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  • 19.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190714

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 12.10.2016 – 2 K 2352/15

    Wirtschaftliche Unzumutbarkeit i.S.d. § 150 Abs. 8 AO liegt vor, wenn der finanzielle Aufwand für die Schaffung der technischen Voraussetzungen für eine Datenfernübertragung in keiner wirtschaftlich sinnvollen Relation zu dem Betrieb, der die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen auslöst, stehen.


    Amtlicher Leitsatz:

    Wirtschaftliche Unzumutbarkeit i.S.d. § 150 Abs. 8 AO liegt vor, wenn der finanzielle Aufwand für die Schaffung der technischen Voraussetzungen für eine Datenfernübertragung in keiner wirtschaftlich sinnvollen Relation zu dem Betrieb, der die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen auslöst, stehen.

    In dem Finanzrechtsstreit
    des Herrn
    - Kläger -
    gegen
    das Finanzamt
    - Beklagter -
    wegen AO/FGO-Sachen
    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 2. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. Oktober 2016 durch
    den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Burkhart
    den Richter am Finanzgericht Weirich
    die Richterin am Finanzgericht Scharte
    den ehrenamtlichen Richter Bilanzbuchhalter Jung
    den ehrenamtlichen Richter Architekt Knauth
    für Recht erkannt:
    Tenor:

        I.

        Unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 6. Juli 2015 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. November 2015 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger auch zukünftig die Abgabe der Einkommensteuererklärungen in Papierform zu gestatten.
        II.

        Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
        III.

        Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten zugunsten des Klägers vorläufig vollstreckbar.
        IV.

        Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob der Kläger berechtigt ist, seine Einkommensteuererklärungen weiterhin in Papierform abzugeben.

    Der in 1969 geborene Kläger ist selbständiger Zeitungszusteller. Seine hieraus im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelten Gewinne betrugen lt. den erklärungsgemäß ergangenen Veranlagungen in 2013 knapp 2.800,00 € und in 2014 rd. 2.900,00 € bei Einnahmen i.H.v. rd. 5.700,00 € bzw. 5.100,00 €.

    Darüber hinaus hat er Einkünfte aus einem Kapitalvermögen, das sich nach seinen Angaben auf 200.000,00 und 250.000,00 € beläuft.

    Nachdem der Kläger bis 2009 als Finanzbeamter nichtselbständig tätig war, ließ er sich in 2010 zum Steuerberater bestellen. Seit 2013 erzielt er mit seiner von ihm in seiner Privatwohnung und ohne Mitarbeiter betriebenen Praxis Einnahmen in minimaler Höhe, was bis dato zu Verlusten führte, die in den Einkommensteuerfestsetzungen als sog. "Liebhaberei" keine Berücksichtigung fanden.

    Seine Steuererklärungen einschließlich der Gewinnermittlungen und erläuternden Anlagen erstellte er auf amtlichem Vordruck (gut lesbar) handschriftlich.

    Die Einkommensteuererklärung 2014 wurde vom Finanzamt unter Hinweis auf die Pflicht zur elektronischen Abgabe zunächst wieder an den Kläger zurückgeschickt, er jedoch später nach erneuter Einreichung auf ihrer Basis veranlagt.

    In diesem zeitlichen Rahmen, unter dem 2. Juli 2015, beantragte er, die Einkommensteuererklärungen aus Billigkeitsgründen gem. § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG auch weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, da er weder die entsprechende Hardware noch einen Internetanschluss besitze. Die Anschaffung der erforderlichen Ausstattung und der Abschluss eines Internetvertrages verursachten erhebliche Kosten. Eine Verpflichtung hierzu verstoße sowohl gegen Art. 2 als auch Art. 14 des Grundgesetzes. Daher könne die Problematik der Sicherheit von elektronisch übermittelten vertraulichen Daten dahingestellt bleiben.

