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  • 19.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145852

    Landgericht Essen: Urteil vom 25.02.2015 – 4 O 203/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    4 O 203/14
    Verkündet am 25.02.2015

    Landgericht Essen

    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen
    auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2015
    durch die Richterin am Landgericht als Einzelrichterin
    für Recht erkannt:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.638,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 472,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2014 zu zahlen.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Provision für die Vermittlung einer Steuerberaterpraxis.

    Die Klägerin betreibt eine bundesweite Fachvermittlung u.a. für Praxen und Kanzleien für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte.
    Mit Schreiben vom 14.10.2010 beauftragte der Beklagte die Klägerin mit der Vermittlung von Angeboten zur Übernahme einer Steuerberater- bzw. Wirtschaftsprüferpraxis. Der Beklagte übermittelte der Klägerin am 14.04.2011 eine „Aktualisierung des Suchauftrages“. Das vorgenannte Schreiben wurde durch den Beklagten ausgefüllt und im Formularfeld „Unterschrift des Auftraggebers/Stempel“ durch ihn unterzeichnet. Die Unterschrift ist unterlegt durch den Stempel der Steuerberaterpraxis „ “, die auch im Formularfeld „Firmenname“ angegeben ist.
    In dem Schreiben heißt es weiter, dass Einverständnis mit den Vermittlungsbedingungen der Klägerin mit Stand vom 01.04.2011 bestehe.
    Wegen der Einzelheiten der beiden vorgenannten Aufträge wird auf die Anlagen 1 und 2 zur Klageschrift Bezug genommen.

    Die vorgenannten Vermittlungsbedingungen lauten auszugsweise:

    „1. Provisionsvereinbarung
    Der Provisionsanspruch des Vermittlers entsteht und ist fällig, sobald aufgrund des Nachweises oder der Vermittlung des Vermittlers ein Vertrag zustande gekommen ist; dies auch dann, wenn der Vertrag zu Bedingungen abgeschlossen worden ist, die vom Angebot oder der Anfrage abweichen bzw. wenn aus irgendwelchen Gründen ein Abschluss durch eine andere vertragliche Gestaltung herbeigeführt wurde. Hierzu gehört namentlich, dass an Stelle eines Kaufes eine Sozietäts- oder Beteiligungsvereinbarung gesellschafts- und/oder handelsrechtlicher Art, ein freies Mitarbeiterverhältnis oder ein Angestelltenverhältnis begründet wird bzw. in den umgekehrten Fällen.

    (…)

    3. Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten:
    3.1 Sobald ein Vertrag durch Vermittlung oder Nachweis zustande gekommen ist, besteht die Verpflichtung, dem Vermittler dies unverzüglich mitzuteilen, und zwar einschließlich der vereinbarten Bedingungen. Der Vermittler hat Anspruch auf Zuleitung einer Kopie der Vereinbarungen.

    4. Vertragsauflösung
    Erweist sich ein Vertrag aus Gründen, die der Vermittler nicht zu vertreten hat, als unwirksam oder wird er rückgängig gemacht, so bleibt sein Provisionsanspruch erhalten.“

    Wegen der weiteren Einzelheiten der Vermittlungsbedingungen, insbesondere zur Berechnung der Vermittlungsgebühr (Ziff. 2), wird auf die Anlage 3 zur Klageschrift Bezug genommen.

    Auf 29.05.2012 schloss der Beklagte mit dem Steuerberater – unstreitig durch Vermittlung der Klägerin – den aus Anlage 4 zur Klageschrift ersichtlichen Praxisübernahmevertrag. Dieser lautet auszugsweise:

    „Präambel

    Herr Steuerberater übernimmt ab dem 01.07.2012 die bisherige von Herrn Steuerberater geführte Steuerberaterpraxis in . Herr Steuerberater ist zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Gesellschafter der Steuerberatersozietät und wird die Tätigkeit in gemeinsamer Berufsausübung mit der Kanzlei begehen.

    § 1 Vertragsgegenstand
    Herr Steuerbevollmächtigter überträgt die Einzelfirma mit allen Aktive und Passiva zum 01.07.2012 auf Herrn . Die Übertragung beinhaltet sämtliche materiellen und immateriellen Werte der Kanzlei. Ausgenommen sind die persönlichen Gegenstände des Veräußerers, sowie die Bankbestände und die Kassenbestände, sowie die bis zum Stichtag entstandenen Forderungen und Verbindlichkeiten auf den 30.06.2012.

