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  • 12.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190545

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 02.08.2016 – I-23 U 27/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.3.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
     
    1

     G r ü n d e
    2

    A.
    3

    Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen Verlusten bei der Anlage ihres Vermögens, das sie ab Anfang 2002 nach Maßgabe der Vereinbarung vom 21.1.2002 (Anlage K 4) durch ein Unternehmen mit Namen D I verwalten ließ. Letztere sollte danach „die zur Betreuung übergebenen Vermögenswerte des Depotinhabers [der Klägerin] ... nach bestem Wissen und Können“ verwalten. Dazu ließ die Klägerin ihr bislang anderweitig verwaltetes Vermögen in Höhe von etwa 4 Mio. Euro auf das neu eingerichtete Depot bei der D I übertragen. Monatlich erhielt die Klägerin einen „Gesamtvermögensstatus“, wie beispielhaft aus den Anlagen K 5 (vom 15.1.2003) und K 6 (vom 15.1.2004) ersichtlich. Dort sind als Vermögen der Klägerin insbesondere Aktien, Zertifikate, Genussscheine, Investmentfonds und „Geldkonten“ aufgeführt. Hinzu kam später die unten näher erläuterte A-Anleihe.
    4

    Nach Eröffnung des Depots bei der D I beauftragte die Klägerin Anfang Juli 2002 die Beklagte zu 1., deren Gesellschafter die Beklagten zu 2. bis 5. sind, sie – die Klägerin – steuerlich zu beraten. Den mündlich erteilten Auftrag bestätigte die Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 3.7.2002 (Anlage C 2, Bl. 70 GA). Der Auftrag bezog sich auf die Erstellung der Einkommensteuererklärungen der Klägerin ab 2001, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. -Erklärungen sowie die Buchführung für die Tätigkeit der Klägerin als Malerin.
    5

    Im Januar 2003 investierte die Klägerin ohne Beteiligung durch die Beklagte zu 1. und ohne deren Beratung 800.000,-- €, im November 2003 weitere 180.000,-- € in eine Anleihe A M F L (A), mit der in A eine Mine erschlossen werden sollte. Diese Anleihe wurde am 23.12.2009 in einen Z-B umgewandelt, der zum 30.11.2013 auslief. Sie verlor, unter anderem als Folge einer Überflutung der Mine im Jahre 2011, beträchtlich an Wert. Am 29.11.2013 veräußerte die Klägerin auf Anraten der Beklagten zu 1. den Bond für 155,-- € zuzüglich Kosten.
    6