    Mit Bescheid vom 6. Juli 2015 lehnte das Finanzamt den Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, der Gesetzgeber erwarte auch von denjenigen Steuerpflichtigen die elektronische Übermittlung, die dazu erst noch die Technik anschaffen und sich das Wissen im Umgang mit ihr aneignen müssten. Dies sei vom BFH auch als verfassungsgemäß bestätigt worden. Nur wenn dem Steuerpflichtigen die mit der Schaffung und dem Unterhalt verbundenen Kosten nach seinen persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden könne, rechtfertige dies eine Ausnahme. Gleiches gelte in Bezug auf seine individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten. Auf einen solchen Ausnahmefall könne sich der Kläger nicht berufen. Ausgehend von den von ihm erzielten Einkünften liege die Anschaffung der entsprechenden Hardware innerhalb seiner wirtschaftlichen Verhältnisse. Er habe auch nicht dargetan, dass er kurzfristig eine Einstellung seiner betrieblichen Tätigkeit beabsichtige.

    Mit hiergegen fristgerecht eingelegtem Einspruch wendete der Kläger ein, sowohl die Voraussetzungen der Billigkeitsregelung des § 150 Abs. 8 AO als auch die des § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG seien erfüllt. Nach § 150 Abs. 8 AO liege ein sog. Härtefall vor, wenn dem Steuerpflichtigen die elektronische Abgabe aus wirtschaftlichen oder/und aus persönlichen Gründen unzumutbar sei. Beides treffe auf ihn zu. Er verfüge weder über Hard- noch Software noch über einen Internetanschluss. Bei seinem Handy handele es sich nicht um ein sog. Smartphone, sondern um ein ca. 20 Jahre altes Mobiltelefon. Die Anschaffung der für die elektronische Abgabe erforderlichen technischen Ausstattung würde einen nicht unerheblichen finanziellen Aufwand verursachen, der in keinem angemessenen Verhältnis zur Verwaltungsvereinfachung und Kostenersparnis auf Seiten der Finanzverwaltung stehe. Der Vorteil für das Finanzamt bestehe darin, maximal 20 Minuten für die Eingabe der Angaben in der Einkommensteuererklärung einzusparen. Eine elektronische Verprobung der Eingabewerte komme hier nicht zum Tragen, da er wegen des geringen Gewinnes aus Gewerbebetrieb die Anlage EÜR freiwillig abgebe. Steuerbetrug komme hinsichtlich der von ihm ausgeübten ganz einfach strukturierten Betätigung nicht in Betracht. So habe denn auch der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens deutlich gemacht, dass es sich bei § 150 Abs. 8 AO um eine großzügige Ausnahmeregelung handeln solle, deren Voraussetzungen - so die Einschätzung des Gesetzgebers - insbesondere bei Kleinstbetrieben wie dem des Klägers gegeben sein dürften. Hinsichtlich seiner finanziellen Situation komme es auch - anders als das Finanzamt meine - nicht allein auf die von ihm erzielten steuerpflichtigen Einkünfte an, sondern es seien auch bspw. das Kostgeld, das er seiner Mutter, bei der er lebe, zu entrichten habe, sowie außergewöhnliche Belastungen, die unter der zumutbaren Eigenbelastung lägen, etc. einzubeziehen. Berücksichtige man dies, so verbleibe ihm keinerlei finanzieller Spielraum. Um die Vorgaben des Finanzamtes zu erfüllen, müsste er daher sein Vermögen angreifen, das seiner Altersvorsorge dienen solle. Auch für die Liebhaberei-Steuerberatertätigkeit, die derzeit aus lediglich ein bis zwei Mandaten bestehe, sei die geforderte EDV-Aufrüstung nicht notwendig.

    Da er bis zu seinem Ausscheiden aus der Finanzverwaltung lediglich EDV-Anwender, nicht jedoch Administrator, gewesen sei und diese Zeit ja auch bereits länger zurückliege, habe er aktuell nur eine sehr eingeschränkte Medienkompetenz. Zur Einrichtung und Bedienung der für die elektronische Einkommensteuererklärung erforderlichen Hard- bzw. Software bedürfe er der Hilfe fachkundiger Dritter, was wiederum Kosten verursache.