    § 2 Kaufpreis und Fälligkeit
    Der Kaufpreis beträgt: EUR 650.000,00. (…)
    Der Erwerber zahlt dem Verkäufer einen Betrag in Höhe von 375.000,00 Euro des Gesamtkaufpreises sofort. Der Anteil des Kaufpreises wird durch ein Bankdarlehen finanziert. Die beiden Vertragsparteien gehen aufschiebend davon aus, dass eine Veräußerung an den Erwerber nur erfolgt, wenn die jeweilige Bank das Darlehen abschließend bewilligt und der Darlehensbetrag an den Veräußerer überwiesen wird.“

    Seit August 2012 bis Dezember 2013 war der Beklagte in der Steuerberaterpraxis des Herrn tätig. Mit Beginn der Tätigkeit des Beklagten änderten sich die bisherigen mietvertraglichen Verhältnisse. So war Vertragspartei des mit dem Vermieter der Praxisräumlichkeiten abgeschlossenen Mietvertrages nunmehr ausschließlich der Beklagte. Sämtliche in der Praxis erzielten Einnahmen liefen über zwei Geschäftskonten, deren alleiniger Inhaber der Beklagte war.

    Die Klägerin stellte dem Beklagte mit Schreiben vom 14.12.2012 für die Vermittlung der vorgenannten Steuerberaterpraxis eine Provision in Höhe von insgesamt 26.251,50 € in Rechnung. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Anlage K 5 zur Klageschrift Bezug genommen.

    Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 02.09.2013 Folgendes mit:

    „Wie bereits telefonisch mit Ihnen vor geraumer Zeit besprochen, wurde der Kaufvertrag in der Summe noch einmal geändert. Da Ihre Rechnung aufgrund der Kaufpreiszahlung erstellt wurde, übersende ich Ihnen die beiden Verträge zum Verbleib für Ihre Unterlagen.“

    Dem vorgenannten Schreiben war unter anderem die aus der Anlage 12 zum Schriftsatz der Klägerin vom 10.10.2014 ersichtliche „Ergänzung/Abänderung zum Praxisübertragungsvertrag vom 29.05.2012“ beigefügt. In diesem – nicht unterzeichneten – Ergänzungsvertrag heißt es u.a.:

    „Zwischen Herrn Steuerbevollmächtigen (…) und Herrn Steuerberater (…) wird folgende Ergänzung/Abänderung zum Praxisübertragungsvertrag vom 29.05.2012 geschlossen:

    Unter Aufrechterhaltung aller übrigen Regelungen des Praxisübertragungsvertrages vom 29.05.2012, wird nur § 2 neu gefasst und lautet wie folgt:

    § 2 Kaufpreis und Fälligkeit

    1. Der Kaufpreis beträgt nach übereinstimmender Erklärung 430.000,00 € (…). Der Kaufpreis ist fällig durch Zahlung auf die Bankverbindung des Veräußerers (…) bis zum 30.04.2013.“

    Die noch im Vertragswerk vom 29.05.2012 unter § 2 geregelte aufschiebende Bedingung findet sich in der vorgenannten Ergänzungsvereinbarung nicht mehr.

    Mit Schreiben vom 12.12.2013 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Gutschrift auf die Provisionsforderung in Höhe von 8.568,00 € und forderte ihn zugleich auf, den mit der Rechnung vom 14.10.2012 bezifferten Betrag von 26.251,40 € abzüglich der erteilten Gutschrift von 8.568,00 €, mithin einen Betrag von 17.683,40 € „sofort“ zu zahlen.

    Daraufhin teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 29.12.2013 mit, dass er nicht bereit sei, den Gesamtbetrag zu zahlen. In Betracht käme allenfalls die Zahlung eines „niedrigeren Betrages“. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass eine „komplette Rückabwicklung“ der Praxisübernahme erfolgt sei. Weiter heißt es in dem Schreiben vom 29.12.2013: „Gerade musste ich schon ein Gerichtsverfahren wegen der Schulden des Herrn als Drittschuldner bestreiten…“.

    Mit Schreiben vom 31.12.2013 forderte die Klägerin den Beklagten auf, bis zum 08.01.2014 ein Vergleichsangebot zu unterbreiten.

    Nach erfolglosem Fristablauf ließ die Klägerin den Beklagten mit Anwaltsschreiben unter erneuter Fristsetzung bis zum 25.03.2014 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 17.638,40 € auffordern. Zugleich ließ die Klägerin den Beklagten – ebenfalls unter Fristsetzung bis zum 25.03.2014 – zur Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten auffordern.