    In den Jahren der Vermögensverwaltung durch D I erhielt die Klägerin nach ihren eigenen Angaben regelmäßige Zahlungen als Erträge aus ihrem Vermögen, insbesondere alle zwei Monate bei Bedarf auf einen Anruf bei D I einen Betrag von ca. 15.000,-- €. Zudem zahlte danach D I quartalsweise Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von jeweils ca. 11.000,-- € an das Finanzamt. Die Klägerin erzielte ihren Angaben zufolge eine durchschnittliche Verzinsung in Höhe von 6,8 %.
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    Am 16.9.2013 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin, dem Beklagten zu 3. und dem späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin statt, um die Frage zu klären, wie D I das Geld der Klägerin im einzelnen angelegt hatte. Die an dem Gespräch Beteiligten waren sich nach der Darstellung der Klägerin darin einig, dass aus den bis dahin vorliegenden Informationen, insbesondere aus den Erträgnisaufstellungen und den Kontoauszügen, nicht ersichtlich war, ob D I auf den Namen der Klägerin lautende Vermögenswerte angeschafft hatte oder ob die Klägerin lediglich ungesicherte Forderungen gegen nicht näher bekannte Vertragspartner der D I hatte.
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    Einem anschließenden Gespräch mit dem Geschäftsführer der D I E S im Herbst 2013 zufolge war das Geld der Klägerin an eine DI-Beteiligungsgesellschaft geflossen, die es weiter angelegt hatte. Es stellte sich heraus, dass ein Teil des Geldes der Klägerin an verschiedene Unternehmen ausgeliehen oder zum Ankauf von Beteiligungen an solchen Unternehmen verwendet worden war, die nicht auf den Namen der Klägerin lauteten.
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    Die Klägerin hat die Geschäftsbeziehung zur D I inzwischen beendet, von dieser aber bislang nur die Rückzahlung von Teilbeträgen ihres angelegten Geldes erhalten. Die Klägerin begehrt mit der Klage in erster Linie einen Teilbetrag in Höhe von 500.000,-- € wegen des Verlustes der A-Anleihe ersetzt. Für den Fall, dass das Gericht zwar eine Pflichtverletzung der Beklagten bejaht, jedoch das Vorliegen eines adäquat kausalen Schadens durch die A-Anleihe verneint, stützt die Klägerin die Klage hilfsweise auf die drohenden Verluste ihrer Geldanlagen im Übrigen. Sie meint hierzu, ihr sei in dem Umfang, in dem die Zahlungen der D I noch ausstehen, wegen der Gefährdung der Rückzahlung ein Schaden entstanden, weil die Zahlungen höchst unsicher seien. Auch unter Berücksichtigung der Zahlungen der D I während des laufenden Vertragsverhältnisses stehe jedenfalls ein Betrag zur Rückzahlung aus, der die geltend gemachten 500.000,-- € übersteige.
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    Die Klägerin sieht in der Anlage ihres auf Bankkonten vorhandenen Vermögens eine Untreue durch D I, weil sie – die Klägerin – eine Anlage als Festgeld gewünscht habe, während die D I dieses Geld über Drittunternehmen in verschiedene Projekte investierte. Sie meint, die Beklagten hätten sie hierauf rechtzeitig hinweisen müssen. Hinsichtlich der A-Anleihe sei sie zwar anfangs „skeptisch“ gewesen, weil es sich dabei nicht um eine Festgeldanlage gehandelt habe, habe dies jedoch akzeptiert, weil lediglich ein Viertel ihres Geldes derart investiert worden sei und weil der Geschäftsführer der D I ihr diese Anlage besonders empfohlen habe. Sie sei deshalb auch nicht besonders beunruhigt gewesen, als die Anlage später in einen Z-Bond umgewandelt worden sei. Hätten die Beklagten sie allerdings rechtzeitig darauf hingewiesen, dass ihr Geld im Übrigen nicht als Festgeld angelegt gewesen sei, so hätte sie nicht nur ihr auf den Konten befindliches Vermögen rechtzeitig anderweitig anlegen, sondern auch die A-Anleihe rechtzeitig ohne Verlust verkaufen können.
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    Die Beklagte zu 1. hat Widerklage erhoben, mit der sie die Zahlung von restlichem Steuerberaterhonorar begehrt.
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    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 315 ff. GA) Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage mangels Pflichtverletzung der Beklagten abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
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    Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ihren Zahlungsantrag weiter verfolgt. Sie vertritt weiter die Ansicht, die Beklagten hätten ihre Vertragspflichten verletzt, weil sie sie – die Klägerin – nicht auf die Risiken ihrer Anlageentscheidungen hingewiesen hätten, wie sie insbesondere aus der unterbliebenen Festgeldanlage folgten. Die Widerklage sei unbegründet, weil die Vergütungsforderung der Beklagten zu 1. als Folge der Aufrechnung mit ihrem Schadensersatzanspruch erloschen sei.
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    Die Klägerin beantragt,
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                  unter Abänderung des angefochtenen Urteils
    16

    I.
    17

    die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner 500.000,-- € zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.1.2014,
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                  hilfsweise
    19

                  Zug um Zug gegen Übereignung der Anleihe A M F L S. A. E-N Anleihe 2009 sowie gegen Abtretung der Ansprüche gegen
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                  1.              D M und B AG, D, M,
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                  2.              D B mbH, D, M,
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                  3.              K und L C GmbH, D, M,
    23

                  4.              Herrn E S, D, M,
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                  5.              Herrn E S, R W, D,
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                  auf Herausgabe der zur Vermögensverwaltung überlassenen Beträge sowie der der Klägerin aus Pflichtverletzungen entstandenen Schadensersatzansprüche zuzüglich Zinsen bis zur Höhe von 500.000,-- €,
    26

    II.
    27

                  die Widerklage abzuweisen.
    28

    III.
    29

                  Hilfsweise beantragt die Klägerin,
    30

                  das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
    31

    Die Beklagten beantragen,
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                  die Berufung zurückzuweisen.
    33

    Sie wiederholen und vertiefen ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigen das angefochtene Urteil.
    34