    Außerdem zeigten zahlreiche bekannt gewordene Hackerskandale, dass das Internet keinen ausreichenden Datenschutz gewährleiste. Dies gelte auch für die vom Finanzamt empfohlene Elster-Software. Es könne nicht sein, dass Steuerpflichtige staatlicherseits unter Androhung von Repressalien zur Internetnutzung unter Inkaufnahme des Risikos der Ausspähung der privaten hoch sensiblen steuerlichen Daten gezwungen würden. Es sei fraglich, ob der Fiskus hierfür die Haftung übernehme. Ein Bekanntwerden steuerlicher Daten könne allerdings ohnehin nicht durch eine finanzielle Entschädigung aufgewogen werden.

    Vorstehendes gelte auch für § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG. Darüber hinaus räume diese Vorschrift der Finanzbehörde einen Ermessensspielraum ein. Daher könne eine unbillige Härte im Sinne dieser Norm auch dann angenommen werden, wenn die Härteumstände nicht so extrem ausgeprägt seien, wie in § 150 Abs. 8 AO explizit dargelegt.

    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2015 zurückgewiesen, da der Kläger sowohl wirtschaftlich als auch persönlich in der Lage sei, seine Steuererklärungen elektronisch abzugeben. Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von (2014) mehr als 26.000,00 € und von Kapitalvermögen zwischen 200.000,00 und 250.000,00 € seien keine wirtschaftlichen Gründe erkennbar, die gegen die Anschaffung der EDV-Ausrüstung und die Einrichtung eines Internetanschlusses sprächen. Die Pflicht zur elektronischen Abgabe knüpfe nach § 25 Abs. 4 EStG direkt an den Bezug von Gewinneinkünften an. Daher unterfielen dieser Vorschrift sämtliche Gewinneinkünfte ohne Berücksichtigung ihrer Höhe.

    Für die Annahme einer unbilligen Härte genüge es auch nicht, dass für die Sicherheit einer Datenfernübertragung gegen Hackerangriffe keine absolute Garantie abgegeben werden könne. Das Restrisiko eines Hackerangriffes sei im überwiegenden Interesse des Allgemeinwohles hinzunehmen. Im Übrigen erfüllten die Elster-Verfahren die maßgeblichen IT-Standards des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik.

    Persönliche Defizite in der Möglichkeit, die Elektronik zu nutzen, seien weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar. Bei Schwierigkeiten könne der Kläger ja auch einen Berufskollegen beauftragen. Die online übermittelte elektronische Steuererklärung biete dem Finanzamt den großen Vorteil, die bereits vom Steuerpflichtigen erfassten Daten unmittelbar weiterverarbeiten zu können, was neben der Verwaltungsvereinfachung und der administrativen Kostenersparnis auch zu verbesserten elektronischen Überprüfungsmöglichkeiten und einer beschleunigten Auswertung führe.

    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger betont unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 150 Abs. 8 AO allein die Einkünfte und nicht das Vermögen maßgebend seien, zumal letzteres seiner zusätzlichen Altersversorgung diene. Die von ihm im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärten einmaligen Veräußerungsgewinne könnten darüber hinaus nicht wie reguläre Einnahmen berücksichtigt werden, da sie - wenn überhaupt - nicht in jedem Jahr erzielt werden könnten. Seine, des Klägers, angespannte finanzielle Situation ergebe sich daraus, dass er Kosten für (steuerlich nicht abzugsfähige) Altersvorsorgeaufwendungen und weitere Vorsorgeaufwendungen sowie Versicherungen, Rundfunkgebühren, Benzin etc. in Höhe von jährlich rd. 4.300,00 € zu stemmen habe. Wolle er für seine Lebensführung nicht auf seine Ersparnisse zurückgreifen, müsse er Aktienveräußerungsgewinne erzielen, was - wie gesagt - jedoch nicht automatisch möglich sei.

