-Beschlusses vom 17. Juli 2024 - VIII R 48/23, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2024, 1141 auf ihn nicht anwendbar seien.
Er verfüge nicht mehr über Bankkontoauszüge betr. die Jahre 2007 bis 2015. Er habe daher bei der M... Bank AG, bei der er ein Girokonto unterhalten habe, nachgefragt, ob dort noch Auszüge betreffend den vorgenannten Zeitraum vorhanden seien. Die M... Bank AG habe seine Anfrage mit Schreiben vom 25. März 2023 abschlägig beantwortet.
Die von ihm in der Zeit ab 1. Mai 2009 unter der Firma "N..." erbrachten Beratungsleistung zugunsten der I... hätten auf einem vorangegangenen schriftlichen "Leistungsangebot" von ihm beruht. Auf der Basis des ersten Beratervertrages sei zunächst ein monatliches Honorar in Höhe von 892,50 EUR vereinbart und von der Auftraggeberin auch entrichtet worden. In einer späteren Version des Beratervertrages vom November 2010 sei vereinbart worden, dass zusätzlich dem ursprünglichen Honorar in Höhe von 892,50 EUR auch die Umsatzsteuer von den I... übernommen werde, sodass insgesamt ein monatliches Honorar in Höhe von 1 062,07 EUR gezahlt worden sei. Die letzte Zahlung sei am 11. November 2015 erfolgt. Anschließend habe es lediglich einen weiteren Anschlussauftrag gegeben, für den am 4. September 2017 eine Rechnung über 3 495,63 EUR ausgestellt worden sei. Die vorstehenden Angaben könne Herr O... als Bereichsleiter Patente/Lizenzen bei der I... GmbH & Co. KG bezeugen.
Die von ihm in seinen Einkommensteuererklärungen als Kanzleiräume geltend gemachten Räumlichkeiten seien von ihm in den Streitjahren ausnahmslos für berufliche Zwecke genutzt worden. Der große Hauptraum, der für den Empfang und die Beratung von Mandanten bzw. Medianden genutzt werde, diene anwaltlichen und mediativen Zwecken. Die Toilette im Eingangsbereich diene ausschließlich dem Gebrauch durch Mandanten, da die Wohnung im hinteren Teil einen zweiten Toiletten- und Badbereich aufweise.
Wegen der weiteren Ausführungen des Klägers wird auf dessen Schriftsätze im Hauptsacheverfahren 9 K 9119/23 sowie im Verfahren 9 V 9080/24 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide über Einkommensteuer 2015 - 2018, jeweils vom 18. Mai 2021 in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023, dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit wie vom Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen erklärt bei seinen Einkommensteuerveranlagungen zugrunde gelegt werden
und
die Bescheide über Einkommensteuer für 2019 vom 18. Mai 2021, Einkommensteuer für 2020 vom 20. Januar 2022 und Einkommensteuer für 2021 vom 27. März 2023, jeweils in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023, dahin gehend zu ändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit - wie vom Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen erklärt - sowie unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von 495,00 EUR im Jahr 2021 (= Teilnahmegebühr 15. Deutscher Erbrechtstag) bei seinen Einkommensteuerveranlagungen zugrunde gelegt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertieft seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Die für die I... ausgeübte Tätigkeit habe in keinem einzigen Jahr zu einem Überschuss der Betriebseinnahmen im Verhältnis zu den Betriebsausgaben geführt. Somit habe der Kläger insoweit nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt.
Es bestünden von seiner, des Beklagten, Seite keine Zweifel daran, dass der Kläger Räumlichkeiten in seiner Wohnung zur Ausübung seiner freiberuflichen Tätigkeit genutzt habe. Ein Zugang zu den vom Kläger als privat genutzt deklarierten Räumen (Küche, Zimmer, Bad und ggf. auch die Terrasse) sei aber offensichtlich nur über die beruflich genutzten Räumlichkeiten möglich gewesen. Dass es sich dabei um eine lediglich untergeordnete private Mitbenutzung gehandelt habe, sei als fraglich anzusehen.
Für das Jahr 2023 würden sich nach den bisherigen Angaben des Klägers Betriebseinnahmen in Höhe von 16 086,42 EUR ergeben. Sofern jedoch ähnlich hohe Betriebsausgaben angefallen seien wie in den Vorjahren, würden sich auch für diesen VZ keine positiven Einkünfte ergeben. Für das Jahr 2024 erscheine das Erzielen eines positiven Ergebnisses aufgrund der wesentlich höheren Umsätze durchaus möglich. Jedoch würden hierzu noch Angaben zur Höhe der Betriebsausgaben fehlen.