    Die Klägerin behauptet, zwischen dem Beklagten und Herrn sei entsprechend den vorgelegten Vertragsunterlagen vom 29.05.2012 ein Praxisübernahmevertrag abgeschlossen worden. Dies, so meint die Klägerin, gelte ungeachtet der im Vertrag vom 29.05.2012 enthaltenen aufschiebenden Bedingung, da der Beklagte ab August 2012 tatsächlich die Praxis übernommen habe.
    Ein Praxisübernahmevertrag sei spätestens im Jahr 2013 aufgrund der Ergänzungsvereinbarung geschlossen worden.
    Soweit der Beklagte einen wirksamen Vertragsabschluss in Abrede stelle, verhalte er sich treuwidrig. Bereits der Umstand, dass der Beklagte der Klägerin nach Erhalt der Rechnung vom 14.10.2010 die o.g. Ergänzungsvereinbarung übersandt habe, zeige, dass er selbst von einem wirksamen Vertragsabschluss ausgegangen sei.
    Die Klägerin meint weiter, eine etwaige Rückabwicklung des Praxisübernahmevertrages tangiere den Provisionsanspruch nicht.

    Die Klägerin beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, an sie 17.638,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 472,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2014 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte meint, er sei nicht passivlegitimiert. Vertragspartner sei ausweislich des Auftragsschreibens vom 14.04.2011 die Steuerberaterpraxis „ “.
    Er vertritt die Auffassung, ein Praxisübernahmevertrag zwischen ihm und Herrn sei „rechtlich nicht wirksam“ zustande gekommen. Hierzu behauptet er, dass eine Finanzierung des Kaufpreises gescheitert sei und mithin die im Vertrag vom 29.05.2012 enthaltene aufschiebende Bedingung nicht eingetreten sei.
    Bei der Ergänzungsvereinbarung habe es sich lediglich um einen Entwurf gehandelt, über den zwischen ihm und Herrn eine Einigung im Ergebnis nicht zustande gekommen sei.
    Er trägt weiter vor, seine Tätigkeit in der Steuerberaterpraxis ab August 2012 sei „unabhängig von der Wirksamkeit“ des Praxisübernahmevertrages erfolgt. Insoweit liege lediglich ein „faktisches Verhältnis“ vor. Er sei als „Geschäftsführer ohne Auftrag“ tätig geworden.
    Die Provisionsberechnung der Klägerin sei zudem nicht nachvollziehbar. Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte wirtschaftliche Wert des Rechtsgeschäfts sei unzutreffend.

    Das Gericht hat den Beklagten im Termin am 25.02.2015 persönlich angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bl. 88 ff. Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet.

    I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von 17.638,40 € aus
    § 652 Abs. 1 BGB.

    1. Zwischen den Parteien ist ein Mäklervertrag im Sinne der §§ 652 ff. BGB über die Vermittlung einer Steuerberaterpraxis geschlossen worden.
    Der Beklagte ist Vertragspartner der Klägerin. Er wendet hiergegen lediglich ein, dass der aktualisierte Suchauftrag vom 14.04.2011 mit einem Firmenstempel der damaligen Sozietät des Beklagten versehen sei. Dies ist indes unerheblich. Unstreitig hat der Beklagte sowohl den Auftrag vom 14.10.2010 als auch die Aktualisierung vom 14.04.2011 selbst ausgefüllt und unterzeichnet. Der Auftrag vom 14.10.2010 weist allein den Beklagten als Vertragspartner der Klägerin aus und enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass anstelle des Beklagten oder neben ihm weitere Personen verpflichtet werden sollten. In der Aktualisierung vom 14.04.2011 hat der Beklagte dann lediglich unter „Firmenname“ die Sozietät „ “ angegeben und auch den entsprechenden Stempel verwendet. Zugleich hat der Beklagte erklärt, dass er eine Korrespondenz mit der Klägerin „nur über die Privatanschrift oder private Email-Adresse“ wünsche (s. Anlage K 2) und hat – wie bereits bei dem ersten Suchauftrag vom 14.04.2010 – seine privaten Kontaktdaten mitgeteilt. Bereits in Ansehung dessen konnte aus Sicht der Klägerin kein Zweifel daran bestehen, dass ausschließlich der Beklagte aus dem Mäklervertrag verpflichtet sein sollte. Der Beklagte hat auch weder schriftsätzlich noch im Rahmen der persönlichen Anhörung konkret dargelegt, dass er jemand anderen als sich selbst verpflichten wollte.