    Entgegen der Darstellung des Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung habe er sehr wohl ausgeführt, dass er nicht über die erforderliche Medienkompetenz verfüge. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Einrichtung von Hard- und Software einschließlich des Internetanschlusses und der Datenschutzprogramme, sowie der Behebung von erfahrungsgemäß auftretenden EDV-Problemen. Der Hinweis des Beklagten auf die Hilfe eines Berufskollegen trage nicht. Bei der Beurteilung von persönlichen Härtegründen gehe es ja gerade um die eigenen persönlichen Fähigkeiten des Klägers. Ungeachtet dessen würde die Einbindung eines Berufskollegen auch entsprechende Kosten verursachen.

    Schließlich habe sich der Beklagte lediglich mit der Negation der Voraussetzungen des § 150 Abs. 8 AO befasst, jedoch keine Ermessensentscheidung nach § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG getroffen. Dahingehende Ermessenserwägungen seien nicht angestellt worden. Eine Abwägung der vom Kläger vorgetragenen Härtefallgründe mit den Interessen des Staates an einer elektronischen Steuererklärungsübermittlung sei nicht vorgenommen worden.

    Wollte man der Rechtsauffassung des Beklagten folgen, gebe es gar keine Härtefälle.

    Der Kläger beantragt,

    den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 6. Juli 2015 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. November 2015 zu verpflichten, ihm auch zukünftig die Abgabe der Einkommensteuererklärungen in Papierform zu gestatten,

    hilfsweise,

    den Beklagten zu verpflichten, ihn hinsichtlich des Antrages auf Abgabe der künftigen Steuererklärungen in Papierform neu zu bescheiden,

    höchsthilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte verweist auf seine Einspruchsentscheidung und beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen nach § 150 Abs. 8 AO.

    Nach § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG haben Steuerpflichtige, die (auch) sog. Gewinneinkünfte nach § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG erzielen und es sich nicht um einen Fall handelt, in dem bei Bezug von steuerabzugspflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit eine Veranlagung durchgeführt wird, dem Finanzamt ihre Einkommensteuererklärung auf elektronischem Wege nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz zu übermitteln.

    Nach § 150 Abs. 8 AO besteht unter den dort aufgeführten Voraussetzungen (wirtschaftliche oder persönliche Unzumutbarkeit) ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gestattung der Abgabe der Erklärung in Papierform, während § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG einen darüber hinausgehenden, d.h. für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 150 Abs. 8 AO nicht erfüllt werden, bestehenden Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag des Steuerpflichtigen auf einen Verzicht des Finanzamtes auf die Abgabe in elektronischer Form regelt.

    In § 150 Abs. 8 Satz 2 AO werden zudem lediglich Regelbeispiele für die wirtschaftliche und persönliche Unzumutbarkeit aufgeführt ("insbesondere"). Daher kann der Anspruch auf eine Befreiung von der elektronischen Abgabe im Einzelfall nicht allein damit in Abrede gestellt werden, dass keiner der explizit aufgeführten Fälle vorliege.

    Bei Anwendung der Härtefallregelungen ist von besonderem Gewicht, dass sie geschaffen wurden, um die Verengung des Zugangs zur Finanzverwaltung (aufgedrängtes E-Government) unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit verfassungsgemäß zu gestalten. Nach dem Gesetzgeber soll die Härtefallregelung daher großzügig angewendet werden (Bundestagsdrucksache 16/10940, 3; Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl. 2014, § 150 Rz. 44).

    Vor diesem Hintergrund ist der Klage bereits im Hauptantrag stattzugeben.