Wegen der weiteren Ausführungen des Beklagten wird auf dessen Schreiben vom 20. November 2023, vom 1. August 2024, vom 9. Januar und vom 13. Februar sowie vom 21. Mai 2025 Bezug genommen.
Der Berichterstatter hat den Kläger mit Schreiben vom 26. Februar 2025 unter Berufung auf § 79 b Abs. 2 FGO aufgefordert, bis zum 25. April 2025
1. durch Vorlage entsprechender Bankkontoauszüge oder auf andere Weise (z. B. durch Vorlage entsprechender Honorarabrechnungen seitens der jeweiligen Auftraggeber) nachzuweisen, wie sich die in den Einkommensteuererklärungen und den dazugehörigen Anlagen EÜR für die Jahre 2007 - 2015 erklärten Erlöse aus der freiberuflichen Tätigkeit im Sinne von § 18 EStG zusammengesetzt haben, d. h. welcher Geldzufluss im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit in jenen Jahren von welchem Auftraggeber und in welcher Höhe herrührte (Bankkontoauszüge kann man nach der Erfahrung des Gerichts aus anderen Streitfällen auch nach Ablauf von mehr als zehn Jahren von der betreffenden Bank erhalten)
2. darzulegen und nachzuweisen, dass die als häusliches Arbeitszimmer geltend gemachten Räumlichkeiten in der Wohnung H...-straße, D..., in den Jahren 2019 - 2021 fast ausschließlich, d. h. zu 90 v. H., zu beruflichen Zwecken verwendet worden sind (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Loschelder, in: Schmidt, EStG, 43. Aufl. (2024), § 4 Rz 121 m. w. N.).
3. darzulegen und nachzuweisen, welche Gegenstände im Einzelnen als Büroausstattung für die Wohnung am 23. November 2018 (Zugang in der Buchführung: 6 722,69 EUR) angeschafft worden sind.
Im selben Schreiben wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der oben genannten Frist vorgebracht werden, unter bestimmten Voraussetzungen zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden kann.
Dem erkennenden Gericht haben bei seiner Entscheidung die Akten 9 K 9119/23, 9 V 9120/23, 9 V 9112/24 und 9 V 9080/24 des FG Berlin-Brandenburg sowie drei Bände Steuerakten des Beklagten betr. den Kläger (StNr.: ...) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide vom 18. Mai 2021 für die Jahre 2015 bis 2019 sowie vom 20. Januar 2022 für das Jahr 2020 und vom 27. März 2023 für das Jahr 2021, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Der Beklagte hat das Vorhandensein der notwendigen Gewinnerzielungsabsicht des Klägers hinsichtlich dessen Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne von § 18 EStG zu Recht für alle Streitjahre unter Hinweis auf die langjährige Rechtsprechung des BFH hierzu, der das Gericht folgt, verneint (vgl. dazu zuletzt BFH, Beschluss vom 17. Juli 2024 - VIII B 48/23, BFH/NV 2024, 1141 m. w. N.).
Bei der Ermittlung des Einkommens für die Festsetzung der Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, dass die ihnen zugrundeliegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984,751). Fehlt es an dieser Voraussetzung, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse wegen Fehlens der Gewinnerzielungsabsicht auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 EStG einordnen ließen. Auch bei der Einkunftsart "selbständige Arbeit" ist deshalb nach der BFH-Rechtsprechung, der der Senat folgt, eine derartige Gewinnerzielungsabsicht zu fordern (BFH, Urteil vom 14. Dezember 2004 - XI R 6/02, BStBl II 2005, 392 m.w.N.).
Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH (vom 25. Juni 1984, aaO) ist die Gewinnerzielungsabsicht eine innere Tatsache, die - wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge - nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können.