    B.
    35

    Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat ihre auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB gerichtete Klage mit Recht abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Beklagten haben keine Vertragspflichten verletzt.
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    1. Grundlage der Schadensersatzpflicht aus § 280 Abs. 1 BGB ist der Vertrag, dessen Inhalt den Umfang der Pflichten des steuerlichen Beraters bestimmt. Der Vertrag zwischen den Parteien war zunächst auf eine reine steuerliche Beratung gerichtet. Dass die Beklagten insoweit Pflichten verletzt hätten, behauptet die Klägerin selbst nicht.
    37

    Die Beklagten haben auch keine Nebenpflicht aus diesem Vertrag verletzt, indem sie die Klägerin nicht auf offen zutage liegenden Fehlentscheidungen hingewiesen hätten. Eine derartige Pflicht kann gemäß § 242 BGB einem auf steuerliche Beratung gerichteten Vertrag zu entnehmen sein, wie das Landgericht zutreffend unter Angabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeführt hat. Das dürfte, wie vom Landgericht eingehend erörtert, nicht auf steuerrechtliche Aspekte beschränkt sein, wenngleich für einen steuerlichen Berater die Offenkundigkeit von schadensträchtigen Fehlentscheidungen des Mandanten bei außerhalb des Steuerrechts liegenden Fragen weniger häufig anzunehmen sein wird. Das Landgericht hat auch zutreffend weiter ausgeführt, dass eine derartige Situation, die die Beklagten zu Hinweisen oder Warnungen hätte veranlassen müssen, nicht anzunehmen ist. Der Senat nimmt auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts Bezug.
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    Die Klägerin hatte ihr Geld nicht auf eine Weise angelegt, die jeden nicht mit der Vermögensverwaltung befassten Außenstehenden sofort zu Warnhinweisen hätte veranlassen müssen. Es war ohne nähere, aufwendige Prüfung gar nicht möglich zu beurteilen, welches Risiko die verschiedenen Anlagen hatten und ob dieses Risiko auch aus der Sicht eines Dritten untragbar erschien. Derartiges ist weder hinsichtlich der A-Anleihe noch hinsichtlich der Anlagen der Klägerin im Übrigen auch nur ansatzweise ersichtlich, zumal die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag regelmäßige Einnahmen aus den Anlagen hatte und eine durchschnittliche Verzinsung des angelegten Geldes von 6,8 % erzielte. Die von der Berufung vertretene Pflicht, die Klägerin auf ein Anlagerisiko hinzuweisen, das aus einer unzureichenden Risikostreuung folgen soll, hatte die Beklagte zu 1. ohne einen Auftrag zur Anlageberatung nicht. Auch der Umstand, dass die Klägerin der D I Geld zu Anlagezwecken anvertraut hatte, das nicht auf Festgeldkonten angelegt war, sondern von der Vermögensverwalterin anderweit investiert wurde, musste für sich genommen die Beklagten nicht zu Warnhinweisen veranlassen, zumal sie in die Anlageentscheidungen der Klägerin und die entsprechende Beratung durch die Vermögensverwalterin D I nicht einbezogen waren und die dortigen Absprachen nicht kannten.
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    2. Die Beklagte zu 1. war auch nicht aufgrund einer Erweiterung des Mandats vertraglich verpflichtet, auf bestimmte Umstände der Vermögensanlage der Klägerin hinzuweisen. Der Senat nimmt auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug. Es ist dem Senat auch nach der persönlichen Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich, woraus die Klägerin ein derartiges Mandat mit welchem Inhalt herleiten möchte.
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    Die Klägerin hat auch bei ihrer Anhörung durch den Senat angegeben, von Anfang (des Mandatsverhältnisses) an jemanden gehabt haben zu wollen, der ein Auge auf die Anlagen hatte. Sie will ihrer Darstellung nach schon beim ersten Gespräch mit dem Sachbearbeiter der Beklagten zu 1. gesagt haben, es sei ihr wichtig, dass jemand ein Auge auf die Vermögensanlagen habe. Die Äußerung eines derartigen Wunsches mag unterstellt werden. Aus ihr folgt indes keineswegs die Erteilung eines Mandats zu einer Art Anlagenüberprüfung. Das folgt schon daraus, dass der Inhalt eines derartigen „Überwachungsmandats“ völlig unbestimmt wäre. So ist vollständig ungeklärt, in welcher Hinsicht die Beklagte zu 1. die Vermögensanlagen hätte überwachen sollen. Allenfalls mag dem – als geäußert unterstellten – Wunsch der Klägerin entnommen werden, dass sie bei offen zutage liegenden Fehlentscheidungen der D I gewarnt werden möchte. Eine derartige Situation ergab sich indes nicht, wie zuvor bereits ausgeführt. Eine Überprüfung der einzelnen Anlagen und ihre Bewertung in wirtschaftlicher Hinsicht schuldete die Beklagte zu 1. aufgrund der Äußerung eines derartigen allgemeinen Wunsches der Klägerin jedenfalls nicht, zumal überhaupt nicht geklärt war, in welcher Hinsicht und aufgrund welcher Kriterien die Beklagte zu 1. diese Überprüfung oder laufende „Überwachung“ hätte durchführen sollen. Die Klägerin hat eine derartige Tätigkeit in der Folgezeit auch nicht vergütet.
    41