    Bei der Beurteilung, ob eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit vorliegt, was nach der gesetzgeberischen Entscheidung in § 150 Abs. 8 Satz 2 AO (insbesondere) dann der Fall sein soll, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre, ist zwar nicht lediglich auf die Einkommens-, sondern auch auf die Vermögensverhältnisse abzustellen. Der Begriff "wirtschaftlich" umfasst diese beiden Teilaspekte. Auch trifft es zu, dass § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG eine Verpflichtung zur elektronischen Abgabe bei Gewinneinkünften ohne Rücksicht auf deren Höhe vorsieht.

    Jedoch können nicht das Gesamteinkommen und das Gesamtvermögen des Steuerpflichtigen und die bloße Tatsache der Erzielung von Gewinneinkünften dafür ausschlaggebend sein, ob die Voraussetzungen der Härtefallregelung vorliegen. Vielmehr müssen die Kosten der Umstellung auf den elektronischen Verkehr mit dem Finanzamt, wozu nicht nur die Aufwendungen für die Anschaffung der Hard- und Software, sondern auch für deren Einrichtung und die Wartung sowie für die Hilfestellung bei Fehlfunktionen gehören, in einer wirtschaftlich sinnvollen Relation zu dem Betrieb, der die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen auslöst (d.h. zu den hieraus erzielten Einkünften und dem Betriebsvermögen), stehen.

    Handelt es sich - wie hier - um einen (in jeglichem Belang) Kleinstbetrieb, so besteht daher ein Anspruch auf Befreiung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit.

    Bei (im Wesentlichen gleichbleibenden jährlichen) Einnahmen in Höhe von 5.000,00 bis 6.000,00 € fallen Umstellungskosten sowie Wartungs- und sonstige Administrationskosten erheblich ins Gewicht. Im Übrigen soll es, worauf auch bereits der Kläger hingewiesen hat, lt. BMF unbeanstandet bleiben, wenn bei Betrieben mit Einnahmen von weniger als 17.500,00 € keine Einnahmen-Überschussrechnung auf dem Vordruck EÜR, sondern formlos erfolgt. Insoweit wird auch ausdrücklich auf die elektronische Übermittlung der Einnahmenüberschussrechnung verzichtet (vgl. BMF, Schreiben vom 29. September 2016, IV C 6-S 2142/07/10001 : 011, 2016/0832893; vgl. auch hierzu das Schreiben vom 10. Februar 2005, BStBl. I 2005, 320). Dem liefe die Verpflichtung, eine elektronische Steuererklärung auch in diesem Fall abzugeben, aber zuwider.

    Dass die wirtschaftliche Zumutbarkeit nicht an der ganz allgemeinen finanziellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen bzw. an dem nicht im fraglichen Betrieb gebundenen Vermögen zu messen, sondern auf die Verhältnisse des Betriebes abzustellen ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Regelung des § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG voraussetzt, dass eine Gewinneinkunftsart vorliegt. Für den Fall, dass der Steuerpflichtige ausschließlich sog. Überschusseinkünfte erzielt (und mögen diese noch so hoch sein bzw. mag das dahinterstehende Vermögen, bspw. Immobilien, noch so werthaltig sein), besteht keine Verpflichtung zur Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen. Darin kann aber nur die Einschätzung des Gesetzgebers zum Ausdruck gekommen sein, dass die mit der elektronischen Abgabe verfolgten Zwecke, vor allem die bessere Überprüfbarkeit und Vergleichbarkeit der Angaben des Steuerpflichtigen, bei Gewinneinkünften im Vordergrund steht und Überschusseinkünfte zu vernachlässigen sind. Dann können aber die übrigen, mit dem Betrieb nicht in Zusammenhang stehenden finanziellen Verhältnisse auch nicht für die an die Ausnahmeregelung zu stellenden Anforderungen maßgeblich sein.

    Nach all dem kann dahinstehen, ob die Abgabe elektronischer Einkommensteuererklärungen für den Kläger auch persönlich unzumutbar ist.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 707 Nr. 10, 713 ZPO.

    Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 115 ... FGO vermochte der Senat bei der hier zutreffenden Einzelfallentscheidung nicht zu erkennen.

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