    2. Der Provisionsanspruch des Maklers entsteht nach § 652 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn der Vertrag zwischen seinem Auftraggeber und dem Dritten infolge seines Nachweises oder seiner Vermittlung zustande kommt (so auch Ziff. 1 S. 1 Hs. 1 der Vermittlungsbedingungen). Eine Ausnahme gilt gem. § 652 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn dieser Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wird; dann ist der Mäklerlohn erst mit dem Eintritt der Bedingung verdient.

    Die vorgenannten Voraussetzungen sind erfüllt. Der Beklagte hat durch Vermittlung der Klägerin mit dem Steuerberater im Jahr 2012 einen Praxisübernahmevertrag abgeschlossen. Der Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin nicht darauf berufen, dass ihm für die Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen nicht bewilligt worden sei.

    a) Es ist unstreitig, dass der Beklagte mit Herrn am 29.05.2012 den aus der Anlage K 4 ersichtlichen Praxisübernahmevertrag geschlossen hat. Ebenso ist nunmehr unstreitig, dass der Vertragsabschluss durch Vermittlung der Klägerin zustande gekommen ist.

    b) Der Beklagte kann sich gegenüber der Klägerin nicht darauf berufen, dass die im Vertrag vom 29.05.2012 in § 2 geregelte aufschiebende Bedingung nicht eingetreten sei.

    aa) So ergibt sich bereits aus dem eigenen Vortrag des Beklagten, dass die aufschiebende Bedingung durch ihn und Herrn einvernehmlich aufgehoben worden ist. Bei seiner Anhörung im Termin am 25.02.2015 hat der Beklagte eingeräumt, dass er trotz Scheiterns der Finanzierung die Steuerberaterpraxis des Herrn ab August 2012 übernommen hat. Er sei sich mit Herrn einig gewesen, den Praxisübertragungsvertrag ungeachtet der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Finanzierung durchzuführen. Der Beklagte hat weiter eingeräumt, dass er ab August 2012 auch die Aktive und Passiva der Praxis übernommen hat. So war er alleiniger Inhaber der Praxiskonten und hatte damit Zugriff auf sämtliche Einnahmen. Zugleich war nicht mehr Herr , sondern ausschließlich der Beklagte Mieter der Praxisräumlichkeiten in der . Damit wurde namentlich § 1 des Vertrages vom 29.05.2012 umgesetzt.
    Der Beklagtenvertreter hat im Termin am 05.11.2014 überdies eingeräumt, dass der Beklagte auch die bisherigen Mandanten des Herrn betreut hat.
    Der Beklagte hat weiter zugestanden, von August 2012 bis Dezember 2013 in der vorgenannten Praxis tätig gewesen zu sein. Auch dieser lange Zeitraum zeigt, dass die ursprünglich im Vertrag vom 29.05.2012 vorgesehene aufschiebende Bedingung weder für den Beklagten noch für Herrn von Bedeutung war. In dieses Bild fügen sich schließlich auch die schriftlichen Erklärungen des Beklagten gegenüber der Klägerin im Jahr 2013. So hat der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 02.09.2013 (Anlage K 11) mitgeteilt, dass der zwischen ihm und Herrn geschlossene Vertrag hinsichtlich des Kaufpreises „geändert“ worden sei. Dem Schreiben vom 02.09.2013 war die aus Anlage K 12 ersichtliche Ergänzungsvereinbarung beigefügt, die in § 2 (Kaufpreis und Fälligkeit) keine aufschiebende Bedingung mehr vorsieht. Die Ergänzungsvereinbarung weist einen reduzierten Kaufpreis von 430.000,00 € aus und legt für den Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 30.04.2013 fest. Mehr als vier Monate nach Ablauf der Zahlungsfrist hat der Beklagte der Klägerin die Ergänzungsvereinbarung übersandt und ist damit zugleich den ihm nach Ziff. 3.1 der Vermittlungsbedingungen obliegenden Mitwirkungspflichten nachgekommen. Dieses Verhalten konnte die Klägerin nur dahingehend verstehen, dass sich der Beklagte ihr gegenüber an den beiden schriftlich dokumentierten vertraglichen Vereinbarungen mit Herrn festhalten lassen wollte und dass die ursprünglich vorhandene aufschiebende Bedingung für die vorgenannten Vertragsparteien endgültig irrelevant geworden war.

    bb) Die unter Ziff. 2) b) aa) dargelegten Umstände führen aber jedenfalls dazu, dass dem Beklagten gem. § 162 Abs. 1 BGB analog die Berufung auf den angeblichen Nichteintritt der im Vertrag vom 29.05.2012 geregelten aufschiebenden Bedingung versagt bleibt.