    Auch aus späteren Umständen folgt keine Erweiterung des Mandats. Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg auf das Schreiben der Beklagten zu 1. vom 25.11.2004 (Anlage C 4, Bl. 73 GA). In diesem an die beiden Geschäftsführer der D I gerichteten Schreiben führen die Beklagten zu 3. und 4. zu dem von der Klägerin gewünschten Anlageverhalten aus, die Klägerin sei „eher als risikoavers einzustufen“ und präferiere „eindeutig risikolose Festgeldanlagen“. Dieses Schreiben ging auf ein Gespräch mit der Klägerin zurück. Der Senat versteht den Vortrag der Klägerin dahin, dass sie diesem Schreiben ein Indiz für eine Erweiterung des Auftrags an die Beklagte zu 1. entnehmen möchte. Die Klägerin meint offensichtlich, dass aufgrund der Besprechung, die der Abfassung des Schreibens vorangegangen war und deren Inhalt des Schreiben wiedergibt, die Beklagte zu 1. nunmehr die Überwachung ihrer Vermögensanlagen darauf schuldete, dass nur noch Festgeldanlagen vorgenommen würden.
    42

    Auch wenn die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1. ihren Wunsch so, wie in dem Schreiben an die D I wiedergegeben, geäußert haben mag, ist dem eine Auftragserweiterung in dem von der Klägerin vertretenen Sinn nicht zu entnehmen. Zunächst bedeutet eine derartige Erklärung der Klägerin nicht, dass die Beklagte zu 1. dafür Sorge zu tragen gehabt hätte, sämtliche bereits bestehenden Anlagen in Festgeldanlagen umzuwandeln. Der Senat versteht den Vortrag der Klägerin auch dahin, dass sie einen derartigen weitreichenden Auftrag nicht hatte erteilen wollen. Er hätte jedenfalls eindeutig formuliert werden müssen.
    43

    Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass offensichtlich auch der Klägerin bewusst gewesen sein musste, dass ein großer Teil ihrer Anlagen nicht in der Form von auf den Namen der Klägerin lautenden Bankkonten mit Festgeld bestanden. Wenn in den monatlichen Aufstellungen, die die Klägerin von der D I erhielt, als Vermögen der Klägerin neben „Geldkonten“ auch Aktien, Zertifikate, Genussscheine und Investmentfonds aufgeführt waren, so musste auch der Klägerin ohne nähere Beratung bewusst sein, dass es sich dabei nicht um Festgeldkonten handelte. Erst recht gilt dies für die später 2003 erfolgte Anleihe A, bei deren Zeichnung die Klägerin sich der Beratung der Beklagten zu 1. ebenso wenig wie bei den früheren Anlageentscheidungen bediente. Vor dem Hintergrund dieses die Beklagte zu 1. nicht einbeziehenden Anlageverhaltens erscheint der Brief der Beklagten zu 1. vom 25.11.2004 nur als eine Art Formulierungshilfe, die den allgemeinen Wunsch der Klägerin wiedergibt, dass bei künftigen Anlageentscheidungen möglichst sichere Festgeldkonten bevorzugt werden sollten. Mehr ist dem Brief nicht zu entnehmen.
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    Die Beklagte zu 1. konnte den auf Abfassung dieses Briefes gerichteten Wunsch der Klägerin auch deshalb nicht in einem weitergehenden Umfang verstehen, weil die Klägerin sich in der Vergangenheit hinsichtlich der Vermögensanlagen von der D I hatte beraten lassen, und zwar ohne Beteiligung der Beklagten. Ergebnis dieser Beratung der D I waren unterschiedliche Anlagen, die offensichtlich keineswegs nur aus Festgeldkonten bestanden. Ohne einen klaren Überprüfungsauftrag musste die Beklagte zu 1. als steuerliche Beraterin nicht, auch nicht warnend tätig werden, auch wenn die Beklagte zu 1. sicherlich erkannte, dass die Anlagen nicht nur Festgeld betrafen. Das beruhte indes aus der Sicht der Beklagten zu 1. auf einer bewussten Anlageentscheidung der Klägerin nach Beratung durch die D I, was der Beklagten zu 1. keinen Anlass zu Hinweisen geben musste. Da die Beklagte zu 1. in die Anlageentscheidungen der Klägerin in der Vergangenheit nicht einbezogen war, musste die Beklagte zu 1. auch stets davon ausgehen, dass die Klägerin ihre Entscheidungen ohne sie aufgrund einer Beratung der D I traf. Wusste die Beklagte zu 1. aber nicht, welche Absprachen der Klägerin mit der D I einer bestimmten Anlage im Einzelfall zugrunde lagen, so hatte sie ohnehin keinerlei Grundlage für eine Überwachung der Anlage dahin, ob sie den – ihr unbekannten – Vereinbarungen entsprach.
    45