Ein für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis entfällt nach Ansicht des BFH bereits dann, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend gewesen sind. Persönliche Gründe sind alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive. Hierzu zählt auch die Absicht, Steuern zu sparen. Als Indiz für die Weiterführung des Verlustbetriebes aus persönlichen Gründen kann nach der BFH-Rechtsprechung auch der Umstand gewertet werden, dass dem Steuerpflichtigen hohe andere Einkünfte zur Verfügung stehen, die für den Ausgleich entstandener Verluste herangezogen werden können. Ebenso kann die Weiterführung des Verlustbetriebes aus persönlichen Gründen indizieren, wenn der Steuerpflichtige es trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, erfolgversprechende Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebs zu ergreifen (vgl. dazu nur BFH, Urteil vom 14. Dezember 2004, a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Betrachtungszeitraum 2007 bis 2021 aus seiner freiberuflichen Tätigkeit mit Ausnahme von zwei Jahren (2016 und 2021) Jahr für Jahr hohe Verluste erzielt (durchschnittlich mehr als 12 500,00 EUR pro Jahr unter Einbeziehung der beiden Jahre mit positiven Einkünften). Erfolgversprechende Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität des Betriebes wie z. B. eine deutliche Erhöhung der Betriebseinnahmen durch Übernahme einer größeren Anzahl von Mandaten im Wege der Ausweitung auf allgemeine zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Fragestellungen hat der Kläger im Betrachtungszeitraum nach der Überzeugung des erkennenden Senates nicht ergriffen. Dies wird anhand der Zahlen für die Jahre 2017 und 2020 besonders deutlich, in welchen er nur Jahresbetriebseinnahmen in Höhe von 3 937,00 bzw. 856,95 EUR erzielt hat, also monatlich durchschnittlich nur in Höhe von rund 328,00 bzw. 71,41 EUR, denen Jahresbetriebsausgaben in Höhe von 18 478,30 bzw. 26 287,07 EUR gegenüberstehen.
Eine Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf die Jahre ab 2015 - wie es der Kläger für richtig hält - ist im vorliegenden Zusammenhang nicht geboten. Dies wäre nur dann sachgerecht, wenn der Kläger ab dem Jahr 2015 eine ganz andere freiberufliche Tätigkeit ausgeübt hätte als in den Jahren zuvor (z. B. ein zunächst als selbständiger Zahnarzt tätiger Steuerpflichtiger betätigt sich in späteren Jahren als Schriftsteller). Der Kläger hat sich hingegen nach der Überzeugung des erkennenden Senats in allen Jahren ab 2007 auch als selbständiger Rechtsanwalt betätigt. Diese Überzeugung beruht auf den eigenen Angaben des Klägers in den Anlagen EÜR zu seinen Einkommensteuererklärungen, in denen er für alle Jahre seine freiberufliche Tätigkeit auch als diejenige eines Rechtsanwaltes bezeichnet hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Klägers für die I... unstreitig erst am 1. Mai 2009 begonnen hat, der Kläger aber unstreitig auch schon in den Jahren 2007 und 2008 sowie in den ersten vier Monaten des Jahres 2009 als Freiberufler nicht unerhebliche Betriebseinnahmen erzielt hat (z. B. im Jahr 2007 Betriebseinnahmen in Höhe von über 12 000,00 EUR). Der Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 28. Februar 2025, die Herkunft und Zusammensetzung seiner Betriebseinnahmen in den Jahren 2007 bis 2015 durch Vorlage entsprechender schriftlicher Unterlagen (z. B. Honorarabrechnungen oder Bankkontoauszüge) nachzuweisen, ist der Kläger nicht nachgekommen. Dieser Umstand geht zu seinen Lasten, denn die Feststellungslast dahingehend, dass seine freiberufliche Tätigkeit in den Jahren 2007 bis 2014 eine ganz andere gewesen sei als in den Folgejahren 2015 bis 2021, trifft den Kläger.
Die weiteren vom Kläger als Gründe für die Entstehung der hohen jährlichen Verluste hinsichtlich seiner freiberuflichen Tätigkeit angeführten Gesichtspunkte führen zu keiner anderen steuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes. Insbesondere hat er nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass die von ihm besuchten Fortbildungsveranstaltungen, die Corona-Epidemie oder gesundheitliche Probleme ihn nachhaltig daran gehindert hätten, seine freiberufliche Tätigkeit in die Gewinnzone zu führen.
Die Entscheidung des Beklagten, die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in den Jahren 2015 bis 2021 mangels Gewinnerzielungsabsicht bei der Ermittlung von dessen einkommensteuerpflichtigem Einkommen nicht zu berücksichtigen, stellt auch keine unzulässige Diskriminierung des Klägers aus Altersgründen dar. Vielmehr hat der Beklagte nur eine langjährige BFH-Rechtsprechung angewendet, die sich unabhängig vom jeweiligen Alter des einzelnen Steuerpflichtigen herausgebildet hat.
Wegen der weiteren Begründung der Entscheidung wird zur Entlastung des Gerichts gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dessen Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2023 verwiesen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.