    In § 162 BGB, der auch im Rahmen des § 652 Abs. 1 S. 2 BGB Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2001, III ZR 318/00, NJW-RR 2002, 50), kommt der allgemeine Rechtsgedanke zum Ausdruck, dass niemand aus einer von ihm selbst herbeigeführten Lage Vorteile ziehen soll. Eine Partei kann sich mithin immer dann nicht auf den Eintritt oder Nichteintritt eines Ereignisses berufen, wenn sie dieses in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise herbeigeführt oder verhindert hat (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1983, VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240-248).

    Der Beklagte hat hier nach eigenen Angaben den Praxisübernahmevertrag mit Herrn „tatsächlich gelebt“. Die „faktische“ Übernahme erstreckte sich über einen erheblichen Zeitraum von fast eineinhalb Jahren. Der Beklagte hat die Klägerin durch Übersendung der Ergänzungsvereinbarung mit Schreiben vom 02.09.2013 gezielt zu einer Reduzierung ihrer Rechnung vom 14.12.2012 veranlasst. Die Klägerin konnte das Verhalten des Beklagten nur dahingehend verstehen, dass der Praxisübernahmevertrag auch nach seiner Vorstellung wirksam zustande gekommen ist. In Ansehung dessen verhält sich der Beklagte treuwidrig, wenn er sich nunmehr auf den Nichteintritt der o.g. aufschiebenden Bedingung beruft.

    c) Die vom Beklagten vorgetragene „Rückabwicklung“ des Praxisübernahmevertrages tangiert den Provisionsanspruch der Klägerin nicht.
    § 652 Abs. 1 BGB macht das Entstehen eines Provisionsanspruchs des Maklers nur vom Zustandekommen des Hauptvertrags, nicht von dessen Ausführung abhängig. Demnach schließen Umstände, die einen wirksamen Abschluss des Hauptvertrags verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen eine Provisionspflicht aus. Dagegen lassen Umstände, die ohne eine im Vertragsschluss selbst liegende Unvollkommenheit lediglich die Leistungspflichten aus dem Vertrag beseitigen – wie nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung, Rücktritt oder einverständliche Vertragsaufhebung – den Provisionsanspruch regelmäßig unberührt (BGH, Urteil vom 27. September 2001, III ZR 318/00, NJW-RR 2002, 50).
    Dies ergibt sich hier im Verhältnis der Parteien auch ausdrücklich aus Ziff. 4 der Vermittlungsbedingungen.

    3. Der von der Klägerin geltend gemachte Provisionsanspruch ist auch der Höhe nach zutreffend.
    Die Berechnung entspricht Ziff. 2 der Vermittlungsbedingungen.
    Grundlage der Berechnung sind demnach 3 % des „wirtschaftlichen Wertes des Rechtsgeschäfts“. Diesen Wert hat der Beklagte selbst mit Schreiben vom 02.09.2013 – durch Übersendung der Ergänzungsvereinbarung – mit 430.000,00 € angegeben.
    Nach Ziff. 2.5 der Vermittlungsbedingungen ist zudem bei Abschluss eines Mietvertrages bei der Provisionsberechnung ein Betrag in Höhe einer Monatsmiete anzusetzen. Wie aus der Rechnung vom 14.12.2012 ersichtlich, hat die Klägerin die Monatsmiete mit 1.960,00 € beziffert. Diese Miethöhe ist von dem Beklagten nicht angegriffen worden.

    Es ergibt sich folgende Berechnung:

    3 % Provision von 430.000,00 € 12.900,00 €
    zzgl. 1 Monatsmiete 1.960,00 €
    Zwischensumme 14.860,00 €
    zzgl. 19 % Mehrwertsteuer 2.823,40 €
    Gesamtbetrag 17.683,40 €

    II. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1, 286 Abs.1 BGB. Im Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens vom 11.03.2014 befand sich der Beklagte mit der Zahlung des Maklerlohns in Verzug. Er war u.a. bereits mit Schreiben vom 12.12.2013 durch die Klägerin zur Zahlung aufgefordert worden. Wegen der auch der Höhe nach zutreffenden Berechnung der vorgerichtlichen Anwaltskosten seitens der Klägerin wird auf Bl. 6 und 21 d.A. Bezug genommen.

    III. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der geltend gemachten Zinsen hinsichtlich des Maklerlohns und der Anwaltskosten folgt jeweils aus §§ 286, 288 Abs. 1 und Abs. 2 BGB.

    IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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