    Auch der Verweis der Klägerin auf die von der Beklagten zu 1. abgerechneten Besprechungen zwischen letzterer und einem der Geschäftsführer der D I (Rechnungen in Anlage K 20 ff.) rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Gegenstand der Besprechungen soll sich, soweit aus den Rechnungen ersichtlich, auf die steuerliche Beratung durch die Beklagte zu 1. bezogen haben. Es ist unmittelbar nachvollziehbar, dass zur Erstellung der Einkommensteuererklärungen der Klägerin wegen der Einnahmen aus Kapitalvermögen Besprechungen mit der Vermögensverwalterin, der D I, erforderlich waren. Auch wenn über steuerliche Aspekte hinaus Fragen der Anlageentscheidung besprochen worden sein sollten, wie die Klägerin behauptet, folgt auch hieraus allein keine Erweiterung des der Beklagten zu 1. erteilten Mandats. Ob die Rechnungen im Übrigen, insbesondere hinsichtlich des angegebenen zeitlichen Umfangs der Besprechungen, gerechtfertigt waren, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang. Sie belegen jedenfalls nicht, dass die Beklagte zu 1. einem Auftrag der Klägerin folgend mit der D I andere Themen wie etwa die Art der Vermögensanlagen besprach.
    46

    Aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.2.2015 (VI ZR 569/13, Anlage K 52, Bl. 556 ff. GA) folgt für den vorliegenden Fall nichts. Dort war die Vermögensanlage Hauptpflicht eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit einem Rechtsanwalt. Das betrifft eine völlig andere Konstellation als der vorliegende Fall, in dem die Beklagte zu 1. eine Vermögensanlage nicht schuldete.
    47

    Auf die Voraussetzungen der von den Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung kommt es unter diesen Umständen nicht weiter an.
    48

    3. Gegen die Zuerkennung der Widerklageforderung wendet die Berufung der Klägerin sich allein mit dem Erfüllungseinwand als Folge der Aufrechnung mit ihrer angeblichen Schadensersatzforderung. Da letztere – wie ausgeführt – nicht besteht, ist die Berufung auch insoweit zurückzuweisen.
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    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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    Der Streitwert für das Berufungsverfahren und – in Abänderung der Festsetzung des Landgerichts – für das Verfahren erster Instanz wird auf 504.983,73 € festgesetzt. Der Hinweis des Landgerichts darauf, dass zwei Sachverhalte zur Begründung der (Teil-)Klageforderung in einem Hilfsverhältnis zur Entscheidung gestellt werden, trifft zwar zu. Gleichwohl hat keine Addition der Werte zu erfolgen, weil über den hilfsweise geltend gemachten Teil der Klage keine Entscheidung ergeht, § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich den Schaden aus der angeblichen Veruntreuung wegen der unterbliebenen Anlage in Festgeldkonten lediglich hilfsweise für den Fall geltend gemacht, dass das Gericht eine Pflichtverletzung der Beklagten (bezogen auf die Festgeldkonten) bejaht und hinsichtlich der A-Anleihe lediglich den Eintritt eines adäquat kausalen Schadens verneint (Schriftsatz vom 18.6.2014, S. 5, Bl. 90 GA). Dieser Hilfsfall ist nicht eingetreten, weil der Senat mit dem Landgericht bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneint.
    51

    Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO, weil es lediglich um die Anwendung allgemein geklärter zivilrechtlicher Fragen in einem Einzelfall geht.

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